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Panorama-Aufnahme Wegberg mit Burg Wegberg, Forum, Wegberger Mühle, Rathaus und Pfarrkirche St. Peter & Paul, Foto: Heinen
Unser Mitmach-Magazin für alle ortsgeschichtlich Interessierte
"Berker faceBlock"
Mit diesem in 2024 neuen Format wollen wir versuchen, zusätzlich zur Rubrik "Berker Notizen" weitere ortsgeschichtliche Beiträge aus unserer facebook-Gruppe zugänglich zu machen.
Für alle, die keinen Zugang zu Facebook haben, veröffentlichen wir hier die interessantesten Beiträge.
Dezember 2024
13.12.2024 - Dietmar Schmitz, Wegberg-Klinkum
Die Blackbyrds aus Beeck
In den Ausstellungsräumen des Heimatvereins Beeck im Volkstrachtenmuseum wurde Mitte 2024 eine Zeitreise gestartet, die um 1950 beginnt und bis in 1990er Jahre reicht. Diese 17-minütige Reise führt durch die Mode- und Musikgeschichte der fünf Jahrzehnte. Sie beeindruckt durch ihre Gestaltung und Emotionalität und weckt Erinnerungen an die Jugendzeit. Da ist dann auch ansatzweise die Musik der Gruppe Blackbyrds zu hören und ein Foto zeigt die junge Beecker Band.
Heinz Schlömer, Schlagzeuger der Band ist auch der Ideengeber zu dieser außergewöhnlichen Ausstellung. Er erzählte mir auch etwas zur Gründung der Band. Zunächst bildete sich ein Duo aus einer Pfadfindergruppe heraus, Heinz Schloemer und Georg Wimmers (damals 14 Jahre alt, mit der Solo-Gitarre) spielten zum Teil auf selbst gebastelten Instrumenten. Das heißt Heinz baute sich aus alten Waschmittelbehältern ein Schlagzeug (1965). Die ersten Proben fanden in einem Hinterhof statt. Bei der Ferienfreizeit in Österreich hatten sie ihren ersten Auftritt (1966) noch unter dem Namen „The Blue Slacks“ (Die blauen Hosen). Nach der Rückkehr meldeten sich verschiedene Jungs und wollten mitspielen. Nur einer fand den Weg in die Band, Rudolf Kautz als Gitarrist (Rhythmus-Gitarre). Es wurde viel geprobt, Heinz kaufte sich ein richtiges Schlagzeug, die ersten Fotos stammen aus dem Beecker Pfarrsaal. Langsam wurde es ernst und die Band bekam Zuwachs, Rudi Erich kam als Sänger und Hermann Joerißen spielte die Bassgitarre. Ein neuer Name wurde gefunden, die „The Blackbyrds“. Ein Jahr wurde eifrig geprobt, in der Wirtschaft Bertrams fand dann der erste richtige öffentliche Auftritt statt, noch mit weißem Hemd mit roter Schleife und schwarzer Hose. Wenig später auf der Beecker Kirmes dann mit dem neuen Outfit roter Pullover und schwarze Hose, aber … ohne Beatles-Mähne!
Übrigens im Saarland, genauer gesagt in Püttlingen hatte sich 1965 eine Schülerband des Realgymnasiums Völklingen den Namen „Blackbirds“ gegeben, die ebenfalls als Beat- und Rockband auftrat. Die berühmt gewordene US-Band „The Blackbyrds“, bestehend aus sechs farbigen Musikern wurde erst 1973 in Washington gegründet. Sie spielten Rhythm and Blues und Jazzfunk, die Band löste sich 1981 auf.
Die jungen Beecker Musiker lernten ihre englischen Texte und einzelne französische Stücke nach der Lautsprache, so wie sie sie im Radio oder von der Schallplatte hörten. Nach dem großen Erfolg in Beeck waren sie nun jedes Wochenende unterwegs. Ein eigener Manager, Paul Kautz, sorgte für den reibungslosen Ablauf, er ließ auch Autogrammkarten drucken. Gespielt wurde in der näheren Umgebung: Stadthalle Erkelenz und Heinsberg, in Mönchengladbach oder auch im Central-Kino in Wegberg, das auch als Tanz-Club diente (das Foto stammt von dort!). Zwei Jahre ging das so, bis Heinz zur Bundeswehr musste. Für ihn kam Jürgen Schneider in die Band, er spielte nun die Solo-Gitarre, Georg Wimmers wechselte ans Schlagzeug. Dann musste Hermann Jörißen auch zur Bundeswehr, für ihn kam Alexander Lichtenstein. Mit ihm kam ein neuer Stil in die Band, vorher lag der Schwerpunkt beim Gesang, inspiriert durch die Beatles (ihre erste Single erschien 1962). So wurde jetzt der Zeitmode entsprechend mehr Blues gespielt. Als der Sänger immer wieder heiser wurde, musste er aufhören. Die restlichen Vier machten weiter, ihr Repertoire reichte bis zur „Underground“-Musik. Also Musik die nicht auf die Masse ausgerichtet ist und an keinem Stil gebunden war. Mit dem Studienbeginn von Alex Lichtenstein endete dann endgültig die Geschichte der Band.
04.12.2024 - Dietmar Schmitz, Wegberg-Klinkum
Der Kreisheimatpreis 2024 in Heinsberg ging an …..?
Am Montag, den 2. Dezember erhielten die Preisträger des Jahres 2024 im Kreishaus in Heinsberg ihren Preis. Die Platzierung der Teilnehmer war bis zum Schluss ein gut gehütetes Geheimnis.
Dietmar Schmitz und Hermann-Josef Heinen vom Historischen Verein Wegberg hatten sich an der Ausschreibung beteiligt und ihr Lohn für ihr Engagement war der zweite Preis.
Foto: Heinz Eßer
Grundlage war das Mundart-Projekt „Dä Berker Wenk-er“, in Anlehnung an den ersten großen Sprachforscher Professor Dr. Georg Wenker vor 150 Jahren. In den vergangenen anderthalb Jahren hat Dietmar Schmitz die von Wenker an die Volksschullehrer versandten Fragebögen, kurz „Wenkerbögen“ genannt, für das gesamte Kreisgebiet transliteriert. Da es damals die Altkreise Erkelenz, Geilenkirchen und Heinsberg gab, reicht die Erfassung über die heutige Kreisgrenze hinaus. Nach der kommunalen Neugliederung wurde z.B. die Gemeinde Niederkrüchten 1975 dem Kreis Viersen zugeschlagen. Dietmar hat so bei 120 Schulorten insgesamt 180 Bögen abgeschrieben. Dabei stellte er fest, dass von einigen Orten, wie Wassenberg oder Karken überhaupt keine Bögen vorliegen. Jeder Bogen umfasst 40-42 Sätze, so dass von ihm 7200 Sätze in eine heute von allen lesbare Schrift übertragen wurde.
Diese sind über verschiedene Wege aufrufbar:
Hierfür ist Hermann-Josef Heinen verantwortlich, er hat die Verlinkung und die Umsetzung mit den interaktiven Karten realisiert. In den Karten der Kommunen wurden die Schulorte markiert und eine Verknüpfung zu den Original-Bögen und den Abschriften implementiert. Um eine bessere Auffindbarkeit für die zehn Gemeinden und Städten des Kreises sicherzustellen, wurden Tabellen angelegt, worüber die entsprechenden Bögen ebenfalls aufgerufen werden können.
Im Sitzungssaal des Kreishauses konnten die Preisträger ihr Projekt vorstellen.
November 2024
23.11.2024 - Dietmar Schmitz, Wegberg-Klinkum
Eine alte Flurbezeichnung – Oerenlöchske
Flur hat hier nichts mit dem Hausflur zu tun. Es ist vielmehr ein für die Identifizierung von Grundstücken verwandter Begriff, der früher wie auch heute noch die Lage bestimmter Parzellen in Karten und Verträgen angibt.
Im Stadtgebiet von Wegberg gibt es nach einer Auswertung von Katasterkarten und Flurbüchern nach meiner Zählung ca. 670 Flurbezeichnungen. Da diese noch aus einer Zeit stammen, die vor der kommunalen Neugliederung im Jahre 1972 liegt, kommen einige Bezeichnungen doppelt oder dreifach vor. Das heutige Wegberg setzt sich aus 40 Orten aus verschiedenen ehemaligen selbstständigen Gemeinden zusammen. Als Beispiel möge dienen „Am Berg“, so in Wegberg (Flur 9), in Bergerheid (Flur 1) – Bürgermeisterei Beeck und in Roedgen (Flur 5) – Bürgermeisterei Myhl bzw. Arsbeck oder „Am Erkelenzer Weg“, so in Wegberg (Flur 9), in Kehrbusch (Flur 13) und Isengraben (Flur 12), beide in der Bürgermeisterei Beeck.
Erstmals umfassend kartiert und mit Parzellennummern versehen wurden sie um 1824/26 bzw. in der Bürgermeisterei Niederkrüchten 1843. Das sogenannte Urkataster gibt die genaue Lage der Fluren und Parzellen wider. Dazu wurde das Urflurbuch erstellt, es enthält die Parzellennummer und die Registriernummer des Eigentümers mit Wohnort, die Größe und die Kulturart bzw. Steuerklasse, die Nutzungsart und den Steuerbetrag.
So bestand Wegberg aus 12 Fluren, Beeck hatte 14 Fluren, aus der Bürgermeisterei Myhl kamen 12 Fluren und aus der Bürgermeister Niederkrüchten fünf Fluren. Die meisten Flurnamen (Flurbezeichnungen) hat die Flur Rickelrath (Flur 1) mit 64 verschiedenen Namen. Die sprachlich interessantesten Namen, wie das oben erwähnte „Oerenlöchske“, klingt ja fast romantisch, frei übersetzt als „Ohrenloch“, finden sich in Arsbeck. So heißt es dort „Auf der Steinknip“, „In der Kompolot“, „auf dem Wengel“, „Am Klog“ und „Troebchesberg“, um nur einige zu nennen. Für manche Ausdrücke sind Kenntnisse der örtlichen Mundart oder der Gegebenheiten im Gelände hilfreich, um eine Deutung und Herkunft der Namen zu erstellen. Denn eine umfassende Aufarbeitung dazu ist bisher nicht erfolgt. Verschiedene Autoren haben sich mit kleineren Bereichen beschäftigt. Die meisten Namen haben ja einen örtlichen Bezug zum Gelände, in Klinkum hat man es sich etwas einfacher gemacht und die Familiennamen der Anlieger oder Eigentümer genommen, so gibt es hier Feschenweg, Warmersweg, Adamsweg, Dusterwaldweg usw. Diese Namen finden sich fast eins zu eins in den Straßennamen wieder und bleiben so im Bewusstsein der Bevölkerung, deren Ursprung aber Jahrhunderte zurückliegt.
12.11.2024 - Dietmar Schmitz, Wegberg-Klinkum
Krieg & Volkstrauertag
Der Historiker Karl Schlögel sagte dieser Tage in einem Interview: „Wir befinden uns in einer Vorkriegssituation!“
Sucht man nun nach Parallelen, kann die Situation vor 110 Jahren herangezogen werden. Konflikte die sich plötzlich zu gewaltsamen Auseinandersetzungen ausweiten, treten nicht plötzlich auf. Das merken wir ja schon in den eigenen Beziehungen, die nicht immer spannungsfrei sind.
Vor kurzem erhielt ich eine Serie von Feldpostkarten aus dem Ersten Weltkrieg (1914-1918). Allgemein wird der Beginn dieses Krieges mit dem Attentat auf das österreichische Thronfolger-Paar auf dem Balkan in Verbindung gebracht. Dieser Vorfall brachte das angestaute (Pulver-)fass zum überlaufen.
Geht man nur ein Jahr zurück, kann man schon erahnen was sich hier zusammenbraut.
Zu Beginn des Jahres 1913 kam es zu einem Waffenstillstand im Balkankrieg, abgeschlossen zwischen der Türkei und den Balkanstaaten. Tenor war, dass sich die Türkei aus den europäischen Gebieten zurückziehen sollte.
In Frankreich wird die Wehrdienstzeit von zwei auf drei Jahre erhöht. In Deutschland werden die Häfen in Kiel und Wilhelmshaven zu U-Boot Stützpunkten ausgebaut. Der amerikanische Kongress verabschiedet den Flottenetat, für den Bau von Zerstörern, U-Booten und einem Schlachtschiff.
Auf den griechischen König Georg I. wird ein Attentat verübt. Das Deutsche Heer wird um 100.000 Mann aufgestockt. Im Mai des Jahres wird endlich der Friedensvertrag zwischen der Türkei und den Balkanstaaten in London unterzeichnet. Beteiligte waren Serbien, Bulgarien, Griechenland und Montenegro und Albanien, das autonom wird, um Mazedonien gab es noch Streit, und die Türkei. Der Frieden hält aber nicht lange.
Großbritannien beäugt misstrauische das von Deutschland seit 1899 vorangetriebene Projekt dem Bau der Bagdad-Bahn. Eine Eisenbahnverbindung die von Konstantinopel bis Bagdad gehen soll. Sie sehen Deutschland als Konkurrenten zur Erschließung von Persien. Zusätzlich fürchten sie um ihre Vormachtstellung als Seemacht. Auf den Werften der Großmächte sind 133 Schiffe im Bau. Die Rüstungsetats werden erhöht.
Der aufgeflammte Krieg in Bulgarien führte dazu, dass Serbien sein Territorium auf das Doppelte vergrößern konnte.
Deutschland, Österreich-Ungarn und Italien schließen sich zum Dreibund zusammen. Ein deutscher Prinz wird zum König von Albanien gewählt.
Im März 1914 erhöht Russland die Friedensstärke seiner Armee von 460.000 Mann auf 1,7 Millionen Soldaten.
In der bosnischen Hauptstadt Sarajewo schießt der Attentäter Garrilo Princip auf den Erbherzog Franz Ferdinand und seine Frau Herzogin von Hohenberg, es ist Juni 1914.
Durch den ruinösen Wettlauf der Waffenschmieden und der Bündnispolitik der verschiedenen Länder kam es zur Explosion in Europa. Keiner wollte dem Geschehen durch Besonnenheit und Diplomatie Einhalt gebieten. Zwar versucht England noch, dass Deutschland auf Österreich mäßigend einwirkt, da die gekrönten Häupter in den zahlreichen europäischen Ländern eng verwandt sind, aber so nach und nach machen alle Länder mobil. Das leidvolle Ende ist allen bekannt. Am 1. August 1914 bricht der Krieg aus, verbunden mit Leid, Elend, massenhaften Sterben auf den Schlachtfeldern und elementaren Einschränkungen in den Heimatländern. Die Höhe der Totenzahlen schwankt zwischen 15,5 und 18,5 Millionen Menschen, hinzu kommen die Verletzten und Verstümmelten, die noch Jahre und Jahrzehnte unter den Folgen litten.
Über all das schweigen die oben erwähnten Feldpostkarten. Ihnen sind nur allgemeine Angaben zu entnehmen. Allerdings liegen hier ausnahmsweise Karten von beiden Seiten vor, also dem Soldaten im Feld und vom Schreiber aus der Heimat. Stempel und Fotomotive auf den Karten geben hin und wider Auskunft über den ungefähren Einsatzort, genauere Angaben waren verboten. Der im Krieg befindliche Schreiber aus Klinkum hat den Einsatz fürs Vaterland in diesem Falle überlebt.
Für die Millionen Kriegstoten steht heute der Volkstrauertag als staatlicher Gedenktag im Kalender. In den meisten Ländern wird er am 11.November begangen. Da im Rheinland üblicherweise an diesem Tag die Karnevalssaison beginnt, hat man sich auf den zweiten Sonntag vor dem ersten Adventssonntag geeinigt, um den Verstorbenen zu gedenken.
Oktober 2024
29.10.2024 - Dietmar Schmitz, Wegberg-Klinkum
Hallo-ween oder hallo Feen?
Kling gut - ist aber ein krasser Gegensatz. Der importierte Brauch, den amerikanische Soldaten mitgebracht haben, der am Tag vor Allerheiligen begannen wird, hat sich verselbständigt. Wie das untenstehende Foto belegt geht der Trend zur Kommerzialisierung unaufhaltsam weiter. Gruselige Kostüme und Masken stehen hier im Vordergrund der Verkleidung.
Feen dagegen – übernatürliche Wesen, oft wird darunter eine schöne, magisch begabte Frau verstanden, vermitteln ein anderes Bild.
Das Wort taucht erstmals in der französischen Dichtung des 12. Jahrhunderts auf. Genau wie das Fest zu Halloween bezieht sich das Wort auf einen keltischen Ursprung, eine Fee war dort eine Sagenfigur. Unter dem Einfluss der italienischen Literatur entstanden die Feenmärchen. Diese wurden ab 1760 ins Deutsche übersetzt. Ein Beispiel dafür wäre Dornröschen, es steht in den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm in der 1. Auflage von 1812.
Vor dem Hintergrund des gruseligen Halloween-Ereignisses (mit Ghostface- oder Wolfs-Masken), mit denen die Maskierten an den Türen klingeln und ihren leicht einschüchternden Spruch aufsagen: Süßes, sonst gibt`s Saures (im Englischen: Trick-or-treating), schreckt so manchen ab!
Die Lokalredaktion einer überregionalen Zeitung kam auf die Idee mal nachzuspüren, was es hier im Westen der Republik - speziell in Wegberg, an Mystischen oder gruseligen Begebenheiten gab. Bei Stadtführungen wird ja gerne auf spannende Geschichten zurückgegriffen um nicht immer mit trockenen Zahlen aufzuwarten, die eh schnell vergessen werden. Viele der Geschichten entstammen dabei der mündlichen Volksüberlieferung.
Da ich hier nicht alle mehr detailliert aufführen möchte, verweise ich auf die beiden Links zu den Samstagsausgaben der letzten Wochen wo diese Begebenheiten in Kurzform vorgestellt werden.
https://rp-online.de/.../halloween-die-mystische-und... v. 19.10.2024
https://rp-online.de/.../wegberg-gruselige-geschichten...v. 26.10.2024
oder auf der Homepage des Vereins unter:
https://www.historischer-verein-wegberg.de/news-and-views...
Manche Geschichten beruhen aber auf schriftlichen Überlieferungen, so der Überfall auf den Wegberger Pastor während einer Prozession und dem über Jahrzehnte ausgeübten Brauch auf den Knochenmann, der mit Stroh umwickelt war, zu schießen. Das wurde noch bis zum Ende des 18. Jahrhunderts so praktiziert.
Fazit: Nicht alles sind Märchen die uns überliefert werden – Gruselfaktor inklusive.
19.10.2024 - Dietmar Schmitz, Wegberg-Klinkum
Was einer im Schilde führt? – Zwei Gemälde in Hohenbusch
Eine wichtige Frage die in der Ritterzeit, im Mittelalter zumindest, oft über Freund oder Feind entschied. Dazu gehörte ein gutes Auge.
Dies braucht man auch im vorliegenden Fall. Ruth Mengede, Unternehmensberaterin bei der Matrixs AG in Zürich, fand beim Entrümpeln des elterlichen Hauses in der Schweiz zwei alte Portrait-Gemälde. Ihre Großeltern stammten aus Erkelenz, deshalb wandte sie sich an die dortige Stadtarchivarin. Diese stellte dann die Verbindung zum Vorsitzenden des Fördervereins in Hohenbusch her.
Denn auf den beiden Gemälden waren Geistliche in Ordenstracht abgebildet. Nach der Besichtigung durch Frank Körfer, dem neuen Vorsitzenden, wurden die Gemälde den Kreuzherren Lothar Schorn, aus dem Kloster Wickrath später Pastor und erster Prior des Kreuzherren-Klosters in Wegberg (er stammte aus Düsseldorf und verstarb 1690), und einem Ordensgeistlichen Sybenius zugeschrieben. Auf der Rückseite dieses Bildes steht der Hinweis, Prälat (Abt) Sybenius aus Gladbach.
Hier hilft eindeutig die Ahnenforschung weiter und ein zweiter Blick. Der große Unterschied bei den Ordenstrachten ist, dass bei dem Gemälde das mit 1655 datiert ist, ein Geistlicher im Ornat der Kreuzherren abgebildet ist. Sein Alter wird hier mit 55 Jahren angegeben (aetatis suae 55 – seines Alters). Demnach wäre die Person um 1600 geboren. Durch das weiß-rote Kreuz des Ordens ist seine Zuordnung erleichtert. Auf beiden Gemälden ist zusätzlich das Wappen der Familie Sybenius aufgemalt, also dürfte es sich in beiden Fällen um Mitglieder dieser Sippe handeln. Damit ist die Identifizierung und Zuschreibung für Lothar Schorn eindeutig falsch. In Wirklichkeit ist es sein Vorgänger in Wegberg, der Kreuzherr und Pfarrer Paulus Sybenius, der 1599 in Dahlen (heute Rheindahlen) geboren wurde und am 10. Dezember 1659 in Wegberg verstarb.
Sein Bruder Peter Sybenius (Syben), war Abt der Benediktiner-Abtei St. Vitus und Erbgrundherr in Gladbach (heute Mönchengladbach). Zunächst war er Pfarrer in Dülken und im Jahre 1635 zum 35. Abt der Abtei gewählt worden, da war er 39 Jahre alt. Er starb wenige Monate vor seinem Bruder im Oktober 1659. Was auf seinem Gemälde nicht passt ist die Jahreszahl 1665. Das Alter des Mannes mit dem wallenden Haar wird mit 37 Jahren angegeben. Das Ordensgewand von ihm ist wesentlich anders (wahrscheinlich Gewand der Benediktiner) und es ist auch kein Kreuz des Kreuzherren-Ordens abgebildet. Da von Petrus Sibenius, so die lateinische Schreibweise des gebürtigen Rheindahleners, ein weiteres Gemälde existiert, aus der Spätzeit seiner Tätigkeit, ist eine gewisse Ähnlichkeit sichtbar. Sein Haar ist da schon recht schütter und er trägt einen Spitzbart. Vermutlich ist das Gemälde, das nun in Hohenbusch zu bewundern ist, nach einer Vorlage vor der Abtwahl entstanden.
Das Familienwappen zeigt auf silbernem Schild ein rotes Schragenkreuz belegt mit einem roten Pfeil. Am Münsterplatz in Mönchengladbach ist am Gasthaus St. Vith, unterhalb der Figur des Schutzpatrons der Stadt, das Wappen Sybenius noch zu sehen. Auch gibt es verschiedene Siegelabdrücke davon. Auf der Memorialtafel für den Abt ist unterhalb des Wappens ein Tierkopf (Katze oder Luchs) zuerkennen wie auf dem Wappen bei Paul Sybenius.
11.10.2024 - Dietmar Schmitz, Wegberg-Klinkum
Ein seltenes Motiv – die Mosaikplatten in Rath
Im März 2024 fand in Rath-Anhoven die Wiedereröffnung der Kirche St. Rochus statt. Grund waren die vorhergehenden umfassenden Sanierungsarbeiten. Es war aber nicht die erste Renovierung bzw. Sanierung der Kirche. Als in den 1980er Jahren der Altarraum überarbeitet wurde, entfernte man dort auch den aufgeklebten Teppichboden. Zur Überraschung aller wurden dadurch zwei Fliesenmosaike sichtbar, die bis dahin unbekannt waren.
Die Rather Kirche wurde im Jahre 1830 auf dem Eichenkamp errichtet. Das Grundstück wurde von einem Erkelenzer gestiftet. Johann Joseph Esser wurde allerdings 1785 in Rath geboren, sein Grabkreuz befindet sich heute noch gut sichtbar an der St. Lambertus-Kirche in Erkelenz. (https://www.virtuelles-museum.com/.../das-grabkreuz-an.../)
Das Tragische an der Geschichte war, er hatte den Vertrag per Handschlag gemacht, als er am Tag danach an einem Lungenschlag verstarb, es war der 14.Dezember 1826, war noch keine Übertragung schriftlich fixiert. Seine Witwe Maria Helena Kemmerling bestätigte die Stiftung notariell am 1.5.1828. Sie setzte dann beim Bau den zweiten Grundstein. Der Turm an der Kirche wurde erst 1833 angebaut.
Wann der Fußboden mit den beiden Fliesentableaus versehen wurde, war nicht genau zu klären. Die Fliesen der Firma Villeroy & Boch zeigen verschiedene Motiven, einmal den Hl. Georg im Kampf mit dem Drachen auf der anderen Seite Engel bei der Schlüsselübergabe. Nach den Recherchen von Hermann-Josef Heinen kristallisierte sich heraus, dass diese Darstellungen erst 1886 im Musterbuch der Firma aus Mettlach im Saarland veröffentlicht wurden. Beide Fliesentableaus sind mit einer Umschrift versehen. Das Bildmotiv besteht aus 16 Fliesen, genauso die Fliesen mit Text. Im Musterbuch stehen die Motive mit der Nummer 516 und 516 nebeneinander. Der Preis für eine Platte betrug 32 Mark. Der Entwurf stammt von Philipp Baum (1849-1886), der sie zuerst für die Liebfrauenkirche in Dortmund schuf (sie wurde von 1881-1893 erbaut). Der Text ist in Latein, hier mit der Auflösung der Inschrift und die entsprechende Übersetzung:
a) GEORGIUS.FIDE/LMS.MILES.XRI.O/FELIX.ET.INCLITUS.DNI. PROELIATOR
Georgius fidelissimus miles Christi O felix et inclitus Domini proeliator.Georgius, treuester Soldat Christi, oh glücklicher und berühmter Kämpfer des Herrn.
b) CLAVES.REGNI.COELORUM.TRADIDI.TIBI.MATH.C.XVI.V.XIX
Claves regni coelorum tradidi tibi.
