Historischer Verein Wegberg e.V.

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Panorama-Aufnahme Wegberg mit Burg Wegberg, Forum, Wegberger Mühle, Rathaus und Pfarrkirche St. Peter & Paul, Foto: Heinen

Unser Mitmach-Magazin für alle ortsgeschichtlich Interessierte

"Berker faceBlock"
Mit diesem in 2024 neuen Format wollen wir versuchen, zusätzlich zur Rubrik "Berker Notizen" weitere ortsgeschichtliche Beiträge aus unserer facebook-Gruppe zugänglich zu machen.
Für alle, die keinen Zugang zu Facebook haben, veröffentlichen wir hier die interessantesten Beiträge.
November 2024
12.11.2024 - Dietmar Schmitz, Wegberg-Klinkum
Krieg & Volkstrauertag
Der Historiker Karl Schlögel sagte dieser Tage in einem Interview: „Wir befinden uns in einer Vorkriegssituation!“
Sucht  man nun nach Parallelen, kann die Situation vor 110 Jahren herangezogen  werden. Konflikte die sich plötzlich zu gewaltsamen  Auseinandersetzungen ausweiten, treten nicht plötzlich auf. Das merken  wir ja schon in den eigenen Beziehungen, die nicht immer spannungsfrei  sind.
Vor  kurzem erhielt ich eine Serie von Feldpostkarten aus dem Ersten  Weltkrieg (1914-1918). Allgemein wird der Beginn dieses Krieges mit dem  Attentat auf das österreichische Thronfolger-Paar auf dem Balkan in  Verbindung gebracht. Dieser Vorfall brachte das angestaute (Pulver-)fass  zum überlaufen.
Geht man nur ein Jahr zurück, kann man schon erahnen was sich hier zusammenbraut.
Zu  Beginn des Jahres 1913 kam es zu einem Waffenstillstand im Balkankrieg,  abgeschlossen zwischen der Türkei und den Balkanstaaten. Tenor war,  dass sich die Türkei aus den europäischen Gebieten zurückziehen sollte.
In  Frankreich wird die Wehrdienstzeit von zwei auf drei Jahre erhöht. In  Deutschland werden die Häfen in Kiel und Wilhelmshaven zu U-Boot  Stützpunkten ausgebaut. Der amerikanische Kongress verabschiedet den  Flottenetat, für den Bau von Zerstörern, U-Booten und einem  Schlachtschiff.
Auf  den griechischen König Georg I. wird ein Attentat verübt. Das Deutsche  Heer wird um 100.000 Mann aufgestockt. Im Mai des Jahres wird endlich  der Friedensvertrag zwischen der Türkei und den Balkanstaaten in London  unterzeichnet. Beteiligte waren Serbien, Bulgarien, Griechenland und  Montenegro und Albanien, das autonom wird, um Mazedonien gab es noch  Streit, und die Türkei. Der Frieden hält aber nicht lange.
Großbritannien  beäugt misstrauische das von Deutschland seit 1899 vorangetriebene  Projekt dem Bau der Bagdad-Bahn. Eine Eisenbahnverbindung die von  Konstantinopel bis Bagdad gehen soll. Sie sehen Deutschland als  Konkurrenten zur Erschließung von Persien. Zusätzlich fürchten sie um  ihre Vormachtstellung als Seemacht. Auf den Werften der Großmächte sind  133 Schiffe im Bau. Die Rüstungsetats werden erhöht.
Der aufgeflammte Krieg in Bulgarien führte dazu, dass Serbien sein Territorium auf das Doppelte vergrößern konnte.
Deutschland,  Österreich-Ungarn und Italien schließen sich zum Dreibund zusammen. Ein  deutscher Prinz wird zum König von Albanien gewählt.
Im März 1914 erhöht Russland die Friedensstärke seiner Armee von 460.000 Mann auf 1,7 Millionen Soldaten.
In der bosnischen Hauptstadt Sarajewo schießt der Attentäter Garrilo Princip auf den Erbherzog Franz Ferdinand und seine Frau Herzogin von Hohenberg, es ist Juni 1914.
Durch den ruinösen Wettlauf der Waffenschmieden und der Bündnispolitik der verschiedenen Länder kam es zur Explosion in Europa. Keiner wollte dem Geschehen durch Besonnenheit und Diplomatie Einhalt gebieten. Zwar versucht England noch, dass Deutschland auf Österreich mäßigend einwirkt, da die gekrönten Häupter in den zahlreichen europäischen Ländern eng verwandt sind, aber so nach und nach machen alle Länder mobil. Das leidvolle Ende ist allen bekannt. Am 1. August 1914 bricht der Krieg aus, verbunden mit Leid, Elend, massenhaften Sterben auf den Schlachtfeldern und elementaren Einschränkungen in den Heimatländern. Die Höhe der Totenzahlen schwankt zwischen 15,5 und 18,5 Millionen Menschen, hinzu kommen die Verletzten und Verstümmelten, die noch Jahre und Jahrzehnte unter den Folgen litten.
Über all das schweigen die oben erwähnten Feldpostkarten. Ihnen sind nur allgemeine Angaben zu entnehmen. Allerdings liegen hier ausnahmsweise Karten von beiden Seiten vor, also dem Soldaten im Feld und vom Schreiber aus der Heimat. Stempel und Fotomotive auf den Karten geben hin und wider Auskunft über den ungefähren Einsatzort, genauere Angaben waren verboten. Der im Krieg befindliche Schreiber aus Klinkum hat den Einsatz fürs Vaterland in diesem Falle überlebt.
Für die Millionen Kriegstoten steht heute der Volkstrauertag als staatlicher Gedenktag im Kalender. In den meisten Ländern wird er am 11.November begangen. Da im Rheinland üblicherweise an diesem Tag die Karnevalssaison beginnt, hat man sich auf den zweiten Sonntag vor dem ersten Adventssonntag geeinigt, um den Verstorbenen zu gedenken.


Oktober 2024
29.10.2024 - Dietmar Schmitz, Wegberg-Klinkum
Hallo-ween oder hallo Feen?
Kling gut - ist aber ein krasser Gegensatz. Der importierte Brauch, den amerikanische Soldaten mitgebracht haben, der am Tag vor Allerheiligen begannen wird, hat sich verselbständigt. Wie das untenstehende Foto belegt geht der Trend zur Kommerzialisierung unaufhaltsam weiter. Gruselige Kostüme und Masken stehen hier im Vordergrund der Verkleidung.
Feen dagegen – übernatürliche Wesen, oft wird darunter eine schöne, magisch begabte Frau verstanden, vermitteln ein anderes Bild.
Das Wort taucht erstmals in der französischen Dichtung des 12. Jahrhunderts auf. Genau wie das Fest zu Halloween bezieht sich das Wort auf einen keltischen Ursprung, eine Fee war dort eine Sagenfigur. Unter dem Einfluss der italienischen Literatur entstanden die Feenmärchen. Diese wurden ab 1760 ins Deutsche übersetzt. Ein Beispiel dafür wäre Dornröschen, es steht in den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm in der 1. Auflage von 1812.
Vor dem Hintergrund des gruseligen Halloween-Ereignisses (mit Ghostface- oder Wolfs-Masken), mit denen die Maskierten an den Türen klingeln und ihren leicht einschüchternden Spruch aufsagen: Süßes, sonst gibt`s Saures (im Englischen: Trick-or-treating), schreckt so manchen ab!
Die Lokalredaktion einer überregionalen Zeitung kam auf die Idee mal nachzuspüren, was es hier im Westen der Republik - speziell in Wegberg, an Mystischen oder gruseligen Begebenheiten gab. Bei Stadtführungen wird ja gerne auf spannende Geschichten zurückgegriffen um nicht immer mit trockenen Zahlen aufzuwarten, die eh schnell vergessen werden. Viele der Geschichten entstammen dabei der mündlichen Volksüberlieferung.
Da ich hier nicht alle mehr detailliert aufführen möchte, verweise ich auf die beiden Links zu den Samstagsausgaben der letzten Wochen wo diese Begebenheiten in Kurzform vorgestellt werden.
https://rp-online.de/.../halloween-die-mystische-und... v. 19.10.2024
https://rp-online.de/.../wegberg-gruselige-geschichten...v. 26.10.2024
oder auf der Homepage des Vereins unter:
https://www.historischer-verein-wegberg.de/news-and-views...
Manche Geschichten beruhen aber auf schriftlichen Überlieferungen, so der Überfall auf den Wegberger Pastor während einer Prozession und dem über Jahrzehnte ausgeübten Brauch auf den Knochenmann, der mit Stroh umwickelt war, zu schießen. Das wurde noch bis zum Ende des 18. Jahrhunderts so praktiziert.
Fazit: Nicht alles sind Märchen die uns überliefert werden – Gruselfaktor inklusive.

19.10.2024 - Dietmar Schmitz, Wegberg-Klinkum
Was einer im Schilde führt? – Zwei Gemälde in Hohenbusch
Eine wichtige Frage die in der Ritterzeit, im Mittelalter zumindest, oft über Freund oder Feind entschied. Dazu gehörte ein gutes Auge.
Dies  braucht man auch im vorliegenden Fall. Ruth Mengede,  Unternehmensberaterin bei der Matrixs AG in Zürich, fand beim Entrümpeln  des elterlichen Hauses in der Schweiz zwei alte Portrait-Gemälde. Ihre  Großeltern stammten aus Erkelenz, deshalb wandte sie sich an die dortige  Stadtarchivarin. Diese stellte dann die Verbindung zum Vorsitzenden des  Fördervereins in Hohenbusch her.
Denn  auf den beiden Gemälden waren Geistliche in Ordenstracht abgebildet.  Nach der Besichtigung durch Frank Körfer, dem neuen Vorsitzenden, wurden  die Gemälde den Kreuzherren Lothar Schorn, aus dem Kloster Wickrath  später Pastor und erster Prior des Kreuzherren-Klosters in Wegberg (er  stammte aus Düsseldorf und verstarb 1690), und einem Ordensgeistlichen  Sybenius zugeschrieben. Auf der Rückseite dieses Bildes steht der  Hinweis, Prälat (Abt) Sybenius aus Gladbach.
Hier  hilft eindeutig die Ahnenforschung weiter und ein zweiter Blick. Der  große Unterschied bei den Ordenstrachten ist, dass bei dem Gemälde das  mit 1655 datiert ist, ein Geistlicher im Ornat der Kreuzherren  abgebildet ist. Sein Alter wird hier mit 55 Jahren angegeben (aetatis  suae 55 – seines Alters). Demnach wäre die Person um 1600 geboren. Durch  das weiß-rote Kreuz des Ordens ist seine Zuordnung erleichtert. Auf  beiden Gemälden ist zusätzlich das Wappen der Familie Sybenius  aufgemalt, also dürfte es sich in beiden Fällen um Mitglieder dieser  Sippe handeln. Damit ist die Identifizierung und Zuschreibung für Lothar  Schorn eindeutig falsch. In Wirklichkeit ist es sein Vorgänger in  Wegberg, der Kreuzherr und Pfarrer Paulus Sybenius, der 1599 in Dahlen  (heute Rheindahlen) geboren wurde und am 10. Dezember 1659 in Wegberg  verstarb.
Sein  Bruder Peter Sybenius (Syben), war Abt der Benediktiner-Abtei St. Vitus  und Erbgrundherr in Gladbach (heute Mönchengladbach).  Zunächst war er  Pfarrer in Dülken und im Jahre 1635 zum 35. Abt der Abtei gewählt  worden, da war er 39 Jahre alt. Er starb wenige Monate vor seinem Bruder  im Oktober 1659. Was auf seinem Gemälde nicht passt ist die Jahreszahl  1665. Das Alter des Mannes mit dem wallenden Haar wird mit 37 Jahren  angegeben. Das Ordensgewand von ihm ist wesentlich anders  (wahrscheinlich Gewand der Benediktiner) und es ist auch kein Kreuz des  Kreuzherren-Ordens abgebildet. Da von Petrus Sibenius, so die  lateinische Schreibweise des gebürtigen Rheindahleners, ein weiteres  Gemälde existiert, aus der Spätzeit seiner Tätigkeit, ist eine gewisse  Ähnlichkeit sichtbar. Sein Haar ist da schon recht schütter und er trägt  einen Spitzbart. Vermutlich ist das Gemälde, das nun in Hohenbusch zu  bewundern ist, nach einer Vorlage vor der Abtwahl entstanden.
Das  Familienwappen zeigt auf silbernem Schild ein rotes Schragenkreuz  belegt mit einem roten Pfeil. Am Münsterplatz in Mönchengladbach ist am  Gasthaus St. Vith, unterhalb der Figur des Schutzpatrons der Stadt, das  Wappen Sybenius noch zu sehen. Auch gibt es verschiedene Siegelabdrücke  davon. Auf der Memorialtafel für den Abt ist unterhalb des Wappens ein  Tierkopf (Katze oder Luchs) zuerkennen wie auf dem Wappen bei Paul  Sybenius.

11.10.2024 - Dietmar Schmitz, Wegberg-Klinkum
Ein seltenes Motiv – die Mosaikplatten in Rath
Im  März 2024 fand in Rath-Anhoven die Wiedereröffnung der Kirche St. Rochus statt. Grund waren die vorhergehenden umfassenden Sanierungsarbeiten. Es war aber nicht die erste Renovierung bzw. Sanierung der Kirche. Als in den 1980er Jahren der Altarraum überarbeitet wurde, entfernte man dort auch den aufgeklebten Teppichboden. Zur Überraschung aller wurden dadurch zwei Fliesenmosaike  sichtbar, die bis dahin unbekannt waren.

Die  Rather Kirche wurde im Jahre 1830 auf dem Eichenkamp errichtet. Das Grundstück wurde von einem Erkelenzer gestiftet. Johann Joseph Esser  wurde allerdings 1785 in Rath geboren, sein Grabkreuz befindet sich  heute noch gut sichtbar an der St. Lambertus-Kirche in Erkelenz. (https://www.virtuelles-museum.com/.../das-grabkreuz-an.../)
Das Tragische an der Geschichte war, er hatte den Vertrag per Handschlag gemacht, als er am Tag danach an einem Lungenschlag verstarb, es war der 14.Dezember 1826, war noch keine Übertragung schriftlich fixiert. Seine Witwe Maria Helena Kemmerling bestätigte die Stiftung notariell am  1.5.1828. Sie setzte dann beim Bau den zweiten Grundstein. Der Turm an der Kirche wurde erst 1833 angebaut.
Wann der Fußboden mit den beiden Fliesentableaus versehen wurde, war nicht  genau zu klären. Die Fliesen der Firma Villeroy & Boch zeigen verschiedene Motiven, einmal den Hl. Georg im Kampf mit dem Drachen auf  der anderen Seite Engel bei der Schlüsselübergabe. Nach den Recherchen  von Hermann-Josef Heinen kristallisierte sich heraus, dass diese Darstellungen erst 1886 im Musterbuch der Firma aus Mettlach im  Saarland veröffentlicht wurden. Beide Fliesentableaus sind mit einer Umschrift versehen. Das Bildmotiv besteht aus 16 Fliesen, genauso die Fliesen mit Text. Im Musterbuch stehen die Motive mit der Nummer 516 und  516 nebeneinander. Der Preis für eine Platte betrug 32 Mark. Der Entwurf stammt von Philipp Baum (1849-1886), der sie zuerst für die Liebfrauenkirche in Dortmund schuf (sie wurde von 1881-1893 erbaut). Der Text ist in Latein, hier mit der Auflösung der Inschrift und die entsprechende Übersetzung:
a) GEORGIUS.FIDE/LMS.MILES.XRI.O/FELIX.ET.INCLITUS.DNI. PROELIATOR
Georgius fidelissimus miles Christi O felix et inclitus Domini proeliator.
Georgius, treuester Soldat Christi, oh glücklicher und berühmter Kämpfer des Herrn.
b) CLAVES.REGNI.COELORUM.TRADIDI.TIBI.MATH.C.XVI.V.XIX
Claves regni coelorum tradidi tibi.
Ich  habe dir die Schlüssel des Himmelreichs übergeben. (Math. Capitel XVI  Vers XIX). Dieser Vers steht in Matthäus 16,19, wo Jesus zu Petrus  spricht.
Matthäus 16:19 ist der neunzehnte Vers im sechzehnten Kapitel  des Matthäusevangeliums im Neuen Testament der christlichen Bibel. Es  zeichnet die Worte auf, die Jesus zu Simon Petrus gesprochen hat.  Aufgrund dieser Passage wird der heilige Petrus oft als der Torwächter  des Himmels bezeichnet.
Dieses Fliesentableau wurde für Papst Leo XIII. geschaffen, er war von 1878  bis 1903 Papst. Deshalb ist auf dem Tableau eine Tiara zu sehen, dazu kommen zwei Engel mit dem Wappenschild.
Auf dem anderen Tableau sehen wir den Heiligen Georg, als Ritter mit Lanze und Schwert. Georg ist einer der vierzehn Nothelfer, sein Gedenktag ist der 23. April. Er gilt als Helfer bei Kriegsgefahr, bei Fieber und der Pest, weiterhin gegen die Verführung und für gutes Wetter, sowie als  Beschützer der Haustiere. Sein Symbol ist das rote Georgs-Kreuz, als weiteres Erkennungszeichen der getötete Drachen. Der Heilige Georg wurde der Legende nach unter dem römischen Kaiser Diokletian, der von 284-305 regierte, als römischer Offizier zu Beginn des 4. Jahrhunderts  enthauptet und so zum Märtyrer. Georg soll das Land von einem tyrannischen Drachen befreit haben!
Soweit  bekannt ist, sind die Fliesen in dieser Kombination, neben Rath-Anhoven  und Dortmund (bis 2009 Pfarrkirche, nun ein Kolumbarium) noch in der  Rheder Pfarrkirche St. Gudula (neue Kirche von 1898-1901 erbaut) und in  der St. Anna-Kapelle in Haltern am See (seit 1674 Wallfahrtskapelle) zu  sehen. Zusätzlich in den Niederlanden in den Kirchen:  Kreuzerhöhung-Basilika von Raalte, der St. Michael Kirche in Schalkwijk,  St. Antonius von Padua in Kortenhoef und St. Petrus und Paulus in  Hengevelde.

