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Panorama-Aufnahme Wegberg mit Burg Wegberg, Forum, Wegberger Mühle, Rathaus und Pfarrkirche St. Peter & Paul, Foto: Heinen
Erläuterungen zur Mundart:
Mundart - Eine Einführung
Erläuterungen zu den Begriffen
Dialekt, Mundart und Platt


Unser Mundartabend "De Berker Klängerstu'ef" setzt sich für die Pflege der Wegberger Mundart, des "Platt" ein. Was ist mit diesen Begriffen eigentlich gemeint?


Sachkundige Auskunft über die Sprachbegriffe Platt, Dialekt und Mundart erhält man im Wissensportal "Sprache im Rheinland" des LVR-Instituts für Landeskunde und Regionalgeschichte. Die nun folgenden Erläuterungen wurden teils gekürzt, teils leicht abgewandelt diesem Portal entnommen.


Die Begriffe Dialekt, Mundart und Platt haben im Rheinland dieselbe Bedeutung. Sie bezeichnen eine lokales verwendete Sprechweise, die am Ort den weitesten Abstand von der Standardsprache (vom "Hochdeutschen") aufweist. Anders als der Regiolekt reicht der Dialekt im Rheinland ohne Kontinuitätsbruch bis in das erste Jahrtausend n. Chr. zurück. Örtliche Dialekte im Rheinland sind beispielsweise das Kölsche (der Kölner Dialekt) oder das Öcher Platt (der Aachener Dialekt). Die örtliche Dialekte werden aufgrund bestimmter Merkmale zu Dialekträumen zusammengefasst, ...


Die Einteilungskarte von Georg Cornelissen verdeutlicht die geographische Zuordnung.
Die unterschiedlichen Linien, die die Dialekträume voneinander trennen, bilden den Rheinischen Fächer, eine Besonderheit des Rheinlandes, die auf die Zweite Lautverschiebung zurückgeht.

Die Dialekte lassen sich bis ins erste Jahrtausend zurückverfolgen. Sie gehen letztlich auf die Besiedlung nach der fränkischen Landnahme zurück. "Fränkisch" ist dann auch der gemeinsame Nenner, auf den die verschiedenen Dialekte der Region gebracht werden:
  • Niederfränkisch – Kleverländisch, Südniederfränkisch, Ostbergisch
  • Mittelfränkisch – Ripuarisch, Moselfränkisch.
Zwei Dialektinseln fallen aus dem Rahmen: Das (heute nicht mehr gesprochene) Hötter Platt in Düsseldorf-Gerresheim und die aus drei Dörfern bestehende Pfälzer Dialektinsel am unteren Niederrhein.

Der Dialekt dominierte als Sprechsprache bis ins 19. Jahrhundert, vielerorts bis ins 20. Jahrhundert den sprachlichen Alltag der Rheinländer und Rheinländerinnen. Allerdings sorgte der im 19. Jahrhundert erheblich verbesserte Schulbesuch dafür, dass immer mehr Menschen auch das Hochdeutsche erlernten. Als sich die Kenntnisse des Hochdeutschen dann nicht mehr nur auf das Lesen und Schreiben beschränkten, sondern auch das Sprechen einschlossen, mussten sich die Menschen im Rheinland entscheiden: Wann und mit wem spreche ich Platt, mit wem Hochdeutsch? So wurden die Dialekte zunehmend nur noch in privaten Gesprächen genutzt, mit der Familie, mit Freunden und Vereinskameraden. Im 20. Jahrhundert nahm dann die Zahl der Dialektsprecher und Dialektsprecherinnen rapide ab: Viele Menschen erlernten das Platt nicht mehr. Regionale Umgangssprachen, sogenannte Regiolekte, wurden zur Alltagssprache.

Dialekte haben einen eigenen Wortschatz, eine Grammatik, verfügen über ein eigenes Lautinventar und unterscheiden sich auch hinsichtlich des Satzbaus in verschiedenen Punkten vom Standarddeutschen.

Die Unterschiede sowohl zum Hochdeutschen als auch zwischen den einzelnen Dialekten sollen anhand eines Satzes verdeutlicht werden, der im Rahmen der ersten großen Dialektuntersuchung (durchgeführt von Georg Wenker) im deutschen Sprachraum von Lehrern in ihr jeweiliges örtliches Platt übersetzt worden ist. Im Hochdeutschen lautet der Satz:

  • Der gute alte Mann ist mit dem Pferd durch das Eis gebrochen und in das kalte Wasser gefallen.