Ich habe dir die Schlüssel des Himmelreichs übergeben. (Math. Capitel XVI Vers XIX). Dieser Vers steht in Matthäus 16,19, wo Jesus zu Petrus spricht.
Matthäus 16:19 ist der neunzehnte Vers im sechzehnten Kapitel des Matthäusevangeliums im Neuen Testament der christlichen Bibel. Es zeichnet die Worte auf, die Jesus zu Simon Petrus gesprochen hat. Aufgrund dieser Passage wird der heilige Petrus oft als der Torwächter des Himmels bezeichnet.
Dieses Fliesentableau wurde für Papst Leo XIII. geschaffen, er war von 1878 bis 1903 Papst. Deshalb ist auf dem Tableau eine Tiara zu sehen, dazu kommen zwei Engel mit dem Wappenschild.
Auf dem anderen Tableau sehen wir den Heiligen Georg, als Ritter mit Lanze und Schwert. Georg ist einer der vierzehn Nothelfer, sein Gedenktag ist der 23. April. Er gilt als Helfer bei Kriegsgefahr, bei Fieber und der Pest, weiterhin gegen die Verführung und für gutes Wetter, sowie als Beschützer der Haustiere. Sein Symbol ist das rote Georgs-Kreuz, als weiteres Erkennungszeichen der getötete Drachen. Der Heilige Georg wurde der Legende nach unter dem römischen Kaiser Diokletian, der von 284-305 regierte, als römischer Offizier zu Beginn des 4. Jahrhunderts enthauptet und so zum Märtyrer. Georg soll das Land von einem tyrannischen Drachen befreit haben!
Soweit bekannt ist, sind die Fliesen in dieser Kombination, neben Rath-Anhoven und Dortmund (bis 2009 Pfarrkirche, nun ein Kolumbarium) noch in der Rheder Pfarrkirche St. Gudula (neue Kirche von 1898-1901 erbaut) und in der St. Anna-Kapelle in Haltern am See (seit 1674 Wallfahrtskapelle) zu sehen. Zusätzlich in den Niederlanden in den Kirchen: Kreuzerhöhung-Basilika von Raalte, der St. Michael Kirche in Schalkwijk, St. Antonius von Padua in Kortenhoef und St. Petrus und Paulus in Hengevelde.
04.10.2024 - Dietmar Schmitz, Wegberg-Klinkum
Viktor Nono – seine Skulpturengruppe im Wegberger Stadtpark
Manchmal bedarf es eines besonderen Anstoßes um das Besondere zusehen. Auslöser dafür war die Nachricht, dass die Galerie Klaus Noack in Wassenberg schließt. Der 82jährige Galerist lebt seit 2010 in Dalheim. Dort hat er auch etliche Jahre im Dalheimer Klosterhof als Galerist ausgestellt. In der Kunstszene hat er sich einen guten Ruf erworben, so hat er nicht nur Wegberger Künstler/innen wie Gisela Stotzka oder Mia M. (Annett Malzer), sondern auch international bekannte Künstler wie Viktor Nono zu Gast, die hier ihre Werke präsentieren. Viktor Nono aus Neuss stellte bei Klaus Noack seine Skulptur mit den Baumstämmen vor, die der Galerist Noack dann 2016 der Stadt Wegberg schenkte.
In Wegberg war vor Jahren die Idee geboren, wie in einigen anderen Städten auch, einen Skulpturenpark zu entwickeln. Weit ist man damit allerdings nicht gekommen. Im Stadtpark finden sich heute nach genauem Hinsehen nur noch drei Objekte, ein weiteres wurde vor zirka zwei Jahren entfernt. Nimmt man die Werke von Loni Kreuder am Rathausplatz und in der Fußgängerzone hinzu, sind es fünf.
Dabei ließe sich mit etwas gutem Willen und etwas Fantasie der Bereich über das Burggelände hinaus bis zum Alten Friedhof erweitern. Auf dem Grünstreifen zum Bahnhof hin steht ein weiteres Objekt. Der alte Friedhof steht unter Denkmalschutz. Was wenig bekannt ist, hier stehen zwei Werke bekannter Bildhauer, als Grabdenkmale. Einer von ihnen ist Alexander Iven aus Wegberg. Wie überall, besteht die Gefahr des Vandalismus und die Zerstörung von Kunstwerken. Wo ist eigentlich die Skulptur, die früher vor dem BGZ stand, hingekommen?
Kommen wir zur Arbeit von Viktor Nono. Der promovierte Philosoph betätigt sich vielseitig. Neben der Bildhauerei, wo er mit verschiedenen Materialen aus Stein, Holz oder Metall arbeitet, nehmen seine Objekte durch Hinzufügen oder Entfernen (siehe die Baumstämme im Park) neue Formen an. Einerseits stehen sie im Kontrast zu den normalen Bäumen im Stadtpark, andererseits heben die spiralförmigen Körper den Wuchs des bearbeiteten Holzes hervor und korrespondieren so mit dem Altbestand. Ein weiteres Betätigungsfeld von Viktor Nono, der in Neuss-Buschhausen auf einem alten Bauernhof lebt, ist die Malerei. Auch als Schriftsteller tritt er literarisch in Erscheinung. Seine philosophischen Arbeiten loten die Grenzen von Lebensentwürfen und Lebensdarstellungen aus. Eine Monografie beschäftigt sich mit dem Thema Bilder zur Musik. Er strebt hier eine Verbindung zwischen Kunst und Literatur an.
September 2024
27.09..2024 - Dietmar Schmitz, Wegberg-Klinkum
Virus im Reetdach?!
Im ersten Moment erinnerte mich das an das Corona-Virus von 2019.
Ein stolzer Hausbesitzer hatte sich im Zentrum von Wegberg ein neues Haus gebaut. Sein sehnlichster Wunsch war ein Reetdach, das im Sommer kühlt und im Winter wärmt.
Im Allgemeinen geht man davon aus, dass solch ein Dach eine Lebensdauer zwischen 40 und 60 Jahren hat. Vorausgesetzt es wird gepflegt, das heißt, alle zwei Jahre sollte man es von Moos, Algen und sonstigen Rückständen abrecheln und säubern. Wichtig ist auch immer eine gute Trocknung des Schilfes um Schimmel vorzubeugen.
Wer nun öfter entlang der Schwalm im Zentrum von Wegberg wanderte, konnte im vergangenen Halbjahr feststellen, dass am Haus in Potz die Reetdachdecker aus den Niederlanden ein neues Dach eindeckten, nach nicht einmal 20 Jahren. Der Hausbesitzer erklärte auf Nachfrage den Grund dafür.
Das Reet des Daches kam damals aus Ungarn, weil z.B. in Deutschland speziell in Friesland und Brandenburg, aber auch in den Niederlanden nicht mehr genügend Material geerntet werden kann. Neben Ungarn käme in Europa noch Rumänien in Frage. Doch überall besteht inzwischen die Gefahr durch das Einbringen eines Virus, dass das Schilf im Laufe der Jahre zerbröselt. Natürlich meist nach Ablauf der Garantiezeit von 10 Jahren, so dass der Lieferant keine Haftung mehr übernimmt.
Nach den bisherigen Erkenntnissen ist das bei Reet aus China, dass inzwischen containerweise in drei verschiedene Längen nach Deutschland geliefert wird anders. Dort wird das Reet unter anderen klimatischen Bedingungen geschnitten. Es wird im Winter, wenn die Seen zugefroren sind, geerntet und fällt somit nicht ins Wasser, wodurch eine Infizierung mit belastetem Wasser entfällt.
Für verschiedene Hausbesitzer in Wegberg, Harbeck-Venn und Schwaam war die Dachneueindeckung ein teures Vergnügen. So waren zum Beispiel in Wegberg 450 m² neu einzudecken. Da die Dachdecker nur bei trockener Witterung und mit trockenem Material arbeiten können, waren sie über Monate beschäftigt.
Bis jetzt konnte noch nicht endgültig geklärt werden, um welchen Virus es sich dabei handelt.
17.09..2024 - Dietmar Schmitz, Wegberg-Klinkum
Eine Mobilmachungsliste von 1855
Die Mobilmachung wird veranlasst wenn ein Krieg bevorsteht, damit werden die Soldaten in Bereitschaft versetzt.
In einem Verzeichnis von 1855 für den Kreis Erkelenz sind 91 Reservisten aufgelistet. In der Bekanntmachung des Bataillons-Kommandeurs A.C. von der Oelsnitz für den Bezirk der 6. Kompanie des 25. Landwehrregiments sind insgesamt 19 Wehrmänner aus dem Wegberger Stadtgebiet aufgeführt. Wegberg gehörte damals zum Königreich von Preußen. Preußen zählte inzwischen zu den Großmächten.
Seit den Feldzügen von Napoleon Bonaparte waren seit 40 Jahren keine deutschen Soldaten mehr an Kriegshandlungen beteiligt. Seit 1853 gab es aber wieder Krieg in Europa. Die Westalliierten, gemeint sind hier die Armeen von Frankreich, Großbritannien und dem Königreich Sardinien-Piemont (als Vorläuferstaat von Italien), und das Osmanische Reich stemmten sich gemeinsam gegen die Expansionspolitik Russlands. Auslöser war hier, wie so oft, religiöse Streitigkeiten. Das Osmanische Reich hatte die Heiligen Stätten in Palästina unter seiner Kontrolle. Die orthodoxen Russen wollten das Protektorat über Palästina übernehmen. Daraus entwickelte sich der Krimkrieg (Zehnter Russisch-Türkischer Krieg), der sich bis 1856 hinzog und erst mit dem Pariser Frieden beendet wurde. Der preußische König, ein Schwager des Zaren, vermochte die Neutralität Preußens zu sichern. Die benachbarte Großmacht Österreich besetzte die Länder entlang der Donau bis zum Donaudelta, griff aber in die Kampfhandlungen nicht ein.
Die Festung Sewastopol auf der Halbinsel Krim war hart umkämpft. Auf beiden Seiten starben viele Soldaten, aber der größte Teil nicht bei den Schlachten, sondern die meisten wegen der hygienischen Mängel und den katastrophalen Bedingungen bei der Unterbringung in den Lagern. Krankheiten wie Cholera, Typhus oder Ruhr waren die Hauptursache für das Sterben, weniger die Verwundungen der Soldaten. Die englische Krankenschwester Florence Nightingale (1820-1910), die in Deutschland (Preußen) ausgebildet wurde, entwickelte durch ihre Arbeit und der Dokumentation der Erkrankungen die moderne westliche Krankenpflege und ist als Reformerin des Sanitätswesens in die Geschichte eingegangen.
Hier nun die Liste der Wegberger Wehrmänner, die vorerst nicht in den Krieg mussten:
1) Johann Sassen aus Wegberg-Bissen
2) Peter Wilhelm Peters aus Rickelrath (Musketier)
3) Peter Johann Broocker aus Tüschenbroich
4) Johann Heinrich Körfer aus Klinkum
5) Johann Joseph Kaufen aus Wegberg
6) Peter Johann Hermanns aus Tüschenbroich
7) Wilhelm Ludwig Imkamp aus Beeck
8) Johann Hermann Krotz aus Holtum
9) Georg Gustav Philippen aus Beeck
10) Rudolph Inderfurth aus Beeck
11) Heinrich Wilhelm Gört aus Moorshoven (Kanonier)
12) Hermann Joseph Vasters aus Beeck (Kanonier)
13) Peter Anton Dahmen aus Beecker-Bissen
14) Godfried Hasen aus Holtum
15) Peter Michael Prenten aus Moorshoven
16) Servaz Ditges aus Ellinghoven
17) Peter Anton Steinwartz aus Rath
18) Arnold Heinrich Quasten aus Flassenberg
19) Johann Heinrich Heinen aus Tetelrath
Zwei Monate später fand eine Kontrollversammlung statt. Die Beecker, Gerderather und Schwanenberger Reservisten mussten sich auf der Grambuscher Heide einfinden. Die Wegberger Wehrmänner auf dem Nesselroder Gute (Burg Wegberg).
Nicht lange danach brach der Krieg zwischen Preußen und Dänemark (1864), Preußen und Österreich (Deutscher Krieg 1866), Preußen und Frankreich (1870/71) aus.
Im Bild Florence Nightingale und das Schwarze Meer mit der Halbinsel Krim
09.09.2024 - Dietmar Schmitz, Wegberg-Klinkum
Hast du gehört – oder schon gesehen?
Kindermühlentag, Tag des offenen Denkmals und Eröffnung des Archivs des Rheinischen Mühlenverbandes. Da durfte hoher Besuch aus der Landeshauptstadt Düsseldorf nicht fehlen. Ganz stilvoll mit Chauffeur und grauem Mercedes fuhr die zuständige Ministerin für Heimat, Kommunales, Bauen und Digitalisierung in NRW, Ina Scharrenbach vor. Die Sonne strahlte über der Schrofmühle in der Mühlenstadt Wegberg. Das Empfangskomitee, an der Spitze der Vorsitzende des Rheinischen Mühlenverbandes (RVM) und seit Neuestem Präsident der Deutschen Gesellschaft für Mühlenkunde und Mühlenerhaltung (DGM) Reinhold Pillich, ehemaliger Bürgermeister von Wegberg und Dr. Ferdinand Schmitz als Hausherr und Geschäftsführer des Rheinischen Mühlenverbandes, standen bereit.
Zur Feierstunde an diesem Tag war viel Prominenz anwesend, einige wurden jedoch vermisst. Heute ging es um ein Projekt, das zu 90 % vom Land gefördert wurde, den Rest musste der Verband selbst aufbringen. Das gelang mit Hilfe einiger großzügiger Sponsoren.
Die Ministerin betonte in ihrer Rede, dass es Sinn mache in der vollfunktionstüchtigen Mühle, im Zusammenspiel mit dem Mühlenmuseum und dem Mühlentrakt nun auf dem ehemaligen Kornspeicher die Geschäftsstelle des Verbandes und das Archiv an dieser Stelle der Mühlenstadt zu konzentrieren. Das Archiv kann von jedermann nach Rücksprache mit der Familie Schmitz benutzt werden.
Reinhold Pillich und Ferdinand Schmitz ließen in ihren Dankesworten die zweieinhalbjährige Bauphase und die vielfältige Mithilfe von Ehrenamtlichen innerhalb und außerhalb des Vereins in Wort und Bild Revue passieren. Nach den Festreden konnte jeder die neuen Räumlichkeiten besichtigen und sich ins Gästebuch eintragen. Wer wollte konnte sich an Getränken und Häppchen bedienen oder ein Gespräch mit der Ministerin und anderen Gästen führen.
Draußen im Innenhof des Mühlegeländes fand indes der fünfte Kindermühlentag statt, so waren dort fünf Stationen aufgebaut die angelaufen werden mussten um dort einen Stempel zu bekommen. Unterstützt wurden die Kids vom gesamten Team des Fördervereins Schrofmühle (hauptsächlich Familienmitglieder der Eigentümer). Zum Abschluss gab es dann das Hilfsmüller-Diplom und eine Demonstration im Mühlentrakt wie aus dem Korn Mehl wird und aus dem Flachs- oder Rapssamen Öl gepresst wird.
Auf dem untenstehenden rechten Foto: der Bundestagsabgeordnete Wilfried Oellers, Ministerin Ina Scharrenbach, Ferdinand Schmitz und Reinhold Pillich.
August 2024
27.08.2024 - Dietmar Schmitz, Wegberg-Klinkum
Eine Humoreske aus Wegberg
Carl Zuckmayer schrieb 1931 das Drama der Hauptmann von Köpenick, das dann als Theaterstück aufgeführt wurde. Die Geschichte geht auf eine Begebenheit im Oktober des Jahres 1906 zurück. Damals hatte sich der Schuhmacher Friedrich Wilhelm Voigt eine Offiziersuniform angezogen und mit einem Trupp Soldaten die Stadtkasse von Köpenick beraubt. Ursprünglich wollte er sich nur einen Pass besorgen.
In Wegberg gab es im selben Jahr einen Nachahmer. Im November kam ein Auswärtiger in Offiziersuniform nach Wegberg. In Gesellschaft mit einem Einheimischen suchte er verschiedene Wirtschaften auf. Einige Zeit später versuchte der Mann den Einheimischen anzupumpen und seine Reisekasse aufzufüllen, denn er wollte über die Grenze nach Holland. Sein neuer Bekannter nahm den Offizier mit in seine Wohnung. Dort nahm er eine Einladung zu Stärkung an, eine kräftige Nahrung wurde ihm vorgesetzt. Beim Weggange ließ er – merkwürdig für einen Offizier – seinen Säbel zurück. Alsdann wollte er zur Grenze, sein neuer „Freund“ sollte ihn ein Stück weit begleiten, zumindest bis Klinkum. Als der Wegberger umkehren wollte und ihm Lebewohl sagte, fiel dem Offizier das weitergehen schwer er wollte nicht alleine weiterziehen und kam wieder zurück. Das ganze Gebaren kam dem Wegberger befremdlich vor und machte die Polizei auf den Mann aufmerksam. Der Uniformierte verschwand dann unvermittelt. Bis nach Dalheim kam er, wo er schließlich von einem Gendarmen verhaftet wurde. So überführte man ihn zum Bezirkskommando nach Rheydt. Die weiteren Ermittlungen ergaben, dass der falsche Hauptmann aus Bonn stammte. Er war Unteroffizier im Husarenregiment Nr.7. Von Rheydt aus wurde er deshalb nach Bonn zu seinem Regiment gebracht. Was aus ihm geworden ist, ist nicht überliefert. Sein Gastspiel in Wegberg sorgte jedenfalls für Aufsehen in der Presse.
Und was wurde aus dem echten „Hauptmann von Köpenick“? Der aus Ostpreußen stammende Hochstapler und Kleinkriminelle Voigt trat im Zirkus Barlay und in Varietés auf, und brachte seine Geschichte als Buch heraus, so kam er zu Geld. Schließlich lässt er sich in Luxemburg nieder wo er ein kleinbürgerliches Leben führte. Durch die galoppierende Inflation starb er dort 1922 wieder verarmt.
Hier die Verfilmung mit Heinz Rühmann aus dem Jahre 1956:
Unten: Eine Postkarte mit dem Vorgang in Köpenick – ein Leutnant zu Pferd und einem Säbel des Husarenregiments in Bonn.
20.08.2024 - Dietmar Schmitz, Wegberg-Klinkum
Eine Wallfahrt zur Hl. Apollonia in Rickelrath
Im Buch zur Geschichte der Wallfahrten im Bistum Aachen von 1986 sind für Wegberg drei Wallfahrtsstätten aufgeführt. So eine in Arsbeck, Holtum und Rickelrath.
Die älteste und wohl auch bekannteste ist die „Zur Schmerzhaften Mutter Gottes und der Königin des Friedens“ in Holtum. Der Grundstein zur ersten Kapelle dort wurde 1644 gelegt. Wann genau die Wallfahrt dort begann ist nicht überliefert, lag aber vor 1691.
Auf dem „Alde Berg“ in Arbeck stand früher auch eine Kapelle, inzwischen durch ein Kreuz ersetzt. Angeblich handelte es sich hier um eine heidnische Kultstätte.
Eine Kapelle, die auch einer Wallfahrt diente, bzw. Pilger anzog, war die Ulrichskapelle im Tüschenbroicher Wald. Auch um sie rankt sich die Sage vom Messerturm. Sie ist im Buch nicht aufgeführt.
Kommen wir zur oben genannten Pilgerstätte in Rickelrath, die noch vorige Woche zum Fest „Maria Himmelfahrt“ von Pilgern, die aus Richtung Waldniel kommend, aufgesucht wurde. Matthias Poorten, Vikar in Oberkrüchten, ließ bereits 1683 hier eine Kapelle erbauen, die stark angelehnt war an die Kapelle Klein-Jerusalem in Neersen (die 1660 erbaut wurde). Hier wurden die heiligen Stätten in Palästina nachgebaut, wie die Geburtsgrotte in Bethlehem, das Grab Jesus Christi in Jerusalem und der Auferstehungsstätte in Gethsemane. Etwa 30 Jahre bestand diese Wallfahrtsstätte. Nach dem Dreißigjährigen Krieg zog es die Menschen in die Kirche. Hunderte von Pilgern strömten nach Rickelrath und Holtum. In Rickelrath kamen sie meist zum Fest der Hl. Apollonia am 9. Februar oder auch am darauffolgenden Sonntag zur Oktav. Aus Klein-Jerusalem wurde in Rickelrath das Haus Loreto. Auch in Holtum entstand eine Loreto-Kapelle. Zu Ehren „Unserer Lieben Frau von Loreto“ (in Italien). Dabei soll es sich um das Haus Mariens in Nazareth handeln.
Die Reliquie kam um 1750 nach Rickelrath, das Reliquiar wurde im 2. Weltkrieg gestohlen und auch Reliquien von der Hl. Barbara und Matthias. Seitdem findet keine Oktav mehr statt. Das ganze Jahr über kamen Einzelpilger zu Fuß.
Eine ein Meter große Gipsfigur der Hl. Apollonia wurde erst 2003 wieder aufgefunden. Die Heilige wird bei Zahnschmerzen angerufen und ist Patronin der Zahnärzte. Als Attribut hat die Heilige eine Zange. Mütter opferten früher entsprechend der Anzahl von menschlichen Zähnen 32 Pfennige, damit ihre Kinder gesunde Zähne bekamen (bis ca. 1950). Pfarrer Rüther (1957-1973) ließ vom Mütterverein eine Fahne sticken, eine Frau aus Balkhoven stand dafür Modell.
Wenn viele Menschen ins Dorf kamen, war mit einem Markt bzw. einer Kirmes immer auch eine willkommene Einnahmequelle für die Dorfbewohner gegeben (bis in die 1930er Jahre, das Foto und ist aus dieser Zeit, ganz rechts das helle Haus ist die Wirtschaft Zohren).
09.08.2024 - Dietmar Schmitz
Der Liplaken-See
Manche werden sich jetzt verwundert die Augen reiben, Liplaken-See noch nie gehört. Ehrlich gesagt ich auch nicht. Wo soll der denn gewesen, wird sich der ein oder andere Fragen? Aber es gab ihn wirklich, ist aber schon 100 Jahre her.
Den Merbeckern, Venner und Tetelrather Einwohnern sind zumindest einige Gräben unter dem Namen Liplaken geläufig. Damit ist auch schon die ungefähre Lage des ehemaligen Sees abgegrenzt. Wie eine mir schon seit Jahren vorliegende Karte belegt, lag dieser ominöse See hinter der Jennekes (Gennekes-) Mühle und erstreckte sich bis Blonderath kurz vor der Lüttelforster Mühle.
Um die damalige Jahrhundertwende machte man sich Gedanken, wie neue Ackerflächen gewonnen werden konnten. Dabei geriet die Schwalmniederung ins Visier. Um 1910 lag ein erster Plan vor, der große Flächen des Schwalmtales trockenlegen sollte, das Melorationsgebiet umfasste dabei 1144 Hektar an Ländereien. Die Anrainer und Eigentümer der Parzellen wurden in einer Melorationsgesellschaft zusammengeschlossen. Die ersten Melorationsarbeiten zur Begradigung der Schwalm und der Trockenlegung der angrenzenden Flächen begannen um 1920. Bis 1926 war der Unterlauf der Schwalm von Brüggen bis zur niederländischen Grenze. Inzwischen regte sich massiver Widerstand gegen diese Regulierungsarbeiten. Insbesondere die Naturschützer rief das auf den Plan, ist also keine Erfindung der heutigen Generation sondern das gab es damals auch schon. Denn es machten sich schon die ersten nachteiligen Folgen dieser Maßnahme bemerkbar. Zudem wurde es für die betroffenen Landeigentümer wesentlich teurer, als im Vorfeld versprochen, auch das kennen wir. Durch die Entwässerung sank an manchen Seen der Wasserspiegel um mehr als 40 Zentimeter. z.B. am Borner Seee und die Böden sackten ab. Aber die Regierung beharrte auf der Fortführung dieser Maßnahme und richtete nun Arbeitsdienstlager ein, zunächst mit Freiwilligen, später als Dienstverpflichtung. Bis Lüttelforst sollten die Arbeiten vorangetrieben werden, dort befand sich auch ein Lager. Bis zu 250 Arbeiter wurden nun beschäftigt, das Resultat war, dass drei Schwalm-Seen austrockneten und verschwunden sind, darunter der oben genannte Liplaken-See.