04.10.2024 - Dietmar Schmitz, Wegberg-Klinkum
Viktor Nono – seine Skulpturengruppe im Wegberger Stadtpark
Manchmal  bedarf es eines besonderen Anstoßes um das Besondere zusehen. Auslöser  dafür war die Nachricht, dass die Galerie Klaus Noack in Wassenberg  schließt. Der 82jährige Galerist lebt seit 2010 in Dalheim. Dort hat er  auch etliche Jahre im Dalheimer Klosterhof als Galerist ausgestellt. In  der Kunstszene hat er sich einen guten Ruf erworben, so hat er nicht nur  Wegberger Künstler/innen wie Gisela Stotzka  oder Mia M. (Annett Malzer), sondern auch international bekannte  Künstler wie Viktor Nono zu Gast, die hier ihre Werke präsentieren.  Viktor Nono aus Neuss stellte bei Klaus Noack seine Skulptur mit den  Baumstämmen vor, die der Galerist Noack dann 2016 der Stadt Wegberg  schenkte.
In  Wegberg war vor Jahren die Idee geboren, wie in einigen anderen Städten  auch, einen Skulpturenpark zu entwickeln. Weit ist man damit allerdings  nicht gekommen. Im Stadtpark finden sich heute nach genauem Hinsehen  nur noch drei Objekte, ein weiteres wurde vor zirka zwei Jahren  entfernt. Nimmt man die Werke von Loni Kreuder am Rathausplatz und in  der Fußgängerzone hinzu, sind es fünf.
Dabei  ließe sich mit etwas gutem Willen und etwas Fantasie der Bereich über  das Burggelände hinaus bis zum Alten Friedhof erweitern. Auf dem  Grünstreifen zum Bahnhof hin steht ein weiteres Objekt. Der alte  Friedhof steht unter Denkmalschutz. Was wenig bekannt ist, hier stehen  zwei Werke bekannter Bildhauer, als Grabdenkmale. Einer von ihnen ist  Alexander Iven aus Wegberg. Wie überall, besteht die Gefahr des  Vandalismus und die Zerstörung von Kunstwerken. Wo ist eigentlich die  Skulptur, die früher vor dem BGZ stand, hingekommen?
Kommen  wir zur Arbeit von Viktor Nono. Der promovierte Philosoph betätigt sich  vielseitig. Neben der Bildhauerei, wo er mit verschiedenen Materialen  aus Stein, Holz oder Metall arbeitet, nehmen seine Objekte durch  Hinzufügen oder Entfernen (siehe die Baumstämme im Park) neue Formen an.  Einerseits stehen sie im Kontrast zu den normalen Bäumen im Stadtpark,  andererseits heben die spiralförmigen Körper den Wuchs des bearbeiteten  Holzes hervor und korrespondieren so mit dem Altbestand. Ein weiteres  Betätigungsfeld von Viktor Nono, der in Neuss-Buschhausen auf einem  alten Bauernhof lebt, ist die Malerei. Auch als Schriftsteller tritt er  literarisch in Erscheinung. Seine philosophischen Arbeiten loten die  Grenzen von Lebensentwürfen und Lebensdarstellungen aus. Eine Monografie  beschäftigt sich mit dem Thema Bilder zur Musik. Er strebt hier eine  Verbindung zwischen Kunst und Literatur an.

September 2024
27.09..2024 - Dietmar Schmitz, Wegberg-Klinkum
Virus im Reetdach?!
Im ersten Moment erinnerte mich das an das Corona-Virus von 2019.
Ein  stolzer Hausbesitzer hatte sich im Zentrum von Wegberg ein neues Haus  gebaut. Sein sehnlichster Wunsch war ein Reetdach, das im Sommer kühlt  und im Winter wärmt.
Im  Allgemeinen geht man davon aus, dass solch ein Dach eine Lebensdauer  zwischen 40 und 60 Jahren hat. Vorausgesetzt es wird gepflegt, das heißt,  alle zwei Jahre sollte man es von Moos, Algen und sonstigen Rückständen  abrecheln und säubern. Wichtig ist auch immer eine gute Trocknung des  Schilfes um Schimmel vorzubeugen.
Wer  nun öfter entlang der Schwalm im Zentrum von Wegberg wanderte, konnte  im vergangenen Halbjahr feststellen, dass am Haus in Potz die  Reetdachdecker aus den Niederlanden ein neues Dach eindeckten, nach  nicht einmal 20 Jahren. Der Hausbesitzer erklärte auf Nachfrage den  Grund dafür.
Das  Reet des Daches kam damals aus Ungarn, weil z.B. in Deutschland  speziell in Friesland und Brandenburg, aber auch in den Niederlanden  nicht mehr genügend Material geerntet werden kann. Neben Ungarn käme in  Europa noch Rumänien in Frage. Doch überall besteht inzwischen die  Gefahr durch das Einbringen eines Virus, dass das Schilf im Laufe der  Jahre zerbröselt. Natürlich meist nach Ablauf der Garantiezeit von 10  Jahren, so dass der Lieferant keine Haftung mehr übernimmt.
Nach  den bisherigen Erkenntnissen ist das bei Reet aus China, dass  inzwischen containerweise in drei verschiedene Längen nach Deutschland  geliefert wird anders. Dort wird das Reet unter anderen klimatischen  Bedingungen geschnitten. Es wird im Winter, wenn die Seen zugefroren sind,  geerntet und fällt somit nicht ins Wasser, wodurch eine Infizierung mit  belastetem Wasser entfällt.
Für  verschiedene Hausbesitzer in Wegberg, Harbeck-Venn und Schwaam war die  Dachneueindeckung ein teures Vergnügen. So waren zum Beispiel in Wegberg  450 m² neu einzudecken. Da die Dachdecker nur bei trockener Witterung  und mit trockenem Material arbeiten können, waren sie über Monate  beschäftigt.
Bis jetzt konnte noch nicht endgültig geklärt werden, um welchen Virus es sich dabei handelt.

17.09..2024 - Dietmar Schmitz, Wegberg-Klinkum
Eine Mobilmachungsliste von 1855
Die Mobilmachung wird veranlasst wenn ein Krieg bevorsteht, damit werden die Soldaten in Bereitschaft versetzt.
In  einem Verzeichnis von 1855 für den Kreis Erkelenz sind 91 Reservisten  aufgelistet. In der Bekanntmachung des Bataillons-Kommandeurs A.C. von  der Oelsnitz für den Bezirk der 6. Kompanie des 25. Landwehrregiments  sind insgesamt 19 Wehrmänner aus dem Wegberger Stadtgebiet aufgeführt.  Wegberg gehörte damals zum Königreich von Preußen. Preußen zählte  inzwischen zu den Großmächten.
Seit  den Feldzügen von Napoleon Bonaparte waren seit 40 Jahren keine  deutschen Soldaten mehr an Kriegshandlungen beteiligt. Seit 1853 gab es  aber wieder Krieg in Europa. Die Westalliierten, gemeint sind hier die  Armeen von Frankreich, Großbritannien und dem Königreich  Sardinien-Piemont (als Vorläuferstaat von Italien), und das Osmanische  Reich stemmten sich gemeinsam gegen die Expansionspolitik Russlands.  Auslöser war hier, wie so oft, religiöse Streitigkeiten. Das Osmanische  Reich hatte die Heiligen Stätten in Palästina unter seiner Kontrolle.  Die orthodoxen Russen wollten das Protektorat über Palästina übernehmen.  Daraus entwickelte sich der Krimkrieg (Zehnter Russisch-Türkischer  Krieg), der sich bis 1856 hinzog und erst mit dem Pariser Frieden  beendet wurde. Der preußische König, ein Schwager des Zaren, vermochte  die Neutralität Preußens zu sichern. Die benachbarte Großmacht  Österreich besetzte die Länder entlang der Donau bis zum Donaudelta,  griff aber in die Kampfhandlungen nicht ein.
Die  Festung Sewastopol auf der Halbinsel Krim war hart umkämpft. Auf beiden  Seiten starben viele Soldaten, aber der größte Teil nicht bei den  Schlachten, sondern die meisten wegen der hygienischen Mängel und den  katastrophalen Bedingungen bei der Unterbringung in den Lagern.  Krankheiten wie Cholera, Typhus oder Ruhr waren die Hauptursache für das  Sterben, weniger die Verwundungen der Soldaten. Die englische  Krankenschwester Florence Nightingale (1820-1910), die in Deutschland  (Preußen) ausgebildet wurde, entwickelte durch ihre Arbeit und der  Dokumentation der Erkrankungen die moderne westliche Krankenpflege und  ist als Reformerin des Sanitätswesens in die Geschichte eingegangen.
Hier nun die Liste der Wegberger Wehrmänner, die vorerst nicht in den Krieg mussten:
1) Johann Sassen aus Wegberg-Bissen
2) Peter Wilhelm Peters aus Rickelrath (Musketier)
3) Peter Johann Broocker aus Tüschenbroich
4) Johann Heinrich Körfer aus Klinkum
5) Johann Joseph Kaufen aus Wegberg
6) Peter Johann Hermanns aus Tüschenbroich
7) Wilhelm Ludwig Imkamp aus Beeck
8) Johann Hermann Krotz aus Holtum
9) Georg Gustav Philippen aus Beeck
10) Rudolph Inderfurth aus Beeck
11) Heinrich Wilhelm Gört aus Moorshoven (Kanonier)
12) Hermann Joseph Vasters aus Beeck (Kanonier)
13) Peter Anton Dahmen aus Beecker-Bissen
14) Godfried Hasen aus Holtum
15) Peter Michael Prenten aus Moorshoven
16)  Servaz Ditges aus Ellinghoven
17) Peter Anton Steinwartz aus Rath
18) Arnold Heinrich Quasten aus Flassenberg
19) Johann Heinrich Heinen aus Tetelrath
Zwei  Monate später fand eine Kontrollversammlung statt. Die Beecker,  Gerderather und Schwanenberger Reservisten mussten sich auf der  Grambuscher Heide einfinden. Die Wegberger Wehrmänner auf dem  Nesselroder Gute (Burg Wegberg).
Nicht  lange danach brach der Krieg zwischen Preußen und Dänemark (1864),  Preußen und Österreich (Deutscher Krieg 1866), Preußen und Frankreich  (1870/71) aus.
Im Bild Florence Nightingale und das Schwarze Meer mit der Halbinsel Krim


09.09.2024 - Dietmar Schmitz, Wegberg-Klinkum
Hast du gehört – oder schon gesehen?
Kindermühlentag,  Tag des offenen Denkmals und Eröffnung des Archivs des Rheinischen  Mühlenverbandes. Da durfte hoher Besuch aus der Landeshauptstadt  Düsseldorf nicht fehlen. Ganz stilvoll mit Chauffeur und grauem Mercedes  fuhr die zuständige Ministerin für Heimat, Kommunales, Bauen und  Digitalisierung in NRW, Ina Scharrenbach vor. Die Sonne strahlte über  der Schrofmühle in der Mühlenstadt Wegberg. Das Empfangskomitee, an der  Spitze der Vorsitzende des Rheinischen Mühlenverbandes (RVM) und seit  Neuestem Präsident der Deutschen Gesellschaft für Mühlenkunde und  Mühlenerhaltung (DGM) Reinhold Pillich, ehemaliger Bürgermeister von  Wegberg und Dr. Ferdinand Schmitz als Hausherr und Geschäftsführer des  Rheinischen Mühlenverbandes, standen bereit.
Zur  Feierstunde an diesem Tag war viel Prominenz anwesend, einige wurden  jedoch vermisst. Heute ging es um ein Projekt, das zu 90 % vom Land  gefördert wurde, den Rest musste der Verband selbst aufbringen. Das  gelang mit Hilfe einiger großzügiger Sponsoren.
Die Ministerin betonte in ihrer Rede, dass es Sinn mache in der vollfunktionstüchtigen Mühle, im Zusammenspiel mit dem Mühlenmuseum und dem Mühlentrakt nun auf dem ehemaligen Kornspeicher die Geschäftsstelle des Verbandes und das Archiv an dieser Stelle der Mühlenstadt zu konzentrieren. Das Archiv kann von jedermann nach Rücksprache mit der Familie Schmitz benutzt werden.
Reinhold Pillich und Ferdinand Schmitz ließen in ihren Dankesworten die zweieinhalbjährige Bauphase und die vielfältige Mithilfe von Ehrenamtlichen innerhalb und außerhalb des Vereins in Wort und Bild Revue passieren. Nach den Festreden konnte jeder die neuen Räumlichkeiten besichtigen und sich ins Gästebuch eintragen. Wer wollte konnte sich an Getränken und Häppchen bedienen oder ein Gespräch mit der Ministerin und anderen Gästen führen.
Draußen im Innenhof des Mühlegeländes fand indes der fünfte Kindermühlentag statt, so waren dort fünf Stationen aufgebaut die angelaufen werden mussten um dort einen Stempel zu bekommen. Unterstützt wurden die Kids vom gesamten Team des Fördervereins Schrofmühle (hauptsächlich Familienmitglieder der Eigentümer). Zum Abschluss gab es dann das Hilfsmüller-Diplom und eine Demonstration im Mühlentrakt wie aus dem Korn Mehl wird und aus dem Flachs- oder Rapssamen Öl gepresst wird.
Auf dem untenstehenden rechten Foto: der Bundestagsabgeordnete Wilfried Oellers, Ministerin Ina Scharrenbach, Ferdinand Schmitz und Reinhold Pillich.

August 2024
27.08.2024 - Dietmar Schmitz, Wegberg-Klinkum
Eine Humoreske aus Wegberg
Carl  Zuckmayer schrieb 1931 das Drama der Hauptmann von Köpenick, das dann  als Theaterstück aufgeführt wurde. Die Geschichte geht auf eine  Begebenheit im Oktober des Jahres 1906 zurück. Damals hatte sich der  Schuhmacher Friedrich Wilhelm Voigt eine Offiziersuniform angezogen und  mit einem Trupp Soldaten die Stadtkasse von Köpenick beraubt.  Ursprünglich wollte er sich nur einen Pass besorgen.
In  Wegberg gab es im selben Jahr einen Nachahmer. Im November kam ein  Auswärtiger in Offiziersuniform nach Wegberg. In Gesellschaft mit einem  Einheimischen suchte er verschiedene Wirtschaften auf. Einige Zeit  später versuchte der Mann den Einheimischen anzupumpen und seine  Reisekasse aufzufüllen, denn er wollte über die Grenze nach Holland.  Sein neuer Bekannter nahm den Offizier mit in seine Wohnung. Dort nahm  er eine Einladung zu Stärkung an, eine kräftige Nahrung wurde ihm  vorgesetzt. Beim Weggange ließ er – merkwürdig für einen Offizier –  seinen Säbel zurück. Alsdann wollte er zur Grenze, sein neuer „Freund“  sollte ihn ein Stück weit begleiten, zumindest bis Klinkum. Als der  Wegberger umkehren wollte und ihm Lebewohl sagte, fiel dem Offizier das  weitergehen schwer er wollte nicht alleine weiterziehen und kam wieder  zurück. Das ganze Gebaren kam dem Wegberger befremdlich vor und machte  die Polizei auf den Mann aufmerksam. Der Uniformierte verschwand dann  unvermittelt. Bis nach Dalheim kam er, wo er schließlich von einem  Gendarmen verhaftet wurde. So überführte man ihn zum Bezirkskommando  nach Rheydt. Die weiteren Ermittlungen ergaben, dass der falsche  Hauptmann aus Bonn stammte. Er war Unteroffizier im Husarenregiment  Nr.7. Von Rheydt aus wurde er deshalb nach Bonn zu seinem Regiment  gebracht. Was aus ihm geworden ist, ist nicht überliefert. Sein  Gastspiel in Wegberg sorgte jedenfalls für Aufsehen in der Presse.
Und  was wurde aus dem echten „Hauptmann von Köpenick“? Der aus Ostpreußen  stammende Hochstapler und Kleinkriminelle Voigt trat im Zirkus Barlay  und in Varietés auf, und brachte seine Geschichte als Buch heraus, so  kam er zu Geld. Schließlich lässt er sich in Luxemburg nieder wo er ein  kleinbürgerliches Leben führte. Durch die galoppierende Inflation starb  er dort 1922 wieder verarmt.
Hier die Verfilmung mit Heinz Rühmann aus dem Jahre 1956:
Unten: Eine Postkarte mit dem Vorgang in Köpenick – ein Leutnant zu Pferd und einem Säbel des Husarenregiments in Bonn.