Und in den unterschiedlichen Texten des Rheinlandes:

  • Wesel (Kleverländisch):
Dä guje alde Mann es met dat Perd dor dat Is gebroke on in dat kalde Water gefalle.
  • Düsseldorf (Südniederfränkisch):
Dä gode alde Mann es met dem Päd durch et Ihs gebroche on en dat kalde Wasser gefalle.
  • Bonn (Ripuarisch):
Dä jode ahle Mann öß met dämm Perd durch et Ihs jebroche on än dat kahle Wasser jefalle.
  • Lennep (Ostbergisch):
  • De jodde ahle Mann es met demm Ped dörget Is gebrooken un en dat kahle Water gefallen.
  • Essen (Westfälisch):
De godde olle Mann es met dem Pähd dörch et Ihs gebroken un in dat kolle Water gefallen.
  • Blankenheim (Moselfränkisch):
De gode ahle Maan os mot dem Pärd dörch et Is gebrauche on en dat kalt Wasser gefalle.

Wie an den zum Teil sehr unterschiedlichen Schreibungen zu erkennen, gab und gibt es für die Mundarten des Rheinlands kein einheitliches Schriftsystem. So wird das hochdeutsche 'g' auch in Düsseldorf als /j/ ausgesprochen, der dortige Lehrer hat aber in Anlehnung an die hochdeutsche Schreibung gode statt jode aufgeschrieben. Dies liegt daran, dass der Dialekt in erster Linie eine Sprechsprache ist, geschrieben wird er nur von wenigen Menschen, beispielsweise von Mundartdichtern oder von Musikgruppen, die Liedtexte im Dialekt verfassen. In diesen Fällen wird dann versucht, die dialektale Lautung so gut wie möglich mit den Mitteln der hochdeutschen Schrift wiederzugeben.

Der Begriff "Platt"

Der Begriff Platt wird im Norden und Westen des deutschen Sprachraums, also auch im gesamten Rheinland, häufig anstelle der Bezeichnungen Dialekt und Mundart verwendet (dies zeigt gut eine Karte des Atlas zur deutschen Alltagssprache). Bönnsch Platt oder Kävels Platt meint also den Dialekt von Bonn bzw. von Kevelaer.

Karte aus AdA = Elsaß, Stephan & Robert Möller. 2003ff. Atlas zur deutschen Alltagssprache

Das Wort platt wurde zu Anfang des 17. Jahrhunderts aus dem Niederdeutschen in die hochdeutsche Schriftsprache übernommen und bedeutet allgemein 'flach, eben'. In das Niederdeutsche kam der Begriff aus dem Niederländischen und hierher stammt auch die erste dokumentierte Verwendung des Wortes in Bezug auf Sprache: Im Vorwort einer Delfter Übersetzung des Neuen Testaments aus dem Jahr 1524 wird betont, dass diese in goede platten duytsche angefertigt worden sei. Plat wird hier in der Bedeutung 'einfach, deutlich, verständlich' verwendet, die Übersetzung ist also 'in vertrauter, verständlicher Volkssprache' verfasst und nicht in der Gelehrtensprache Latein bzw. Griechisch. Damit bezieht sich die Sprachbezeichnung Platt ursprünglich nicht, wie oft zu lesen, darauf, dass die Dialekte auf dem 'platten Land' gesprochen werden, oder auf einen niedrigeren sozialen Status der Sprecher, sondern darauf, dass diese Sprache für viele Menschen verständlicher und alltäglicher war als Latein oder Griechisch. Aus Formulierungen wie dieser entstand dann zuerst die Zusammensetzung Plattdeutsch, daraus wiederum die Kurzform Platt. Das Wortgeschlecht (das Platt) ging dabei von der Lang- auf die Kurzform über.

Eine Abwertung als Sprache ungebildeter Personen erfuhren die Dialekte und damit auch der Begriff Platt im 17. Jahrhundert. Grund dafür war eine zunehmende Verbreitung des Hochdeutschen, die dazu führte, dass die Mundarten immer häufiger als schlechtere und minderwertigere Sprache wahrgenommen wurden. Platt wird so gleichbedeutend mit 'unterlegen, minderwertig‚ grob'. Erst durch die aufkommende Dialektforschung im 19. Jahrhundert wird Platt (wieder) zunehmend als wertungsfreier Begriff zur Bezeichnung der nord- und westdeutschen Dialekte genutzt, so beispielsweise in Georg Wenkers Schrift "Das rheinische Platt" (1877). Heute nennen auch die rheinischen Dialektsprecher selbst ihre Sprache meistens Platt, häufig in Kombination mit dem Ortsnamen: Öcher Platt (Aachener Platt). Aber auch die Langform Plattdeutsch begegnet im Rheinland immer wieder, wobei hier die Verwendung mit einem Ortsnamen seltener ist, eher wird die Bezeichnung allgemein als Gegenpol zu Hochdeutsch gebraucht.