Er fiel um 1934 einem „Kuhhandel“ zum Opfer. Der damalige Kreis Erkelenz wollte am Südrand des Elmpter Bruches die heute noch erhaltene Wacholder Heide, als erstes Naturdenkmal ausweisen, die Naturschützer wollten verhindern, dass das Elmpter Bruch trockengelegt wurde, im Tausch dafür musste das Gebiet zwischen der Lüttelforster Mühle und dem Schürensteg (Straße von Merbeck nach Lüttelforst) herhalten. Seit der kommunalen Neugliederung von 1972 gehört dieser Bereich zum Stadtgebiet von Wegberg. Das Sumpfgebiet mit dem verlandeten See und der Jennikes-Mühle wurde von der Schwalm abgetrennt, diese bildet aber die Grenze zur Nachbargemeinde Schwalmtal. Was den wenigsten bewusst ist, dass die Stadt Wegberg dadurch auf ihrem Gebiet nun eine weitere Mühle „geerbt“ hat! Liplaken-Graben und Kuhbach münden hinter der Lüttelforster Mühle in die Schwalm. Das „Deutsche Eck“, das sich hier gebildet hat, war jahrelang das „erste Wellenbad“ für Kinder an der aufgestauten Schwalm (1953). Die erste offizielle Badeanstalt befand sich übrigens seit 1901 an der Pannenmühle.
> Weitere Fotos:
Bruchgebiet Liplaken
Liplaken Graben
Gennekes Mühle, um 1925, vor der Schwalmregulierung
02.08.2024 - Dietmar Schmitz
Ein Sammler mit großer Leidenschaft – Manfred Langela
Unser verstorbenes Vereinsmitglied Manfred Langela hat sich immer sehr für Geschichte interessiert. Besonders historische Postkarten hatten es ihm angetan. Dafür besuchte er öfter Trödelmärkte oder Sammlerbörsen. Dort kaufte er manchmal ganze Sammlungen auf, was öfter günstiger war als einzelne Stücke. Ein Nebeneffekt war auch, dass er viele Dokumente erwarb, die nicht immer Bezug zu Wegberg hatten. Im Laufe der Jahrzehnte trug er über 400 unterschiedliche Ansichtskarten aus dem Wegberger Stadtgebiet zusammen. Um diese einer breiteren Öffentlichkeit vorzustellen, präsentierte er eine Auswahl von 50 vergrößerten Karten 1998 in der Kreissparkasse Wegberg.
Manfred war ein Vereinsmensch und aktiv in mehreren Vorständen, so in der DLRG, den Vereinigten Vorständen und in der Karnevalsgesellschaft Flöck Op. Bei uns war er seit 2001 stellvertretender Schriftführer bis zu seinem Tode im April 2005. Im Jahre 2002 durfte ich zusammen mit ihm den Bundestagsabgeordneten Prof. Christoph Zöpel, von 1999 bis 2002 Staatsminister des Auswärtigen Amtes, durch Wegberg führen. Dazu erstellten wir das Heft „Unterwegs in Wegberg“ Nr. 7. Auch im Berker Boten, der Schriftenreihe des Vereins, hat er mehrere Artikel veröffentlicht.
Im Sommer vor jetzt 20 Jahren teilte er uns die folgenschwere Diagnose der Uniklinik mit, dass er nur noch ein halbes Jahr zu Leben hätte. Dieser offene Umgang mit seiner Erkrankung erleichterte uns allen die Zusammenarbeit und die wenige Zeit mit dieser Situation umzugehen. Er kümmerte sich im Verein um unser Bildarchiv, baute eine Postkartensammlung auf und organisierte unsere regelmäßige jährliche Bücherbörse. Mit knapp 65 Jahren verstarb der aus Rheydt-Odenkirchen stammende Familienvater, er hinterließ seine Frau, eine Tochter und zwei Enkelkinder.
Vielen Wegbergern/innen dürfte er als langjähriges SPD-Mitglied im Stadtrat noch in Erinnerung sein. SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen nutzten in jenen Jahren die Räumlichkeiten im BGZ und waren so ein wichtiges Bindeglied zur Stadt. Bei der Frage nach dem ersten Kontakt zur Geschichte, erzählte er mir damals: Meinen ersten Kontakt mit gedruckter Heimatgeschichte hatte ich 1953/54. Ich war begeistert von den in loser Folge erscheinenden Geschichtsheftchen ,,Der Laurentiusbote", herausgegeben von dem Odenkirchener Pfarrer Franz Rixen von Feb. 1949 bis Mai 1967. Seine weiteren Hobbys waren die Numismatik, hier lag der Schwerpunkt bei den mittelalterlichen Münzen des Rheinlandes. Er war fast 30 Jahre Vorsitzender der Münzfreunde Mönchengladbach und eben solange im Dachverband der Rheinischen Münzfreunde tätig. Dann folgte der Sport mit Schwimmen und der Mitarbeit in der DLRG, Radfahren und Joggen.
Juli 2024
Update zum Beitrag von Dietmar Schmitz vom 09.02.2024
Im Februar hatte Dietmar Schmitz über eine fotografische Überraschung aus dem Jahre 2007 anlässlich einer Gemäldeausstellung „Kunst im Zentrum“ im BGZ berichtet. Bei dieser Ausstellung wurde das links abgebildete farbige Gemälde gezeigt, das dem Historischen Verein 2002 anlässlich der Ausstellung "Wegberger Ansichten" in der Kreissparkasse Wegberg von Frau Porten aus Baal geschenkt worden war.
Im Jahr 2007 nun erhielt er nach der Gemäldeausstellung „Kunst im Zentrum“ im BGZ eine Fotografie, die eine Überraschung bot. Das Foto rechts zeigt fast exakt die Person des Trommlers, das anscheinend als Vorlage zu diesem Gemälde gedient hatte.
Das Gemälde des Malers Wilhelm Büppelmann zeigt den 10-Jährigen Ludwig Specks (1892-1905), Sohn des Schornsteinfegermeisters Joseph Specks und der Maria Rütten. Er wurde gerade mal 13 Jahre alt und er starb in Echt.
Und nun zur aktuellen Überraschung: Bei einer Recherche stieß Dietmar Schmitz auf den abgebildeten Zeitungsauschnitt. Dieser belegt nun die Todesursache des Sohnes, der der Meldung zufolge 12 Jahre alt wurde: Er sei im Kloster Lilbosch "unerwartet an einem Magengeschwür gestorben, dessen Ursache auf übermäßogen Genuß von Kirschen zurückgeführt wird".
Es mag zwar nur ein kleiner unbedeutender Mosaikstein in der Wegberg Geschichtsforschung sein, um so mehr hat sich Dietmar Schmitz über diesen "Zufallsfund" gefreut.
24.07.2024 - Beitrag von Dietmar Schmitz
Das Waldbad Tüschenbroich – Waldbaden?
Endlich Sommer – die Temperaturen schnellen in die Höhe. Der Mensch sucht Abkühlung – ab ins Freibad! Einst sang Rudi Carell „Wann wird es mal wieder richtig Sommer?“ (1975) und Conny Froboess sang mit acht Jahren im Mai 1951 den von ihrem Vater geschriebenen Schlager „Pack die Badehose ein“.
https://www.youtube.com/watch?v=KzEOvyDcVas– Song von Carell
https://www.youtube.com/watch?v=UhZEba0SWNs– Song von Froboess
Aber
wohin gehen, ab 1935 konnte man in Brempt im Hariksee schwimmen, nach
dem Krieg gab es die Freibäder in Wassenberg, Odenkirchen und M.
Gladbach. Aber in Wegberg?
Paul
M. Krapoll von Schloss Tüschenbroich ließ im Jahre 1950 am Nordwestrand
des Ölmühlenweiher ein Betonbecken bauen. Das Gesamtbecken fasste 3600
cbm Wasser. Unterteilt war das Becken in Kinderbecken 12 x 22 Meter,
Nichtschwimmer 25 x 22 Meter, Schwimmer 25 x 22 Meter und Freischwimmer
50 x 20 Meter. Auf der Längsseite zur Wiese hin war eine 62 Meter lange
Freitreppe. Aus dem Stauweiher der Ölmühle lief immer frisches Wasser
durch einen Kiesfilter ein und vom Schwimmbecken über Überläufe und eine
Bodenschleuse in den Kahnweiher. Je nach Erfordernis in 24 Stunden 600 –
1500 cbm Wasser. Der obere Weiher wurde damals noch durch Quellen
gespeist
Die
Liegewiese war 6000 m² groß, die Spielwiese hatte 3000 m² und am
Waldrand gab es noch eine Fläche von 1500 m² mit Schatten. Zwischen den
Umkleidekabinen waren die Garderobe, die Toiletten mit Duschen und ein
Kiosk.
Das
Waldbad Tüschenbroich war also ein Naturfreibad. Das Wasser war moor-
und eisenhaltig und leicht schwefel- und kohlensäurehaltig und als
Badewasser besonders geeignet. Das Bad wurde 1951 eröffnet und in den
ersten sechs Jahren strömten fast 150.000! Besucher hier hin.
Postkarte unten, aus den 50er Jahren
Ich selbst habe später im
Schulunterricht dort das Schwimmen gelernt. Viel ist mir aus dieser Zeit
nicht in Erinnerung geblieben. Da kommt der umgedichtet Song von
Froboess, durch Manni Müchen, Mundartkünstler aus Klinkum gerade recht. Er schildert auf Platt
in seinem Lied „Em Schwemmbad Töschebrook“ die Situation von damals
eindrucksvoll.
https://www.youtube.com/watch?v=NDglgHk0hOw – Song von Müchen
Er beginnt auch in der Schule, wo es heißt: „wenn man enn de Schöllbank sett unn beem Liehre döchtich schwett.“
Ja da freute man sich auf Hitzefrei und aufs kühle Nass. Der
Campingbeutel wurde gepackt und mit dem Rad ging es nach Tüschenbroich.
Ein Butterbrot eingepackt, ein Apfel oder ein Stück trockenen
Streuselkuchen dabei und eine Decke mit Handtuch. Ach so, Mama musste
noch ein paar Groschen Eintrittsgeld mitgeben und eincremen. In der
Bretterbude die Badehose angezogen und es konnte losgehen. Auf der
großen Wiese ein schönes Plätzchen ausgesucht, dann schwimmen mit den
Kröten (Kröatsch) und den Fischen (Fösche). Die Übermütigen zoppten die
Mädchen, auf der Wiese wurde Fußball gespielt, Völkerball oder
Federball. Besonders Neugierige tummelten sich an der Umkleide und
suchten nach einem Astloch in der Bretterwand um einen Blick auf das
andere pudelnackte Geschlecht zu werfen. FKK-Strände wie in
Ostdeutschland gab es hier noch nicht. Lag eine leere Flasche rum, gab
es am Kiosk fürs Pfand „sötte Kroam“.
Umziehen, damit man ja pünktlich zu Hause war.
Als
1967 in Niederkrüchten das Freibad aufmachte, fuhren immer mehr
Menschen dorthin, das war wesentlich komfortabler, lag aber nicht mehr
direkt vor der Haustüre. Der Rückweg war da wesentlich anstrengender.
Neben dem Bad in Tüschenbroich gab es dann noch ein Freibad, das den
meisten nicht so bekannt war, auf dem RAF-Gelände am Flugplatz in
Petersholz gab es in der Nähe des kleinen NAAFI-Shops ein Schwimmbad. Da
es meistens von den Engländern genutzt wurde, fuhren da nicht viele
hin.
Waldbaden
– im Wald baden? So wie in Tüschenbroich? Gemeint ist hier jedoch etwas
anderes, eben die Alternative zum Sonnenbaden und Meerbaden. Der Trend
kam 1982 in Japan auf und nennt sich „Shinrin-Yoku“. Die Luft des Waldes
atmen, die Natur verstehen um den Stress zu reduzieren. Manche
entwickelten dann noch spezielle Übungen dazu.
Aber
ehrlich gesagt, haben das nicht schon viele Familien Jahre vorher bei
ihren sonntäglichen Waldspaziergängen oder bei Bergwanderungen gemacht.
Und
zum Schluss noch etwas zum Schwimmbad in Tüschenbroich, um 1994 wurde
aus den drei Gewässern am Schloss ein Angelpark. Seit ein paar Jahren
gibt es eine neugebaute Fischerstube.
Haben
sie noch Erinnerungen oder Fotos vom Waldbad in Tüschenbroich?
Schreiben sie einen Kommentar und schicken sie uns ihre Fotos, wir
würden uns freuen.
Hier die Mailadresse: historischer-verein-wegberg@t-online.de
19.07.2024 - Beitrag von Dietmar Schmitz
Die Brunbecker Höfe in früherer Zeit
Wie bei manchen anderen Wegberger Ortsteilen dürfte auch die Siedlung Brunbeck aus einem Einzelhof entstanden sein. Im Jahre 1852 gab es hier vier Gehöfte. Der größte Hof, Brunbecker Hof oder Isengravens Erb genannt, liegt an einem Teich, der heute von der Straße nicht mehr sichtbar ist. Hier ist eine Geländefalte, wo sich das Wasser sammeln konnte und die Quelle der Brunbeck zu finden ist.
Ein
erster Anwohner wird bereits 1397 genannt. Der Hof besteht heute aus
drei Teilen mit eigener Hausnummer 37-41. Neben dem umgebenden Teich im
Bruchgelände gibt es eine kleine Besonderheit, abseits vom Hof steht
noch das alte Backhaus, links von der Hofanlage. Der rechte Teil des
Hofes, der bereits in einem alten Register aus dem Jahre 1510 erwähnt
wird, wurde schon vor längerer Zeit renoviert. Vor kurzem wurde dann der
linke Teil verkauft und nun wird dieser Trakt grundsaniert. Das waren
aber nicht die ersten Renovierungen, der Blaustein-Türsturz gibt
Auskunft über eine frühere Bauphase: I-A-K A-M-K 1857. Dahinter
verbergen sich Johann Arnold Knoors und Anna Maria Kamps, das Paar hatte
1841 in Wegberg geheiratet. Der Hof aus Backstein war einer der wenigen
Wegberger Höfe, die am Meinweg berechtigt waren. Dieses riesige
Waldgebiet an der deutsch-niederländischen Grenze, nach der Grenzziehung
von 1815, wurde auf die 14 Dörfer aufgeteilt, die daran angrenzten.
Der
zweite Hof, der in der Tranchot-Karte von 1806 als Hof an der Braunbeek
bezeichnet wird ist ein Vierkanthof. Im Jahre 2006 konnte ich dort
fotografieren. Über einer Türe im Innenhof befand sich ein Eichenbalken
mit Inschrift, die uns offenbarte, wer die Erbauerin dieses
Fachwerkgebäudes war. Errichtet wurde das Haus von der Witwe Catharina
Jans, die mit dem verstorbenen Schöffen Leonard Pauls/sen (Pawels)
verheiratet war, er verstarb 1713. Das Haus wurde 1717 aufgestellt, ein
Teil des Balkens wurde abgeschnitten, damit gingen wichtige
Informationen verloren. Catharina Jans überlebte ihren Mann um 35 Jahre.
Aber dieser Hof ist wesentlich älter, bereits 1507 wird er in einer
Lagebeschreibung erwähnt.
Vor dem Hof mit der Hausnummer 15 steht heute ein Wegekreuz, das früher am Leichweg gestanden hat.
10.07.2024 - Beitrag von Dietmar Schmitz
Eine Rollschuhbahn in Wegberg
So mancher denkt sich, was ist das denn Antiquiertes - Rollschuhbahn? Aber in der Tat im Stadtpark gibt es am neu gestalteten Spielplatz einen asphaltierten Rundkurs von zirka 140 Meter Länge und einem Höhenunterschied von 2,5 Metern. Das Oval hat einen Durchmesser 46 x 37 Meter, besonders markant ist der kleine Eingangstunnel zum Spielplatz selbst. Das dürfte im Kreis Heinsberg eine Rarität sein. Bis Ende der 1980 Jahre gab es noch eine ähnliche Bahn in Frechen.
Die
ersten Rollschuhe wurden bereits um 1760 von Jean-Josef Merlin aus Huy
in Belgien entwickelt. Auch hier haben sich die Technik und die
Funktionalität der Rollschuhe weiterentwickelt. So entstanden
schließlich ab 1866 die ersten Rollschuhbahnen (USA und England). In
Deutschland wurde die erste Bahn 1876 in Berlin-Hasenheide errichtet,
kurze Zeit später eine weitere im Berliner Tiergarten eröffnet. Diese Bahn wurde hauptsächlich vom Adel und den ausländischen Diplomaten genutzt.
Skating
Rink, Zeichnung von Max Klinger
Im
Wegberger Stadtpark wurde erst nach dem Zweiten Weltkrieg der
Spielplatz angelegt. Im Jahre 2018 gab es im Stadtgebiet 36 Spielplätze.
Dies
wurde an dieser Stelle durch den Verkauf der Gastwirtschaft Frienen
möglich, die hinter dem Haus einen Biergarten und eine Bügelbahn hatte
(eine öffentlich bespielbare Bahn gibt es heute noch in
Schwalmtal-Fischeln). Später wurde aus der Wirtschaft eine bekannte
Diskothek „Le Pirate“, jetzt ist dort das Geschäft „Wegberger Leder“ zu
finden.
Nach
einem Brand der verödeten Fläche (um 1955 mit Gras und Obstbäume
bewachsen), wurde dort von der Gemeinde etwa drei Jahre später der
Spielplatz hergestellt. Dazu gehörte dann auch die oben beschriebene
Rollschuhbahn, zumeist wurde sie aber zum Üben der kleinen Fahrradfahrer
genutzt, seltener zum Rollschuh laufen. Obwohl die Rollschuhe ab 1960
wesentlich komfortabler wurden, sie waren nun in der Länge verstellbar
und bekamen Hartgummi oder Kunststoffrollen, anstelle der bisherigen
Stahlrollen, die wesentlich lauter waren. Viele Kinder bekamen nun zu
Weihnachten oder zur Kommunion Rollschuhe geschenkt.
Heute
gibt es hauptsächlich Indoor-Rollschuhbahnen, hauptsächlich im
Ruhrgebiet. Ein Grund dafür dürfte sein, dass seit 1988 in Bochum ein
Musical von Andrew Lloyd Webber „Starlight Express“ aufgeführt wird. Die
Darsteller treten mit Rollschuhen auf.
Ab
dem Jahre 1980 kamen die ersten Inline-Skater auf den Markt. So
entstand im Schul- und Sportzentrum eine Skater-Anlage, die aber in die
Jahre gekommen ist. Bereits 2109 begannen Planungen zur Umgestaltung,
durch Fördermittel des Landes in Höhe von 250.000 Euro und privaten
Sponsoren konnte im Jahre 2022 die neue Sportanlage mit Basketballfeld
und Calisthenics-Anlage (so was Ähnliches wie ein Trimm-Dich-Pfad)
eingeweiht werden.
Auch
im Stadtpark hat sich einiges getan, ein integrativer und
barrierefreier Spielplatz, nebenan ein Trimm-Parcours für Klein und
Groß, als Outdoor-Fläche. An jeder Station sind Info-Tafeln angebracht,
die zeigen wofür die Übung gut ist.
02.07.2024 - Beitrag von Dietmar Schmitz
Exkursion zu den Wegberger Gefängnissen
Wenn man die alten Schöffenprotokolle des Dinggerichtes anschaut und die Urteile die dort gefällt worden liest, so taucht die Frage auf: wo wurden die Personen untergebracht, die zu schweren Strafen verurteilt wurden? Das Schöffengericht in Wegberg tagte um 1720 im Gasthof (Hotel) „Zum Schwan/en“ an der Tüschenbroicher Straße.
Ob
beim Vogtgeding, am Latgericht oder beim Frongericht, alles
mittelalterliche Einrichtungen, hier wurde Recht gesprochen, oft unter
der Dingbuche, die an einem zentralen Platz stand. Für diejenigen, die zum
Tode verurteilt, gab es den Galgen, der Henker kam dafür extra aus
Roermond. Ein Ort war meist der außerhalb gelegene Galgenberg oder der
blaue Stein an einer Grenze. Die zu Kerkerhaft verurteilten, wurden in
den sagenumwobenen sogenannten „Messerturm“ in Tüschenbroich verbracht.
Möglicherweise auch in einem Raum an der Wohnung des Bürgermeisters bzw.
am Rathaus.
Bei
der 1771 erfolgten Errichtung des „Alten Rathauses“ am Markt in der
heutigen Fußgängerzone (an der Brunnenanlage), waren auch ein Gefängnis
und eine Wachstube vorgesehen. Der Bürgermeister Vossen wurde mit dem
Bau beauftragt. Das Gefängnis sollte eine Größe von 16 Fuß zu 28 Fuß
haben. Ein Lageplan zur Genehmigung einer Gerberei offenbart uns die
genaue Lage dieses Gefängnisses.
Nicht wie immer kolportiert wurde im
Gerätehaus der Feuerwehr, war dieses Verließ. In Wirklichkeit handelte
es sich um ein unterirdisches Gefängnis, bedingt durch die Hanglage des
Rathauses (siehe Foto).
Auch
in den benachbarten Bürgermeistereien waren im Rathaus, Zellen (meisten
zwei, je eine für männliche und weilbliche Personen) und eine Wachstube
vorhanden, so auch in Beeck. Nach einer Statistik für das Jahr 1903
waren die Zellen der Polizeigefängnisse in Beeck an 4 Tagen von 1 ½
Personen (sic!) und in Wegberg an 6 Tagen von 3 Personen belegt.
Ob
es nach der französischen Revolution und der Verlegung des
Friedengerichtes von Niederkrüchten nach Wegberg im Jahre 1821, in die
bis dahin als Schulräume genutzten Säle des Klosters an der Kirche kam,
und dort Zellen eingerichtet wurden, ist nicht überliefert. Das
Friedensgericht war zuständig für die Orte Beeck, Wegberg,
Niederkrüchten, Elmpt, Schwanenberg und Gerderath.
Was
wir mit Sicherheit wissen, dass der Ringofenziegeleibesitzer Wilhelm
Hermes im Jahre 1879 einen Vertrag mit der Justizverwaltung abschloss in
dem geregelt wurde, dass das Amtsgericht auf der Beecker Straße 33/35
(heute die HsNr.25/27, Ladenlokale Optik Alberty) dort einziehen konnte.
Im heute noch vorhandenen Anbau waren das Gefängnis und die
Wachtmeisterwohnung untergebracht (wenn man durch die Toreinfahrt geht
kann man in einem nach Norden zeigenden Fenster noch eine Vergitterung
erkennen. Wie frühere Zeitungsberichte belegen, kam es hier öfter zu
Ausbrüchen der Delinquenten. Hier gab es vier Einzelzimmer und zwei
Mehrzweckräume.
Der
Mietvertrag lief bis zum Jahre 1923. Danach siedelte das Amtsgericht
zur Bahnhofstraße um, in die dortige „Villa Köhler“. Nach der
Zusammenlegung mit dem Amtsgericht Erkelenz, wurde das repräsentative
Gebäude des Amtsgerichtes 1978 abgerissen. Auch hier gab es eine
Gefängniszelle.
Ob
bei der Eröffnung der Polizeiwache am Rathausplatz, eine Arrestzelle
vorhanden war, wird gerade abgeklärt. In der jetzigen Polizeistation
gibt es keine Zelle mehr.
> weitere Fotos:
Gefängnis Erkelenz
Gefängnis Niederkrüchten
Schule und Gefängniszellen in Lövenich
Juni 2024
19.06.2024 - Beitrag von Dietmar Schmitz
Frühe Industriegesichte II. Teil – Die Gerbereien
Ziemlich gut dokumentiert ist die Geschichte der Wegberger Gerbereien. Grundlage dafür sind hauptsächlich die Akten zur Genehmigung dieser Anlagen durch die Regierung in Aachen bzw. durch die Gemeinde.
Einige der noch wenigen aktiven industriellen Gerbereien ist die Lederfabrik Heinen in Wegberg. In Deutschland existieren heute gerade noch zwölf Gerbereien, damit ist Deutschland der drittgrößte Lederhersteller in Europa.
Die Lederfabrik Heinen hat ihren Ursprung in Rath-Anhoven, wo sie vor etwa 130 Jahren als kleiner Familienbetrieb, einer so genannten Roßgerberei, gegründet wurde.
Die nachweislich erste Gerberei wurde jedoch in der 1802 schon vorhandenen Lohmühle in Wegberg-Bissen betrieben. Was ganz praktisch war, denn hier wurde ja bereits ein Produkt für den Gerb-Prozess aufbereitet, die Lohe. Die Berufsbezeichnung Lohgerber oder auch Rothgerber leitet sich davon ab. Die Eichenlohe, aus den pflanzlichen Bestandteil des Eichenbaumes gemahlenen und gequetscht, färbte das Leder rötlich oder bräunlich. Aber vor 1700 gab es in Wegberg schon Vellbereyder (Gerber). https://de.wikipedia.org/wiki/Lohgerber
Ob Ziegen-, Schaf- oder Kalbshäute oder gar Rinder- und Rosshäute verarbeitet wurden, ist nicht überliefert. Vermutlich waren es aber nur die kleineren Tierarten.
Insbesondere ab Mitte der 1850er Jahre siedelten sich im heutigen Zentrum von Wegberg Rothgerbereien an. Einige direkt in Bachnähe (Beeckbach und Fußbach) aber erstaunlicherweise auch etwas abseits, so auf dem „Berg“ in der Fußgängerzone, dort wo das Wohnhaus von Dr. Montz steht (An der Gracht) gegenüber der Physio-Praxis.