20.08.2024 - Dietmar Schmitz, Wegberg-Klinkum
Eine Wallfahrt zur Hl. Apollonia in Rickelrath
Im  Buch zur Geschichte der Wallfahrten im Bistum Aachen von 1986 sind für  Wegberg drei Wallfahrtsstätten aufgeführt. So eine in Arsbeck, Holtum und Rickelrath.
Die älteste und wohl auch bekannteste ist die „Zur Schmerzhaften Mutter Gottes und der Königin des Friedens“ in Holtum. Der Grundstein zur ersten Kapelle dort wurde 1644 gelegt. Wann genau die Wallfahrt dort begann ist nicht überliefert, lag aber vor 1691.
Auf  dem „Alde Berg“ in Arbeck stand früher auch eine Kapelle, inzwischen durch ein Kreuz ersetzt. Angeblich handelte es sich hier um eine heidnische Kultstätte.
Eine Kapelle, die auch einer Wallfahrt diente, bzw. Pilger anzog, war die Ulrichskapelle im Tüschenbroicher Wald. Auch um sie rankt sich die Sage vom Messerturm. Sie ist im Buch nicht aufgeführt.
Kommen wir zur oben genannten Pilgerstätte in Rickelrath, die noch vorige Woche zum Fest  „Maria Himmelfahrt“ von Pilgern, die aus Richtung Waldniel kommend, aufgesucht wurde. Matthias Poorten, Vikar in Oberkrüchten, ließ bereits 1683 hier eine Kapelle erbauen, die stark angelehnt war an die Kapelle Klein-Jerusalem in Neersen (die 1660 erbaut wurde). Hier wurden die heiligen Stätten in Palästina nachgebaut, wie die Geburtsgrotte in  Bethlehem, das Grab Jesus Christi in Jerusalem und der  Auferstehungsstätte in Gethsemane. Etwa 30 Jahre bestand diese Wallfahrtsstätte. Nach dem Dreißigjährigen Krieg zog es die Menschen in die Kirche. Hunderte von Pilgern strömten nach Rickelrath und Holtum. In Rickelrath kamen sie meist zum Fest der Hl. Apollonia am 9. Februar oder auch am darauffolgenden Sonntag zur Oktav. Aus Klein-Jerusalem wurde in Rickelrath das Haus Loreto. Auch in Holtum entstand eine Loreto-Kapelle. Zu Ehren „Unserer Lieben Frau von Loreto“ (in Italien).  Dabei soll es sich um das Haus Mariens in Nazareth handeln.
Die Reliquie kam um 1750 nach Rickelrath, das Reliquiar wurde im 2. Weltkrieg gestohlen und auch Reliquien von der Hl. Barbara und Matthias. Seitdem findet keine Oktav mehr statt. Das ganze Jahr über kamen  Einzelpilger zu Fuß.
Eine ein Meter große Gipsfigur der Hl. Apollonia wurde erst 2003  wieder aufgefunden. Die Heilige wird bei Zahnschmerzen angerufen und ist Patronin der Zahnärzte. Als Attribut hat die Heilige eine Zange. Mütter opferten früher entsprechend der Anzahl von menschlichen Zähnen 32 Pfennige, damit ihre Kinder gesunde Zähne bekamen (bis ca. 1950).  Pfarrer Rüther (1957-1973) ließ vom Mütterverein eine Fahne sticken, eine Frau aus Balkhoven stand dafür Modell.
Wenn viele Menschen ins Dorf kamen, war mit einem Markt bzw. einer Kirmes immer auch eine willkommene Einnahmequelle für die Dorfbewohner gegeben (bis in die 1930er Jahre, das Foto und ist aus dieser Zeit, ganz rechts das helle Haus ist die Wirtschaft Zohren).


09.08.2024 - Dietmar Schmitz
Der Liplaken-See
Manche  werden sich jetzt verwundert die Augen reiben, Liplaken-See noch nie gehört. Ehrlich gesagt ich auch nicht. Wo soll der denn gewesen, wird sich der ein oder andere Fragen? Aber es gab ihn wirklich, ist aber schon 100 Jahre her.
Den Merbeckern, Venner und Tetelrather Einwohnern sind zumindest einige Gräben unter dem Namen Liplaken geläufig. Damit ist auch schon die ungefähre Lage des ehemaligen Sees abgegrenzt. Wie eine mir schon seit Jahren vorliegende Karte belegt, lag dieser ominöse See hinter der Jennekes (Gennekes-) Mühle und erstreckte sich bis Blonderath kurz vor der Lüttelforster Mühle.

Um die damalige Jahrhundertwende machte man sich Gedanken, wie neue Ackerflächen gewonnen werden konnten. Dabei geriet die Schwalmniederung ins Visier. Um 1910 lag ein erster Plan vor, der große Flächen des  Schwalmtales trockenlegen sollte, das Melorationsgebiet umfasste dabei 1144 Hektar an Ländereien. Die Anrainer und Eigentümer der Parzellen wurden in einer Melorationsgesellschaft zusammengeschlossen. Die ersten Melorationsarbeiten zur Begradigung der Schwalm und der Trockenlegung der angrenzenden Flächen begannen um 1920. Bis 1926 war der Unterlauf  der Schwalm von Brüggen bis zur niederländischen Grenze. Inzwischen regte sich massiver Widerstand gegen diese Regulierungsarbeiten. Insbesondere die Naturschützer rief das auf den Plan, ist also keine Erfindung der heutigen Generation sondern das gab es damals auch schon. Denn es machten sich schon die ersten nachteiligen Folgen dieser Maßnahme bemerkbar. Zudem wurde es für die betroffenen Landeigentümer wesentlich teurer, als im Vorfeld versprochen, auch das kennen wir. Durch die Entwässerung sank an manchen Seen der Wasserspiegel um mehr als 40 Zentimeter. z.B. am Borner Seee und die Böden sackten ab. Aber die Regierung beharrte auf der Fortführung dieser Maßnahme und richtete nun Arbeitsdienstlager ein, zunächst mit Freiwilligen, später als Dienstverpflichtung. Bis Lüttelforst sollten die Arbeiten vorangetrieben werden, dort befand sich auch ein Lager. Bis zu 250 Arbeiter wurden nun beschäftigt, das Resultat war, dass drei Schwalm-Seen austrockneten und verschwunden sind, darunter der oben genannte Liplaken-See.
Er fiel um 1934 einem „Kuhhandel“ zum Opfer. Der damalige Kreis Erkelenz wollte am Südrand des Elmpter Bruches die heute noch erhaltene Wacholder Heide, als erstes Naturdenkmal ausweisen, die Naturschützer wollten verhindern, dass das Elmpter Bruch trockengelegt wurde, im Tausch dafür musste das Gebiet zwischen der Lüttelforster Mühle und dem Schürensteg  (Straße von Merbeck nach Lüttelforst) herhalten. Seit der kommunalen Neugliederung von 1972 gehört dieser Bereich zum Stadtgebiet von Wegberg. Das Sumpfgebiet mit dem verlandeten See und der Jennikes-Mühle wurde von der Schwalm abgetrennt, diese bildet aber die Grenze zur Nachbargemeinde Schwalmtal. Was den wenigsten bewusst ist, dass die Stadt Wegberg dadurch auf ihrem Gebiet nun eine weitere Mühle „geerbt“ hat! Liplaken-Graben und Kuhbach münden hinter der Lüttelforster Mühle  in die Schwalm. Das „Deutsche Eck“, das sich hier gebildet hat, war jahrelang das „erste Wellenbad“ für Kinder an der aufgestauten Schwalm (1953). Die erste offizielle Badeanstalt befand sich übrigens seit 1901 an der Pannenmühle.
> Weitere Fotos:

Bruchgebiet Liplaken

Liplaken Graben

Gennekes Mühle, um 1925, vor der Schwalmregulierung

02.08.2024 - Dietmar Schmitz
Ein Sammler mit großer Leidenschaft – Manfred Langela
Unser verstorbenes Vereinsmitglied Manfred Langela hat sich immer sehr für Geschichte  interessiert. Besonders historische Postkarten hatten es ihm angetan. Dafür besuchte er öfter Trödelmärkte oder Sammlerbörsen. Dort kaufte er manchmal ganze Sammlungen auf, was öfter günstiger war als einzelne Stücke. Ein Nebeneffekt war auch, dass er viele Dokumente erwarb, die nicht immer Bezug zu Wegberg hatten. Im Laufe der Jahrzehnte trug er über 400 unterschiedliche Ansichtskarten aus dem Wegberger Stadtgebiet zusammen. Um diese einer breiteren Öffentlichkeit vorzustellen, präsentierte er eine Auswahl von 50 vergrößerten Karten 1998 in der Kreissparkasse Wegberg.
Manfred  war ein Vereinsmensch und aktiv in mehreren Vorständen, so in der DLRG, den Ver­einigten Vorständen und in der Karnevalsgesellschaft Flöck Op.  Bei uns war er seit 2001 stellvertretender Schriftführer bis zu seinem Tode im April 2005. Im Jahre 2002 durfte ich zusammen mit ihm den  Bundestagsabgeordneten Prof. Christoph Zöpel, von 1999 bis 2002 Staatsminister des Auswärtigen Amtes, durch Wegberg führen. Dazu erstellten wir das Heft „Unterwegs in Wegberg“ Nr. 7. Auch im Berker Boten, der Schriftenreihe des Vereins, hat er mehrere Artikel veröffentlicht.
Im Sommer vor jetzt 20 Jahren teilte er uns die folgenschwere Diagnose der Uniklinik mit, dass er nur noch ein halbes Jahr zu Leben hätte. Dieser offene Umgang mit seiner Erkrankung erleichterte uns allen die Zusammenarbeit und die wenige Zeit mit dieser Situation umzugehen. Er kümmerte sich im Verein um unser Bildarchiv, baute eine Postkartensammlung auf und organisierte unsere regelmäßige jährliche  Bücherbörse. Mit knapp 65 Jahren verstarb der aus Rheydt-Odenkirchen stammende Familienvater, er hinterließ seine Frau, eine Tochter und zwei Enkelkinder.
Vielen Wegbergern/innen dürfte er als langjähriges SPD-Mitglied im Stadtrat noch in Erinnerung sein. SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen nutzten in  jenen Jahren die Räumlichkeiten im BGZ und waren so ein wichtiges Bindeglied zur Stadt. Bei der Frage nach dem ersten Kontakt zur Geschichte, erzählte er mir damals: Meinen ersten Kontakt mit gedruckter Heimatgeschichte hatte ich 1953/54. Ich war begeistert von den in loser Folge erscheinenden Geschichtsheftchen ,,Der Laurentiusbote",  heraus­gegeben von dem Odenkirchener Pfarrer Franz Rixen von Feb. 1949  bis Mai 1967. Seine weiteren Hobbys waren die Numismatik, hier lag der Schwerpunkt bei den mittel­alterlichen Münzen des Rheinlandes. Er war fast 30 Jahre Vorsitzender der Münzfreunde Mönchengladbach und eben solange im Dachverband der Rheinischen Münzfreunde tätig. Dann folgte der Sport mit Schwimmen und der Mitarbeit in der DLRG, Radfahren und Joggen.

Juli 2024
Update zum Beitrag von Dietmar Schmitz vom 09.02.2024
Im Februar hatte Dietmar Schmitz über eine fotografische Überraschung aus dem Jahre 2007 anlässlich einer Gemäldeausstellung „Kunst im Zentrum“ im BGZ berichtet. Bei dieser Ausstellung wurde das links abgebildete farbige Gemälde gezeigt, das dem Historischen Verein 2002 anlässlich der Ausstellung "Wegberger Ansichten" in der Kreissparkasse Wegberg von Frau Porten aus Baal geschenkt worden war.
Im Jahr 2007 nun erhielt er nach der Gemäldeausstellung „Kunst im Zentrum“ im BGZ eine Fotografie, die eine Überraschung bot. Das Foto rechts zeigt fast exakt die Person des Trommlers, das anscheinend als Vorlage zu diesem Gemälde gedient hatte.
Das Gemälde des Malers Wilhelm Büppelmann zeigt den 10-Jährigen Ludwig Specks (1892-1905), Sohn des Schornsteinfegermeisters Joseph Specks und der Maria Rütten. Er wurde gerade mal 13 Jahre alt und er starb in Echt.

Und nun zur aktuellen Überraschung: Bei einer Recherche stieß Dietmar Schmitz auf den abgebildeten Zeitungsauschnitt. Dieser belegt nun die Todesursache des Sohnes, der der Meldung zufolge 12 Jahre alt wurde: Er sei im Kloster Lilbosch "unerwartet an einem Magengeschwür gestorben, dessen Ursache auf übermäßogen Genuß von Kirschen zurückgeführt wird".

Es mag zwar nur ein kleiner unbedeutender Mosaikstein in der Wegberg Geschichtsforschung sein, um so mehr hat sich Dietmar Schmitz über diesen "Zufallsfund" gefreut.

24.07.2024 - Beitrag von Dietmar Schmitz
Das Waldbad Tüschenbroich – Waldbaden?
Endlich  Sommer – die Temperaturen schnellen in die Höhe. Der Mensch sucht  Abkühlung – ab ins Freibad! Einst sang Rudi Carell „Wann wird es mal  wieder richtig Sommer?“ (1975) und Conny Froboess sang mit acht Jahren  im Mai 1951 den von ihrem Vater geschriebenen Schlager „Pack die  Badehose ein“.
https://www.youtube.com/watch?v=KzEOvyDcVas– Song von Carell
https://www.youtube.com/watch?v=UhZEba0SWNs– Song von Froboess
Aber wohin gehen, ab 1935 konnte man in Brempt im Hariksee schwimmen, nach dem Krieg gab es die Freibäder in Wassenberg, Odenkirchen und M. Gladbach. Aber in Wegberg?
Paul M. Krapoll von Schloss Tüschenbroich ließ im Jahre 1950 am Nordwestrand des Ölmühlenweiher ein Betonbecken bauen. Das Gesamtbecken fasste 3600 cbm Wasser. Unterteilt war das Becken in Kinderbecken 12 x 22 Meter, Nichtschwimmer 25 x 22 Meter, Schwimmer 25 x 22 Meter und Freischwimmer 50 x 20 Meter. Auf der Längsseite zur Wiese hin war eine 62 Meter lange Freitreppe. Aus dem Stauweiher der Ölmühle lief immer frisches Wasser durch einen Kiesfilter ein und vom Schwimmbecken über Überläufe und eine Bodenschleuse in den Kahnweiher. Je nach Erfordernis in 24 Stunden 600 – 1500 cbm Wasser. Der obere Weiher wurde damals noch durch Quellen gespeist
Die Liegewiese war 6000 m² groß, die Spielwiese hatte 3000 m² und am Waldrand gab es noch eine Fläche von 1500 m² mit Schatten. Zwischen den Umkleidekabinen waren die Garderobe, die Toiletten mit Duschen und ein Kiosk.
Das Waldbad Tüschenbroich war also ein Naturfreibad. Das Wasser war moor- und eisenhaltig und leicht schwefel- und kohlensäurehaltig und als Badewasser besonders geeignet. Das Bad wurde 1951 eröffnet und in den ersten sechs Jahren strömten fast 150.000! Besucher hier hin.