Literatur:
  • Atlas zur deutschen Alltagssprache. Herausgegeben von Stephan Elspaß/Robert Möller. 2003– . [URL: www.atlas-alltagssprache.de]
  • Georg Cornelissen: Platt und Plattdeutsch. Über nordrhein-westfälische Sprachformen und ihre Bezeichnungen. In: Alltag im Rheinland 2014, S. 45-52.
  • DWDS – Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache. Wortauskunftssystem zur deutschen Sprache in Geschichte und Gegenwart. [URL: www.dwds.de]
  • Heinrich Löffler: Dialektologie. Eine Einführung. Tübingen 2003.
  • Jacob und Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch. 16 Bände in 32 Teilbänden. Leipzig 1854-1961. [URL: http://woerterbuchnetz.de/cgi-bin/WBNetz/wbgui_py?sigle=DWB]

Dialekt

Das Wort Dialekt stammt ursprünglich aus dem antiken Griechenland. Diálektos bedeutete dort 'Sprache der Unterhaltung, Umgangssprache, Sprachstil' und betonte somit ganz allgemein den kommunikativen Charakter des Sprechens. Die Römer entlehnten das Wort als dialectus ins Lateinische und gebrauchten es in der gleichen breiten Bedeutung. So konnte es u. a. auch verwendet werden, um deutlich zu machen, dass Bewohner unterschiedlicher Landschaften voneinander abweichende Formen derselben Sprache gebrauchen. So erwähnte beispielsweise der Schriftsteller Sueton den dialectos Doris, den dorischen Dialekt, einen altgriechischen Dialekt, der im Westen Griechenlands von den Dorern gesprochen wurde (Löffler 2003, S. 2). Mit der Bedeutung 'typische Sprechweise einer Region' wird das Wort dialectus seit dem Anfang des 16. Jahrhunderts auch im deutschsprachigen Raum in lateinischen Texten von Gelehrten verwendet. Davon ausgehend wird der lateinische Begriff spätestens seit Luther im 16. Jahrhundert auch in deutschen Texten genutzt: "Es sind aber in der deutschen Sprache viel Dialecti, unterschiedene Arten zu reden, daß oft einer den Anderen nicht wohl versteht […]" (Martin Luther, Tischrede 1538, zitiert nach Niebaum/Macha 2014, S. 3). Die komplette 'Eindeutschung' des Begriffs geschieht im 17. Jahrhundert, so schreibt der Dichter Johann Peter Titz: "[…] also wird der Leser, er gebrauche sich des Meißnischen oder Schlesischen Dialects, keinen Unterschied im Reim verspüren […]" (Johann Peter Titz, Zwey Buecher Von der Kunst Hochdeutsche Verse und Lieder zu machen 1642, zitiert nach Niebaum/Macha 2004, S. 3).

Etwa zur gleichen Zeit führt Philipp von Zesen den Begriff Mundart ein, beide Bezeichnungen werden in den folgenden Jahrhunderten weitestgehend gleichbedeutend verwendet. Zwar wurde zur Zeit des Nationalsozialismus versucht, das 'fremdere' Wort Dialekt durch Mundart zu ersetzen, jedoch ohne Erfolg. Zum einen war das lateinische Lehnwort in der Wissenschaftssprache gut etabliert, zum anderen wurde und wird es von vielen Sprechern zur Benennung ihres jeweiligen Ortsdialekts genutzt, so auch im Rheinland. Meistens geschieht dies in Kombination mit dem Ortsnamen: Kölner Dialekt, Erper Dialekt usw. Alternativ ist bei rheinischen Sprechern auch die Bezeichnung Ortsname + Platt sehr üblich. Verbreitet ist im Rheinland außerdem das sächliche Geschlecht für das Wort Dialekt: Wenn im Dialekt über Dialekt gesprochen wird, heißt es oft dat Dialek(t). Weitere Informationen zu den Dialekten des Rheinlands gibt es hier.

Literatur:

  • DWDS – Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache. Wortauskunftssystem zur deutschen Sprache in Geschichte und Gegenwart. [URL: www.dwds.de]
  • Friedrich Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. Bearbeitet von Elmar Seebold. 25. Auflage. Berlin/Boston 2011.
  • Heinrich Löffler: Dialektologie. Eine Einführung. Tübingen 2003.
  • Hermann Niebaum/Jürgen Macha: Einführung in die Dialektologie des Deutschen. (= Germanistische Arbeitshefte 37). 3. Auflage. Berlin/Boston 2014.