Zwei Gerbereien auf der Hauptstraße lagen unmittelbar neben einer Gastwirtschaft, die zur damaligen Zeit noch selber Bier brauten und eine eigene Mälzerei hatten. Das führte zwangsläufig zu Rechtsstreitigkeiten. Dadurch liegen uns hierzu umfangreiche Schriftsätze vor. Neben drei Gerbereien an der Hauptstraßen gab es noch eine an der Fußbachstraße, ein Vorläufer der heutigen Lederfabrik und eine neben dem Kloster an der Bahnhofstraße. Dazu kommen zwei Gerbereien in Beeck, eine in Bischofshütte und die bereits erwähnten in Bissen und in Rath.
Hinweis zum Lageplan: Bei Michael Heinen handelt es sich um den Urgroßvater von Joseph Heinen, dem Gründer der Lederfabrik in Wegberg.
Bei den in Blau eingezeichneten Bereichen handelt es sich bei a) um die gemauerte Grube zum Lagern der Abfälle der ausgenommen und gereinigten Häute. Die Abfälle wurden ins rechts vom Hof gelegene offene Feld gefahren und als Dünger genutzt. Das heute umzäunte Gelände von der Grachtstraße bis zur Kreuzherrenstraße war bis vor Jahren der Garten von Doktor Montz. Der Bottich (b) diente zum Kälken der leichten Häute von Kalb und Rind. Die mit „c“ gekennzeichneten Bottiche fingen das Abwasser auf. Früher lag der Düngerplatz (d.h. der Misthaufen) mitten im Hof, das Abwasser lief den Berg hinunter zur Dorfstraße (Hauptstraße), im Plan noch angedeutet. Nördlich des von Gerhard Peters gepachteten Hofes lag die Brennerei (Gastwirtschaft) von Spülbeck.
12.06.2024 - Beitrag von Dietmar Schmitz
Eine vernachlässigte Partnerschaft
Immer wieder wurden Anläufe unternommen, die Partnerschaft zu intensivieren. Doch im Gegensatz zu unseren Nachbarstädten Erkelenz, Hückelhoven und Wassenberg hört man wenig darüber. Im Gegenteil: Die Wegberger Partnerstädte Echt und Masseik knüpften vor kurzem ein ganz neues Netzwerk mit der Gemeinde Selfkant, da diese nur wenige Kilometer auseinander liegen. Cittaslow nennt sich dieses Projekt und dient der Entwicklung der wertvollen lokalen Naturräume.
Aber wie kam es überhaupt zu der Entstehung der internationalen Partnerschaft zwischen Wegberg (D) – Echt (NL) und Masseik (B)?
Am Anfang stand der Genealoge Hubert van Wegberg: Er war der eigentliche Initiator dieser Partnerschaft. Bereits in den 1960er Jahren versuchte er, die Geschichte seiner Familie und deren Herkunft aus Wegberg zu recherchieren.
Vertieft wurde diese Verbindung zur 1000 Jahr-Feier in Wegberg im Jahre 1970. 250 Mitglieder des Geschlechtes „van Wegberg“ waren nach Wegberg gekommen. In der Chronik der Familie, erstellt von J. van Wegberg, ist dazu eine Urkunde abgebildet.
Im Buch zum Jubiläum „1000 Jahre Wegberg“, herausgegeben durch die Verwaltung der Gemeinde (damals noch keine Stadt!), hat Gerhard van Wegberg einige Zeichnungen von markanten Objekten aus dem Stadtgebiet beigesteuert.
Offiziell begründet wurde die Partnerschaft der Städte erst ein Jahr später im November 1971. Laut der Urkunde, die zu diesem Zweck angefertigt wurde, dient die Partnerschaft "der Pflege freundschaftlicher Beziehungen und der Unterstützung der europäischen Einigungsbestrebungen. Durch den Austausch von Schülern, Jugendgruppen, Kultur- und Sportvereinen sollen die Jugend und die Bürger/innen an der Gestaltung unserer gemeinsamen Kultur und des Brauchtums aktiv beteiligt werden".
Beide Partnerstädte liegen grenznah und sind von Wegberg zwischen 40 und 50 Kilometer entfernt und ohne lange Anfahrtszeiten zu erreichen. Zu Beginn der Partnerschaft fanden noch regelmäßig, jährlich abwechselnd, in den Städten Partnerschaftstage statt. Davon kann heute leider keine Rede mehr sein. Zwar wurde öfter versucht, die Partnerschaft mit Leben zu füllen, so zum 30jährigen Jubiläum 2012 oder im Jahre 2018, aber das waren nur kurzfristige Aktionen. Inzwischen sind sogar die Hinweisschilder mit den Europasternen und den Städtenamen an den Ortseingängen verschwunden.
So ist der Historische Verein Wegberg eine der wenigen Anlaufpunkte, wo noch an die Partnerstädte erinnert wird, hier der Link dorthin: > Wegbergs Partnergemeinden - Echt-Süsteren - Maaseik - Leudal - Einführung und Übersicht
Mai 2024
30.05.2024 - Dietmar Schmitz, Klinkum
Der genealogische Nachlass des Professors Karl Bartmann (1920-2008)
Der Wuppertaler Labormediziner war ein Enkel des Wegberger Firmengründers Ferdinand Bernard Bartmann (1854-1939). Die Firma wurde später unter dem Namen Feinspinnerei Wegberg bekannt. Die Gebäude an der Industriestraße existieren noch, aufgrund der Krisen in der Textilindustrie stellte das Unternehmen 1993 seine Produktion ein.
Das Foto zeigt die Fabrikanten-Villa in Wegberg von der Seeseite aus. Das Gebäude wird momentan saniert, das Dach wurde dabei erneuert.
Prof. Karl Bartmann hatte großes Interesse an der Erforschung seiner Familie. Der Mediziner hatte eine umfangreiche Sammlung zur Familiengeschichte hinterlassen, die aber auf dem Flohmarkt landete.
Dieses Konvolut konnte ich vor einigen Jahren erwerben und auswerten. Die Familie hat ihren Ursprung in Westfalen, eine Linie wanderte im 19. Jahrhundert in die USA aus. Ein Zweig kam nach Köln und ein Teil davon zog nach Wegberg.
Nach der Sichtung der zwei Kartons wurde ein Inhaltsverzeichnis erstellt und die ca. 2400 Seiten Blatt Papier in 71 Mappen archiviert und beschriftet. Dabei handelt es sich um Urkunden, Testamente, Briefe, Karten und ca. 300 Fotos. Die Archivalien betreffen zahlreiche Burgsteinfurter Fabrikantenfamilien.
Karl Bartmann verfasste eine gebundene Familiengeschichte, die für den Forscher besonders interessant sein dürfte. Leider war nur ein kleiner Teil vorhanden, der sich mit der Wegberger Firmengeschichte beschäftigte. Aber dafür waren eine Kopie des Gesellschaftervertrages zur Firmengründung von 1912 dabei und einige Familien-Fotos.
Eine Seltenheit dürfte der Rahmen mit einem Portrait des Unternehmers Bartmann sein, das sich als Schöpfrahmen für Büttenpapier mit Wasserzeichen herausstellte.
Franz Richter, Beisitzer im Vorstand des Vereins, hatte die zündende Idee und fertigte drei Probeexemplare damit an.
Im Jahre 2023 übergab ich die sechs Archivkartons an das Archiv des Historischen Vereins Wegberg, ein Drittel des Bestandes wurde von mir digitalisiert. Die Rheinische Post berichtete am 15.03.2023 unter der Überschrift "Großer Bartmann-Fundus in Wegberg aufgetaucht"
Die Archivalien könnten zu den Forscher-Abenden eingesehen werden (jeden letzten Dienstag im Monat von 19-21 Uhr). Im Leinpfad-Heft Nr.123/2023 befindet sich eine Kurzbeschreibung mit Inhaltsverzeichnis des Bestandes.
24.05.2024 - Dietmar Schmitz, Klinkum
Flachsschwingereien in Wegberg
In der Vortragsreihe des Historischen Vereins zur frühen Industrialisierung von Wegberg war ein Zweig, der bis dahin vernachlässigt wurde. Dabei handelt es sich um die mechanische Flachsverarbeitung.
Die treibende Kraft war um 1860 herum der damalige Bürgermeister Hubert Beckers. Er gründete zusammen mit seinem Bruder Gerhard eine Flachsaufbereitungsanstalt auf dem Gelände hinter der Burg. Im Haus Potz, einem großen ehemaligen landwirtschaftlichen Betrieb, waren mehrere Kleinbetriebe, so auch eine Leimsiederei, heute ist dort der Parkplatz an der Venloer Straße.
Oberhalb der eingeblendeten Zeitungsmeldung zu sehen: das „Haus Potz“, rechts daneben die weißen Gebäude sind zum Teil noch vorhanden.
Hubert Beckers war über Jahre hinweg die Persönlichkeit, die für den Flachs auf Werbetour ging, für den Flachsanbau und die Gründung von neuen Flachsschwingereien warb. Er beteiligte sich sogar an Neugründungen, wie z.B. in Wickrath. Für eine geplante Schwingerei in Bitburg bildete er das Personal aus.
In Wegberg gab es acht verschiedene Schwingereien (1860-1880), manche im selben Gebäude, die versteigert und übernommen wurden. Auch in drei Mühlen waren Schwingereien oder Flachsspinnereien untergebracht. Am längsten in Betrieb war die Flachsschwingerei des Christian Adams, die 1865 gegründet wurde. Sein Sohn hat sie wohl um 1922 an Jakob Heinrichs verkauft. Noch um 1960 soll sie bestanden haben, später war dort ein Fahrradhandel untergebracht. Es ist eins der wenigen Gebäude, das heute noch erhalten ist.
Wie alten Zeitungsberichten zu entnehmen ist, kam es in den Flachsanstalten zu verheerenden Bränden. Zumeist durch technische Defekte wie z.B. eine heiß gelaufene Welle. Die meisten Gebäude bestanden ja noch aus Fachwerk, so brannten die Lagervorräte (Flachs) und Maschinen aus. Durch die Hitzeentwicklung stürzten Gebäudeteile ein. Da es eine gut organisierte Feuerwehr zu dieser Zeit noch nicht gab, musste das Wasser mühsam herbei geschafft werden. So war den einzelnen Betrieben kein langes Überleben möglich, insbesondere wenn keine Feuerversicherung bestand.
Hier eine Übersicht der einzelnen Betriebe:
Firma von Bürgermeister Hubert Beckers (eingetragen unter dem Namen des Halbbruders Gerhard Beckers)
Firma Gebrüder Thenen (Wilhelm und Franz)
Firma Joseph Düsterwald
Firma P.W. Gorissen & Cie.
Firma Wolters & Cie.
Schwingerei Giesen
Firma Christian Adams in Harbeck
Firma Jakob Symes
Drei Mühlen mit einer Flachsschwingerei
Flachsschwingerei Spelten in Moorshoven
Flachsanstalt von Winand Büschgens in Moorshoven
Flachsanstalt von Johann Gerard Gerards in Merbeck
Leimsiederei von Moritz Kerff übernimmt Schwingerei Beckers
20.05.2024 - Dietmar Schmitz, Klinkum
Das Projekt „Dä Berker Wenk-er“
Aus Anlass der Übergabe einer Urkunde Philipps Universität Marburg, durch den Ehrengast Landrat Stephan Pusch aus Heinsberg, an den Heimatforscher Dietmar Schmitz vom Historischen Verein Wegberg, stellten der Vorsitzende des Vereins Hermann-Josef Heinen und der Geehrte das Projekt vor.
Angelehnt an Georg Wenker, dem eigentlichen Initiator der Deutschen Sprachforschung im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts, mit der Entwicklung und Versendung von Fragebögen an die Lehrer der Volksschulen und deren anschließenden Auswertung, entstand in Wegberg die Idee diese Bögen für das Stadtgebiet zu transliterieren. Dietmar Schmitz nahm sich dieser Aufgabe an, da er die damals gebräuchliche Kurrentschrift als Ahnenforscher lesen kann. Er ersann dann für die Übersetzung der Wenkerbögen, den Projektnamen „Dä Berker Wenk-er vom HVW“. Bereits im Februar dieses Jahres hat er dafür die Urkunde und die Verleihung des Heimatpreises 2023 der Stadt Wegberg erhalten. Die oben angesprochene Urkunde der Universität Marburg erhielt er nun als Erster überhaupt für die Transliterierung (Übersetzung in die heutige Schrift) von inzwischen 263 Wenkerbögen mit mehr als 10.700 übersetzten Sätzen.
Landrat Pusch würdigte in seiner Rede nicht nur das Engagement des Heimatforschers, sondern hob auch die Mundart als wertvolles kulturelles Erbe unserer regionalen Sprache, die von Generation zu Generation weiter gegeben wurde, hervor. Dieser Klang der Heimat erzeugt ein Wohlgefühl im Herzen, die heimische Mundart steht für Bodenständigkeit, Klarheit und Weitsicht.
Die herausragende Arbeit zur Dialektforschung ist auch aktuell auf einer heatmap des Forschungszentrums DSA sichtbar, da sich rund um Wegberg ein hotspot entwickelt hat der den ganzen Kreis Heinsberg einbezieht.
Der Direktor des Forschungsinstitutes DSA Professor Dr. Lameli schrieb dazu, dass diese unglaubliche Leistung in so kurzer Zeit für zukünftige Generationen den Forschern die Arbeit erleichtert. Der Wegberger Bürgermeister Christian Pape drückte in seiner Rede den Stolz aus, dass Wegberg durch diese erfolgreiche Arbeit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt wird.
Der anschließende Powerpoint-Vortrag vermittelte zusätzlich einen intensiven Einblick in die bisherigen Ergebnisse der Forschungsarbeit und einen Ausblick auf die nächsten Ziele des Projektes.
Hier der Link zur Überreichung: https://rp-online.de/nrw/staedte/wegberg/historischer-verein-wegberg-ehrung-fuer-10000-wenkerboegen_aid-111832471
04.05.2024 - Dietmar Schmitz, Klinkum
Von der „freien Heide“ zur Freiheid (t) im Innenring
Wer jetzt an die „Große Freiheit“ auf der Reeperbahn in Hamburg gedacht hat, schweift zu sehr in die Ferne. Bleiben wir mal vor der Haustüre, nicht Rotlichtviertel eher rote Erde. Liegt dieser Stadtteil nicht bei Aachen? Klar, aber es ist nur der Hinweis auf die Tongruben entlang der Freiheider Straße.
Vor kurzem wurde ich von einer Neubürgerin auf die Bedeutung dieser Straßenbedeutung angesprochen. Da der Innenring nun fast vollständig mit Neubauten zu gepflastert wurde, werden sich einige fragen, was war denn früher hier?
Im Jahre 1995 widmete sich der Historische Verein in seinem ersten Heft zur Ortsgeschichte gerade diesem Ortsteil von Wegberg. Entgegen vielen anderen Stadtteilen weist kein Schild daraufhin hin, ebenso wenig auf Forst und Dorp. Nur die Straßenbezeichnungen Freiheider Straße, In Forst und Dorper Straße bleiben so im Bewustsein der Menschen. Dabei handelt es sich zum Teil um sehr alte Siedlungsbereiche. So ist die Keimzelle der Freiheid, also der Kernbereich, im alten Hausbestand noch erahnbar. Drei Bauernhöfe inzwischen alle umgebaut oder teilweise abgetragen, markieren auf der linken Seite der Straße von der heutigen Beecker Straße (früher Forster Lindenstraße) Richtung Bahnhof gesehen bis zur Krankenhausstraße die Ursprungssiedlung.
Der Weiler Freiheid gehörte genau wie Forst, beide auf der rechten Seite des Beeckbaches gelegen, die eine Seite der Grenze zu Wegberg, bis zum Jahre 1935 zur Bürgermeisterei Beeck. Knapp hinter dieser Bebauung verlief die Grenze wiederum zur Bürgermeisterei Wegberg. Dieser Bereich bis zur Schwalm hin, also dort wo im Stadtpark Beeckbach und Fußbach vereinen, gehörte bis zum Jahre 1820 noch zum jülichscher Teil von Wegberg. Somit war dieser Bereich ein Teil der Unterherrschaft Tüschenbroich.
Die Freiheid gehörte auch kirchlich zu Beeck. Die Bewohner verfolgten jedoch im Jahre 1926 die Abtrennung von dieser Pfarre und die Zuordnung zur Wegberger Pfarre. Aber erst im Jahre 1958 konnte dies umgesetzt werden.
Erst nach dem Zweiten Weltkrieg setzte eine intensive Bautätigkeit ein. Ein wesentlicher Grund waren die enormen Zerstörungen in Deutschland, ähnlich denen im Gaza-Streifen oder in der Ukraine, und der Wohnungsnot durch die erhebliche Zuwanderung aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten, die nun an andere Länder gefallen waren.
Von daher ist heute kaum noch erkennbar, dass die unbebaute rechte Seite der Freiheider Straße mit zahlreichen Tongruben übersät war. Hier in den Feldbrandöfen wurden die Ziegelsteine für den Erweiterungsbau der Wegberger Pfarrkirche gebrannt (1855/60). Besonders die Familien Huppertz und Oellers waren als Ziegler hier involviert.
Wer genau hinschaut bemerkt noch eine Vertiefung auf dem Spielplatz „An der Heide“ in der Nähe der Seniorenwohnanlage. Auch die Straße „In der Dell“ weist auf diesen Bereich hin. Als dort beim Ausbau Versorgungsleitungen verlegt wurden, kam die „rote Erde“ als Verfärbung zum Vorschein. Von der einst „freien Heide“ ist nichts mehr zu sehen!
Mehr darüber zu lesen gibt es in einer fünfzigseitigen Broschüre auf der Website des Historischen Vereins, sehen sie hier:
https://www.historischer-verein-wegberg.de/wegberger...
Das Luftbild von 1951 ist leider beschnitten (siehe Erklärung unter Luftbilder Uevekoven), am linken unteren Bildrand erkennt man gerade noch die kleine Häuserzeile der Freiheid (neben der unterlegten Karte mit der Straßenbezeichnung Im Kieroth).
April 2024
29.04.2024 - Dietmar Schmitz, Klinkum
Uevekoven aus der Luft betrachtet
Luftbildaufnahmen aus dem Stadtgebiet gab es bisher aus den Jahren 1938 und 1986 auf CD anzusehen. Im Fotoarchiv des Vereins gibt es mehrere hochwertige Luftbilder vom Zentrum in Wegberg. Die Volksbank hatte in den 90er Jahren einmal Luftbildaufnahmen aus den Orten heraus gebracht, in denen sie Filialen hatte, diese sind zum großen Teil geschlossen worden. Auf dem Portal der Bezirksregierung NRW in Köln (TIM-Online 2.0) sind seit einigen Monaten zahlreiche Luftbild- und Satelliten-Aufnahmen online einsehbar. Hier kann sich jeder für seinen Heimatort die entsprechenden Fotos anzeigen lassen. Mittels eines Schiebers werden Luftaufnahmen von 1951 bis 2021 sichtbar. So kann man sich insgesamt 14 Aufnahmen ansehen.
Deshalb habe ich heute beispielhaft einen kleineren Ortsteil genommen. Wegen der besseren Darstellbarkeit habe ich von Uevekoven den Ausschnitt vom Uevekovener Knoten am Grenzlandring bis zur Barbara-Kapelle gezoomt. Diese Ausschnitts-Größe habe ich unverändert gelassen, um die Veränderungen im Bild genauer betrachten zu können. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um bauliche Maßnahmen.
Leider sind gerade bei den ersten Bildern in Wegberg einige Fehler bei der Darstellung vorhanden, so fehlt rechts der Erkelenzer Straße 1951 das Anschlussbild. Beim Jahre 1977/1978 fehlt entweder Wegberg oder der rechte Teil von Beeck, das scheint an der unterschiedlichen Datierung zu liegen. Eine Fehlermeldung ist unterwegs. Bleiben wir im Jahre 1951 sehen wir auf der linken Seite der Straße die Ringofen-Ziegelei von Keller auf der anderen Straßenseite ist das Klinkerwerk von Simons, wegen des Bildfehlers aber nicht zu sehen.
Die wechselvolle Geschichte der Ziegeleien in Wegberg seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts habe ich in einem Power-Point Vortrag im Jahre 2019 vorgestellt. Gleichzeitig habe ich ein 95 Seiten umfassendes Manuskript dazu erstellt.
Auf dem Luftbild von 1968 sind beide Werksgelände zu erkennen. Die Abbauflächen von Simons wandern in den Folgejahren immer mehr in nordwestlicher und südlicher Richtung. Von der Ziegelei Keller sind im Jahre 1974 nur noch Reste sichtbar. Dabei vergrößert sich das Betriebsgebäude von Simons immer mehr. Im Jahre 1998 gibt es die erste farbige Luftaufnahme. Das Aus für die Firma Simons/Wienerberger naht 2016; ein Großteil der Gebäude sind da bereits abgerissen.
Lesen Sie auch: Der Vater backte Brötchen, der Sohn lieber Ziegel (RP 12.09.2015)
Hier der Link zum Portal: https://www.tim-online.nrw.de/tim-online2/?center=2582548;5616551, dann den Ordner Luftbild anklicken, dort auf Historische Digitale Orthophotos gehen.
Hier sehen Sie die Ausschnitte von 1959 bis 2021 in einer Bildergalerie.
23.04.2024 - Dietmar Schmitz, Klinkum
Der geldrische Stiefel – ein seltsames Gebilde
Das Heilige Römische Reich Deutscher Nationen erstreckte sich 962-1806 von der Nord- und Ostsee bis Norditalien und Sizilien. Zirka 850 Jahre hatte das Reich mit Gebietsveränderungen bestanden, eine lange Zeit.
Ein Teil davon war seit dem 11. Jahrhundert die Grafschaft Geldern. Das Gebiet um Wassenberg war um 1021 ein Reichslehen, aus dem dann die Grafschaft mit weiteren Besitzungen hervorging (1118/1125). Seit dem Jahre 1339 wurde daraus das Herzogtum Geldern. Es bestand aus vier Quartieren, den drei Niederquartieren Arnheim, Nijmegen und Zutphen und dem Oberquartier mit der Hauptstadt Roermond. Hierzu gehörten auch Städte wie Erkelenz, Viersen, Goch und Venlo – aber auch die Dörfer Brempt, Krüchten und Wegberg. Diese drei Dörfer waren Herrlichkeiten. Die Inhaber dieser Territorien hatten besondere Rechte. So hatten die Herren z.B. die Verfügungsgewalt über die Bauern, das Lehns- und Jagdrecht, das Mühlenrecht sowie das Recht der Ernennung von Trägern lokaler öffentlicher Ämter.
Betrachtet man auf alten Karten, den Ausschnitt der Österreichischen Niederlande von Roermond bis Wegberg und legt diesen neben eine Karte von Italien, fallen einem direkt die Ähnlichkeit der Konturen der Grenzen mit dem Stiefel von Italien ins Auge. Deshalb habe ich mich für die Bezeichnung „Geldrischer Stiefel“ entschieden. Die Hauptstadt der Österreichischen Niederlande war bis 1797 Brüssel, Nachfolger der Spanischen Niederlande (die von 1581-1714 existierten).
Die Gelderlande (Gelre) hatten eine sehr wechselvolle Geschichte. Vor 1473 gehörte es zu Burgund, dann zu Brabant, ab 1543 zu Habsburg (Spanien und Österreich) damit ging die Selbständigkeit des Herzogtums verloren. Dann folgten Frankreich und Preußen. Die drei Niederquartiere gingen nach dem Westfälischen Frieden (1648) in der Generalstaaten der Niederlande auf. Das Oberquartier mit Roermond, Venlo, Erkelenz, Viersen und Geldern gehörten weiterhin zu den Spanischen Niederlanden. Erst nach dem Spanischen Erbfolgekrieg (1713) wurde das Oberquartier aufgeteilt. Ein Teil fiel an Preußen wie Kleve, Wesel, Geldern und Viersen. Venlo fiel an die Generalstaaten zusammen mit dem Amt Monfort wozu auch Elmpt gehörte. Roermond mit den Gemeinden Wegberg, Krüchten und Brempt gehörte zu Österreich-Geldern. Die Exklave Erkelenz fiel an Jülich. Mithin gehörten die drei deutschen Gemeinden am längsten zu Geldern.
Es ist erstaunlich, dass hier noch nie ein Gelderntag stattgefunden hat, nur in den Städten, die bereits 1713 ausgeschieden sind.
Sehen Sie auch die Vorankündigung "Gelderntag 2015 Erkelenz"
Eine umfangreichere Darstellung finden sie auf der Website des Historischen Vereins Wegberg unter: Wegberger Geschichte(n) - Neu erzählt.
16.04.2024 - Dietmar Schmitz, Klinkum
Feldpostkarten eines Klinkumer Soldaten von 1916
1999 übergab mir der Klinkumer Zahnarzt Kohlen ein Paket mit ca. 25 Feldpostkarten aus dem 1.Weltkrieg. Diese hatte ein Verwandter von ihm zwischen 1916/17 an seine Eltern und Geschwister aus dem Osmanischen Reich (1249-1922) in die Heimat geschickt.