Postkarte unten, aus den 50er Jahren
Ich selbst habe später im Schulunterricht dort das Schwimmen gelernt. Viel ist mir aus dieser Zeit nicht in Erinnerung geblieben. Da kommt der umgedichtet Song von Froboess, durch Manni Müchen, Mundartkünstler aus Klinkum gerade recht. Er schildert auf Platt in seinem Lied „Em Schwemmbad Töschebrook“ die Situation von damals eindrucksvoll.
https://www.youtube.com/watch?v=NDglgHk0hOw – Song von Müchen
Er beginnt auch in der Schule, wo es heißt: „wenn man enn de Schöllbank sett unn beem Liehre döchtich schwett.“ Ja da freute man sich auf Hitzefrei und aufs kühle Nass. Der Campingbeutel wurde gepackt und mit dem Rad ging es nach Tüschenbroich. Ein Butterbrot eingepackt, ein Apfel oder ein Stück trockenen Streuselkuchen dabei und eine Decke mit Handtuch. Ach so, Mama musste noch ein paar Groschen Eintrittsgeld mitgeben und eincremen.  In der Bretterbude die Badehose angezogen und es konnte losgehen. Auf der großen Wiese ein schönes Plätzchen ausgesucht, dann schwimmen mit den Kröten (Kröatsch) und den Fischen (Fösche). Die Übermütigen zoppten die Mädchen, auf der Wiese wurde Fußball gespielt, Völkerball oder Federball. Besonders Neugierige tummelten sich an der Umkleide und suchten nach einem Astloch in der Bretterwand um einen Blick auf das andere pudelnackte Geschlecht zu werfen. FKK-Strände wie in Ostdeutschland gab es hier noch nicht. Lag eine leere Flasche rum, gab es am Kiosk fürs Pfand „sötte Kroam“.
Umziehen, damit man ja pünktlich zu Hause war.
Als 1967 in Niederkrüchten das Freibad aufmachte, fuhren immer mehr Menschen dorthin, das war wesentlich komfortabler, lag aber nicht mehr direkt vor der Haustüre. Der Rückweg war da wesentlich anstrengender. Neben dem Bad in Tüschenbroich gab es dann noch ein Freibad, das den meisten nicht so bekannt war, auf dem RAF-Gelände am Flugplatz in Petersholz gab es in der Nähe des kleinen NAAFI-Shops ein Schwimmbad. Da es meistens von den Engländern genutzt wurde, fuhren da nicht viele hin.
Waldbaden – im Wald baden? So wie in Tüschenbroich? Gemeint ist hier jedoch etwas anderes, eben die Alternative zum Sonnenbaden und Meerbaden. Der Trend kam 1982 in Japan auf und nennt sich „Shinrin-Yoku“. Die Luft des Waldes atmen, die Natur verstehen um den Stress zu reduzieren. Manche entwickelten dann noch spezielle Übungen dazu.
Aber ehrlich gesagt, haben das nicht schon viele Familien Jahre vorher bei ihren sonntäglichen Waldspaziergängen oder bei Bergwanderungen gemacht.
Und zum Schluss noch etwas zum Schwimmbad in Tüschenbroich, um 1994 wurde aus den drei Gewässern am Schloss ein Angelpark. Seit ein paar Jahren gibt es eine neugebaute Fischerstube.
Haben sie noch Erinnerungen oder Fotos vom Waldbad in Tüschenbroich? Schreiben sie einen Kommentar und schicken sie uns ihre Fotos, wir würden uns freuen.
Hier die Mailadresse: historischer-verein-wegberg@t-online.de
19.07.2024 - Beitrag von Dietmar Schmitz
Die Brunbecker Höfe in früherer Zeit
Wie  bei manchen anderen Wegberger Ortsteilen dürfte auch die Siedlung  Brunbeck aus einem Einzelhof entstanden sein. Im Jahre 1852 gab es hier  vier Gehöfte. Der größte Hof, Brunbecker Hof oder Isengravens Erb  genannt, liegt an einem Teich, der heute von der Straße nicht mehr  sichtbar ist. Hier ist eine Geländefalte, wo sich das Wasser sammeln  konnte und die Quelle der Brunbeck zu finden ist.
Ein erster Anwohner wird bereits 1397 genannt. Der Hof besteht heute aus drei Teilen mit eigener Hausnummer 37-41. Neben dem umgebenden Teich im Bruchgelände gibt es eine kleine Besonderheit, abseits vom Hof steht noch das alte Backhaus, links von der Hofanlage. Der rechte Teil des Hofes, der bereits in einem alten Register aus dem Jahre 1510 erwähnt wird, wurde schon vor längerer Zeit renoviert. Vor kurzem wurde dann der linke Teil verkauft und nun wird dieser Trakt grundsaniert. Das waren aber nicht die ersten Renovierungen, der Blaustein-Türsturz gibt Auskunft über eine frühere Bauphase: I-A-K  A-M-K 1857. Dahinter verbergen sich Johann Arnold Knoors und Anna Maria Kamps, das Paar hatte 1841 in Wegberg geheiratet. Der Hof aus Backstein war einer der wenigen Wegberger Höfe, die am Meinweg berechtigt waren. Dieses riesige Waldgebiet an der deutsch-niederländischen Grenze, nach der Grenzziehung von 1815, wurde auf die 14 Dörfer aufgeteilt, die daran angrenzten.

Der zweite Hof, der in der Tranchot-Karte von 1806 als Hof an der Braunbeek bezeichnet wird ist ein Vierkanthof. Im Jahre 2006 konnte ich dort fotografieren. Über einer Türe im Innenhof befand sich ein Eichenbalken mit Inschrift, die uns offenbarte, wer die Erbauerin dieses Fachwerkgebäudes war. Errichtet wurde das Haus von der Witwe Catharina Jans, die mit dem verstorbenen Schöffen Leonard Pauls/sen (Pawels) verheiratet war, er verstarb 1713. Das Haus wurde 1717 aufgestellt, ein Teil des Balkens wurde abgeschnitten, damit gingen wichtige Informationen verloren. Catharina Jans überlebte ihren Mann um 35 Jahre. Aber dieser Hof ist wesentlich älter, bereits 1507 wird er in einer Lagebeschreibung erwähnt.
Vor dem Hof mit der Hausnummer 15 steht heute ein Wegekreuz, das früher am Leichweg gestanden hat.
10.07.2024 - Beitrag von Dietmar Schmitz
Eine Rollschuhbahn in Wegberg
So  mancher denkt sich, was ist das denn Antiquiertes - Rollschuhbahn? Aber  in der Tat im Stadtpark gibt es am neu gestalteten Spielplatz einen  asphaltierten Rundkurs von zirka 140 Meter Länge und einem  Höhenunterschied von 2,5 Metern. Das Oval hat einen Durchmesser 46 x 37  Meter, besonders markant ist der kleine Eingangstunnel zum Spielplatz  selbst. Das dürfte im Kreis Heinsberg eine Rarität sein. Bis Ende der  1980 Jahre gab es noch eine ähnliche Bahn in Frechen.
Die ersten Rollschuhe wurden bereits um 1760 von Jean-Josef Merlin aus Huy in Belgien entwickelt. Auch hier haben sich die Technik und die Funktionalität der Rollschuhe weiterentwickelt. So entstanden schließlich ab 1866 die ersten Rollschuhbahnen (USA und England). In Deutschland wurde die erste Bahn 1876 in Berlin-Hasenheide errichtet, kurze Zeit später eine weitere im Berliner Tiergarten eröffnet. Diese Bahn wurde hauptsächlich vom Adel und den ausländischen Diplomaten genutzt.

Skating Rink, Zeichnung von Max Klinger
Im Wegberger Stadtpark wurde erst nach dem Zweiten Weltkrieg der Spielplatz angelegt. Im Jahre 2018 gab es im Stadtgebiet 36 Spielplätze.
Dies wurde an dieser Stelle durch den Verkauf der Gastwirtschaft Frienen möglich, die hinter dem Haus einen Biergarten und eine Bügelbahn hatte (eine öffentlich bespielbare Bahn gibt es heute noch in Schwalmtal-Fischeln). Später wurde aus der Wirtschaft eine bekannte Diskothek „Le Pirate“, jetzt ist dort das Geschäft „Wegberger Leder“ zu finden.
Nach einem Brand der verödeten Fläche (um 1955 mit Gras und Obstbäume bewachsen), wurde dort von der Gemeinde etwa drei Jahre später der Spielplatz hergestellt. Dazu gehörte dann auch die oben beschriebene Rollschuhbahn, zumeist wurde sie aber zum Üben der kleinen Fahrradfahrer genutzt, seltener zum Rollschuh laufen. Obwohl die Rollschuhe ab 1960 wesentlich komfortabler wurden, sie waren nun in der Länge verstellbar und bekamen Hartgummi oder Kunststoffrollen, anstelle der bisherigen Stahlrollen, die wesentlich lauter waren. Viele Kinder bekamen nun zu Weihnachten oder zur Kommunion Rollschuhe geschenkt.
Heute gibt es hauptsächlich Indoor-Rollschuhbahnen, hauptsächlich im Ruhrgebiet. Ein Grund dafür dürfte sein, dass seit 1988 in Bochum ein Musical von Andrew Lloyd Webber „Starlight Express“ aufgeführt wird. Die Darsteller treten mit Rollschuhen auf.
Ab dem Jahre 1980 kamen die ersten Inline-Skater auf den Markt. So entstand im Schul- und Sportzentrum eine Skater-Anlage, die aber in die Jahre gekommen ist. Bereits 2109 begannen Planungen zur Umgestaltung, durch Fördermittel des Landes in Höhe von 250.000 Euro und privaten Sponsoren konnte im Jahre 2022 die neue Sportanlage mit Basketballfeld und Calisthenics-Anlage (so was Ähnliches wie ein Trimm-Dich-Pfad) eingeweiht werden.
Auch im Stadtpark hat sich einiges getan, ein integrativer und barrierefreier Spielplatz, nebenan ein Trimm-Parcours für Klein und Groß, als Outdoor-Fläche. An jeder Station sind Info-Tafeln angebracht, die zeigen wofür die Übung gut ist.

02.07.2024 - Beitrag von Dietmar Schmitz
Exkursion zu den Wegberger Gefängnissen
Wenn  man die alten Schöffenprotokolle des Dinggerichtes anschaut und die  Urteile die dort gefällt worden liest, so taucht die Frage auf: wo  wurden die Personen untergebracht, die zu schweren Strafen verurteilt  wurden? Das Schöffengericht in Wegberg tagte um 1720 im Gasthof (Hotel)  „Zum Schwan/en“ an der Tüschenbroicher Straße.
Ob beim Vogtgeding, am Latgericht oder beim Frongericht, alles mittelalterliche Einrichtungen, hier wurde Recht gesprochen, oft unter der Dingbuche, die an einem zentralen Platz stand. Für diejenigen, die zum Tode verurteilt, gab es den Galgen, der Henker kam dafür extra aus Roermond. Ein Ort war meist der außerhalb gelegene Galgenberg oder der blaue Stein an einer Grenze. Die zu Kerkerhaft verurteilten, wurden in den sagenumwobenen sogenannten „Messerturm“ in Tüschenbroich verbracht. Möglicherweise auch in einem Raum an der Wohnung des Bürgermeisters bzw. am Rathaus.
Bei der 1771 erfolgten Errichtung des „Alten Rathauses“ am Markt in der heutigen Fußgängerzone (an der Brunnenanlage), waren auch ein Gefängnis und eine Wachstube vorgesehen. Der Bürgermeister Vossen wurde mit dem Bau beauftragt. Das Gefängnis sollte eine Größe von 16 Fuß zu 28 Fuß haben. Ein Lageplan zur Genehmigung einer Gerberei offenbart uns die genaue Lage dieses Gefängnisses.

Nicht wie immer kolportiert wurde im Gerätehaus der Feuerwehr, war dieses Verließ. In Wirklichkeit handelte es sich um ein unterirdisches Gefängnis, bedingt durch die Hanglage des Rathauses (siehe Foto).
Auch in den benachbarten Bürgermeistereien waren im Rathaus, Zellen (meisten zwei, je eine für männliche und weilbliche Personen) und eine Wachstube vorhanden, so auch in Beeck. Nach einer Statistik für das Jahr 1903 waren die Zellen der Polizeigefängnisse in Beeck an 4 Tagen von 1 ½ Personen (sic!) und in Wegberg an 6 Tagen von 3 Personen belegt.
Ob es nach der französischen Revolution und der Verlegung des Friedengerichtes von Niederkrüchten nach Wegberg im Jahre 1821, in die bis dahin als Schulräume genutzten Säle des Klosters an der Kirche kam, und dort Zellen eingerichtet wurden, ist nicht überliefert. Das Friedensgericht war zuständig für die Orte Beeck, Wegberg, Niederkrüchten, Elmpt, Schwanenberg und Gerderath.
Was wir mit Sicherheit wissen, dass der Ringofenziegeleibesitzer Wilhelm Hermes im Jahre 1879 einen Vertrag mit der Justizverwaltung abschloss in dem geregelt wurde, dass das Amtsgericht auf der Beecker Straße 33/35 (heute die HsNr.25/27, Ladenlokale Optik Alberty) dort einziehen konnte. Im heute noch vorhandenen Anbau waren das Gefängnis und die Wachtmeisterwohnung untergebracht (wenn man durch die Toreinfahrt geht kann man in einem nach Norden zeigenden Fenster noch eine Vergitterung erkennen. Wie frühere Zeitungsberichte belegen, kam es hier öfter zu Ausbrüchen der Delinquenten. Hier gab es vier Einzelzimmer und zwei Mehrzweckräume.
Der Mietvertrag lief bis zum Jahre 1923. Danach siedelte das Amtsgericht zur Bahnhofstraße um, in die dortige „Villa Köhler“. Nach der Zusammenlegung mit dem Amtsgericht Erkelenz, wurde das repräsentative Gebäude des Amtsgerichtes 1978 abgerissen. Auch hier gab es eine Gefängniszelle.
Ob bei der Eröffnung der Polizeiwache am Rathausplatz, eine Arrestzelle vorhanden war, wird gerade abgeklärt. In der jetzigen Polizeistation gibt es keine Zelle mehr.
> weitere Fotos:

Gefängnis Erkelenz

Gefängnis Niederkrüchten

Schule und Gefängniszellen in Lövenich

Juni 2024
19.06.2024 - Beitrag von Dietmar Schmitz
Frühe Industriegesichte II. Teil – Die Gerbereien
Ziemlich  gut dokumentiert ist die Geschichte der Wegberger Gerbereien. Grundlage dafür sind hauptsächlich die Akten zur Genehmigung dieser Anlagen durch die Regierung in Aachen bzw. durch die Gemeinde.
Einige der noch wenigen aktiven industriellen Gerbereien ist die Lederfabrik Heinen in Wegberg. In Deutschland existieren heute gerade noch zwölf Gerbereien, damit ist Deutschland der drittgrößte Lederhersteller in Europa.
Die Lederfabrik Heinen hat ihren Ursprung in Rath-Anhoven, wo sie vor etwa 130 Jahren als kleiner Familienbetrieb, einer so genannten Roßgerberei, gegründet wurde.
Die nachweislich erste Gerberei wurde jedoch in der 1802 schon vorhandenen Lohmühle in Wegberg-Bissen betrieben. Was ganz praktisch war, denn hier wurde ja bereits ein Produkt für den Gerb-Prozess aufbereitet, die Lohe. Die Berufsbezeichnung Lohgerber oder auch Rothgerber leitet sich davon ab. Die Eichenlohe, aus den pflanzlichen Bestandteil des Eichenbaumes  gemahlenen und gequetscht, färbte das Leder rötlich oder bräunlich. Aber vor 1700 gab es in Wegberg schon Vellbereyder (Gerber). https://de.wikipedia.org/wiki/Lohgerber
Ob Ziegen-, Schaf- oder Kalbshäute oder gar Rinder- und Rosshäute verarbeitet wurden, ist nicht überliefert. Vermutlich waren es aber nur die kleineren Tierarten.
Insbesondere ab Mitte der 1850er Jahre siedelten sich im heutigen Zentrum von Wegberg Rothgerbereien an. Einige direkt in Bachnähe (Beeckbach und Fußbach) aber erstaunlicherweise auch etwas abseits, so auf dem „Berg“ in der Fußgängerzone, dort wo das Wohnhaus von Dr. Montz steht (An der Gracht) gegenüber der Physio-Praxis.
Zwei Gerbereien auf der Hauptstraße lagen unmittelbar neben einer Gastwirtschaft, die zur damaligen Zeit noch selber Bier brauten und eine eigene Mälzerei hatten. Das führte zwangsläufig zu Rechtsstreitigkeiten. Dadurch liegen uns hierzu umfangreiche Schriftsätze vor. Neben drei Gerbereien an der  Hauptstraßen gab es noch eine an der Fußbachstraße, ein Vorläufer der heutigen Lederfabrik und eine neben dem Kloster an der Bahnhofstraße. Dazu kommen zwei Gerbereien in Beeck, eine in Bischofshütte und die  bereits erwähnten in Bissen und in Rath.

Hinweis zum Lageplan: Bei Michael Heinen handelt es sich um den Urgroßvater von Joseph Heinen, dem Gründer der Lederfabrik in Wegberg.
Bei den in Blau eingezeichneten Bereichen handelt es sich bei a) um die  gemauerte Grube zum Lagern der Abfälle der ausgenommen und gereinigten Häute. Die Abfälle wurden ins rechts vom Hof gelegene offene Feld gefahren und als Dünger genutzt. Das heute umzäunte Gelände von der Grachtstraße bis zur Kreuzherrenstraße war bis vor Jahren der Garten von Doktor Montz. Der Bottich (b) diente zum Kälken der leichten Häute von Kalb und Rind. Die mit „c“ gekennzeichneten Bottiche fingen das Abwasser auf. Früher lag der Düngerplatz (d.h. der Misthaufen) mitten im Hof, das Abwasser lief den Berg hinunter zur Dorfstraße (Hauptstraße), im Plan noch angedeutet. Nördlich des von Gerhard Peters gepachteten Hofes lag die Brennerei (Gastwirtschaft) von Spülbeck.