Der Begriff "Mundart"

Der Begriff Mundart wurde im 17. Jahrhundert als deutsches Synonym zu dem aus dem Lateinischen entlehnten Fremdwort Dialekt gebildet. Erstmals findet Mundart sich im "Deutschen Helicon" (1640) des Autors Philipp von Zesen. Dieser hatte sich die "Erfindung" neuer deutscher Wörter zum Ersatz von französischen, lateinischen und griechischen Lehnwörtern auf die Fahnen geschrieben. Nicht in allen Fällen haben sich seine Vorschläge durchgesetzt (wie z. B. Meuchel- bzw. Reitpuffer für die (ursprünglich) französische Pistole), Mundart aber wurde ein Renner. Der Begriff verbreitete sich im 17. und 18. Jahrhundert schnell bei verschiedenen Autoren in sprach- und dichtungstheoretischen Diskussionen. Doch verdrängt wurde das Lehnwort Dialekt dadurch nicht, vielmehr wurden beide Begriffe in dieser Zeit gleichbedeutend nebeneinander verwendet.

Erst im 19. Jahrhundert wurde versucht sie durch verschiedene Bedeutungsinhalte zu differenzieren, beispielsweise von Jacob Grimm. Bestrebungen wie diese blieben aber folgenlos, so dass Dialekt und Mundart über drei Jahrhunderte hinweg in der Bildungssprache synonym verwendet wurden. Zur Zeit des Nationalsozialismus wurde dann erneut versucht Dialekt durch das "deutschere" Wort Mundart zu ersetzen. Dafür wurde der Begriff (und der Dialekt selbst) inhaltlich aufgeladen: Er wurde als "Produkt echter Volkshaftigkeit und als Ausdruck eines Willens zur 'Heimat' gefeiert" (Niebaum/Macha 2014, S. 4). Doch diese Versuche hatten abermals keinen nachhaltigen Erfolg, Dialekt wurde und wird nach wie vor häufig verwendet, sei es in der Wissenschaftssprache (da er international verbreiteter ist und in vielen zusammengesetzten Wörtern vorkommt) oder in der Alltagssprache.

In einem großen Themengebiet hat sich die Bezeichnung Mundart im Rheinland allerdings etabliert: im kulturellen Bereich und in der Heimatpflege. So gibt es "Mundarttheater", "Mundartdichtung" und auch "Mundartlieder"; diese Begriffe sind hier sehr viel gängiger als mögliche mit Dialekt- oder Platt- gebildete Pendants. Damit Texte dieser Art nicht verloren gehen und auch in Zukunft verfasst werden, setzen sich viele rheinische Mundartarbeitskreise für die Mundartpflege ein: Sie veranstalten Mundartkurse und Mundartabende oder verfassen Mundartwörterbücher. Dabei wird auch das hochdeutsche Wort Mundart "dialektalisiert": In einem Gedicht der Solinger Mundartgruppe "De Hangkgeschmedden" (wörtlich übersetzt: "Die Handgeschmiedeten") heißt es daher us Mongkart und die Cronenberger Gruppe "De Obrams" veranstaltet regelmäßig einen Mongkaat-Owend.

Literatur:

  • Atlas zur deutschen Alltagssprache. Herausgegeben von Stephan Elspaß/Robert Möller. 2003– . [URL: www.atlas-alltagssprache.de]
  • DWDS – Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache. Wortauskunftssystem zur deutschen Sprache in Geschichte und Gegenwart. [URL: www.dwds.de]
  • Heinrich Löffler: Dialektologie. Eine Einführung. Tübingen 2003.
  • Jacob und Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch. 16 Bände in 32 Teilbänden. Leipzig 1854-1961. [URL: http://woerterbuchnetz.de/cgi-bin/WBNetz/wbgui_py?sigle=DWB]
  • Friedrich Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. Bearbeitet von Elmar Seebold. 25. Auflage. Berlin/Boston 2011.
  • Michael Mann: meuchelpuffer (teil 2/3): philipp von zesen und der puffer. In: lexikographieblog. 2011. [URL: www.lexikographieblog.wordpress.com]
  • Hermann Niebaum/Jürgen Macha: Einführung in die Dialektologie des Deutschen. (= Germanistische Arbeitshefte 37). 3. Auflage. Berlin/Boston 2014.

Historischer Verein Wegberg e.V. - 19.05.2019 - Letzte Änderung: 09.09.2021

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