Der damalige Kriegsminister Enver Pascha (Bey) hatte das deutsche Kriegsministerium um Unterstützung gebeten. Daraufhin wurde ein deutsches Expeditionskorps aufgestellt, das anschließend nach Palästina gesandt wurde. Diese Korps erhielt den Namen Pascha I. Zu ihm gehörte unser Kartenschreiber Peter Jansen aus Klinkum. Er wurde 1892 als Sohn der Eheleute Josef Jansen und Maria Brocker geboren, die 1890 geheiratet hatten. Das Paar bekam insgesamt zehn Kinder, der Sohn Heinrich (geb. 1896, fiel in Lambersart in Frankreich im Oktober 1916. Der 1893 geborene Sohn Johann war 1915 in Koblenz stationiert.
Im Jahre 2001 bat ich unser Vereinsmitglied und Militärexperten Jochen Pothmann etwas zu den Karten und die Hintergründe zu schreiben. Im Berker Boten Nr.15, S.413-416 erschien dann sein Bericht unter dem Titel „Ein Klinkumer im Pascha-Korps“ (siehe unten). Bei den Karten handelt es sich um historische Dokumente, deren Wert leicht unterschätzt wird. Ein anderes Mitglied aus dem Vorstand, der sich gut mit Postkarten auskannte, wollte sie ursprünglich veräußern und hatte schon DM-Beträge darauf notiert.
Da es sich jedoch um eine Schenkung handelte, blieben die Karten bis heute in Vereinsbesitz. Bei den Postkarten handelte es sich nicht um die standardisierten Feldpostkarten, sondern meist um farbige Souvenir Postkarten aus der Türkei, Palästina und Ägypten. Nicht alle sind mit einem Stempel des A.O.K 4 (Armeeoberkommando 4) in Konstantinopel (heute Istanbul) versehen. Wie aus einem Eintrag auf einer Karte von Peter Jansen zu lesen ist, hatte er zwar Briefumschläge von zu Hause mitgenommen, aber kein Briefpapier. So hat er dann verschiedene Karten erworben und in einen Brief gesteckt, der Umschlag blieb leider nicht erhalten. Die Karten sind meist an Klinkum 111a adressiert. Aus militärischen Geheimhaltungsgründen durften nur allgemeine Angaben gemacht werden. Der Tenor der Karten zeigt, dass sich Peter Jansen zurück in die Heimat sehnte und der Krieg schnell enden sollte. Als Unteroffizier gehörte er zur Feldfliegereinheit Pascha 300, die mit 12 Flugzeugen in Palästina eingesetzt wurde. Bis November 1917 weilte er noch in Konstantinopel und scheint danach unverletzt geblieben zu sein. Wegen der Wärme im Heiligen Land gab es auch keine Erkältung.
Über die Anzahl der kämpfenden Soldaten und den Gefallenen gibt es sehr unterschiedliche Angaben. Die Militärmission in Konstantinopel bestand zunächst aus 3000 Mann, sie wurde bereits ab 1913 eingerichtet. Der Erste Balkanzug mit Truppen und Material lief am 17.1.1916 am Kopfbahnhof in Konstantinopel ein. Auf deutscher Seite fielen nach bisherigen Erkenntnissen 530 Soldaten.
Die meisten Karten kamen aus Jerusalem bzw. Bethlehem, die aber in der Hauptstadt des Osmanischen Reiches abgestempelt wurden. Manche kamen erst fast einen Monat nachdem sie geschrieben wurden dort an. Drei Karten wurden aus Ägypten geschrieben und versandt. In dieser Zeit erfuhr er, dass ein guter Freund von ihm, Wilhelm Baltes aus Klinkum (1884-1916), im Lazarett starb und sein Bruder Heinrich in Frankreich fiel. Manche Karten wurden in Eile geschrieben. Einmal berichtet er, dass er ein Album mit geschnitzten Holzumschlag erworben hat, indem alle Blumen des Hl. Landes getrocknet und gepresst eingelegt waren. Besonders vermisste er den Kaffee, das Brot und die Wurst, Butter und das „schöne Kraut“ aus der Heimat.
Die Sinai-Palästina-Front war für Deutschland ein Nebenkriegsschauplatz, den die Mittelmächte gegen Großbritannien und die Entente führte. Auch der heute wieder stark umkämpfte Gaza-Streifen war 1916/17 Kriegsgebiet. Der deutsche General Kreß von Kressenstein musste sich vom Suezkanal zurückziehen. Im März/April 1917 konnte Kreß jedoch mehrfach den Einmarsch der Briten in den Gaza verhindern. Diese waren mit ihren Siedlungen und dem Eisenbahnbau bis auf 20 Km auf Chan Junis herangerückt. Erst im November 1917 wurde der Gaza von der Entente erobert.
Ein Klinkumer im "Pascha Korps"
von Jochen Pothmann; Berker Bote Nr.15 v. August 2001
Im Jahr 1914 standen sich im Kampf um die Vorherrschaft über Europa, den angrenzenden Meeren und der Kolonien zwei Machtblöcke gegenüber. Auf der einen Seite hatten sich Großbritannien, Frankreich und Rußland verbündet, auf der anderen Seite bildeten Deutschland, Österreich/Ungarn und Bulgarien ein Bündnis, dem am 01.11.1914 das Osmanische Reich (einschl. Syrien, Libanon, Palästina und Irak) beitrat.
Als im November 1915 der türkische Kriegsminister Enver Pascha im Namen des Osmanischen Reiches das deutsche Kriegsministerium bat, Unterstützung mit einem Expeditions-Korps für den geplanten Feldzug von Palästina aus gegen die Engländer am Suezkanal zu gewähren, wurde sofort zugestimmt.
In Deutschtand begannen unverzüglich die Vorbereitungen zur Aufstellung dieses Korps. Das Kriegsministerium vertrat die Ansicht, durch diesen Angriff auf Ägypten die Engländer zu zwingen, starke Truppenteile von der Westfront abzuziehen und nach Nordafrika zu bringen. Es wurden für diesen Einsatz zusammengezogen und ausgebildet: ein Maschinengewehr Bataillon, vier Fliegerabwehrkanonenzüge, vier schwere Artillerie Batterien, drei Minenwerfer-Abteilungen, eine Flieger Abteilung mit sechzehn Flugzeugen und kleinere Brückentrain, Nachrichten, Kraftwagen, Sanitäts und Verpflegungs Formationen. Es waren rund 1.700 Soldaten, als deren Führer wurde Oberstleutnant Freiheer von Kress benannt; der Name "Pascha Korps" wurde festgelegt. In einem dieser Truppenteile diente Peter Jansen, ein junger Mann aus Klinkum. Sein Vater hatte dort eine Tischlerei.
Aus der Zeit dieses Einsatzes sind über zwanzig farbige Ansichtkarten erhalten. Sie befinden sich im Archiv des Historischen Vereins. Aus Geheimhaltungsgründen durfte Peter Jansen keine Aussagen zu dem Einsatz auf den Postkarten machen.
Nur aus den Daten der Feldpoststempel ist seine Verwendung bei diesem Feldzug abzuleiten. Weitergehende Einzelheiten sind zwei Arbeiten der Forschungsanstalt für Kriegs und Heeresgeschichte aus den Jahren 1936 und 1938 entnommen.
Feldpoststempel aus dem Jahre 1916
Nach schwierigem Transport erreichte diese Formation zum Ende des Frühjahrs 1916 Palästina, wo sie mit der 3. türkischen Division zusammengeführt wurde. Hier mussten die Soldaten jedoch lange Wochen auf den Einsatz warten, da der Weiterbau der Eisenbahnlinie nach Süden nicht zügig vorankam. Die Aufstellung von Kamelkolonnen verzögerte sich ebenso, wie die Wassererschließung entlang der Bahnlinie.
Aus der Zeit vom 23.04.1916 bis zum 11.06.1916 sind dreizehn Feldpostkarten aus Jerusalem und Bethlehem erhalten.
Anfang Juli 1916 waren die Vorbereitungen abgeschlossen. Die Eisenbahnlinie war bis nahe an die ägyptische Grenze herangeschoben. Von dort sollte der Nachschub über Kamel¬kolonnen (16.000 Tiere waren zusammengezogen worden) abgewickelt werden. Die Wasserverhältnisse zwangen die Truppen entlang der alten Karawanenstraße im Norden der Sinai Halbinsel parallel zur Mittelmeerküste vorzumarschieren.
Aus dieser Zeit sind drei Postkarten (18.07.- 07.08.1916) von Peter Jansen erhalten.
Da der Vormarsch des "Pascha Korps" den Engländern nicht verborgen blieb, stießen die Angreifer vom 04.08.1916 an auf heftige Abwehr, die schon bald dazu zwang, den Angriff einzustellen und dem Druck der nun angreifenden Engländer durch Rückzug zu entgehen.
Im Oktober erreichte das "Pascha Korps" Palästina. In den letzten Monaten des Jahres 1916 stießen die Engländer mit immer größeren Truppen nach Palästina vor und im April fanden heftige Kämpfe um Gaza statt. Nachdem am 09.12.1911 Jerusalem gefallen war, gaben die Türken Palästina auf und zogen sich weiter nach Norden zurück.
Die letzte erhaltene Karte von Peter Jansen trägt das Datum 08.11.1917. Sie wurde in Konstantinopel abgestempelt. Über das weitere Schicksal des Klinkumer Teilnehmers an diesem Feldzug im vorderen Orient ist leider nichts bekannt.
Keine der in Palästina kriegsführenden Seiten hatte noch Kräfte und Material, um eine Entscheidung herbeizuführen. Daher ruhten hier die Kriegshandlungen bis zum Zusammenbruch des Osmanischen Reiches, das nach dem Waffenstillstand am 30.10.1918 in Mudros und im Friedensvertrag von Lausanne am 24.01.1923 als „Türkei“ ohne frühere Besitzungen anerkannt wurde.
Feldpostkarte aus Jerusalem von 1916, Archiv: Historischer Verein Wegberg
Gestiftet von H.J. Kohlen – Klinkum
Verwendete Literatur:
Hans Herzfeld: Der Erste Weltkrieg
Dr. Hans-Adolf Jacobsen: Der Erste Weltkrieg
Gregor Schöllgen: Das Zeitalter des Imperialismus
Forschungsanstalt für Kriegs- und Heeresgeschichte 1936: Der Weltkrieg 1914 bis 1918
Kriegsgeschichtliche Forschungsanstalt des Heeres 1938: Der Weltkrieg 1914 - 1918
04.04.2024 - Dietmar Schmitz, Klinkum
Der Besitz des Marienstiftes Aachen in Rickelrath
In einem erneuerten Lehnsregister des Marienstiftes aus dem Jahre 1612, sind acht Eintragungen zu Rickelrath erfolgt. Aus dem Beecker Kirspel finden sich fünf Eintragungen.
Das Lehnswesen hat sich im Mittelalter herausgebildet. Es war zunächst ein Privileg des Königs, der seinen Besitz an Vasallen übertrug. Dies wurde bis auf die unterste Ebene heruntergebrochen. Der Lehnsherr (oder Grundherr) war dann z.B. der niedrige Adel der einen Hof an seinen Vasallen (ein Bauer als Lehnsmann) gegen eine Abgabe übertrug. Das Lehngut konnte mit zusätzlichen Pflichten beschwert sein, zum Beispiel in Kriegszeiten mit der militärischen Gefolgschaft, die zu leisten war. Ein Lehen musste nicht zwangsläufig aus einem Hofgut mit seinen Ländereien bestehen, es konnte auch nur aus Ländereien oder einer Mühle als Teil eines Lehens vergeben werden. Die Aufzeichnungen im Buch aus dem 16.Jh./17.Jh., also zu Beginn der Neuzeit, belegen schon die stärkere Zersplitterung der Lehen. Mal handelt es sich um ein halbes Lehen, dann um ein halb vierdel Lehen (3/4 Lehen) usw.
Im Folgenden führe ich nur den Namen des Lehngutes mit dem ursprünglichen Lehnsträger auf und den Inhaber bei der Erstaufnahme, die Fortschreibungen reichen bis zum Jahr 1630, zumeist blieb das Lehen in der Familie des ersten Lehnsträgers.
1) Vom Mulerpesch Gut, als halbes Leen von Gerhardt des Wilden, jetzt genannt Gerhardt Mennen Stockgut dat Gerardt Thewes an gehen Ende afgegolden hat.
2) Von Morrengut ein ganzes Leen des Johann des Wilden, davon als halbes Leen Lenardt Johans Sohn entfangen nach dem Tode seines Vaters
3) Vom vorstehenden Morrengut, ein halbes Leen des Gerhardt des Wilden hat nun Lenardt Irmen Sohn nach dem Tod des Vaters.
4) Johann des Wilden von Geirken Beckers Gut ein halbes Leen
5) Heyn Voeß von Henneken Voesen Hove gelegen beneven Johann des Wilden, ein ganzes Leen
6) Heyn Voeß van der Wynnlen – ein halff vierdel Leen
7) Johann Mentgens van der Wynnlen – ein vierdel Leen, dass Theiss Kirstgens gekauft hat
Menken van Rickelraid van der Wynnlen dat Peter Tielen gewest ist einhalf vierdel Leen, dass nun Johann Mentgens in der Hand hat.
Das Lehen Nr. 3 hat später Arret Hermans auß der Newenmühlen (Neumühle) verschrieben bekommen (1630).
Das Lehen Nr. 5 hat 1612 Stephen in der Newermühle in Besitz.
Weitergehende Informationen sind beim Autor zu bekommen. Im Bild der Eintrag von 1630 mit dem Empfang des Lehens durch den Müller Arrit Hermans.
März 2024
27.03.2024 - Dietmar Schmitz, Klinkum
Ein Osterhase wird 70
Wage Erinnerungen, ein paar Fotos und – ja, dieser alte Osterhase haben es bis in die heutige Zeit geschafft. Meine Eltern sind schon lange verstorben, auch mein Cousin auf dem Foto links und seine Eltern sind schon lange tot. Auf dem Foto von 1957, handkoloriert von meinem Vater, zwei weitere habe ich noch in schwarz-weiß, dort ist der Hase besser zu sehen, lugt er unten links hervor. Mein Hase und das Fotoalbum im Hintergrund stammen aus dem Jahre 1954.
Hasen galten als Boten der germanischen Frühlings- und Fruchtbarkeitsgöttin Ostara. Möglicherweise leitet sich von ihrem Namen der Begriff Ostern für das Auferstehungsfest Christi ab. Zudem galt der Hase zu der Zeit, als Byzanz das zweite christliche Zentrum der Welt war (565 bis 1453), als Symbol für Christus.
> Mehr hierzu beim NDR und der ARD Mediathek
https://www.ndr.de/.../Ostersymbole-Was-bedeuten-Hasen...
Anstatt Postkarten mit einem Ostergruß zu verschicken, wie es damals üblich war, heute abgelöst durch E-Mails oder Whats-App Nachrichten, hier der Gruß von mir und dem Historischen Verein Wegberg zum Festtag, wir wünschen allseits „Frohe Ostern“.
Die ersten Grußkarten, nicht Ansichtspostkarten, stammen überraschenderweise schon aus dem 15. Jahrhundert.
> Mehr hierzu mit einem Bericht über Historische Ostergrußkarten
27.03.2024 - Dietmar Schmitz, Klinkum
Perlen aus dem Archiv – Ein antiquarisches Buch
Vor wenigen Wochen wurde mir ein altes Buch aus dem Jahre 1804 übergeben. Das Buch ist in französischer Sprache verfasst und wurde auch in Südfrankreich erworben. Der Titel lautet: Statistique du Département de la Roer.
Wegberg war zu dieser Zeit seit Jahrhunderten geteilt. Der kleinere Teil der Gemeinde mit Dorp, Tüschenbroich und Geneiken gehörte zum Herzogtum Jülich, Unterherrschaft Tüschenbroich im Amte Wassenberg. Der weitaus größere Teil von Wegberg und den dazugehörigen Orten gehörte jedoch zum ehemaligen Herzogtum Geldern. Die unsichtbare Grenze verlief mitten durch Wegberg. Nach dem Einmarsch und der Besetzung des Rheinlandes durch die französischen Truppen im Jahre 1794 und der danach erfolgte Eingliederung des linksrheinischen Gebietes zu Frankreich, blieb die Teilung von Wegberg bestehen. Das hatte zur Folge, dass der kleinere Anteil von Wegberg zum Département de la Roer gehörte, mit der Hauptstadt Aachen. Der größere Teil von Wegberg gehörte zum Département de la Meuse-Inférieure (untere Maas od. Niedermaas) mit der Hauptstadt Maastricht.
Im LVR-Portal "Rheinische Geschichte" finden Sie unter "Orte und Räume" weitere Informationen zum Roerdepartement.
Die Eintragungen, die im oben erwähnten Buch über Wegberg zu finden sind, beziehen sich demnach auf den jülichscher Teil. Bemerkenswert dabei ist die Schreibweise verschiedener Ortsteile. Das interessanteste für mich waren die beiden beigefügten Karten, insbesondere die zum Roer-Département.
Genau diese Einteilung mit den Namen findet sich auf der Karte. Das andere Beispiel betrifft die heutige Gemeinde Schwalmtal, hier ist der „Fle[c]k Waldniel“ für Burgwaldniel und das Kirspel (Kirchspiel) Waldniel (Roter Pfeil). Wobei die letztere Bezeichnung dem Kartografen etwas verrutscht ist, es liegt hier bei Bracht. Das andere negative Beispiel ist die Ortschaft „Myhl“ die normalerweise zwischen Wildenrath und Wassenberg liegt. Auf der Karte allerdings viel weiter im Westen liegt zwischen Heinsberg und Karken fast an der niederländischen Grenze, dafür liegt Waldfeucht (Grüner Pfeil) in der Nähe von Wassenberg. (Siehe Kartenausschnitt)
Im Arrondissement (Bezirk) de Crévelt, zu dem der Canton Erkelenz gehörte, lagen die Mairien Beeck und Wegberg.
Zu Beeck gehörten die Orte (Hameaux): Bath (Rath), Holtum, Anhoven, Kipshoven, Isengraven, Fössenberg (Flassenberg), Morshoven, Melbusch, Feldehoff, Gribshoven, Koxbach (Kixheide bei Berg) Ellinghoven, Reiche (ob damit die Freiheid gemeint war, ist fraglich) dazu un moulin á Vent (Windmühle Holtum) aber keine Wassermühle!, mit insgesamt 2415 Einwohnern.
Zu Wegberg gehörten Tüschenbroich und Gequecken Geneiken), die Ortschaft Dorp ist nicht erwähnt, hier wurde 841 Einwohner gezählt.
Diese Karte weist einige Besonderheiten auf. Zunächst die Positiven, festgemacht an zwei Beispielen aus der unmittelbaren Nachbarschaft. Die Stadt Gladbach (heute Mönchengladbach) war zur damaligen Zeit in drei Mairien (Bürgermeistereien) unterteilt: Obergeburth, Unterniedergeburth und Oberniedergeburth (Blauer Pfeil).
https://de.wikipedia.org/wiki/Mairie
Übrigens wurde die Teilung von Wegberg erst 1820 beseitigt, also erst sechs Jahre nach der Übernahme durch Preußen. Lesen Sie hierzu den Presseartikel in der Rheinischen Post vom 21.12.2019 "Wegberg vor 200 Jahren vereinigt".
Die dort gezeigte Karte aus dem Jahre 1801 zeigt den Grenzverlauf detailliert.
23.03.2024 - Dietmar Schmitz, Klinkum
Die Wegberger Sandwerke
Geläufig
ist uns die Kiesbaggerei Josef Jansen mit ihren beiden Baggerseen am
Abzweig vom Grenzlandring nach Klinkum und den großen Gruben an der
Kahrbahn, wobei eine inzwischen verfüllt wurde. Seit dem vergangenen
Jahr hat die Firma Umweltservice Feger das Werk von Jansen übernommen.
Weiterhin
bekannt sind die Firmen Beton Wolters mit ihrer Sandgrube in
Wegberg-Busch und Straßenbaustoffe Heyer in Kipshoven an der B57 mit
ihren großen Abbaugruben.
Aber die Wegberger Sandwerke GmbH?
1916
heißt es in einer Anzeige, dass die Firma grünen Formsand für
Stahlgießereien verkauft und einen Platzvertreter sucht. Damit ist ein
erster Hinweis gegeben, wo die Sandgrube zu suchen ist und zum zweiten
ist klar, dass es sich um die Unterstützung der Kriegswirtschaft
handelt.
Den
grünen Formsand findet man in der riesigen Sandgrube zwischen Rosenthal
und Dalheim, die einen eigenen Bahnanschluss hatte. Im September 1916
kam es zu einem Unfall auf dem Gelände. Ein Mann wurde verschüttet: Durch die schweren Verletzungen verstarb er am nächsten Tag im Wegberger
Krankenhaus. Er hinterließ eine Frau mit kleinen Kindern. Es handelte
sich um den 48 Jahre alten Arbeiter Hermann Wolters aus Watern, der mit
Anna Barbara Buschfeld verheiratet war.
In
der Folge werden mehrere neue Mitarbeiter gesucht, so ein Perlon
(Maschinenführer) und ein Meister oder Vorarbeiter. Dazu benötigte man
ein gutes Fuhrwerk zum Transport von Sand.
Aus
dem Handelsregister-Auszug des königlichen Amtsgerichtes in Wegberg
geht dann hervor, wer denn überhaupt der Eigentümer war. Der Kaufmann
Franz Billmann (1865-1937) und als stellvertretender Geschäftsführer
Carl Billmann (1862-1941), Gründer der Niederrheinischen Leinenweberei
in Wegberg. Das Stammkapital der Firma betrug 20.000 Mark. 1917 wird
unter dem Motto „Kriegshilfsdienst“ ein älterer Heizer oder Maschinist
gesucht. Als zusätzlicher Anreiz bot man freie Wohnung mit Garten und
eine Stallung oder freie Kost und Logis.
In
Rosenthal bzw. Dalheim wurden täglich mehrere Waggons mit „Ia.
Rosenthaler Formsand“ gefüllt und zu den Hochöfen ins Ruhrgebiet
transportiert, wie es hieß. Im März 1922 wurde der Sitz der Firma von
Wegberg nach Süchteln verlegt. Die Eintragung erfolgte beim
Handelsgericht in Dülken noch unter dem Namen Wegberger Sandwerke. Neuer
Geschäftsführer wurde Eduard Bong und sein Stellvertreter Max Clevers,
beide Kaufleute in Süchteln. Die Gebrüder Billmann schieden aus. Erst
danach wurde die Firma in Bong´sche Mahlwerke (auch Rosenthaler
Sandwerke) umbenannt.
Uwe Heldens hat als "Der Westreporter" hierzu ein Video mit viel Beschreibung veröffentlicht: Angeflogen: Ehemaliges Sandwerk in Rosenthal
Fazit - die Geschichte des Sandwerkes müsste nach diesen Quellenfunden, Kopien im Archiv des Verfassers, umgeschrieben werden.
19.03.2024 - Dietmar Schmitz, Klinkum
Der Pfalzgraf Immo und Wegberg
Wir
müssen schon weit zurückblättern um diese Geschichte zu verstehen. In
comitatu Eremfredi (in der Grafschaft des Ehrenfried) heißt es in der
Urkunde die Kaiser Otto I. in Aachen im Jahre 966 ausstellte.
In pago
mulehkenne (im Mühlgau) lagen Güter des Pfalzgrafen Immo (comes Immom).
Über ein Fünftel des Gebietes konnte er verfügen. Immo (ca. 910 geboren,
nach 977 gestorben) war amtierender Graf in Betuwe, Hespengau,
Lüttichgau und Maasgau, die allesamt zum Herzogtum Niederlothringen
gehörten. Lothringen? – ist das nicht da, wo sich der Schwarzwald und die
Vogesen gegenüberliegen? Ja – das ist Oberlothringen, der andere Teil
des Herzogtums Loth(a)ringen, die Teilung fand 959 statt. Nach dem Tode
Herzog Giselbert II. von Lothringen (+ 939) übernahm Immo dessen
mächtige Festung Chèvremont bei Lüttich.
Soweit
es die Quellenlage hergibt ist festzustellen, dass Immo ein
zwiespältiger, wankelmütiger Mensch war. Wie es so schön heißt, hing er
sein Fähnchen gern wie der Wind wehte, um seinen Vorteil zu suchen.
Dabei scheute er auch nicht vor Verrat zurück, um seine Position zu
stärken. So war er zuerst auch ein Gegner Kaiser Otto I., dann wechselte
er die Seiten. Dann wiederum verbündete er sich mit Anderen und
scheiterte. Otto I. nahm ihn jedoch in Gnaden wieder auf.
Das
wiederum war ein Glücksfall für die Wegberger Geschichtsschreibung. In
der oben erwähnten Urkunde musste er zahlreiche Güter aus dem Mühlgau an
das Aachener Marienstift abtreten. Darunter waren drei Orte aus dem
Stadtgebiet Wegberg, die hier erstmals urkundlich in Erscheinung treten.