12.06.2024 - Beitrag von Dietmar Schmitz
Eine vernachlässigte Partnerschaft
Immer wieder wurden Anläufe unternommen, die Partnerschaft zu intensivieren. Doch im Gegensatz zu unseren Nachbarstädten Erkelenz, Hückelhoven und Wassenberg hört man wenig darüber. Im Gegenteil: Die Wegberger Partnerstädte Echt und Masseik knüpften vor kurzem ein ganz neues Netzwerk mit der Gemeinde Selfkant, da diese nur wenige Kilometer  auseinander liegen. Cittaslow nennt sich dieses Projekt und dient der  Entwicklung der wertvollen lokalen Naturräume.
Aber wie kam es überhaupt zu der Entstehung der internationalen Partnerschaft zwischen Wegberg (D) – Echt (NL) und Masseik (B)?
Am  Anfang stand der Genealoge Hubert van Wegberg: Er war der eigentliche  Initiator dieser Partnerschaft. Bereits in den 1960er Jahren versuchte  er, die Geschichte seiner Familie und deren Herkunft aus Wegberg zu  recherchieren.
Vertieft  wurde diese Verbindung zur 1000 Jahr-Feier in Wegberg im Jahre 1970.  250 Mitglieder des Geschlechtes „van Wegberg“ waren nach Wegberg  gekommen. In der Chronik der Familie, erstellt von J. van Wegberg, ist  dazu eine Urkunde abgebildet.

Im  Buch zum Jubiläum „1000 Jahre Wegberg“, herausgegeben durch die  Verwaltung der Gemeinde (damals noch keine Stadt!), hat Gerhard van Wegberg einige Zeichnungen von markanten Objekten aus dem Stadtgebiet  beigesteuert.
Offiziell begründet wurde die Partnerschaft der Städte erst ein Jahr später im November 1971. Laut der Urkunde, die zu diesem Zweck angefertigt wurde, dient die Partnerschaft "der Pflege freundschaftlicher Beziehungen und  der Unterstützung der europäischen Einigungsbestrebungen. Durch den  Austausch von Schülern, Jugendgruppen, Kultur- und Sportvereinen sollen  die Jugend und die Bürger/innen an der Gestaltung unserer gemeinsamen  Kultur und des Brauchtums aktiv beteiligt werden".
Beide  Partnerstädte liegen grenznah und sind von Wegberg zwischen 40 und 50 Kilometer entfernt und ohne lange Anfahrtszeiten zu erreichen. Zu  Beginn der Partnerschaft fanden noch regelmäßig, jährlich abwechselnd, in den Städten Partnerschaftstage statt. Davon kann heute leider keine Rede mehr sein. Zwar wurde öfter versucht, die Partnerschaft mit Leben zu  füllen, so zum 30jährigen Jubiläum 2012 oder im Jahre 2018, aber das  waren nur kurzfristige Aktionen. Inzwischen sind sogar die  Hinweisschilder mit den Europasternen und den Städtenamen an den Ortseingängen verschwunden.
So  ist der Historische Verein Wegberg eine der wenigen Anlaufpunkte, wo noch an die Partnerstädte erinnert wird, hier der Link dorthin: > Wegbergs Partnergemeinden - Echt-Süsteren - Maaseik - Leudal - Einführung und Übersicht

Mai 2024
30.05.2024 - Dietmar Schmitz, Klinkum
Der genealogische Nachlass des Professors Karl Bartmann (1920-2008)
Der  Wuppertaler Labormediziner war ein Enkel des Wegberger Firmengründers Ferdinand Bernard Bartmann (1854-1939). Die Firma wurde später unter dem  Namen Feinspinnerei Wegberg bekannt. Die Gebäude an der Industriestraße existieren noch, aufgrund der Krisen in der Textilindustrie stellte das Unternehmen 1993 seine Produktion ein.

Das  Foto zeigt die Fabrikanten-Villa in Wegberg von der Seeseite aus.  Das Gebäude wird momentan saniert, das Dach wurde dabei erneuert.
Prof. Karl Bartmann hatte großes Interesse an der Erforschung seiner Familie. Der Mediziner hatte eine umfangreiche Sammlung zur Familiengeschichte hinterlassen, die aber auf dem Flohmarkt landete.
Dieses Konvolut konnte ich vor einigen Jahren erwerben und auswerten. Die  Familie hat ihren Ursprung in Westfalen, eine Linie wanderte im 19. Jahrhundert in die USA aus. Ein Zweig kam nach Köln und ein Teil davon zog nach Wegberg.
Nach der Sichtung der zwei Kartons wurde ein Inhaltsverzeichnis erstellt und die ca. 2400 Seiten Blatt Papier in 71 Mappen archiviert und beschriftet. Dabei handelt es sich um Urkunden, Testamente, Briefe, Karten und ca. 300 Fotos. Die Archivalien betreffen zahlreiche Burgsteinfurter Fabrikantenfamilien.
Karl Bartmann verfasste eine gebundene Familiengeschichte, die für den Forscher besonders interessant sein dürfte. Leider war nur ein kleiner Teil vorhanden, der sich mit der Wegberger Firmengeschichte beschäftigte. Aber dafür waren eine Kopie des Gesellschaftervertrages zur  Firmengründung von 1912 dabei und einige Familien-Fotos.

Eine Seltenheit  dürfte der Rahmen mit einem Portrait des Unternehmers Bartmann sein,  das sich als Schöpfrahmen für Büttenpapier mit Wasserzeichen  herausstellte.

Franz Richter, Beisitzer im Vorstand des Vereins, hatte die zündende Idee und fertigte drei Probeexemplare damit an.

Im  Jahre 2023 übergab ich die sechs Archivkartons an das Archiv des  Historischen Vereins Wegberg, ein Drittel des Bestandes wurde von mir digitalisiert. Die Rheinische Post berichtete am 15.03.2023 unter der Überschrift "Großer Bartmann-Fundus in Wegberg aufgetaucht"
Die Archivalien könnten zu den Forscher-Abenden eingesehen werden (jeden letzten Dienstag im Monat von 19-21 Uhr). Im Leinpfad-Heft Nr.123/2023 befindet sich eine Kurzbeschreibung mit Inhaltsverzeichnis des Bestandes.

24.05.2024 - Dietmar Schmitz, Klinkum
Flachsschwingereien in Wegberg
In  der Vortragsreihe des Historischen Vereins zur frühen  Industrialisierung von Wegberg war ein Zweig, der bis dahin  vernachlässigt wurde. Dabei handelt es sich um die mechanische  Flachsverarbeitung.
Die  treibende Kraft war um 1860 herum der damalige Bürgermeister Hubert  Beckers. Er gründete zusammen mit seinem Bruder Gerhard eine  Flachsaufbereitungsanstalt auf dem Gelände hinter der Burg. Im Haus  Potz, einem großen ehemaligen landwirtschaftlichen Betrieb, waren mehrere Kleinbetriebe, so  auch eine Leimsiederei, heute ist dort der Parkplatz an der Venloer Straße.

Oberhalb der eingeblendeten Zeitungsmeldung zu sehen: das „Haus Potz“, rechts daneben die weißen Gebäude sind zum Teil noch vorhanden.
Hubert Beckers war über Jahre hinweg die  Persönlichkeit, die für den Flachs auf Werbetour ging, für den  Flachsanbau und die Gründung von neuen Flachsschwingereien warb. Er  beteiligte sich sogar an Neugründungen, wie z.B. in Wickrath. Für eine  geplante Schwingerei in Bitburg bildete er das Personal aus.
In  Wegberg gab es acht verschiedene Schwingereien (1860-1880), manche im  selben Gebäude, die versteigert und übernommen wurden. Auch in drei  Mühlen waren Schwingereien oder Flachsspinnereien untergebracht. Am  längsten in Betrieb war die Flachsschwingerei des Christian Adams, die  1865 gegründet wurde. Sein Sohn hat sie wohl um 1922 an Jakob Heinrichs  verkauft. Noch um 1960 soll sie bestanden haben, später war dort ein  Fahrradhandel untergebracht. Es ist eins der wenigen Gebäude, das heute  noch erhalten ist.
Wie  alten Zeitungsberichten zu entnehmen ist, kam es in den Flachsanstalten  zu verheerenden Bränden. Zumeist durch technische Defekte wie z.B. eine  heiß gelaufene Welle. Die meisten Gebäude bestanden ja noch aus  Fachwerk, so brannten die Lagervorräte (Flachs) und Maschinen aus. Durch  die Hitzeentwicklung stürzten Gebäudeteile ein. Da es eine gut  organisierte Feuerwehr zu dieser Zeit noch nicht gab, musste das Wasser  mühsam herbei geschafft werden. So war den einzelnen Betrieben kein langes Überleben möglich, insbesondere wenn keine Feuerversicherung bestand.
Hier eine Übersicht der einzelnen Betriebe:
Firma von Bürgermeister Hubert Beckers (eingetragen unter dem Namen des Halbbruders Gerhard Beckers)
Firma Gebrüder Thenen (Wilhelm und Franz)
Firma Joseph Düsterwald
Firma P.W. Gorissen & Cie.
Firma Wolters & Cie.
Schwingerei Giesen
Firma Christian Adams in Harbeck
Firma Jakob Symes
Drei Mühlen mit einer Flachsschwingerei
Flachsschwingerei Spelten in Moorshoven
Flachsanstalt von Winand Büschgens in Moorshoven
Flachsanstalt von Johann Gerard Gerards in Merbeck
Leimsiederei von Moritz Kerff übernimmt Schwingerei Beckers

20.05.2024 - Dietmar Schmitz, Klinkum
Das Projekt „Dä Berker Wenk-er“
Aus  Anlass der Übergabe einer Urkunde Philipps Universität Marburg, durch  den Ehrengast Landrat Stephan Pusch aus Heinsberg, an den Heimatforscher Dietmar Schmitz vom Historischen Verein Wegberg, stellten der Vorsitzende des Vereins Hermann-Josef Heinen und der Geehrte das Projekt  vor.
Angelehnt an Georg Wenker, dem eigentlichen Initiator der Deutschen Sprachforschung im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts, mit der Entwicklung und Versendung von Fragebögen an die Lehrer der Volksschulen und deren anschließenden Auswertung, entstand in Wegberg die Idee diese Bögen für das Stadtgebiet zu transliterieren. Dietmar Schmitz nahm sich dieser Aufgabe an, da er die damals gebräuchliche Kurrentschrift als  Ahnenforscher lesen kann. Er ersann dann für die Übersetzung der  Wenkerbögen, den Projektnamen „Dä Berker Wenk-er vom HVW“. Bereits im  Februar dieses Jahres hat er dafür die Urkunde und die Verleihung des Heimatpreises 2023 der Stadt Wegberg erhalten. Die oben angesprochene Urkunde der Universität Marburg erhielt er nun als Erster überhaupt für die Transliterierung (Übersetzung in die heutige Schrift) von inzwischen 263 Wenkerbögen mit mehr als 10.700 übersetzten Sätzen.
Landrat Pusch würdigte in seiner Rede nicht nur das Engagement des Heimatforschers, sondern hob auch die Mundart als wertvolles kulturelles Erbe unserer regionalen Sprache, die von Generation zu Generation weiter gegeben wurde, hervor. Dieser Klang der Heimat erzeugt ein Wohlgefühl im Herzen, die heimische Mundart steht für Bodenständigkeit, Klarheit und Weitsicht.
Die herausragende Arbeit zur Dialektforschung ist auch aktuell auf einer heatmap des Forschungszentrums DSA sichtbar, da sich rund um Wegberg ein hotspot entwickelt hat der den ganzen Kreis Heinsberg einbezieht.
Der Direktor des Forschungsinstitutes DSA Professor Dr. Lameli schrieb dazu, dass diese unglaubliche Leistung in so kurzer Zeit für zukünftige Generationen den Forschern die Arbeit erleichtert. Der Wegberger Bürgermeister Christian Pape drückte in seiner Rede den Stolz aus, dass Wegberg durch diese erfolgreiche Arbeit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt wird.
Der anschließende Powerpoint-Vortrag vermittelte zusätzlich einen intensiven Einblick in die bisherigen Ergebnisse der Forschungsarbeit  und einen Ausblick auf die nächsten Ziele des Projektes.

04.05.2024 - Dietmar Schmitz, Klinkum
Von der „freien Heide“ zur Freiheid (t) im Innenring
Wer jetzt an die „Große Freiheit“ auf der Reeperbahn in Hamburg gedacht hat, schweift zu sehr in die Ferne. Bleiben wir mal vor der Haustüre, nicht Rotlichtviertel eher rote Erde. Liegt dieser Stadtteil nicht bei Aachen? Klar, aber es ist nur der Hinweis auf die Tongruben entlang der Freiheider Straße.
Vor kurzem wurde ich von einer Neubürgerin auf die Bedeutung dieser Straßenbedeutung angesprochen. Da der Innenring nun fast vollständig mit Neubauten zu gepflastert wurde, werden sich einige fragen, was war denn  früher hier?
Im Jahre 1995 widmete sich der Historische Verein in seinem ersten Heft  zur Ortsgeschichte gerade diesem Ortsteil von Wegberg. Entgegen vielen anderen Stadtteilen weist kein Schild daraufhin hin, ebenso wenig auf Forst und Dorp. Nur die Straßenbezeichnungen Freiheider Straße, In Forst und Dorper Straße bleiben so im Bewustsein der Menschen. Dabei handelt  es sich zum Teil um sehr alte Siedlungsbereiche. So ist die Keimzelle der Freiheid, also der Kernbereich, im alten Hausbestand noch erahnbar. Drei Bauernhöfe inzwischen alle umgebaut oder teilweise abgetragen, markieren auf der linken Seite der Straße von der heutigen Beecker Straße (früher Forster Lindenstraße) Richtung Bahnhof gesehen bis zur Krankenhausstraße die Ursprungssiedlung.
Der Weiler Freiheid gehörte genau wie Forst, beide auf der rechten Seite des Beeckbaches gelegen, die eine Seite der Grenze zu Wegberg, bis zum  Jahre 1935 zur Bürgermeisterei Beeck. Knapp hinter dieser Bebauung verlief die Grenze wiederum zur Bürgermeisterei Wegberg. Dieser Bereich bis zur Schwalm hin, also dort wo im Stadtpark Beeckbach und Fußbach vereinen, gehörte bis zum Jahre 1820 noch zum jülichscher Teil von Wegberg. Somit war dieser Bereich ein Teil der Unterherrschaft Tüschenbroich.
Die Freiheid gehörte auch kirchlich zu Beeck. Die Bewohner verfolgten jedoch im Jahre 1926 die Abtrennung von dieser Pfarre und die Zuordnung zur Wegberger Pfarre. Aber erst im Jahre 1958 konnte dies umgesetzt  werden.
Erst nach dem Zweiten Weltkrieg setzte eine intensive Bautätigkeit ein. Ein wesentlicher Grund waren die enormen Zerstörungen in Deutschland, ähnlich denen im Gaza-Streifen oder in der Ukraine, und der Wohnungsnot durch die erhebliche Zuwanderung aus den ehemaligen deutschen  Ostgebieten, die nun an andere Länder gefallen waren.
Von daher ist heute kaum noch erkennbar, dass die unbebaute rechte Seite der Freiheider Straße mit zahlreichen Tongruben übersät war. Hier in den Feldbrandöfen wurden die Ziegelsteine für den Erweiterungsbau der Wegberger Pfarrkirche gebrannt (1855/60). Besonders die Familien Huppertz und Oellers waren als Ziegler hier involviert.
Wer genau hinschaut bemerkt noch eine Vertiefung auf dem Spielplatz „An der Heide“ in der Nähe der Seniorenwohnanlage. Auch die Straße „In der Dell“ weist auf diesen Bereich hin. Als dort beim Ausbau Versorgungsleitungen verlegt wurden, kam die „rote Erde“ als Verfärbung zum Vorschein. Von der einst „freien Heide“ ist nichts mehr zu sehen!
Mehr darüber zu lesen gibt es in einer fünfzigseitigen Broschüre auf der Website des Historischen Vereins, sehen sie hier:
https://www.historischer-verein-wegberg.de/wegberger...