Aus dem Amte Erkelenz (siehe Foto) waren es neben Herclinze (Erkelenz)
und Hostrich (Oestrich), Berge (Berck/Wegberck), Richelferod
(Rickelrath) und Uazzarlar (Watern), die wie Brempt und Krüchten zum
platten Land von Erkelenz gerechnet wurden. Immo erhielt im Gegenzug den
Hof Gelmen im Haspengau in Lüttich/Belgien, aus dem später die
Grafschaft Loon hervorging.
Das
Marienstift besaß noch nachweislich Mitte des 17. Jahrhunderts Güter in
Rickelrath und Klinkum. Die Lehnsträger mussten weiterhin Zahlungen an
das Marienstift als Grundherr leisten, unter anderem auch von einer
Mühle in Rickelrath. Die Bewohner des Amtes Erkelenz mussten zu
Kriegszeiten mit Harnisch und anderer Wehr die Stadt Erkelenz
verteidigen, also auch die Wegberger.
Seit
etwa zehn Jahren wird versucht den kleinen Ortsteil Berg als Keimzeile
des Hauptortes Wegberg hervorzuheben. Dabei werden andere,
aussagekräftigere Belege außer Acht gelassen, einmal die Erwähnung des
Berges (Gut/Burg/Motte) „to Op hove“, und des zweiten geldrischen Lehens
„die Rossweide“ (13./14.Jh.) Zum Zweiten die Abbildungen in
kartographischen Werken, mit Ophoven und Berck (ab 16.Jh). Die Ortschaft
Berg ist erstmals 1777 in einer Karte eingezeichnet. Wäre Berg wirklich
so bedeutend gewesen, gäbe es bestimmt mehr Belege dazu. Erst Mitte des
19. Jhs. erwähnt Kaltenbach in Berg Reste einer Burg, die hinter dem
heutigen Bauhof gelegen haben soll.
06.03.2024 - Dietmar Schmitz, Klinkum
Zeugnisse des Krieges
Vor dem Hintergrund des Krieges auf dem europäischen Kontinent und der alljährlichen Berichterstattung in den Medien über die Ereignisse des Zweiten Weltkrieges in Deutschland und darüber hinaus in vielen anderen Ländern, stellt sich die Frage, gibt es heute noch sichtbare Spuren in Wegberg?
Die Auswirkungen und Folgen für die Menschen – damals wie heute – sind dramatisch. Für uns Außenstehende kaum fassbar. Neben den körperlichen und seelischen Verletzungen stehen die traumatischen Erlebnisse.
Was viele nicht wissen, bei einer der Angriffe auf das Rheinland bzw. auf Wegberg blieb bis heute eine Spur in einer Wegberger Kirche zurück. Die äußerlichen schweren Schäden an Kloster und Kirche, die von Bomben und Artillerie hinterlassen wurden, sind längst beseitigt. In der Kirche St. Peter und Paul kann man beim genaueren Hinsehen ein Loch von einem Artillerietreffer aus dem Jahre 1945 entdecken. Er befindet sich im Schalldeckel der Barock-Kanzel. In Merbeck im Innenhof eines Bauernhofes auf der Hallerstraße im Tor bzw. im Mauerwerk.
Wesentlich zahlreicher sind jedoch die Relikte des Zweiten Weltkrieges in den Wäldern um Wegberg. Vor zwei Jahren fand zum ersten Mal eine militärhistorische Führung in Dalheim statt. „Auf Spurensuche entlang des Westwalles im Dalheimer Wald“ war das Motto von Oliver Hermanns und Markus Morgenweg, die bereits mehrfach in Wassenberg solche Führungen angeboten hatten. An verschiedenen Stellen zeigten sie den teilnehmenden Gästen Kabelkästen für die Telefonverbindungen, angesprengte Bunker, Erdbunker, einen Panzergraben und Grenzsperren.
Für das Jahr 2025 ist 80 Jahre nach Kriegsende eine ähnliche Führung in den Wäldern von Klinkum, Harbeck und Merbeck geplant. Hier finden sich noch gut erhaltene und sichtbare Laufgräben mit dazugehörigen Erdbunkern, ein mächtiger Panzergraben und MG-Stellungen. In Harbeck eine Flakstellung mit drei Geschützen-Standorten, wobei eine Beton-Bodenplatte für das Geschütz noch erhalten ist, da herum gruppiert die Erdbunker und Munitionslagerplätze. Eine weitere Platte liegt mitten im Feld und ist nicht mehr zu sehen. Das vierte Geschütz stand im Merberker Wald, dort ist die Bodenplatte ebenfalls erhalten und die Kabelschächte für die Verständigung. Der Standort für die beiden Scheinwerfer-Anlagen ist nur für Harbeck bekannt, der Standort in Rickelrath ist noch ungewiss.
Nur der auf einem Firmengelände erhaltene intakte Bunker in Dalheim steht unter Denkmalschutz. Alle anderen Objekte sind bis jetzt kein Bodendenkmal. Ein kurz hinter der Kreisgrenze liegender Bunker in Blonderath wird heute noch von einer Jugendgruppe des CVJM Anrath als Vereinsheim genutzt und ist bei besonderen Führung zu besichtigen.
Auf Friedhöfen und an anderen öffentlichen Plätzen sind Ehrenmale und Gedenksteine aufgestellt worden. Inzwischen wurden zur Erinnerung auch die ersten Stolpersteine verlegt. Manche Folgen des Krieges sind aber noch weniger bekannt, wie zum Beispiel ein Massengrab der Zwangsarbeiter auf dem Wegberger Friedhof. Im Herbst vergangenen Jahres wurde auf dem Dalheimer Friedhof eine erste Stele für die erschossenen Zwangsarbeiterinnen aufgestellt.
Passend zum Thema hält Markus Morgenweg am Dienstag den 12. März einen Vortrag „Der Westwall im Kreis Heinsberg“. Er findet im Gemeindehaus der evangelischen Kirche, Martin-Luther-Straße in Wegberg statt. Beginn ist um 18.30 Uhr.
04.03.2024 - Dietmar Schmitz, Klinkum
Kino, Kino
Hier handelt es sich nicht um eine Fernsehsendung des Bayerischen Rundfunks. Große Lichtspielhäuser gab es in Wegberg nicht. Vor kurzem wurde in der Rheinischen Post eine Bilderserie der Kinos in Mönchengladbach und Rheydt vorgestellt.
Solche Aufnahmen von den Kinos in Wegberg gibt es leider nicht. Das erste Filmtheater, wie es früher auch genannt wurde, befand sich in der Hauptstraße 45. Der vordere Teil des 1927 erstellt Neubaues durch die Firma Quasten und Göpfert steht noch. Bauherren waren die Geschwister Sassen, die ein Manufakturwaren-Geschäft betrieben. Im Bauantrag für das Central-Theater ist aber immer nur Peter Sassen genannt. Das Grundstück mit dem Kinosaal reichte bis zur Grachtstraße (Einbahnstraße). Die heutige Stichstraße An der Gracht war damals nur ein kleiner Dienstbarkeitsweg, der von der Erkelenzer Straße (heute Masseiker Straße) bis zum Kinosaal reichte.
Blick in die Hauptstraße mit den im 2. Weltkrieg zerstörten Gebäuden
Der Kinosaal wurde im Rahmen der Stadtkernsanierung 1995 abgebrochen. Im Kino selbst kam es 1930 zu einem Brand, bei dem Filme und Mobiliar vernichtet wurden. 1938 wurde ein Bauantrag für eine Renovierung gestellt. Bereits zu dieser Zeit fanden hier Tanzveranstaltungen statt, als der Mandolinenklub „Treue Freunde“ aufspielte. Nur an drei Tagen fanden Filmvorführungen statt, freitags war Programmwechsel. Im Parterre-Raum waren 298 feste Stühle, auf dem Balkon 48 weitere.
Im September 1951 standen folgende Filme auf dem Spielplan:
- Gruß und Kuß aus der Wachau (ursprünglich eine Operette, dann ein Liebesfilm mit Fritz Schulz von 1950)
- Sturm über Arizona (ein Western von 1944)
- Unvergängliches Licht (Drama von 1951)
Wann genau Heinrich (Heinz) Stepprath das Kino übernahm, ist noch nicht endgültig geklärt. Er stellte 1964 den ersten Antrag für eine Nutzungsänderung, er wollte eine Tanzfläche einrichten (einige Schulfreundinnen sagen, es war die erste Diskothek in Wegberg). 12 Sitzreihen blieben erhalten für weitere Kinovorführungen. Es blieben 200 Sitzplätze. Die zweite Nutzungsänderung erfolgte 1973, als die Firma Stroms als Mieter einzog und einen Selbstbedienungsladen einrichtete. Das Gebäude ist weiterhin im Besitz der Tochter von Herr Stepprath.
Das "Filmtheater" auf der Hauptstraße im Jahre 1957.
Das Plakat auf dem Foto verweist auf die Verwechslungskomödie "Der kühne Schwimmer" hin.
Heinz Stepprath war es auch, der das zweite Wegberger Kino 1956 an der Beecker Straße errichten ließ. Das Gebäude mit dem markanten Treppenturm, als optischen Blickfang wurde vom Wegberger Architekten Peter Kniest entworfen. Als das große Kinosterben in Deutschland einsetzte, kam um 1967 zur Schließung des Residenz-Kinos. Nach einer Werbeanzeige aus dem folgenden Jahr hatte der Verbrauchermarkt Grenzland von A. Herburger hier eröffnet. Im Jahr 2020 wurde nach zahlreichen Mieterwechseln der Kinosaal selbst abgerissen. Im vergangenen Jahr wurde von der Familie Herburger-Dahmen ein Neubau für Praxisräume errichtet. Glücklicherweise blieb der nun renovierte Treppenturm erhalten.
Gebäude des früheren Residenz-Kinos an der Beecker Straße, zum Zeitpunkt der Aufnahme als Verbrauchermarkt genutzt
Und dann gab es da noch ein drittes Kino in Arsbeck auf der Heider Straße 21-25. Die ehemalige Gastwirtschaft Zahren wurde durch die Familie Nolten zu einem Kino umgebaut. Das war im Jahre 1956/57. Der Saal wurde zuletzt ebenfalls als Diskothek genutzt. Das Gebäude wurde im Jahre 1995 ebenfalls abgerissen.
Damit endet die Wegberger Kinogeschichte. Bedauerlicherweise sind nur sehr wenige Aufnahmen von den Kinos vorhanden.
> Wer uns mit Fotos von Außen- und Innenansichten sowie von weiteren Utensilien, wie Kinokarten oder Plakaten, aushelfen kann, möge sich bitte bei uns melden.
01.03.2024 - Dietmar Schmitz, Klinkum
Ein Update zum Beitrag vom 19.02.2024 "Wer kennt Schwielengras?"
Unser Aufruf hat jetzt zum Erfolg geführt: Uli Dierkes, ein aufmerksamer Leser aus Beeck hat sich gemeldet und den entscheidenden Hinweis gegeben. Es handelt sich um einen Lesefehler, es muss "Schmielengras" heißen. Die Waldschmiele wird auch Goldtau genannt. Inzwischen wird sie als Zierpflanze verwendet.
Heute erzählte ein Klinkumer, dass im Wald, wo früher der Feuerwehrturm stand, noch Schmielengras wächst und dass sein Vater davon früher eine Krippe gebaut hätte.
Februar 2024
27.02.2024 - Dietmar Schmitz
Der Weinbuschgens-Pfad
Das historische Straßennetz unterscheidet sich stark von den heutigen Verkehrswegen. Nur noch selten ist der ursprüngliche Verlauf einer Straße oder eines Weges erkennbar. Hauptsächlich bei den überörtlichen Fernstraßen orientiert sich der Weg, zum Beispiel bei der Bundesstraße 57 an der ehemaligen Streckenführung. In den letzten 200 Jahren gibt es durch Flurbereinigungen sehr oft neue Linienführungen. Da die ehemaligen Wege die Landschaft zerteilten und durch häufige Erbteilung Parzellen immer kleiner wurden, begann man bereits vor dem zweiten Weltkrieg mit einer Neuparzellierung.
Viele alte Wege orientierten sich an den örtlichen Begebenheiten. Eher selten sind Straßenbezeichnungen in alten Karten. In einer der ersten genaueren Karten für Wegberg, erstellt durch den französischen Geografen Jean Joseph Tranchot, der die topographische Aufnahme der Rheinlande (von 1801-1814) vornahm, ist der Weinbuschgenspfad eingetragen.
Folgt man dem Verlauf stellt sich heraus, dass es sich bei diesem Weg ebenfalls um einen Mühlenweg handelt. Beginnend an einer so genannten „Wegspinne“ an der Ophover Mühle in Wegberg-Forst und endend an der Bockenmühle in Watern.
Eine Wegspinne ist ein alter Verkehrsknotenpunkt an dem mehrere Wege zusammentreffen. Oft stand an dieser Stellte eine Landmarke, wie ein großer Baum oder ein Wegekreuz. Sowohl an der Ophover Mühle stand ein Kreuz, bis zu der Zeit, als die neue Sportplatzanlage des SC Wegberg gebaut wurde (das heutige Hans-Gisbertz-Stadion), als auch an der Bockenmühle, wo heute noch ein Kreuz steht.
Das Kreuz von der Ophover Mühle (es ist das zweite Kreuz, das Ursprüngliche war nur noch teilweise erhalten) wurde an der Ecke Echter Straße (früher Schulstraße) und Markusstraße neu aufgestellt.
Zurück zum Weinbuschgenspfad: Der alte Weg ist noch teilweise im Gelände sichtbar. Zunächst verlief er etwas abgewinkelt zum Uevekovener Kirchenpfad, der auch zur Ophover Mühle führte. Dieser durchschnitt die Ziegelgrube der Ziegelei Keller, links der Erkelenzer Straße gelegen Richtung Uevekoven (zum Teil noch vorhanden), der Weinbuschgens-Pfad schwenkt am heutigen Uevekovener Knoten (am Grenzlandring) nach rechts ab und läuft als Feldweg entlang des Ziegeleigeländes von Simons Richtung Tüschenbroich. Oben auf der Höhe der Lüh, der Weg, der am Wasserturm vorbei führt, knickt er nach rechts Richtung Watern ab. Dieser Weg ist nun geteert. Vergleicht man die Abbauwand an der Alten Ziegelei erkennt man einen Höhenunterschied von fast 20 Metern.
Ob der Pfad seinen Namen von Weinstöcken hat, die möglicherweise auf dieser Anhöhe angepflanzt wurden, kann keiner mehr sagen. Rebstöcke in unseren Breitengraden waren aber nicht ganz unüblich, soviel ich weiß, sind sie für Erkelenz-Lövenich überliefert. Im Rentenbuch der Pfarre Wegberg taucht der Weg 1756 als Winnenbuschgenspfad auf. Bei der Anlegung des Urkatasters 1824 ging die Wegebezeichnung auch auf eine Gewannbezeichnung über. So blieb der Name zumindest im Kataster erhalten, eine Straßenbezeichnung, die auf diesen alten Namen hinweist, gibt es aktuell nicht.
Auf dem Kartenausschnitt ist der Weg eingezeichnet ab Mühlen-Kreuz. Die neue Feuerwache durchschneidet heute diesen Weg.
23.02.2024 - Dietmar Schmitz
Chance verpasst – ein Geschichtspfad für Klinkum
Vor etwa zwei Jahren bin ich vom Dorfausschuss Klinkum gebeten worden, Vorschläge für Hinweisschilder zu besonderen Objekten im Dorf zu unterbreiten. Diese Schilder sollten noch zur 625-Jahr-Feier aufgestellt werden. Der Ausschuss hatte im Jahr zuvor eine Fahne entworfen, mit einem ortsspezifischen Wappen, die zur Feier präsentiert werden sollte.
Mein Vorschlag für die Infotafeln orientierte sich an die im Stadtgebiet bereits aufgestellten Mühlentafeln und die im Museum Schrofmühle angebrachten Schautafeln, die die Historie der Mühlen darstellen.
Für Klinkum bot sich auf Grund der alten Siedlungsform, als langgestrecktes ehemaliges Waldhufendorf, ein Geschichtspfad an.
Als Gliederung sollten die sieben Nachbarschaften dienen. Da sich auf der über zwei Kilometer langen Römerstraße in den letzten 30 Jahren ein Neubaugebiet entwickelt hat, ohne geschichtlichen Hintergrund, war hier eine zusätzliche Tafel vorgesehen. Insgesamt waren neun Tafeln geplant, die an prägnanten Standorten aufgestellt werden sollten. Zusammen mit dem Designer der Museumstafeln haben wir das Konzept mit dem Dorfausschuss erörtert. Auf der wesentlich größeren Projektionsfläche, wäre eine umfassendere Darstellung der Klinkumer Geschichte, auch zu weniger bekannten Details der Ortsteile, die in keinem Geschichtsbuch zu finden sind, möglich gewesen.
Ein wesentlicher Punkt, warum der Vorschlag nicht umgesetzt werden konnte, war die Kostenfrage. Ein ähnliches Projekt sollte in Rheindahlen vom dortigen Geschichtsverein umgesetzt werden, die mit einem vielfach höheren Betrag kalkulierten und sich öffentliche Gelder sicherten.
Der Klinkumer Dorfausschuss hat sich dann für die kleinere Lösung entschieden. Die ersten Schilder wurden über den Heimat-Scheck finanziert und so wurden im vergangenen Jahr an sechs Stellen zu ausgewählten Objekten, die Geschichte des Denkmals vorgestellt.
Der Geschichtspfad, als optischer Blickfang für Besucher (Touristen) und damit die Chance der Präsentation der Geschichte vor Ort, wurde damit vertan. In Klinkum werden an mehreren Stellen Ferien- und Monteurs-Wohnungen angeboten.
20.02.2024 - Dietmar Schmitz
Die Wüstung Dassenberg (Dachs Berg)
Bei Wüstungen handelt es sich um aufgelassene Ansiedlungen. Zumeist ist heute von den Häusern nichts mehr sichtbar. Im Wegberger Stadtgebiet gibt es mindestens zwei solcher Orte. Da ist zu einem Brühl eine Häuser- oder Hofgrupe im Tüschenbroicher Wald Richtung Uevekoven. Dort waren früher der Brühler Hof und eine Motte. Der Hof war bereits im 16./17.Jh. ein Lehen der Herrschaft Wickrath. Das heißt, die jeweiligen der Reichsfreiheit Wickrath hatten die Grundherrschaft. Sie verpachteten die Güter, so den Brühler Hof und ein weiteres Lehen in Tüschenbroich, den gegenüber liegenden Kummerter Busch. Der Brühler Hof hatte danach eine sehr wechselvolle Geschichte. 1711 lebten hier drei Familien.
Die andere Wüstung ist Dassenberg, zwischen Petersholz und Arsbeck gelegen. Heute erinnert die Straßenbezeichnung Dachsenberg noch daran.
Petersholz ist als Ortschaft erst ab 1860 besiedelt worden. Das umliegende Waldgebiet, das Sankt Petersholz, war eine spätmittelalterliche Allmende (Gemeinschaftswald) und wurde Mitte des 19. Jahrhunderts parzelliert, zum Teil gerodet und verkauft. Der Dachs Berg wird schon 1806 in der Tranchot-Karte erwähnt. Dabei handelt es sich um ein zirka 10 Meter oberhalb des Helpensteiner (Helfensteiner) Baches gelegenes Plateau, das um 1890 mit vier Häusern bebaut war.
Warum der verstorbene Dremmener Heimatforscher und Museumsleiter Leo Gillessen in seinem Buch die Ortschaften im Kreises Heinsberg sagt, er bezweifelt die Existenz dieser Wüstung, entzieht sich unserer Kenntnis.
Der Arsbecker Gerhard Consoir hat in seinem 1964 veröffentlichten Artikel zum Dassenberg nachgewiesen, dass dort fünf Familien wohnten und sogar von einem Haus ein Foto abgebildet. Nach einem Brand von 1909 wurden zwei Häuser vernichtet.
Nach seiner Auflistung wohnten dort:
a) Jakob Schmitz und Frau mit neun Kindern
b) Heinrich Kebeck und Frau mit fünf Kindern
c) Heinrich Küppers und Frau mit 3 Kindern (Foto vom Haus)
d) Heinrich Schmitz und Frau mit acht Kindern, 1912 Ackerer = Klinkum 132
e) Jakob Flachs und Frau mit sieben Kindern, 1912 Jagdaufseher = Klinkum 131
Um 1910 kaufte Anton Raky den Eigentümern ihre Häuser und die Grundstücke ab. Zwei behielten ihr Wohnrecht. Der letzte Einwohner verließ um 1918 sein Haus, das um 1920 einstürzte.
Bis vor einigen Jahren war dort der Campingplatz der Familie Steinwartz.
Auf der Fotomontage ist bei der sw/ws Karte die Situation um 1893 dargestellt, die farbige Karte zeigt die Stelle um 1806 und eingeblendet das Haus von Küppers.
19.02.2024 - Dietmar Schmitz
Ein Besuch im Museum
Eine Welt im Wandel – so heißt die neue Dauerausstellung im LVR-Landesmuseum in Bonn. Hier wird die wechselvolle Geschichte des Rheinlandes neu erzählt. So beginnt der Ausstellungskatalog „LUX 2/2023“ der Online abrufbar ist. Eine Zeitreise durch die Ausstellung auf mehreren Ebenen ist hier möglich: https://mediaguide.lmb.lvr.de/de/
Kleine Audioclips geben Erklärungen zu den Ausstellungsobjekten, mir persönlich fehlen etwas die Bilder zu den Erläuterungen.
Auf der Eingangsebene im Museum begegnen wir der Altsteinzeit mit dem Neandertaler. Auf der ersten Etage beginnt das Mittelalter bis zur Neuzeit. Auf der nächsten Etage dann die jüngere Vergangenheit, mit einer Sammlung der unscheinbaren Dinge. Unser Hauptinteresse galt aber der Besuch bei der Schaurestaurierung eines der bedeutendsten Mosaike der Römerzeit, bei der wir zuschauen durften bzw. wir eine Führung bekamen. Dieser spektakuläre Fund aus dem Jahre 1904 in Bonn war zwar seit Jahrzehnten schon im Museum, doch wurde dies durch eine Fliegerbombe im Jahre 1944 zerstört. Die Einzelteile des Mosaiks schlummerten jahrzehntelang in Kisten im Depot. Seit ein paar Monaten wird das Mosaik mit dem Bild der Medusa, das aus mehr als 67.000 Steinchen besteht, in mühevoller Puzzle-Arbeit wieder zusammengesetzt. In der Objektbeschreibung zu diesem Werk heißt es: „Wandmalereien und Mosaike brachten Farbe in den Alltag der Soldaten. Sie prägten das Wohn- und Lebensgefühl am Rhein, gaben den Soldaten ein Zuhause, eine Heimat in der Ferne.“ Das Mosaik zierte vermutlich die Wohnung eines Offiziers im römischen Legionslager.
Aber auch andere Objekte waren schön anzusehen, so die kleine Glasscheibe aus der Renaissance-Zeit mit der Darstellung von verschiedenen Berufen.
17.02.2024 - Dietmar Schmitz
Wer kennt Schwielengras?
Was für eine Frage, aber selbst das Internet schweigt hierzu.
Den Begriff gibt es zwar in alten Büchern (so in einem Belehrungsbuch zur Naturgeschichte von 1832 oder eins zur Botanik von 1851), aber eine bildliche Darstellung gibt es nicht. Der 20 Jahre alte Brockhaus half da auch nicht weiter.
Schwielen – ja, die läuft man sich an den Füßen, zumindest an den stark belasteten Stellen unter den Fußsohlen. Da ich kein Biologe, noch Botaniker oder Landwirt bin, kann ich nur das wiedergeben, was ich bisher in Erfahrung gebracht habe. Schwielengras wächst auf nicht gedüngten Wiesen, man kann Heu daraus machen für die Fütterung des Viehs. Auch ein Wasser-Schwielengras gibt es, die Pflanze scheint kräftig zu sein und glatte Blätter zu haben.
Warum ich das wissen will?
Aus einer Wegberger Schulchronik zu Beginn des 20. Jahrhunderts geht hervor, dass eine Fabrik gegründet wurde, in der Bürsten hergestellt werden sollten. Für die Bürsten benötigte man die Wurzeln von wildwachsendem Schwielengras, das in den hiesigen Wäldern wuchs.
Es war die Zeit des ersten Weltkrieges, ob sich die durchaus honorigen Geschäftsleute aus Gründen von Versorgungsengpässen so entschieden haben, wissen wir nicht. Die Firma wurde vom Bürgermeister Adolf Vollmer, dem Kaufmann Josef Ackermann und den Gebrüdern Lindt, im Gebäude der Aufnehmerfabrik von Ackermann, eröffnet. Wurzelbürsten gibt es heute noch, wie ein Foto eines Cousins belegt.
> Wir wären dankbar für eine Rückmeldung mit einem Bild des Schwielengrases.
14.02.2024 - Dietmar Schmitz
Vom Erzählcafé zur Klängerstu`ef
In den letzten Wochen war öfter von einer Einrichtung die Rede, die einen Vorläufer hatte. Nachfolgend einige Hintergründe dazu.
Man muss schon weit in die Historie des Vereins zurückblättern, um den tatsächlichen Ursprung des heutigen, so beliebten Treffs in der Klängerstu´ef zu finden. So mancher wird sich nicht daran erinnern, da die meisten Akteure von damals inzwischen verstorben sind. Von daher scheint es umso wichtiger, nochmals, als einer der wenigen Zeitzeugen, an die Anfangsjahre zu erinnern.
Die Anfänge führen bis in das Jahr 1995 zurück, also vor fast 30 Jahren. Im Jahr davor wurden dem Verein von Seiten der Stadt offiziell Räumlichkeiten im Obergeschoss des BGZ an der Beeckerstraße angeboten. Die Räume teilten wir uns gemeinsam mit dem Verschönerungs- und Verkehrsverein Wegberg und zahlten ein Nutzungsentgelt an die Stadt. Der VVV Wegberg ist heute noch unser Nachbar mit eigenem Raum in der Wegberger Mühle.
Für uns als Verein galt es damals unseren neuen Vereinsraum einzurichten. Das geschah unter der Leitung des Vorsitzenden Hans Langerbeins aus Watern. So nach und nach haben dann die verschiedenen Arbeitskreise des Vereins ihre Tätigkeiten dort aufgenommen. Für die Mundart gab es einen solchen zu dieser Zeit noch nicht.
Das Erzählcafé taucht erstmals in einem Protokoll von Mai 1996 auf. Da ich persönlich anwesend war, kann ich sagen, es wurde dort auch schon geklängert, bzw. „ens Platt jekallt onn jelustert“.
Die ab dieser Zeit regelmäßig im Veranstaltungskalender stehenden Nachmittage, trugen aber nicht den Namen „Erzählcafe“. Besonders „Stinnes“, der ehemalige Gastwirt von „Alt Berk“, erfreute die Gäste des Tages mit seinen Anekdoten aus Berk und sorgte mit seinem „Vertäll“ für so manchen Lacher. Er war einer der letzten Wegberger Originale. Unser Vereinsmitglied Hans Symes verstarb im April letzten Jahres mit 90 Jahren.
Auf der Website des Vereins erfahren Sie mehr zur Geschichte der bekannten „Berker Klängerstu`ef“: https://www.historischer-verein-wegberg.de/mundart-uebersicht.html
Es gibt sogar einen Wikipedia Eintrag zum Erzählcafe, siehe hier:
https://de.wikipedia.org/wiki/Erz%C3%A4hlcaf%C3%A912.02.2024 - Dietmar Schmitz
Nachlese - gut gefü(h)llt ?
Neben der Kultkneipe "Zur Post" im Zentrum von Wegberg, gibt es in der Stadt noch einige andere "Kult"-ur - Tempel. So war am vergangenen Mittwoch, ein Tag vor Altweiber, die Wegberger Mühle Ziel von zahlreichen "jecken" Mundart-Freunden. Der Spirit (nicht Sprit) der Karnevalisten aus den befreundeten Heimatvereinen, insbesondere der Beecker, lockte zahlreiche Zuhörer an, so dass die Mühle gut gefüllt war. Unser Hausfotograf Heinz Esser hat das in zahlreichen Fotos festgehalten, hier zwei zur Ansicht, die anderen findet ihr auf der Website des Historischen Vereins.
Hier der Link dorthin:
Der Vorsitzende Hermann Josef Heinen wird dann noch ein Video auf dem You-Tube-Kanal des Vereins von der Veranstaltung einstellen.
Der inzwischen auf rheinischen Bühnen aktive Beecker Comedian Christian Pape ließ es sich nicht nehmen diese karnevalistische Klängerstu´ef vor der eigenen Haustüre zu besuchen.
09.02.2024 - Dietmar Schmitz
Passend zum Karneval - Wenn et Trömmelche jeht (jeit)
Ob nun im Karneval, wo der oben genannte Song der Kölner Band „Die Räuber“ aus dem Jahre 1993, ein echter Hit und Gassenhauer ist oder demnächst Weihnachten ansteht und das Lied „The Little Drummer Boy“ erklingt oder -
https://www.youtube.com/watch?v=GJpTDLVx6aQ
https://www.youtube.com/watch?v=CNGCWW1aFO4(deutsch)
https://www.facebook.com/watch/?v=1112530158907936(Vicky Leandros – englisch); das Lied wurde übrigens 1941 von der US-Amerikanerin Katherine K. Davis komponiert und getextet und 1958 erstmals aufgeführt.
ob im Herbst die Literaturtage anstehen und ein deutscher Literaturnobelpreisträger (1999) behandelt wird. Sein Roman „Die Blechtrommel“ wurde ein Welterfolg. Alle drei projizieren ein Bild vor unserem geistigen Auge, dass von einem jungen Mann zeigt der mit einer Trommel marschiert.
Das links abgebildete farbige Gemälde wurde dem Verein im Zuge der Recherchen zu einer Ausstellung in der Kreissparkasse Wegberg 2002 „Wegberger Ansichten“ von Frau Porten aus Baal geschenkt. Es erinnert stark an Günther Grass Romanfigur Oskar Matzerath, dem kleinwüchsigen Blechtrommler im gleichnamigen Roman (1959).
Der Portrait-, Landschafts- und Kirchenmaler Wilhelm Büppelmann (geb.1879 in Varel, gest.1960 in Oldenburg) portraitiert hier den 10-jährigen Ludwig Specks (1892 – 1905) in Uniform. Seit 1926 lebte Büppelmann mit seiner Familie in Nideggen.
Im Hintergrund des Gemäldes erhebt sich majestätisch die Wegberger Pfarrkirche St. Peter und Paul empor. Ludwig Specks „ `ne Berker Jong“, Sohn des Schornsteinfegermeisters Joseph Specks und der Maria Rütten, wurde gerade mal 13 Jahre alt, er starb in Echt. Das Gemälde auf Holz wurde 1934 angefertigt.
Einige Jahre später, nach einer Gemäldeausstellung „Kunst im Zentrum“ im BGZ (2007), erhielt ich eine Fotografie, die eine Überraschung bot. Das Foto zeigt fast exakt die Person des Trommlers, das anscheinend als Vorlage zu diesem Gemälde gedient hatte (siehe untern rechts). Folgerichtig lässt sich dies auf das Jahr 1902 datieren.
06.02.2024 - Dietmar Schmitz
Vom Spritzenhaus zur modernen Feuerwache
Es ist das Jahr 1770. Die Schöffen der geteilten Gemeinde Wegberg, bestehend aus den Mitgliedern der Unterherrschaft Tüschenbroich (dem jülichschen Teil) und den Schöffen aus dem österreichisch-niederländischen Teil (ehemals geldrisches Gebiet) beschlossen, am Rathaus ein neues Spritzenhaus anzubauen. Das Rathaus stand auf dem Alten Markt in der Fußgängerzone. Für das „Brantspruiten-Huys“ war ein Platz mit einer Größe von 16x28 Fuß = 5 x 8,5 Metern vorgesehen.
Auf der Postkarte ist noch der Schlauchturm mit der Alarmglocke am Alten Rathaus zu erkennen.
Die erste Brandschutzordnung wurde bereits 1729 erlassen. Nach einem verheerenden Brand in (Nieder-)Crüchten durften in den Dörfern Crüchten, Wegberck und Brempt, bei Strafe von drei Brabanter Gulden, keiner mehr mit einer Tabakspfeife feuerführende Stellen betreten (Vorläufer des Rauchverbotes!).
Im Jahre 1833 gab es dann zwei Spritzenhäuser, eins in Wegberg und eins in Beeck. 1847 sollte in Wegberg ein neues Feuerspritzenhaus gebaut werden, ohne genaue Ortsangabe. Um diese Zeit war auch ein Spritzenhaus in Klinkum vorhanden.
Von einem Neubau eines Feuerwehrgerätehauses erfahren wir dann wieder nach dem 2. Weltkrieg auf der Bahnhofstraße, da das Spritzenhaus am alten Rathaus nicht mehr zeitgemäß war. Danach wurden dann in Harbeck und Tüschenbroich neue Gerätehäuser gebaut. Durch die zunehmende Motorisierung des Feuerwehr, der Vergrößerung des Bestandes und dem gleichzeitigen Zuwachs der Bevölkerung wurde dadurch Rechnung getragen, dass man Fahrzeuge in einer Privatgarage und an der Mädchenschule untergestellte.
Dies war aber ja kein Dauerzustand. So beschloss 1968 der Rat der Gemeinde ein neues Feuerwehrhaus ans Rathaus anzubauen, den heutigen rückwärtigen Teil zur Mühle hin. Der obere Trakt diente gleichzeitig als Rathaus-Erweiterung. Schnell stellte sich heraus, dass die Stellplätze nicht ausreichten, da Wegberg sich als Wohnstadt etabliert hatte. Die Bevölkerungszahl nahm immer mehr zu. Ich erinnere hier an die Abholzung eines Teils der Beecker Waldes und der rasanten Bautätigkeit dort.
An der Venloer Straße fand man ein passendes Objekt. Hier war bisher der Bauhof untergebracht, für den dann ein Neubau an der Hospitalstraße entstand. Der Umzug der Feuerwehr erfolgte 1978.
Das hat jetzt zirka 45 Jahre ausgereicht. Seit einigen Jahren wurde ein neuer Standort gesucht und gefunden. So entsteht seit dem vorigen Jahr auf der Ecke Masseiker Straße zum Grenzlandring hin, mal wieder ein neues modernes Domizil für die Freiwillige Feuerwehr in Wegberg. Den Architektur-Wettbewerb hat 2018 die Firma Scheidt & Kasprusch aus Berlin gewonnen. Über die Steigerung der Kosten wird seitdem heftig gestritten, auch, ob alle Elemente, die im Entwurf vorgesehen waren, realisiert werden sollten. In diesem Jahr soll die Feuerwache bezugsfertig sein.
Weitere Informationen:
03.02.2024 - Dietmar Schmitz
Aufgelesen – auch gelesen? Nr.2
Mal wieder etwas für Genealogen. Vor kurzem erschien Band 25 der Allgemeinen Deutschen Wappenrolle in Stuttgart (Pro Heraldica). Ein Wappen zog besonders die Aufmerksamkeit auf sich.
Die Nachfahren eines Geschwisterpaares aus Bayern stellt darin das geänderte Wappen der verstorbenen Wappenstifter aus dem Jahre 1996/98 vor. Der Betriebswirt Peter Karl Franz Bircks aus Rennertshofen geboren 1952, verstarb 2018 in Augsburg; sein Bruder Alfred Karl Heinz geboren 1954, war Unternehmer und verstarb 2022 in Deggendorf (Niederbayern).
Das für uns Wegberger Interessante daran ist, dass die Familie ihre Wurzeln in Beeckerheide hat. Über die im Buch veröffentlichte Stammfolge, lässt sie sich bis auf den ersten zu ermittelnden Vorfahren Mathias (Theiß) Bircks, geboren um 1590, zurückverfolgen. Wie zu vermuten war, variiert der Familienname häufig. Hier eine Liste der verschiedenen Schreibweisen: ahn/an/auf der Birck(en), Bir(c)ken, Bir(c)k, Birx, Byrck, Bürks und Biercks.
Dabei handelt es sich um eine Ortsbezeichnung in der früheren Bürgermeisterei Beeck. Dies geht auch eindeutig aus einer Einwohnerliste aus dem Jahre 1771 hervor. Die Häusergruppe lag zwischen Häsenheid (Hessenheide), Am Settel und Am Höllard, heute etwa zwischen Heidkamp und Lindenstraße.
Bei der genannten Familie handelte es sich um eine Bauernfamilie. Die nachweisbar über fünf Generationen dort lebte, siehe dazu die Beecker Kirchenbücher. Die Abschriften sind im Vereinsarchiv vorhanden und können an den Forscherabenden eingesehen werden.
Der erste Bircks der verzog, war der 1729 geborene Ackerer und Handwerker Peter Bircks, der 1773 in Niederkrüchten verstarb. Sein Sohn war dort noch Sattler. Dessen Sohn ließ sich in Issum nieder, die nächste Generation in Krefeld. Von dort ging es dann später nach Bayern, wo die Nachfahren noch heute leben. Bei dem Wappen, handelt es sich um ein sogenanntes „redendes Wappen“, die Birke verweist auf den Familiennamen.
weitere Informationen hierzu: https://de.wikipedia.org/wiki/Redendes_Wappen
01.02.2024 - Dietmar Schmitz
Denkanstoß – Was war vor 90 Jahren?
Zur Kern-DNA eines Historischen Vereins gehört die Darstellung der Geschichte. Als Verein sind wird politisch neutral, er lebt jedoch von der Vielfalt und dem Einsatz der ehrenamtlichen Mitglieder. Heute bekleide ich keine Funktion mehr im Vorstand, von daher ist es möglicherweise einfacher auch heiklere Themen anzupacken.
Obwohl – als Vorsitzender des Vereins – habe ich auch schon Artikel veröffentlicht, die damals nicht opportun erschienen. Sie dazu im Berker Boten Nr.5/1997 oder Nr. 15/2001. Manchmal korreliert die Vergangenheit mit der aktuellen Situation.
Rückblende: Die Weimarer Republik lag in den letzten Zügen. Nach der Machtergreifung durch Hitler änderte sich so Einiges. Auch da gab es Massen- bzw. Machtdemonstration ganz anderer Art. Wer die Presseartikel der damaligen Zeit verfolgt, stellt schnell fest, dass zunächst die Kommunisten Ziel der Verfolgung und erste Opfer wurden. Bevor sich das diktatorische Regime der jüdischen Bevölkerung zuwandte, mit den dramatischen Folgen des millionenfachen Mordens. Kurze Zeit später erfolgte die Gleichschaltung der Presse und die Zwangsauflösung zahlreicher Vereine. Wer sich näher informieren möchte, hier ein Link zu einem Zeitungsportal in NRW: https://zeitpunkt.nrw/
Als Forscher fiel mir auf, dass die Geschichtsschreibung, der Heimatschriftsteller abrupt in den Jahren 1933/1934 endet. Wegberg hatte insofern Glück, weil Adolf Vollmer, ehemaliger Bürgermeister der Gemeinde, bereits 1912 die Geschichte des Ortes, publiziert hatte. Die Chronik zur Geschichte der Bürgermeisterei und Pfarre Beeck endet 1933. Sie wurde vom späteren Gemeindedirektor Karl Peters und vom Beecker Pfarrer Paul Alfers als Maschinenskript verfasst. Das Buch wurde im Jahre 2022 vom Kulturring Wegberg herausgebracht und ist inzwischen vergriffen.
Auch die vom Dalheimer Heimatforscher Franz Mayer erstellte Geschichte der Gemeinden Arsbeck und Dalheim-Rödgen gibt es nur als Maschinenabschrift. Die von Evertz verfassten Ortschroniken wurden Mitte der 50iger Jahre gedruckt, das Heimatbuch von Heinz Cohnen erst Mitte der 1980 Jahre. Dabei wurde die Zeit des Dritten Reiches meist ausgespart.
Erst durch die Publikationen des Historischen Vereins durch Dr. Klötzer, Jochen Pothmann und Hans-Joachim Haude sorgten hier für neue Ansätze. Zuletzt kam dann (2013) das Buch „Das Braune Wegberg“ hinzu, das durch Schüler des Maximilian-Kolbe-Gymnasiums zusammengestellt.
Wir alle sind mündige Bürger, natürlich gehört nicht Mut bei der jüngeren Generation und die Bereitschaft auf die Straße zu gehen dazu, auch die ältere Generation ist wieder gefragt. Der eine oder andere wird sich da an die 68er Jahre erinnern, um gewissen Tendenzen entgegen zu wirken. Zurzeit sind die Menschen in Massen auf den Straßen, anstatt LKWs und Traktoren, um den schleichenden Prozess und das Erstarken der rechten Ideologie einzudämmen.
Am Samstag kann jeder in Erkelenz friedlich demonstrieren,
damit wir keine Verhältnisse wie in China oder Nordkorea bekommen.
Januar 2024
30.01.2024 - Dietmar Schmitz
Holzweg oder Hohlweg?
Auf dem Holzweg sein – diese Sprichwort ist vielen noch geläufig. Bereits im 15. Jahrhundert wurde es verwendet. Interessant die Benutzung des Wortes Holzweg in der mittelalterlichen Dichtung. Siehe dazu im Wikipedia-Beitrag.
Um allen Irrtümern vorzubeugen – wir nehmen den Hohlweg! Heute sind die Hohlwege meist zu reizvollen Wanderwegen in der Waldlandschaft degradiert. Mit viel Glück auch einmal zu einem Premiumwanderweg entwickelt worden. Bei zahlreichen Hohlwegen im Stadtgebiet handelt es sich – wie sollte es auch anders sein – um ehemalige Mühlenwege! Ein wesentliches Merkmal ist die markante Vertiefung im Gelände. Vor einigen Jahren gelangen es dem Autor zumindest einen dieser Mühlenpfade als Bodendenkmal eintragen zu lassen, erst der zweite Weg in NRW (2021). Damals waren massive Rodungsarbeiten im Gange und der Weg wurde mit schwerem Gerät stark verändert. https://www.yumpu.com/de/document/view/65219679/heft-3-bodendenkmale-hohlwege und: https://de.wikipedia.org/wiki/Hohlweg
Dieser Mühlenweg, der nur noch in Teilbereichen im ursprünglichen Zustand erhalten ist, führt von der Bockenmühle in Watern zur Kornmühle nach Tüschenbroich. Beginnend neben dem inzwischen renovierten Wohnhaus der ehemaligen Schreinerei Schwaken.
Etwa auf der Hälfte der Strecke, ist der Hohlweg noch deutlich ausgebildet. Die Ausformung geschah durch das Befahren mit der Mühlenkarre. Heute würde man als alten Wirtschaftsweg bezeichnen. Der Laie könnte jetzt einwerfen: „aber da passt doch überhaupt keine Karre durch.“
Foto: Dietmar Schmitz
BERKER
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Stimmt – denn nach dem Bau der Straße von Watern nach Tüschenbroich, zuerst noch als Kiesweg, später als asphaltierte Straße, ist der Waldweg, Teil des Europäischen Fernwanderweges E8 bzw. Hauptwanderweg X10, nur noch von Wanderern benutzt worden.
https://www.wanderbares-deutschland.de/wege/alle-wege/europaeischer-fernwanderweg-e8-abschnitt-niederrhein-f7db511ae8 [auf der Karte ist allerdings ein anderer Verlauf eingetragen!]
Durch die jahrzehntelange Erosion des Umfeldes bzw. dem Gegenteil, der Sedimentation hat sich der Weg verengt.
Hier noch eine kleine Auswahl an Hohlwegen im Stadtgebiet:
- Hohlweg am Schanzerhof (gesperrter Waldweg)von Uevekoven kommend zur Kornmühle Tüschenbroich
- Hohlweg in Dalheim von Wildenrath zum Klosterhof und zur Mühle
- Hohlweg hinter der Buschmühle Richtung Balkhoven und Schrofmühle
- Hohlweg hinter der Molzmühle Richtung Neumühle
- Hohlweg in Rickelrath (seitlich der ehem. Neumühle)Richtung Lüttelfort
- Hohlweg am Aldeberg vom Wasserturm Richtung Rödgener Mühle
- Weg von der Ophover Mühle zur Bockenmühle über die Lüh (Anhöhe vom Haus St. Georg bis zum Wasserturm)
27.01.2024 - Dietmar Schmitz
Wegberger Geschichte(n) – neu erzählt! heute - Der Mahlstein vom Dorfanger
Selbst den meisten Rickelrathern dürfte die genaue Herkunft des Steines vom Mühlenbrunnen nicht bekannt sein. Woher stammt dieser Mahlstein, der nun den Dorfanger ziert?
Als Ferdinand Schmitz von der Schrofmühle mich im Jahre 2019 fragte, ob ich etwas zu einem Mahlstein am Kreisverkehr in Wegberg am Bahnhof, der dort einsam und verlassen stand, sagen könnte, gab es spontan nur zwei mögliche Erklärungen. Entweder es war ein ausgemusterter Stein von der Wegberger Mühle oder einer von der Kringsmühle, die jeweils zirka 400 Meter vom Standort in der Nähe des Alten Friedhofes entfernt lagen. Eine dritte Variante fiel mir erst später ein, möglicherweise handelte es sich um ein Überbleibsel der ehemaligen Ölwerke Symes, die bis zur Auflösung im Jahre 1926 schräg gegenüber, hinter dem Bahnhof gelegen, ihre Produktionsstätte hatten, auf dem späteren Firmengelände von Kaufmann & Lindgens.
Zuerst müssen wir uns der früheren Bebauung am Standort des Steines zu wenden. Links davon war das Amtsgericht Wegberg und rechts eine Gastwirtschaft mit Brückenwaage und angeschlossenem Gewerbebetrieb, vor den Gleisanlagen. Die Wirtschaft hieß einmal „Zur Handelskammer“, also ein Bezug zum Amtsgericht. Nach dessen Abriss, „Zur Waage“. Über Jahrzehnte wurde sie von der Familie Müller betrieben. Damit kommen wir nun zur vierten Variante, die uns dann die Lösung zur Herkunft des schweren Blausteins (mit einem Durchmesser von 1,42 Meter und einer Dicke von 34 cm) brachte. Bei dem Stein handelt es sich übrigens um einen Läuferstein für einen Kollergang, also für ein Ölmahlwerk.
Der in Schevenhütte bei Stolberg geborene Paul Jacob Müller (1849-1920), war zuerst mit Maria Adelgunda Baur verheiratet. Diese verstarb jedoch mit 28 Jahren nach der Geburt des dritten Kindes, im Jahre 1882 in Wegberg. Hier wird Paul Jacob schon als Wirt und Steinhauer bezeichnet. Sein Vater übte den Beruf des Steinhauers in Schevenhütte aus. Nach einer kurzen Trauerzeit heiratet Paul Jacob Müller 1883 in Wegberg die Anna Catharina Christina Kalthoff (1848-1932). Er bekam mit ihr fünf weitere Kinder.
Überliefert ist seine Tätigkeit an der Pannenmühle. Dort arbeitete er mit einem Gesellen. Müller war für das Schärfen von Tratsteinen zuständig. Er nutzte dazu besonders gehärtete Meißel, die er anschließend bei einem Schmied wieder schärfen ließ. Dies musste der Ölmüller noch bezahlen. Der Wegberger verabschiedete sich dann von dem Pannenmüller mit den Worten: „Sue, nu send se en Oorder. Jetzt kann ech de Kai (harter Stein) domet haue.“
Sein 1884 geborener Sohn, Paul Jacob führte das Handwerk fort. Im Adressbuch von 1935 steht er noch mit der Wirtschaft, Steinhauerei, Baumaterialien und Kohlenhandlung (noch 1952) eingetragen. Im Adressbuch von 1964 nur noch mit der Wirtschaft. Der Stein stammt demnach aus dem Lager der Familie Müller.
Im Herbst 2021 wurde die Brunnenanlage am Dorfanger in Rickelrath durch die Ehrenbürgermeisterin Hedwig Klein eingeweiht.
Auf dem kolorierten Postkarten-Ausschnitt ist der Mahlstein an der Ecke der „Villa Köhler“, dem Amtsgericht zu erkennen, daneben ist das Steinlager sichtbar (links neben der Baumreihe). Am Ende der Sichtachse von der Straße Am Bahnhof ist das Gebäude der Gastwirtschaft zu sehen.
25.01.2024 - Dietmar Schmitz
Heimat-Preis der Stadt Wegberg 2023
Anfang Dezember fiel die Entscheidung über die Preisträger des Wettbewerbs. Gefördert vom Land NRW wird dieser Preis seit dem Jahre 2019 von der Stadt ausgelobt.
Gestern war im Anton Heinen Haus in Rickelrath die Preisverleihung. In diesem Jahr erhält das Team für die Ferienspiele in Rath-Anhoven den ersten Preis. Der zweite Preis geht an den Verein Angerdorf Rickelrath für ihre Willkommensmappe für Neubürger. Den dritten Platz belegt Dietmar Schmitz für die Bearbeitung der Wenkerbögen aus dem Stadtgebiert Wegberg. Eine Urkunde für den 4. Platz erhielt der Verein Wegberg hilft e.V.
Heimat? Ein weitgefasster Begriff, für jeden bedeutet er etwas anderes. Auch Schulen gehören dazu, hier werden die Grundlagen geschaffen für die weitere Entwicklung eines Menschen. Früher gab es noch in zahlreichen Dörfern eine Schule. Durch den Rückgang der Schülerzahlen setzte eine Zentralisierung ein.