Das  Luftbild von 1951 ist leider beschnitten (siehe Erklärung unter Luftbilder Uevekoven), am linken unteren Bildrand erkennt man gerade noch die kleine Häuserzeile der Freiheid (neben der unterlegten Karte  mit der Straßenbezeichnung Im Kieroth).
April 2024
29.04.2024 - Dietmar Schmitz, Klinkum
Uevekoven aus der Luft betrachtet
Luftbildaufnahmen  aus dem Stadtgebiet gab es bisher aus den Jahren 1938 und 1986 auf CD  anzusehen. Im Fotoarchiv des Vereins gibt es mehrere hochwertige  Luftbilder vom Zentrum in Wegberg. Die Volksbank hatte in den 90er  Jahren einmal Luftbildaufnahmen aus den Orten heraus gebracht, in denen sie Filialen hatte, diese sind zum großen Teil geschlossen worden. Auf  dem Portal der Bezirksregierung NRW in Köln (TIM-Online 2.0) sind seit  einigen Monaten zahlreiche Luftbild- und Satelliten-Aufnahmen online  einsehbar. Hier kann sich jeder für seinen Heimatort die entsprechenden Fotos anzeigen lassen. Mittels eines Schiebers werden Luftaufnahmen von  1951 bis 2021 sichtbar. So kann man sich insgesamt 14 Aufnahmen ansehen.
Deshalb  habe ich heute beispielhaft einen kleineren Ortsteil genommen. Wegen  der besseren Darstellbarkeit habe ich von Uevekoven den Ausschnitt vom  Uevekovener Knoten am Grenzlandring bis zur Barbara-Kapelle gezoomt. Diese Ausschnitts-Größe habe ich unverändert gelassen, um die Veränderungen im Bild genauer betrachten zu können. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um bauliche Maßnahmen.
Leider  sind gerade bei den ersten Bildern in Wegberg einige Fehler bei der  Darstellung vorhanden, so fehlt rechts der Erkelenzer Straße 1951 das Anschlussbild. Beim Jahre 1977/1978 fehlt entweder Wegberg oder der rechte Teil von Beeck, das scheint an der unterschiedlichen Datierung zu liegen. Eine Fehlermeldung ist unterwegs. Bleiben wir im Jahre 1951 sehen wir auf der linken Seite der Straße die Ringofen-Ziegelei von  Keller auf der anderen Straßenseite ist das Klinkerwerk von Simons, wegen des Bildfehlers aber nicht zu sehen.
Die wechselvolle Geschichte der Ziegeleien in Wegberg seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts habe ich in einem Power-Point Vortrag im Jahre 2019 vorgestellt. Gleichzeitig habe ich ein 95 Seiten umfassendes Manuskript dazu erstellt.
Auf dem Luftbild von 1968 sind beide Werksgelände zu erkennen. Die Abbauflächen von Simons wandern in den Folgejahren immer mehr in nordwestlicher und südlicher Richtung. Von der Ziegelei Keller sind im Jahre 1974 nur noch Reste sichtbar. Dabei vergrößert sich das Betriebsgebäude von Simons immer mehr. Im Jahre 1998 gibt es die erste farbige Luftaufnahme. Das Aus für die Firma Simons/Wienerberger naht 2016; ein Großteil der Gebäude sind da bereits abgerissen.
Hier der Link zum Portal: https://www.tim-online.nrw.de/tim-online2/?center=2582548;5616551, dann den Ordner Luftbild anklicken, dort auf Historische Digitale Orthophotos gehen.
Hier sehen Sie die Ausschnitte von 1959 bis 2021 in einer Bildergalerie.
23.04.2024 - Dietmar Schmitz, Klinkum
Der geldrische Stiefel – ein seltsames Gebilde
Das  Heilige Römische Reich Deutscher Nationen erstreckte sich 962-1806 von  der Nord- und Ostsee bis Norditalien und Sizilien. Zirka 850 Jahre hatte  das Reich mit Gebietsveränderungen bestanden, eine lange Zeit.
Ein  Teil davon war seit dem 11. Jahrhundert die Grafschaft Geldern. Das  Gebiet um Wassenberg war um 1021 ein Reichslehen, aus dem dann die  Grafschaft mit weiteren Besitzungen hervorging (1118/1125). Seit dem  Jahre 1339 wurde daraus das Herzogtum Geldern. Es bestand aus vier  Quartieren, den drei Niederquartieren Arnheim, Nijmegen und Zutphen und  dem Oberquartier mit der Hauptstadt Roermond. Hierzu gehörten auch  Städte wie Erkelenz, Viersen, Goch und Venlo – aber auch die Dörfer  Brempt, Krüchten und Wegberg. Diese drei Dörfer waren Herrlichkeiten.  Die Inhaber dieser Territorien hatten besondere Rechte. So hatten die  Herren z.B. die Verfügungsgewalt über die Bauern, das Lehns- und  Jagdrecht, das Mühlenrecht sowie das Recht der Ernennung von Trägern  lokaler öffentlicher Ämter.
Betrachtet  man auf alten Karten, den Ausschnitt der Österreichischen Niederlande  von Roermond bis Wegberg und legt diesen neben eine Karte von Italien,  fallen einem direkt die Ähnlichkeit der Konturen der Grenzen mit dem  Stiefel von Italien ins Auge. Deshalb habe ich mich für die Bezeichnung  „Geldrischer Stiefel“ entschieden. Die Hauptstadt der Österreichischen  Niederlande war bis 1797 Brüssel, Nachfolger der Spanischen Niederlande  (die von 1581-1714 existierten).

Die  Gelderlande (Gelre) hatten eine sehr wechselvolle Geschichte. Vor 1473  gehörte es zu Burgund, dann zu Brabant, ab 1543 zu Habsburg (Spanien und  Österreich) damit ging die Selbständigkeit des Herzogtums verloren.  Dann folgten Frankreich und Preußen. Die drei Niederquartiere gingen  nach dem Westfälischen Frieden (1648) in der Generalstaaten der  Niederlande auf. Das Oberquartier mit Roermond, Venlo, Erkelenz, Viersen  und Geldern gehörten weiterhin zu den Spanischen Niederlanden. Erst  nach dem Spanischen Erbfolgekrieg (1713) wurde das Oberquartier  aufgeteilt. Ein Teil fiel an Preußen wie Kleve, Wesel, Geldern und  Viersen. Venlo fiel an die Generalstaaten zusammen mit dem Amt Monfort  wozu auch Elmpt gehörte. Roermond mit den Gemeinden Wegberg, Krüchten  und Brempt gehörte zu Österreich-Geldern. Die Exklave Erkelenz fiel an  Jülich. Mithin gehörten die drei deutschen Gemeinden am längsten zu  Geldern.
Es ist erstaunlich, dass hier noch nie ein Gelderntag stattgefunden hat, nur in den Städten, die bereits 1713 ausgeschieden sind.
Sehen Sie auch die Vorankündigung "Gelderntag 2015 Erkelenz"
Eine umfangreichere Darstellung finden sie auf der Website des Historischen Vereins Wegberg unter: Wegberger Geschichte(n) - Neu erzählt.

16.04.2024 - Dietmar Schmitz, Klinkum
Feldpostkarten eines Klinkumer Soldaten von 1916
1999 übergab mir der Klinkumer Zahnarzt Kohlen ein Paket mit ca. 25 Feldpostkarten aus dem 1.Weltkrieg. Diese hatte ein Verwandter von ihm zwischen 1916/17 an seine Eltern und Geschwister aus dem Osmanischen Reich (1249-1922) in die Heimat geschickt.
Der damalige Kriegsminister Enver Pascha (Bey) hatte das deutsche Kriegsministerium um Unterstützung gebeten. Daraufhin wurde ein deutsches Expeditionskorps aufgestellt, das anschließend nach Palästina gesandt wurde. Diese Korps erhielt den Namen Pascha I. Zu ihm gehörte unser Kartenschreiber Peter Jansen aus Klinkum. Er wurde 1892 als Sohn der Eheleute Josef Jansen und Maria Brocker geboren, die 1890 geheiratet hatten. Das Paar bekam insgesamt zehn Kinder, der Sohn Heinrich (geb. 1896, fiel in Lambersart in Frankreich im Oktober 1916. Der 1893 geborene Sohn Johann war 1915 in Koblenz stationiert.
Im Jahre 2001 bat ich unser Vereinsmitglied und Militärexperten Jochen Pothmann etwas zu den Karten und die Hintergründe zu schreiben. Im Berker Boten Nr.15, S.413-416 erschien dann sein Bericht unter dem Titel „Ein Klinkumer im Pascha-Korps“ (siehe unten). Bei den Karten handelt es sich um historische Dokumente, deren Wert leicht unterschätzt wird. Ein anderes Mitglied aus dem Vorstand, der sich gut mit Postkarten auskannte, wollte sie ursprünglich veräußern und hatte schon DM-Beträge darauf notiert.
Da es sich jedoch um eine Schenkung handelte, blieben die Karten bis heute in Vereinsbesitz. Bei den Postkarten handelte es sich nicht um die standardisierten Feldpostkarten, sondern meist um farbige Souvenir Postkarten aus der Türkei, Palästina und Ägypten. Nicht alle sind mit einem Stempel des A.O.K 4 (Armeeoberkommando 4) in Konstantinopel (heute Istanbul) versehen. Wie aus einem Eintrag auf einer Karte von Peter Jansen zu lesen ist, hatte er zwar Briefumschläge von zu Hause mitgenommen, aber kein Briefpapier. So hat er dann verschiedene Karten erworben und in einen Brief gesteckt, der Umschlag blieb leider nicht erhalten. Die Karten sind meist an Klinkum 111a adressiert. Aus militärischen Geheimhaltungsgründen durften nur allgemeine Angaben gemacht werden. Der Tenor der Karten zeigt, dass sich Peter Jansen zurück in die Heimat sehnte und der Krieg schnell enden sollte. Als Unteroffizier gehörte er zur Feldfliegereinheit Pascha 300, die mit 12 Flugzeugen in Palästina eingesetzt wurde. Bis November 1917 weilte er noch in Konstantinopel und scheint danach unverletzt geblieben zu sein. Wegen der Wärme im Heiligen Land gab es auch keine Erkältung.
Über die Anzahl der kämpfenden Soldaten und den Gefallenen gibt es sehr unterschiedliche Angaben. Die Militärmission in Konstantinopel bestand zunächst aus 3000 Mann, sie wurde bereits ab 1913 eingerichtet. Der Erste Balkanzug mit Truppen und Material lief am 17.1.1916 am Kopfbahnhof in Konstantinopel ein. Auf deutscher Seite fielen nach bisherigen Erkenntnissen 530 Soldaten.
Die meisten Karten kamen aus Jerusalem bzw. Bethlehem, die aber in der Hauptstadt des Osmanischen Reiches abgestempelt wurden. Manche kamen erst fast einen Monat nachdem sie geschrieben wurden dort an. Drei Karten wurden aus Ägypten geschrieben und versandt. In dieser Zeit erfuhr er, dass ein guter Freund von ihm, Wilhelm Baltes aus Klinkum (1884-1916), im Lazarett starb und sein Bruder Heinrich in Frankreich fiel. Manche Karten wurden in Eile geschrieben. Einmal berichtet er, dass er ein Album mit geschnitzten Holzumschlag erworben hat, indem alle Blumen des Hl. Landes getrocknet und gepresst eingelegt waren. Besonders vermisste er den Kaffee, das Brot und die Wurst, Butter und das „schöne Kraut“ aus der Heimat.

Die Sinai-Palästina-Front war für Deutschland ein Nebenkriegsschauplatz, den die Mittelmächte gegen Großbritannien und die Entente führte. Auch der heute wieder stark umkämpfte Gaza-Streifen war 1916/17 Kriegsgebiet. Der deutsche General Kreß von Kressenstein musste sich vom Suezkanal zurückziehen. Im März/April 1917 konnte Kreß jedoch mehrfach den Einmarsch der Briten in den Gaza verhindern. Diese waren mit ihren Siedlungen und dem Eisenbahnbau bis auf 20 Km auf Chan Junis herangerückt. Erst im November 1917 wurde der Gaza von der Entente erobert.

Ein Klinkumer im "Pascha   Korps"
von Jochen Pothmann; Berker Bote Nr.15 v. August 2001
Im Jahr 1914 standen sich im Kampf um die Vorherrschaft über Europa, den angrenzenden Meeren und der Kolonien zwei Machtblöcke gegenüber. Auf der einen Seite hatten sich Großbritannien, Frankreich und Rußland verbündet, auf der anderen Seite bildeten Deutschland, Österreich/Ungarn und Bulgarien ein Bündnis, dem am 01.11.1914 das Osmanische Reich (einschl. Syrien, Libanon, Palästina und Irak) beitrat.
Als im November 1915 der türkische Kriegsminister Enver Pascha im Namen des Osmanischen Reiches das deutsche Kriegsministerium bat, Unterstützung mit einem Expeditions-Korps für den geplanten Feldzug von Palästina aus gegen die Engländer am Suezkanal zu gewähren, wurde sofort zugestimmt.
In Deutschtand begannen unverzüglich die Vorbereitungen zur Aufstellung dieses Korps. Das Kriegsministerium vertrat die Ansicht, durch diesen Angriff auf Ägypten die Engländer zu zwingen, starke Truppenteile von der Westfront abzuziehen und nach Nordafrika zu bringen. Es wurden für diesen Einsatz zusammengezogen und ausgebildet: ein Maschinengewehr Bataillon, vier Fliegerabwehrkanonenzüge, vier schwere Artillerie Batterien, drei Minenwerfer-Abteilungen, eine Flieger Abteilung mit sechzehn Flugzeugen und kleinere Brückentrain, Nachrichten, Kraftwagen, Sanitäts und Verpflegungs Formationen. Es waren rund 1.700 Soldaten, als deren Führer wurde Oberstleutnant Freiheer von Kress benannt; der Name "Pascha Korps" wurde festgelegt. In einem dieser Truppenteile diente Peter Jansen, ein junger Mann aus Klinkum. Sein Vater hatte dort eine Tischlerei.
Aus der Zeit dieses Einsatzes sind über zwanzig farbige Ansichtkarten erhalten. Sie befinden sich im Archiv des Historischen Vereins. Aus Geheimhaltungsgründen durfte Peter Jansen keine Aussagen zu dem Einsatz auf den Postkarten machen.
Nur aus den Daten der Feldpoststempel ist seine Verwendung bei diesem Feldzug abzuleiten. Weitergehende Einzelheiten sind zwei Arbeiten der Forschungsanstalt für Kriegs  und Heeresgeschichte aus den Jahren 1936 und 1938 entnommen.

Feldpoststempel aus dem Jahre 1916

Nach schwierigem Transport erreichte diese Formation zum Ende des Frühjahrs 1916 Palästina, wo sie mit der 3. türkischen Division zusammengeführt wurde. Hier mussten die Soldaten jedoch lange Wochen auf den Einsatz warten, da der Weiterbau der Eisenbahnlinie nach Süden nicht zügig vorankam. Die Aufstellung von Kamelkolonnen verzögerte sich ebenso, wie die Wassererschließung entlang der Bahnlinie.
Aus der Zeit vom 23.04.1916 bis zum 11.06.1916 sind dreizehn Feldpostkarten aus Jerusalem und Bethlehem erhalten.

Anfang Juli 1916 waren die Vorbereitungen abgeschlossen. Die Eisenbahnlinie war bis nahe an die ägyptische Grenze herangeschoben. Von dort sollte der Nachschub über Kamel¬kolonnen (16.000 Tiere waren zusammengezogen worden) abgewickelt werden. Die Wasserverhältnisse zwangen die Truppen entlang der alten Karawanenstraße im Norden der Sinai Halbinsel   parallel zur Mittelmeerküste  vorzumarschieren.

Aus dieser Zeit sind drei Postkarten (18.07.- 07.08.1916) von Peter Jansen erhalten.

Da der Vormarsch des "Pascha   Korps" den Engländern nicht verborgen blieb, stießen die Angreifer vom 04.08.1916 an auf  heftige Abwehr, die schon bald dazu zwang, den Angriff einzustellen und dem Druck der nun angreifenden Engländer durch Rückzug zu entgehen.
Im Oktober erreichte das "Pascha Korps" Palästina. In den letzten Monaten des Jahres 1916 stießen die Engländer mit immer größeren Truppen nach Palästina vor und im April fanden heftige Kämpfe um Gaza statt. Nachdem am 09.12.1911 Jerusalem gefallen war, gaben die Türken Palästina auf und zogen sich weiter nach Norden zurück.
Die letzte erhaltene Karte von Peter Jansen trägt das Datum 08.11.1917. Sie wurde in Konstantinopel abgestempelt. Über das weitere Schicksal des Klinkumer Teilnehmers an diesem Feldzug im vorderen Orient ist leider nichts bekannt.
Keine der in Palästina kriegsführenden Seiten hatte noch Kräfte und Material, um eine Entscheidung herbeizuführen. Daher ruhten hier die Kriegshandlungen bis zum Zusammenbruch des Osmanischen Reiches, das nach dem Waffenstillstand am 30.10.1918 in Mudros und im Friedensvertrag von Lausanne am 24.01.1923 als „Türkei“ ohne frühere Besitzungen anerkannt wurde.

Feldpostkarte aus Jerusalem von 1916,  Archiv: Historischer Verein Wegberg
Gestiftet von H.J. Kohlen – Klinkum

Verwendete Literatur:
Hans Herzfeld: Der Erste Weltkrieg
Dr. Hans-Adolf Jacobsen: Der Erste Weltkrieg
Gregor Schöllgen: Das Zeitalter des Imperialismus
Forschungsanstalt für Kriegs- und Heeresgeschichte 1936: Der Weltkrieg 1914 bis 1918
Kriegsgeschichtliche Forschungsanstalt des Heeres 1938: Der Weltkrieg 1914 - 1918


04.04.2024 - Dietmar Schmitz, Klinkum
Der Besitz des Marienstiftes Aachen in Rickelrath
In  einem erneuerten Lehnsregister des Marienstiftes aus dem Jahre 1612,  sind acht Eintragungen zu Rickelrath erfolgt. Aus dem Beecker Kirspel  finden sich fünf Eintragungen.
Das  Lehnswesen hat sich im Mittelalter herausgebildet. Es war zunächst ein  Privileg des Königs, der seinen Besitz an Vasallen übertrug. Dies wurde  bis auf die unterste Ebene heruntergebrochen. Der Lehnsherr (oder  Grundherr) war dann z.B. der niedrige Adel der einen Hof an seinen  Vasallen (ein Bauer als Lehnsmann) gegen eine Abgabe übertrug. Das  Lehngut konnte mit zusätzlichen Pflichten beschwert sein, zum Beispiel  in Kriegszeiten mit der militärischen Gefolgschaft, die zu leisten war.  Ein Lehen musste nicht zwangsläufig aus einem Hofgut mit seinen  Ländereien bestehen, es konnte auch nur aus Ländereien oder einer Mühle  als Teil eines Lehens vergeben werden. Die Aufzeichnungen im Buch aus  dem 16.Jh./17.Jh., also zu Beginn der Neuzeit, belegen schon die  stärkere Zersplitterung der Lehen. Mal handelt es sich um ein halbes  Lehen, dann um ein halb vierdel Lehen (3/4 Lehen) usw.
Im  Folgenden führe ich nur den Namen des Lehngutes mit dem ursprünglichen  Lehnsträger auf und den Inhaber bei der Erstaufnahme, die  Fortschreibungen reichen bis zum Jahr 1630, zumeist blieb das Lehen in  der Familie des ersten Lehnsträgers.
1)  Vom Mulerpesch Gut, als halbes Leen von Gerhardt des Wilden, jetzt  genannt Gerhardt Mennen Stockgut dat Gerardt Thewes an gehen Ende  afgegolden hat.
2)  Von Morrengut ein ganzes Leen des Johann des Wilden, davon als halbes  Leen Lenardt Johans Sohn entfangen nach dem Tode seines Vaters
3) Vom vorstehenden Morrengut, ein halbes Leen des Gerhardt des Wilden hat nun Lenardt Irmen Sohn nach dem Tod des Vaters.
4) Johann des Wilden von Geirken Beckers Gut ein halbes Leen
5) Heyn Voeß von Henneken Voesen Hove gelegen beneven Johann des Wilden, ein ganzes Leen
6) Heyn Voeß van der Wynnlen – ein halff vierdel Leen
7) Johann Mentgens van der Wynnlen – ein vierdel Leen, dass Theiss Kirstgens gekauft hat
 Menken van Rickelraid van der Wynnlen dat Peter Tielen gewest ist  einhalf vierdel Leen, dass nun Johann Mentgens in der Hand hat.
Das Lehen Nr. 3 hat später Arret Hermans auß der Newenmühlen (Neumühle) verschrieben bekommen (1630).
Das Lehen Nr. 5 hat 1612 Stephen in der Newermühle in Besitz.
Weitergehende  Informationen sind beim Autor zu bekommen. Im Bild der Eintrag von 1630  mit dem Empfang des Lehens durch den Müller Arrit Hermans.


März 2024
27.03.2024 - Dietmar Schmitz, Klinkum
Ein Osterhase wird 70

Wage  Erinnerungen, ein paar Fotos und – ja, dieser alte Osterhase haben es  bis in die heutige Zeit geschafft. Meine Eltern sind schon lange  verstorben, auch mein Cousin auf dem Foto links und seine Eltern sind  schon lange tot. Auf dem Foto von 1957, handkoloriert von meinem Vater,  zwei weitere habe ich noch in schwarz-weiß, dort ist der Hase besser zu  sehen, lugt er unten links hervor. Mein Hase und das Fotoalbum im  Hintergrund stammen aus dem Jahre 1954.
Hasen  galten als Boten der germanischen Frühlings- und Fruchtbarkeitsgöttin  Ostara. Möglicherweise leitet sich von ihrem Namen der Begriff Ostern  für das Auferstehungsfest Christi ab. Zudem galt der Hase zu der Zeit,  als Byzanz das zweite christliche Zentrum der Welt war (565 bis 1453),  als Symbol für Christus.
> Mehr hierzu beim NDR und der ARD Mediathek
https://www.ndr.de/.../Ostersymbole-Was-bedeuten-Hasen...
Anstatt  Postkarten mit einem Ostergruß zu verschicken, wie es damals üblich  war, heute abgelöst durch E-Mails oder Whats-App Nachrichten, hier der  Gruß von mir und dem Historischen Verein Wegberg zum Festtag, wir  wünschen allseits „Frohe Ostern“.
Die ersten Grußkarten, nicht Ansichtspostkarten, stammen überraschenderweise schon aus dem 15. Jahrhundert.
> Mehr hierzu mit einem Bericht über Historische Ostergrußkarten
27.03.2024 - Dietmar Schmitz, Klinkum
Perlen aus dem Archiv – Ein antiquarisches Buch
Vor  wenigen Wochen wurde mir ein altes Buch aus dem Jahre 1804 übergeben.  Das Buch ist in französischer Sprache verfasst und wurde auch in  Südfrankreich erworben. Der Titel lautet: Statistique du Département de  la Roer.
Wegberg  war zu dieser Zeit seit Jahrhunderten geteilt. Der kleinere Teil der  Gemeinde mit Dorp, Tüschenbroich und Geneiken gehörte zum Herzogtum  Jülich, Unterherrschaft Tüschenbroich im Amte Wassenberg. Der weitaus  größere Teil von Wegberg und den dazugehörigen Orten gehörte jedoch zum  ehemaligen Herzogtum Geldern. Die unsichtbare Grenze verlief mitten  durch Wegberg. Nach dem Einmarsch und der Besetzung des Rheinlandes durch die französischen Truppen im Jahre 1794 und der danach erfolgte Eingliederung des linksrheinischen Gebietes zu Frankreich, blieb die  Teilung von Wegberg bestehen. Das hatte zur Folge, dass der kleinere  Anteil von Wegberg zum Département de la Roer gehörte, mit der  Hauptstadt Aachen. Der größere Teil von Wegberg gehörte zum Département  de la Meuse-Inférieure (untere Maas od. Niedermaas) mit der Hauptstadt  Maastricht.
Im LVR-Portal "Rheinische Geschichte" finden Sie unter "Orte und Räume" weitere Informationen zum Roerdepartement.
Die  Eintragungen, die im oben erwähnten Buch über Wegberg zu finden sind, beziehen sich demnach auf den jülichscher Teil. Bemerkenswert dabei ist  die Schreibweise verschiedener Ortsteile. Das interessanteste für mich waren die beiden beigefügten Karten, insbesondere die zum  Roer-Département.

Genau  diese Einteilung mit den Namen findet sich auf der Karte. Das andere Beispiel betrifft die heutige Gemeinde Schwalmtal, hier ist der „Fle[c]k  Waldniel“ für Burgwaldniel und das Kirspel (Kirchspiel) Waldniel (Roter  Pfeil). Wobei die letztere Bezeichnung dem Kartografen etwas verrutscht  ist, es liegt hier bei Bracht. Das andere negative Beispiel ist die  Ortschaft „Myhl“ die normalerweise zwischen Wildenrath und Wassenberg  liegt. Auf der Karte allerdings viel weiter im Westen liegt zwischen  Heinsberg und Karken fast an der niederländischen Grenze, dafür liegt Waldfeucht (Grüner Pfeil) in der Nähe von Wassenberg. (Siehe  Kartenausschnitt)
Im Arrondissement (Bezirk) de Crévelt, zu dem der Canton Erkelenz gehörte, lagen die Mairien Beeck und Wegberg.
Zu Beeck gehörten die Orte (Hameaux): Bath (Rath), Holtum, Anhoven, Kipshoven, Isengraven, Fössenberg (Flassenberg), Morshoven, Melbusch, Feldehoff, Gribshoven, Koxbach (Kixheide bei Berg) Ellinghoven, Reiche (ob damit die Freiheid gemeint war, ist fraglich) dazu un moulin á Vent (Windmühle Holtum) aber keine  Wassermühle!, mit insgesamt 2415 Einwohnern.
Zu Wegberg gehörten Tüschenbroich und Gequecken  Geneiken), die Ortschaft Dorp ist nicht erwähnt, hier wurde 841 Einwohner gezählt.
Diese Karte weist einige Besonderheiten auf. Zunächst  die Positiven, festgemacht an zwei Beispielen aus der unmittelbaren  Nachbarschaft. Die Stadt Gladbach (heute Mönchengladbach) war zur  damaligen Zeit in drei Mairien (Bürgermeistereien) unterteilt:  Obergeburth, Unterniedergeburth und Oberniedergeburth (Blauer Pfeil).
https://de.wikipedia.org/wiki/Mairie
Übrigens wurde die Teilung von Wegberg erst 1820 beseitigt, also erst sechs Jahre nach der Übernahme durch Preußen. Lesen Sie hierzu den Presseartikel in der Rheinischen Post vom 21.12.2019 "Wegberg vor 200 Jahren vereinigt".
Die dort gezeigte Karte aus dem Jahre 1801 zeigt den Grenzverlauf detailliert.
23.03.2024 - Dietmar Schmitz, Klinkum
Die Wegberger Sandwerke
Geläufig ist uns die Kiesbaggerei Josef Jansen mit ihren beiden Baggerseen am Abzweig vom Grenzlandring nach Klinkum und den großen Gruben an der Kahrbahn, wobei eine inzwischen verfüllt wurde. Seit dem vergangenen Jahr hat die Firma Umweltservice Feger das Werk von Jansen übernommen.
Weiterhin bekannt sind die Firmen Beton Wolters mit ihrer Sandgrube in Wegberg-Busch und Straßenbaustoffe Heyer in Kipshoven an der B57 mit ihren großen Abbaugruben.

Aber die Wegberger Sandwerke GmbH?
1916 heißt es in einer Anzeige, dass die Firma grünen Formsand für Stahlgießereien verkauft und einen Platzvertreter sucht. Damit ist ein erster Hinweis gegeben, wo die Sandgrube zu suchen ist und zum zweiten ist klar, dass es sich um die Unterstützung der Kriegswirtschaft handelt.
Den grünen Formsand findet man in der riesigen Sandgrube zwischen Rosenthal und Dalheim, die einen eigenen Bahnanschluss hatte. Im September 1916 kam es zu einem Unfall auf dem Gelände. Ein Mann wurde verschüttet: Durch die schweren Verletzungen verstarb er am nächsten Tag im Wegberger Krankenhaus. Er hinterließ eine Frau mit kleinen Kindern. Es handelte sich um den 48 Jahre alten Arbeiter Hermann Wolters aus Watern, der mit Anna Barbara Buschfeld verheiratet war.
In der Folge werden mehrere neue Mitarbeiter gesucht, so ein Perlon (Maschinenführer) und ein Meister oder Vorarbeiter. Dazu benötigte man ein gutes Fuhrwerk zum Transport von Sand.
Aus dem Handelsregister-Auszug des königlichen Amtsgerichtes in Wegberg geht dann hervor, wer denn überhaupt der Eigentümer war. Der Kaufmann Franz Billmann (1865-1937) und als stellvertretender Geschäftsführer Carl Billmann (1862-1941), Gründer der Niederrheinischen Leinenweberei in Wegberg. Das Stammkapital der Firma betrug 20.000 Mark. 1917 wird unter dem Motto „Kriegshilfsdienst“ ein älterer Heizer oder Maschinist gesucht. Als zusätzlicher Anreiz bot man freie Wohnung mit Garten und eine Stallung oder freie Kost und Logis.
In Rosenthal bzw. Dalheim wurden täglich mehrere Waggons mit „Ia. Rosenthaler Formsand“ gefüllt und zu den Hochöfen ins Ruhrgebiet transportiert, wie es hieß. Im März 1922 wurde der Sitz der Firma von Wegberg nach Süchteln verlegt. Die Eintragung erfolgte beim Handelsgericht in Dülken noch unter dem Namen Wegberger Sandwerke. Neuer Geschäftsführer wurde Eduard Bong und sein Stellvertreter Max Clevers, beide Kaufleute in Süchteln. Die Gebrüder Billmann schieden aus. Erst danach wurde die Firma in Bong´sche Mahlwerke (auch Rosenthaler Sandwerke) umbenannt.
Uwe Heldens hat als "Der Westreporter" hierzu ein Video mit viel Beschreibung veröffentlicht: Angeflogen: Ehemaliges Sandwerk in Rosenthal
Fazit - die Geschichte des Sandwerkes müsste nach diesen Quellenfunden, Kopien im Archiv des Verfassers, umgeschrieben werden.

19.03.2024 - Dietmar Schmitz, Klinkum
Der Pfalzgraf Immo und Wegberg
Wir müssen schon weit zurückblättern um diese Geschichte zu verstehen. In comitatu Eremfredi (in der Grafschaft des Ehrenfried) heißt es in der Urkunde die Kaiser Otto I. in Aachen im Jahre 966 ausstellte.

In pago mulehkenne (im Mühlgau) lagen Güter des Pfalzgrafen Immo (comes Immom). Über ein Fünftel des Gebietes konnte er verfügen. Immo (ca. 910 geboren, nach 977 gestorben) war amtierender Graf in Betuwe, Hespengau, Lüttichgau und Maasgau, die allesamt zum Herzogtum Niederlothringen gehörten. Lothringen? – ist das nicht da, wo sich der Schwarzwald und die Vogesen gegenüberliegen? Ja – das ist Oberlothringen, der andere Teil des Herzogtums Loth(a)ringen, die Teilung fand 959 statt. Nach dem Tode Herzog Giselbert II. von Lothringen (+ 939) übernahm Immo dessen mächtige Festung Chèvremont bei Lüttich.
Soweit es die Quellenlage hergibt ist festzustellen, dass Immo ein zwiespältiger, wankelmütiger Mensch war. Wie es so schön heißt, hing er sein Fähnchen gern wie der Wind wehte, um seinen Vorteil zu suchen. Dabei scheute er auch nicht vor Verrat zurück, um seine Position zu stärken. So war er zuerst auch ein Gegner Kaiser Otto I., dann wechselte er die Seiten. Dann wiederum verbündete er sich mit Anderen und scheiterte. Otto I. nahm ihn jedoch in Gnaden wieder auf.
Das wiederum war ein Glücksfall für die Wegberger Geschichtsschreibung. In der oben erwähnten Urkunde musste er zahlreiche Güter aus dem Mühlgau an das Aachener Marienstift abtreten. Darunter waren drei Orte aus dem Stadtgebiet Wegberg, die hier erstmals urkundlich in Erscheinung treten. Aus dem Amte Erkelenz (siehe Foto) waren es neben Herclinze (Erkelenz) und Hostrich (Oestrich), Berge (Berck/Wegberck), Richelferod (Rickelrath) und Uazzarlar (Watern), die wie Brempt und Krüchten zum platten Land von Erkelenz gerechnet wurden. Immo erhielt im Gegenzug den Hof Gelmen im Haspengau in Lüttich/Belgien, aus dem später die Grafschaft Loon hervorging.
Das Marienstift besaß noch nachweislich Mitte des 17. Jahrhunderts Güter in Rickelrath und Klinkum. Die Lehnsträger mussten weiterhin Zahlungen an das Marienstift als Grundherr leisten, unter anderem auch von einer Mühle in Rickelrath. Die Bewohner des Amtes Erkelenz mussten zu Kriegszeiten mit Harnisch und anderer Wehr die Stadt Erkelenz verteidigen, also auch die Wegberger.
Seit etwa zehn Jahren wird versucht den kleinen Ortsteil Berg als Keimzeile des Hauptortes Wegberg hervorzuheben. Dabei werden andere, aussagekräftigere Belege außer Acht gelassen, einmal die Erwähnung des Berges (Gut/Burg/Motte) „to Op hove“, und des zweiten geldrischen Lehens „die Rossweide“ (13./14.Jh.) Zum Zweiten die Abbildungen in kartographischen Werken, mit Ophoven und Berck (ab 16.Jh). Die Ortschaft Berg ist erstmals 1777 in einer Karte eingezeichnet. Wäre Berg wirklich so bedeutend gewesen, gäbe es bestimmt mehr Belege dazu. Erst Mitte des 19. Jhs. erwähnt Kaltenbach in Berg Reste einer Burg, die hinter dem heutigen Bauhof gelegen haben soll.