Vor 150 Jahren war das noch anders, da startete der Sprachwissenschaftler Georg Wenker ein Projekt, dass sich mit der Mundart vor Ort beschäftigte. Erste Anlaufstelle für ihn waren die Lehrer an den Schulen. Er versendte an sie einen Bogen mit 42 Sätzen die zu übersetzen waren. Bei der Vielzahl an Schulen im Rheinland ein großer Kostenfaktor. Deshalb bat er die Lehrer die Bögen auf eigene Rechnung zurückzusenden. Daraus resultierte dann, dass nicht alle Bögen zurückgesandt wurden. So liegt z.B. aus Wegberg für die Zeit kein Bogen vor. Eine zweite Erhebung fand acht Jahre später statt, jetzt ausgeweitet auf Westfalen. Die neuen Bögen hatten nun 40 Sätze mit zum Teil neuen Texten. Im Endeffekt liegen für die damals in Wegberg vorhandenen 13 Schulen 18 Bögen vor. Für Georg Wenker ergab sich so ein genaueres Bild der Dialektsprachen. Die Grenzen die durch Lautverschiebungen entstanden, wurden in Karten festgehalten. Diese Bögen erlauben den Wissenschaftlern jetzt bis auf die unterste örtliche Ebene, z.B. zwischen Klinkum und Arsbeck, die Unterschiede auszuwerten.
Die Transliterierung dieser Bögen, das heißt das Übertragen der zumeist in Kurrentschrift verfassten Bögen, in eine heute für alle lesbare Schrift, ist das Verdienst des heutigen Preisträgers.
Hier eine Liste der Preisträger der vergangenen Jahre:
2019: 1. Heimatverein Beeck - Projekt "Beeck macht blau"
2. Historischer Verein Wegberg: Projekt "Geschichtswerkstatt"
3. Dorfgemeinschaft Wildenrath
2020: 1. Bürgerinitiative Wegberger Innenstadt-Entwicklung (Biwie) "Mühlenmarkt"
2. Dalheimer Pfadfinger Gruppe St.Georg (DPSG) "Heimat pflegen" 3. Historischer Verein Wegberg - De Berker Klengerstu'ef
2021: 1. Förder- u. Museumsverein Schrofmühle "Kindermühlentag"
2. Trommler- und Pfeiferkorps Klinkum
3. Mühlenstein-Team
4. Historischer Verein Wegberg "Heim@kino"
2022: 1. Basislager Petersholz
2. Haus St. Georg
3. Manfred Müchen & Hermann-Josef Heinen
21.01.2024 - Dietmar Schmitz
Wegberger Geschichte(n) - neu erzählt; heute:
Ein alter Türsturz von 1800
Es hat lange gedauert, bis das Thema „Sprüche auf Türbalken“ nochmal aufgegriffen wurde. Von 1996-2009 erschienen zehn Beiträge über Eichenbalken und ihre Geschichte im „Berker Boten“.
Die Sinn- und Segenssprüche auf diesen meist alten Balken, die in den wenigen noch erhaltenen Fachwerkhäusern verbaut wurden, haben oft einen christlichen Hintergrund. Zu erkennen an einem Kreuz mit dem Monogramm I-H-S. Das Nomen sacrum leitet sich von den ersten drei Buchstaben Jesus in der griechischen Schreibweise ab. Das Wort wurde bis um 1450 in Bibeln und Urkunden nicht ausgeschrieben, wobei der griechische Buchstabe Sigma durch das lateinische "S" ersetzt wird. Interpretiert wird die Buchstabenfolge mit Jesus, Erlöser der Menschen, für die lateinische Übersetzung von Iesus Homium Salvator, volkstümlich übersetzt mit Jesus - Heiland - Seligmacher. Oft ist das Monogramm mit weiteren Attributen versehen, in unserem Fall mit einem Herz, das für die Liebe steht. Wenn noch drei Nägel beigefügt sind, stehen diese für die Kreuzigung, so z.B. auf dem Feldkreuz in Kipshoven zu sehen.
Solche Inschriften geben aber auch indirekt Auskunft über die Geschichte eines Hauses und ihrer Besitzer bzw. Erbauer. So auch hier bei dem Türsturz aus Dalheim-Rödgen (früher oft als Raetgen, Rötgen geschrieben). Die Inschrift im abgebildeten Balken lautet:
Hüte dich Fluch nycht yn meynem Haus, oder geh bald zur Dur hynaus oder Got der Her vom Hymmelreych straf mych und dych gleyg. M.S. - M.P. 1800[Hinweis: In der Chronik von Franz Mayer steht eine etwas andere Lesung (1934)]
Dieser Balken wurde im Jahre 1934 beim Umbau des Hauses Rödgener Straße 14, in der ehemaligen Wirtschaft Stepprath freigelegt, er war verpliestert gewesen. Die Initialien stehen für das Ehepaar Michael Stepprath und Maria Magdalena Peters.
Im Jahre 1800 wurde Rödgen von einem großen Brand getroffen. Es war die Zeit der französischen Fremdherrschaft. Die Ursache für die Feuersbrunst im Dorf, mit den zahlreichen Fachwerkhäusern, ist nicht überliefert. Ein Opfer wurde dabei auch die zweite Kapelle, die an der inzwischen geschlossenen Wirtschaft Lisges stand. Das Feuer brach am 16. August aus, einen Tag vor der Sankt-Rochus-Kirmes. Auch das Haus von Michael Stepprath wurde ein Raub der Flammen.
Das Haus an der Dorfstraße wurde von ihm wiederaufgebaut, er war von Beruf Ackerer, im Situationsplan von Mayer ist auf der Parzelle mit den Hausnummern 235/236 eine Scheune eingezeichnet. Noch heute befinden sich die Häuser Nr. 10,12 und 14 im Besitz einer Nachfahren-Linie.
Ein Enkel des Mathias Stepprath, Peter Heinrich (1825-1906) wurde als erster als Gastwirt bezeichnet. Aber er war auch weiterhin Ackerer und Kleinhändler. Verheiratet war er mit Anna Catharina Tillmanns. Deren Sohn Fritz übernahm später die Wirtschaft, er starb 1925, seine Ehefrau Elisabeth Schmitz 1934. Danach erfolgte der oben beschriebene Umbau. Ein weiterer Sohn, Peter Joseph Stepprath, wurde Bäcker und Metzger und übernahm das Haus Nr.10. Er setzte sich zusammen mit den Gebrüder Frenken für den Neubau der großen Kapelle ein (1896). Im Jahre 1911 war er Mitbegründer der St.Rochus-Schützenbruderschaft.
Die einzig überlebende Tochter des Fritz Stepprath, Gertrud, heiratete im Jahre 1926 den aus Mönchengladbach stammenden Schmiedegesellen Arnold Hagemann. So verwundert es nicht, dass er in einem Nebengebäude auf dem Grundstück eine Schmiede einrichtete (Teile davon sind noch vorhanden) und hier als Hufschmied arbeitete. Sein Sohn Willi führte die Gastwirtschaft weiter.
Nach deren Schließung war hier mal eine Pizzeria und zum Schluss eine Weinhandlung, bevor die Räumlichkeiten zum Wohnhaus wurden. Die Räume der Kegelbahn sind auch noch vorhanden.
Meist sind die Inschriften an den Gebäuden nicht für jedermann sichtbar. Einige wurden an das Flachsmuseum in Beeck abgegeben, wo sie ausgestellt sind. Das hier besprochene Exemplar ist auch in einem Museum, allerdings im Freilichtmuseum in Kommern!
Befindet sich in ihrem Haus noch ein Eichenbalken mit Inschrift?
Wir würden uns über eine Nachricht und ein Foto zu Dokumentationszwecken freuen.
17.01.2024 - Dietmar Schmitz
Aufgelesen - auch gelesen?
Ein Rock- und Pop-Festival in Wildenrath mit 17 Bands, darunter zwei deutschsprachige Interpreten.
Im aktuellen Heimatkalender des Kreises Heinsberg 2024 erinnert Michael Heckers an ein Event, dass es so hier wohl nicht mehr geben wird. Sein Bericht heißt: Woodstock des Westens - als Tina Turner in Wildenrath rockte. Dieses Musikereignis fand vor 30 Jahren im August über drei Tage auf dem ehemaligen RAF-Flugplatz Wildenrath statt. Für viele Menschen waren das unvergessliche Tage.
Der Historische Verein Wegberg berichtete im Jahre 2020, zur Zeit der Corona-Pandemie, im Heim@kino darüber:
Im Zeitungsbericht von Folkmar Pietsch vom 06.09.2018 erfahren wir weitere Einzelheiten: Als Tina Turner in Wildenrath auftrat
Höhepunkt des dreitägigen Festivals am Sonntag Abend: Tina Turner.
Zum Abschluss des regulären Sets sang sie ihren - neben 'Nutbush City Limit' - größten Hit "Proud Mary".
Zum Abschluss des regulären Sets sang sie ihren - neben 'Nutbush City Limit' - größten Hit "Proud Mary".
Aber wie haben die Besucher dieses Spektakel erlebt? Bereits am ersten Tag erschienen 80.000 Zuschauer und Musikbegeisterte. Stimmen dazu gibt es bisher wenige.
Wir, das heißt, der Kegelklub "Die unheimlichen Holzumstoßer" aus Wegberg, bestehend aus fünf Paaren, waren dabei. Wir ließen einen Kegelausflug ausfallen und besorgten uns das Ticket für drei Tage.
Auf Grund des Artikels im Heimatkalenders, wollte ich nun nach dreißig Jahren erfahren, welche Eindrücke bei den Keglern hängen geblieben sind. Leider haben wir keine Fotos mehr aus dieser Zeit. Hier einige Auszüge aus den Berichten:
a) Kerstin: Ich war an einem Tag mit meinen Arbeitskollegen da, bei Prince, auf ihn mussten wir eine Stunde warten, der ließ sich mit dem Hubschrauber einfliegen, Duran Duran, Foreigner usw. (Samstags). Sonnstags als Tina da war, stand ich in der zweiten Reihe neben dem Lautsprecher, danach waren wir taub, sie war einfach Spitze.
b) Vera: Wir sind an kilometerlangen Autoschlangen mit unserem Rad vorbei gefahren. Die Leute wollten uns sogar schon die Fahrräder abkaufen. Wir waren also guter Stimmung und der Platz und das Wetter waren die drei Tage super. Das hatte etwas von Woodstock. Auf Nachfrage hatte sie den oben genannten Artikel nicht gelesen!
c) Ich: Da ich den Andrang zu solchen Veranstaltungen von der Flugschau in Wildenrath kannte, haben wir uns in Klinkum mit dem Rad getroffen. Der erste Eindruck am Eingang zum Gelände waren die Massen an Fahrrädern und anschließend die unendliche Reihe an WC-Häuschen (ca. 400 Stück). Da wir alle noch recht kleine Kinder hatten, mussten wir uns auch abwechseln, am ersten Tag wollte ich unbedingt Chris de Burgh hören, dazu kam dann Peter Maffey. Am zweiten Tag waren es PUR und OMD. Wir hatten uns einen Platz gesucht, von dem wir gut sehen konnten, aber nicht die volle Dröhnung bekamen. Am letzten Tag wollten natürlich alle ohne Ausnahme Tina Turner erleben, aber Joe Cocker und Rod Stewart kamen noch vorher. Als Tina auftrat haben wir dann auch weiter vorne gestanden. Für uns war es eine Super Zeit bei "Rock over Germany".
Haben Sie vielleicht auch dieses Event erlebt? Oder sogar Fotos vom Festivalgelände oder den Interpreten gemacht, die sie dem Verein zum Scannen zur Verfügung stellen könnten oder per Mail zusenden möchten?
14.01.2024 - Dietmar Schmitz
Du kriegst die Motten - Motten in Wegberg?
Den Spruch kennen viele (vermutet wird, dass die Redewendung aus dem Rotwelschen stammt). Gefräßige Tiere die Löcher in Kla-"motten" hinterlassen. Wie jetzt? Sind wir beim Nabu?
Diejenigen, die sich mit Archäologie befassen denken an eine Motte die im oder am Wasser liegt, oder versteckt im Wald noch sichtbar ist. Nein - keine großen Ameisenhaufen - gemeint sind Erdhügel mit einem größeren Durchmesser und manchmal einer Höhe von über 20 Metern, zum Teil noch von Gräben umgeben.
Ja, in Wegberg gibt es M & M`s (MuMs)! Wie nun? Diese bunten Schokolinsen gibt es doch in fast jedem Supermarkt, was ist da besonderes dran?
Also, wir denken da eher an Motten und Mühlen. Die Stadt hat den Schwerpunkt auf die Mühlen gelegt, dabei sind wir mit unseren Motten in Wegberg eine "Hoch"-Burg, von der der Anzahl der erhalten gebliebenen Mottenanlagen her gesehen. Dabei handelt es sich hier ausschließlich um "Niederungsmotten".
Der neu zugezogene Wegberger wird sich fragen: Wo finde ich denn eine von diesen "Motten"?
Grundsätzlich in der Nähe eines Baches, mit dessen Hilfe man die Gräben mit Wasser fluten konnte, die dann ein erstes Hindernis für Angreifer darstellten. Aha - da wollten also einflussreiche Bewohner ihren Besitz verteidigen bzw. schützen. Das lässt auf eine Einrichtung aus dem Mittelalter schließen. Grabungen an diesen Erdhügeln brachten auch Scherbenfunde zu Tage, die eine Datierung bis ins 12. Jahrhundert zulassen. Diese Anlagen waren hauptsächlich Sitz einer adeligen Familie.
Hier eine Liste mit der Verteilung im Stadtgebiet:
Im Osten rund um Beeck: Gripekoven mit zwei Motten (noch im Wald sichtbar, am Als- oder Mühlenbach gelegen). Kipshoven (eingeebnet), Mehlbusch (Doppelgräben zum Teil erhalten), Moorshoven (eingeebnet, heute Haus Moorshoven mit Graben). Im Zentrum von Beeck gegenüber der Pfarrkirche (dahinter als frühere Vorburg das Haus Beeck), am Beeckbach 300 Meter weiter die Motte Neuhöfchen (in der Waldparzelle kleiner Erdhügel mit Graben und Wall).
Ortszentrum Wegberg noch am Beeckbach, die Motte Ophoven an der dazugehörigen Mühle. Dieses geldrische Lehen wird in den Urkunden des 14. Jh. erwähnt. Hier gehen zum ersten Mal Motte und Mühle eine Symbiose (in gegenseitiger Abhängigkeit) ein. Am Zusammenfluss von Beeck- und Fußbach soll ohne erkennbaren Hügel an der Burg Wegberg (nur Wassergräben und der umgebaute Herrenhof) eine Motte gewesen sein.
Im Süden des Stadtgebietes in Tüschenbroich gab es mindestens drei Motten. Zuerst die mitten im Weiher gelegene große Insel mit 80 Metern Durchmesser und ca. 25 Höhe (noch mit einem Turmrest und Kellergewölben) umringt von zwei Mühlen; die Brühler Motte, im Wald versteckt gelegen und die Motte Dürselen (nur noch ein Graben, auch hier gehörte ein Hof und eine Mühle dazu).
https://de.wikipedia.org/wiki/Motte_T%C3%BCschenbroich
Im Westen zunächst in Arsbeck am Helpensteiner Bach die gleichnamige Motte Helpenstein (Erdhügel an der B221), am Raky-Weiher in Rödgen die gößte Mottenanlage im Satdtgebiet der "Alde Berg" mit einer weitläufigen Vorburg, Gräben und Wällen. Auf dem großen Hügel ist heute ein Kreuz, wo einst eine kleine Kapelle stand. Zuletzt ist da noch das Haus Wildenrath, am Rumpenbach gelegen, ohne Erdhügel aber mit Gräben und Wällen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Motte_Aldeberg
Und was ist im Norden? Nun - zwischen Arsbeck, Merbeck, Rickelrath und Gripekoven findet sich keine Motte. Da gibt es nur die "dicke Landwehr" und das große Sumpfgebiet der Schwalm und des Mühlenbaches.
Auffallend ist, das die meisten Motten auf dem Territoriums des ehemaligen Herzogtums Jülich liegen.
Hier noch ein paar Links:
09.01.2024 - Dietmar Schmitz
Dä Berker Wenk-er
Im Berker Boten Nr.16/2002 stellte Georg Heinrichs einst die provokante Frage: "Ist Platt eine Sprache?" Vor 150 Jahren war sie auf jeden Fall die Alltagssprache in Wegberg. Bis in die 1960er Jahre hinein wurde sie zumindest in den Haushalten mit alteingesessenen Familien in den umliegenden Dörfern gesprochen.
Ein Sprachwissenschaftler aus Düsseldorf, Georg Wenker, schrieb um 1876 alle Volksschulen im Rheinland an und bat darum einen Bogen mit 42 Sätzen durch einen Lehrer oder Schüler bzw. durch einen Einheimischen, der den Dialekt sprach, die hochdeutschen Sätze zu übersetzen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Georg_Wenker
https://de.wikipedia.org/wiki/Georg_Wenker
Zirka 10 Jahre später dehnte er seine Befragung auf Westfalen und dann auf ganz Deutschland aus und in einem weiteren Schritt auf die angrenzenden deutschsprachigen Gebiete.
Heute beschäftigen sich drei Universitäten: Marburg, Bonn und Mainz und der Landschaftsverband Rheinland (LVR) mit diesen so genannten "Wenkerbögen".
Diese sind nun online gestellt und können durch Freiwillige transliteriert werden. Ein Hindernis hierbei ist die Schrift. Viele Bögen sind in der damals üblichen Kurrent-Schrift ausgefüllt worden.
Diese sind nun online gestellt und können durch Freiwillige transliteriert werden. Ein Hindernis hierbei ist die Schrift. Viele Bögen sind in der damals üblichen Kurrent-Schrift ausgefüllt worden.
Durch mein Hobby, die Familienforschung, habe ich mich in diese Schrift einlesen können und habe versucht die ersten Bögen aus dem Stadtgebiet in eine heute für alle lesbare Schrift zu übertragen.
Durch die beiden sprachwissenschaftlichen Vorträge beim Historischen Verein im vergangenen Halbjahr, durch Frau Krautwald und Frau Ostermann, kam der Gedanke auf, den Altkreis Erkelenz zu bearbeiten. Dafür wurde dann ein Projektname gesucht. Da kam mir dann ein Wortspiel in den Sinn, der mit einem alten Berker Spruch zu tun hatte; "der Berker Wenk" - da war dann schnell die Verbindung zum "Dä Berker Wenk-er" hergestellt.
Auf Grund der Überschneidungen mit anderen Gebieten wurde der Wunsch laut, die Abschriften auf den gesamten Kreis Heinsberg auszudehnen. Mittlerweile habe ich 175 Bögen mit über 7000 Sätzen abgeschrieben. Es fehlen nur noch wenige Schulen, für einige Dorfschulen liegen zwei Bögen vor (1876 und 1884).
Nach Abschluss des Projektes können diese wissenschaftlich ausgewertet werden. Auf unserer Homepage gibt es weitere Informationen dazu.
Hinweis: Die Zeichnung der Dorfschule in Beeckerheide fertigte mein ehemaliger Klassenlehrer Otto Müller. Nach Auflösung der Volksschulen im Jahre 1968, leitete er die erste Abschlussklasse der Gemeinschafts-Hauptschule Wegberg (Jahrgang 1968/69).
Wer den ersten Satz des Wenkerbogen von 1884 nicht versteht, hier die hochdeutsche Fassung: Im Winter fliegen die trockenen Blätter durch die Luft herum.
07.01.2024 - Dietmar Schmitz
Ein besonderes Schmuckstück - Die Bibliothek in der Wegberger Mühle
Wer kennt noch unser verstorbenes Ehrenmitglied Karl-August Ostendorf (1932-2011)? Der ausgebildete Archäologe war der Begründer der Bücherei des Vereins im BGZ an der Beecker Straße, die er seit 1994 betreute.
Das Bürgerzentrum (BGZ) war im inzwischen abgerissenen früheren Schulgebäude (zuerst evangelische Volksschule, dann Realschule, zuletzt Sonderschule) untergebracht.
Nach dem Ankauf der Ramachers-Mühle (in früheren Jahrhunderten Berker Muel genannt), heute Wegberger Mühle, durch die Stadt Wegberg wurde diese durch umfangreiche Sanierungs- und Umbaumaßnahmen zum Sitz verschiedener Vereine. So erhielt der Historische Verein im Jahre 2009 neue Räumlichkeiten, so auch über dem großen Veranstaltungsraum, die offene Empore mit der zur Bibliothek umfunktionierten Galerie.
Es wird immer kolportiert, dass es in Wegberg keine öffentliche Bücherei gäbe. Dabei wird außer Acht gelassen, dass es vier Pfarrbüchereien gibt: so in Beeck, Dalheim, Klinkum und Merbeck.
Bei der Vereinsbibliothek werden naturgemäß Sachbücher aufbewahrt, besonders interessant für Schüler der weiterführenden Schulen, die dort Facharbeiten erstellen müssen. Die Bücher mit dem Schwerpunkt Geschichte, Geografie, Archäologie , Familienforschung und Wappenkunde.
Ein Besuch lohnt sich allemal, es lassen sich auch Bücher (Dubletten) aus Nachlässen und Veröffentlichungen des Vereins erwerben.
Auf der Homepage des Vereins wird auch immer ein Buch des Monats vorgestellt.
05.01.2024 - Dietmar Schmitz
Wegberger Geschichte(n) - neu erzählt - heute die Bleiche an der Burg
Wesentlich bekannter ist vielen die große Bleiche am Geroweiher in Mönchengladbach. Ein Gemälde zeigt am Fuße des Abteiberges die alten Färberhäuser.
Eine Parallele dazu findet sich in Wegberg. Der Mühlenweiher im Stadtpark wird von Beeck- und Fußbach gespeist und ist von größeren Freiflächen umgeben. Wasser ist für die Textilindustrie besonders wichtig.
Als sich die westfälische Industriellen-Familie Billmann in Wegberg niederließ (1891), zunächst noch an der Tüschenbroicher Straße, nach der Errichtung der Leinenweberei an der Burgstraße, übernahm sie auch das Herrenhaus des Wegberger Hofes (heute Hotel Burg Wegberg).
Heinz Cohnen beschreibt im Heimatbuch der Stadt Wegberg (1983) die Anfänge der mechanischen Leinenweberei. Die Firma produzierte zunächst Haushaltswäsche. Sie nutzte die Rasenfläche, des Burggeländes Richtung Schwalm als Bleiche. Dieser Platz wurde auch als Kirmesplatz genutzt, heute ist dort der Parkplatz vor dem Forum, direkt neben der Wegberger Mühle.
Die Mühlen waren auch immer schon Zulieferer der Textilbetriebe. Sie verarbeiteten nämlich bestimmte Pflanzen: wie Krapp, Waid oder Wau (Färber-Resede - ein Gelbkraut), wobei die Wurzeln gemahlen und daraus nach einem Gärbprozess, Farbstoffe gewonnen wurden.
Nach 120 Jahren kann sich fast keiner mehr an das Aussehen der Bleiche erinnern. Hier half dann der Zufall weiter. Auf einer alten colorierten Postkarte ist das Areal des Burgeländes, mit dem stark veränderten ehemaligen Barockgarten hinter dem Herrenhaus und die Wiesenfläche mit den ausgebreiteten weißen Tüchern zu erkennen.
Die Abbildung zeigt einen Ausschnitt aus der Postkarte von 1902.
02.01.2024 - Dietmar Schmitz
Das RSN-Netzwerk
Pilze (Mykorrhiza) und Bäume bilden Netzwerke, warum nicht auch Heimatvereine?
So ganz neu ist die Idee allerdings nicht. Familienforscher (auch Genealogen genannt), Mundartexperten und Archäologen aus verschiedenen Vereinen haben auch schon vor 1990 gemeinsame Treffen veranstaltet.
Im Jahre 2001 wurde durch Professor Dieter Geuenich (Historiker) von der Gerhard-Mercator-Universität in Duisburg und dem Mitveranstalter der Niederrheinischen Akademie ein neuer Impuls gesetzt. Die Heimatvereine des Niederrheins wurden zu einem Kolloquium nach Wesel eingeladen. Hier wurde für eine stärkere Zusammenarbeit der Vereine untereinander geworben. Der Historische Verein Wegberg hat dadurch engere Kontakte mit den Heimatvereinen in Viersen und Erkelenz gepflegt. Auf örtlicher Ebene kam es zu regelmäßigen Treffen mit den Vereinen in Beeck und Harbeck.
In den Jahren 2007-2009 wurde das grenzüberschreitende Projekt Interreg-IV "MeinWeg" aufgelegt. Hier sollten in den beteiligten Städten und Gemeinden (Roermond, Roerdalen, Wassenberg und Wegberg) kulturhistorische Routen ausgearbeitet werden.
http://www.npr-meinweg.eu/Kulturgeschichte/Geschichte%20vor%20Ort/Geschichte_Wegberg.html
http://www.npr-meinweg.eu/Kulturgeschichte/Geschichte%20vor%20Ort/Geschichte_Wegberg.html
Das oben erwähnte RSN-Netzwerk steht für die Vereine und Gruppen im Gebiet des Rur-Schwalm-Niers Raumes. Moderator und Ansprechpartner ist Leo Gerigk aus Niederkrüchten, seit dem Jahre 2018. Inzwischen beteiligen sich 14 Verein daran. Von Geilenkirchen bis Tegelen, von Gangelt bis Odenkirchen. Bisher wurden für die Vorstände gemeinsame Gesprächsrunden, Vorträge und Führungen abgehalten.
Historischer Verein Wegberg e.V. - 2024 - Letzte Änderung: 01.03.2024