06.03.2024 - Dietmar Schmitz, Klinkum
Zeugnisse des Krieges
Vor  dem Hintergrund des Krieges auf dem europäischen Kontinent und der alljährlichen Berichterstattung in den Medien über die Ereignisse des Zweiten Weltkrieges in Deutschland und darüber hinaus in vielen anderen Ländern, stellt sich die Frage, gibt es heute noch sichtbare Spuren in  Wegberg?
Die  Auswirkungen und Folgen für die Menschen – damals wie heute – sind dramatisch. Für uns Außenstehende kaum fassbar. Neben den körperlichen  und seelischen Verletzungen stehen die traumatischen Erlebnisse.
Was viele nicht wissen, bei einer der Angriffe auf das Rheinland bzw. auf  Wegberg blieb bis heute eine Spur in einer Wegberger Kirche zurück. Die äußerlichen schweren Schäden an Kloster und Kirche, die von Bomben und  Artillerie hinterlassen wurden, sind längst beseitigt. In der Kirche St.  Peter und Paul kann man beim genaueren Hinsehen ein Loch von einem  Artillerietreffer aus dem Jahre 1945 entdecken. Er befindet sich im Schalldeckel der Barock-Kanzel. In Merbeck im Innenhof eines Bauernhofes auf der Hallerstraße im Tor bzw. im Mauerwerk.
Wesentlich zahlreicher sind jedoch die Relikte des Zweiten Weltkrieges in den Wäldern um Wegberg. Vor zwei Jahren fand zum ersten Mal eine militärhistorische Führung in Dalheim statt. „Auf Spurensuche entlang  des Westwalles im Dalheimer Wald“ war das Motto von Oliver Hermanns und  Markus Morgenweg, die bereits mehrfach in Wassenberg solche Führungen  angeboten hatten. An verschiedenen Stellen zeigten sie den teilnehmenden Gästen Kabelkästen für die Telefonverbindungen, angesprengte Bunker, Erdbunker, einen Panzergraben und Grenzsperren.

Für  das Jahr 2025 ist 80 Jahre nach Kriegsende eine ähnliche Führung in den Wäldern von Klinkum, Harbeck und Merbeck geplant. Hier finden sich noch  gut erhaltene und sichtbare Laufgräben mit dazugehörigen Erdbunkern, ein  mächtiger Panzergraben und MG-Stellungen. In Harbeck eine Flakstellung  mit drei Geschützen-Standorten, wobei eine Beton-Bodenplatte für das  Geschütz noch erhalten ist, da herum gruppiert die Erdbunker und  Munitionslagerplätze. Eine weitere Platte liegt mitten im Feld und ist  nicht mehr zu sehen. Das vierte Geschütz stand im Merberker Wald, dort  ist die Bodenplatte ebenfalls erhalten und die Kabelschächte für die  Verständigung. Der Standort für die beiden Scheinwerfer-Anlagen ist nur  für Harbeck bekannt, der Standort in Rickelrath ist noch ungewiss.
Nur  der auf einem Firmengelände erhaltene intakte Bunker in Dalheim steht  unter Denkmalschutz. Alle anderen Objekte sind bis jetzt kein  Bodendenkmal. Ein kurz hinter der Kreisgrenze liegender Bunker in  Blonderath wird heute noch von einer Jugendgruppe des CVJM Anrath als  Vereinsheim genutzt und ist bei besonderen Führung zu besichtigen.
Auf  Friedhöfen und an anderen öffentlichen Plätzen sind Ehrenmale und Gedenksteine aufgestellt worden. Inzwischen wurden zur Erinnerung auch  die ersten Stolpersteine verlegt. Manche Folgen des Krieges sind aber  noch weniger bekannt, wie zum Beispiel ein Massengrab der Zwangsarbeiter  auf dem Wegberger Friedhof. Im Herbst vergangenen Jahres wurde auf dem  Dalheimer Friedhof eine erste Stele für die erschossenen  Zwangsarbeiterinnen aufgestellt.
Passend zum Thema hält Markus Morgenweg am Dienstag den 12. März einen Vortrag „Der Westwall im Kreis Heinsberg“. Er findet im Gemeindehaus der evangelischen Kirche, Martin-Luther-Straße in Wegberg statt. Beginn ist um 18.30 Uhr.

04.03.2024 - Dietmar Schmitz, Klinkum
Kino, Kino
Hier handelt es sich nicht um eine Fernsehsendung des Bayerischen Rundfunks. Große Lichtspielhäuser gab es in Wegberg nicht. Vor kurzem wurde in der Rheinischen Post eine Bilderserie der Kinos in Mönchengladbach und Rheydt vorgestellt.
Solche  Aufnahmen von den Kinos in Wegberg gibt es leider nicht. Das erste Filmtheater, wie es früher auch genannt wurde, befand sich in der Hauptstraße 45. Der vordere Teil des 1927 erstellt Neubaues durch die Firma Quasten und Göpfert steht noch. Bauherren waren die Geschwister Sassen, die ein Manufakturwaren-Geschäft betrieben. Im Bauantrag für das Central-Theater ist aber immer nur Peter Sassen genannt. Das Grundstück mit dem Kinosaal reichte bis zur Grachtstraße (Einbahnstraße). Die heutige Stichstraße An der Gracht war damals nur ein kleiner Dienstbarkeitsweg, der von der Erkelenzer Straße (heute Masseiker Straße) bis zum Kinosaal reichte.

Blick in die Hauptstraße mit den im 2. Weltkrieg zerstörten Gebäuden
Der Kinosaal wurde im Rahmen der Stadtkernsanierung 1995 abgebrochen. Im Kino selbst kam es 1930 zu einem Brand, bei dem Filme und Mobiliar vernichtet wurden. 1938 wurde ein  Bauantrag für eine Renovierung gestellt. Bereits zu dieser Zeit fanden hier Tanzveranstaltungen statt, als der Mandolinenklub „Treue Freunde“ aufspielte. Nur an drei Tagen fanden Filmvorführungen statt, freitags war Programmwechsel. Im Parterre-Raum waren 298 feste Stühle, auf dem Balkon 48 weitere.
Im September 1951 standen folgende Filme auf dem Spielplan:
  • Gruß und Kuß aus der Wachau  (ursprünglich eine Operette, dann ein Liebesfilm mit Fritz Schulz von 1950)
  • Sturm über Arizona (ein Western von 1944)
  • Unvergängliches Licht (Drama von 1951)


Wann genau Heinrich (Heinz) Stepprath das Kino übernahm, ist noch nicht endgültig geklärt. Er stellte 1964 den ersten Antrag für eine Nutzungsänderung, er wollte eine Tanzfläche einrichten (einige Schulfreundinnen sagen, es war die erste Diskothek in Wegberg). 12 Sitzreihen blieben erhalten für weitere Kinovorführungen. Es blieben 200 Sitzplätze. Die zweite Nutzungsänderung erfolgte 1973, als die Firma  Stroms als Mieter einzog und einen Selbstbedienungsladen einrichtete.  Das Gebäude ist weiterhin im Besitz der Tochter von Herr Stepprath.

Das "Filmtheater" auf der Hauptstraße im Jahre 1957.
Das Plakat auf dem Foto verweist auf die Verwechslungskomödie "Der kühne Schwimmer" hin.

Heinz  Stepprath war es auch, der das zweite Wegberger Kino 1956 an der Beecker Straße errichten ließ. Das Gebäude mit dem markanten Treppenturm, als optischen Blickfang wurde vom Wegberger Architekten Peter Kniest  entworfen. Als das große Kinosterben in Deutschland einsetzte, kam um 1967 zur Schließung des Residenz-Kinos. Nach einer Werbeanzeige aus dem folgenden Jahr hatte der Verbrauchermarkt Grenzland von A. Herburger hier eröffnet. Im Jahr 2020 wurde nach zahlreichen Mieterwechseln der  Kinosaal selbst abgerissen. Im vergangenen Jahr wurde von der Familie  Herburger-Dahmen ein Neubau für Praxisräume errichtet. Glücklicherweise blieb der nun renovierte Treppenturm erhalten.

Gebäude des früheren Residenz-Kinos an der Beecker Straße, zum Zeitpunkt der Aufnahme als Verbrauchermarkt genutzt

Und  dann gab es da noch ein drittes Kino in Arsbeck auf der Heider Straße  21-25. Die ehemalige Gastwirtschaft Zahren wurde durch die Familie Nolten zu einem Kino umgebaut. Das war im Jahre 1956/57. Der Saal wurde zuletzt ebenfalls als Diskothek genutzt. Das Gebäude wurde im Jahre 1995  ebenfalls abgerissen.
Damit  endet die Wegberger Kinogeschichte. Bedauerlicherweise sind nur sehr  wenige Aufnahmen von den Kinos vorhanden.
> Wer uns mit Fotos von Außen- und Innenansichten sowie von weiteren Utensilien, wie Kinokarten oder Plakaten, aushelfen kann, möge sich bitte bei uns melden.

01.03.2024 - Dietmar Schmitz, Klinkum
Ein Update zum Beitrag vom 19.02.2024 "Wer kennt Schwielengras?"
Unser Aufruf hat jetzt zum Erfolg geführt: Uli Dierkes, ein aufmerksamer Leser aus Beeck hat sich gemeldet und den entscheidenden Hinweis gegeben. Es handelt sich um einen Lesefehler, es muss "Schmielengras" heißen. Die Waldschmiele wird auch Goldtau genannt. Inzwischen wird sie als Zierpflanze verwendet.
Heute erzählte ein Klinkumer, dass im Wald, wo früher der Feuerwehrturm stand, noch Schmielengras wächst und dass sein Vater davon früher eine Krippe gebaut hätte.

Februar 2024
27.02.2024 - Dietmar Schmitz
Der Weinbuschgens-Pfad
Das  historische Straßennetz unterscheidet sich stark von den heutigen Verkehrswegen. Nur noch selten ist der ursprüngliche Verlauf einer Straße oder eines Weges erkennbar. Hauptsächlich bei den überörtlichen  Fernstraßen orientiert sich der Weg, zum Beispiel bei der Bundesstraße  57 an der ehemaligen Streckenführung. In den letzten 200 Jahren gibt es durch Flurbereinigungen sehr oft neue Linienführungen. Da die ehemaligen  Wege die Landschaft zerteilten und durch häufige Erbteilung Parzellen immer kleiner wurden, begann man bereits vor dem zweiten Weltkrieg mit einer Neuparzellierung.
Viele alte Wege orientierten sich an den örtlichen Begebenheiten. Eher selten  sind Straßenbezeichnungen in alten Karten. In einer der ersten  genaueren Karten für Wegberg, erstellt durch den französischen Geografen  Jean Joseph Tranchot, der die topographische Aufnahme der Rheinlande  (von 1801-1814) vornahm, ist der Weinbuschgenspfad eingetragen.

Folgt  man dem Verlauf stellt sich heraus, dass es sich bei diesem Weg  ebenfalls um einen Mühlenweg handelt. Beginnend an einer so genannten  „Wegspinne“ an der Ophover Mühle in Wegberg-Forst und endend an der  Bockenmühle in Watern.
Eine  Wegspinne ist ein alter Verkehrsknotenpunkt an dem mehrere Wege  zusammentreffen. Oft stand an dieser Stellte eine Landmarke, wie ein  großer Baum oder ein Wegekreuz. Sowohl an der Ophover Mühle stand ein  Kreuz, bis zu der Zeit, als die neue Sportplatzanlage des SC Wegberg  gebaut wurde (das heutige Hans-Gisbertz-Stadion), als auch an der  Bockenmühle, wo heute noch ein Kreuz steht.
Das  Kreuz von der Ophover Mühle (es ist das zweite Kreuz, das Ursprüngliche  war nur noch teilweise erhalten) wurde an der Ecke Echter Straße  (früher Schulstraße) und Markusstraße neu aufgestellt.
Zurück  zum Weinbuschgenspfad: Der alte Weg ist noch teilweise im Gelände sichtbar. Zunächst verlief er etwas abgewinkelt zum Uevekovener  Kirchenpfad, der auch zur Ophover Mühle führte. Dieser durchschnitt die  Ziegelgrube der Ziegelei Keller, links der Erkelenzer Straße gelegen  Richtung Uevekoven (zum Teil noch vorhanden), der Weinbuschgens-Pfad  schwenkt am heutigen Uevekovener Knoten (am Grenzlandring) nach rechts  ab und läuft als Feldweg entlang des Ziegeleigeländes von Simons Richtung Tüschenbroich. Oben auf der Höhe der Lüh, der Weg, der am  Wasserturm vorbei führt, knickt er nach rechts Richtung Watern ab.  Dieser Weg ist nun geteert. Vergleicht man die Abbauwand an der Alten  Ziegelei erkennt man einen Höhenunterschied von fast 20 Metern.
Ob  der Pfad seinen Namen von Weinstöcken hat, die möglicherweise auf  dieser Anhöhe angepflanzt wurden, kann keiner mehr sagen. Rebstöcke in  unseren Breitengraden waren aber nicht ganz unüblich, soviel ich weiß, sind sie für Erkelenz-Lövenich überliefert. Im Rentenbuch der Pfarre  Wegberg taucht der Weg 1756 als Winnenbuschgenspfad auf. Bei der  Anlegung des Urkatasters 1824 ging die Wegebezeichnung auch auf eine  Gewannbezeichnung über. So blieb der Name zumindest im Kataster  erhalten, eine Straßenbezeichnung, die auf diesen alten Namen hinweist,  gibt es aktuell nicht.
Auf dem Kartenausschnitt ist der Weg eingezeichnet ab Mühlen-Kreuz. Die neue Feuerwache durchschneidet heute diesen Weg.
23.02.2024 - Dietmar Schmitz
Chance verpasst – ein Geschichtspfad für Klinkum
Vor  etwa zwei Jahren bin ich vom Dorfausschuss Klinkum gebeten worden,  Vorschläge für Hinweisschilder zu besonderen Objekten im Dorf zu  unterbreiten. Diese Schilder sollten noch zur 625-Jahr-Feier aufgestellt  werden. Der Ausschuss hatte im Jahr zuvor eine Fahne entworfen, mit  einem ortsspezifischen Wappen, die zur Feier präsentiert werden sollte.
Mein  Vorschlag für die Infotafeln orientierte sich an die im Stadtgebiet  bereits aufgestellten Mühlentafeln und die im Museum Schrofmühle  angebrachten Schautafeln, die die Historie der Mühlen darstellen.
Für Klinkum bot sich auf Grund der alten Siedlungsform, als langgestrecktes ehemaliges Waldhufendorf, ein Geschichtspfad an.
Als  Gliederung sollten die sieben Nachbarschaften dienen. Da sich auf der  über zwei Kilometer langen Römerstraße in den letzten 30 Jahren ein  Neubaugebiet entwickelt hat, ohne geschichtlichen Hintergrund, war hier  eine zusätzliche Tafel vorgesehen. Insgesamt waren neun Tafeln geplant,  die an prägnanten Standorten aufgestellt werden sollten. Zusammen mit  dem Designer der Museumstafeln haben wir das Konzept mit dem  Dorfausschuss erörtert. Auf der wesentlich größeren Projektionsfläche,  wäre eine umfassendere Darstellung der Klinkumer Geschichte, auch zu  weniger bekannten Details der Ortsteile, die in keinem Geschichtsbuch zu  finden sind, möglich gewesen.
Ein  wesentlicher Punkt, warum der Vorschlag nicht umgesetzt werden konnte,  war die Kostenfrage. Ein ähnliches Projekt sollte in Rheindahlen vom  dortigen Geschichtsverein umgesetzt werden, die mit einem vielfach  höheren Betrag kalkulierten und sich öffentliche Gelder sicherten.
Der  Klinkumer Dorfausschuss hat sich dann für die kleinere Lösung  entschieden. Die ersten Schilder wurden über den Heimat-Scheck  finanziert und so wurden im vergangenen Jahr an sechs Stellen zu  ausgewählten Objekten, die Geschichte des Denkmals vorgestellt.
Der  Geschichtspfad, als optischer Blickfang für Besucher (Touristen) und  damit die Chance der Präsentation der Geschichte vor Ort, wurde damit  vertan. In Klinkum werden an mehreren Stellen Ferien- und  Monteurs-Wohnungen angeboten.
20.02.2024 - Dietmar Schmitz
Die Wüstung Dassenberg (Dachs Berg)
Bei  Wüstungen handelt es sich um aufgelassene Ansiedlungen. Zumeist ist  heute von den Häusern nichts mehr sichtbar. Im Wegberger Stadtgebiet  gibt es mindestens zwei solcher Orte. Da ist zu einem Brühl eine Häuser-  oder Hofgrupe im Tüschenbroicher Wald Richtung Uevekoven. Dort waren  früher der Brühler Hof und eine Motte. Der Hof war bereits im 16./17.Jh.  ein Lehen der Herrschaft Wickrath. Das heißt, die jeweiligen der  Reichsfreiheit Wickrath hatten die Grundherrschaft. Sie verpachteten die  Güter, so den Brühler Hof und ein weiteres Lehen in Tüschenbroich, den  gegenüber liegenden Kummerter Busch. Der Brühler Hof hatte danach eine  sehr wechselvolle Geschichte. 1711 lebten hier drei Familien.
Die  andere Wüstung ist Dassenberg, zwischen Petersholz und Arsbeck gelegen.  Heute erinnert die Straßenbezeichnung Dachsenberg noch daran.
Petersholz  ist als Ortschaft erst ab 1860 besiedelt worden. Das umliegende  Waldgebiet, das Sankt Petersholz, war eine spätmittelalterliche Allmende  (Gemeinschaftswald) und wurde Mitte des 19. Jahrhunderts parzelliert,  zum Teil gerodet und verkauft. Der Dachs Berg wird schon 1806 in der  Tranchot-Karte erwähnt. Dabei handelt es sich um ein zirka 10 Meter  oberhalb des Helpensteiner (Helfensteiner) Baches gelegenes Plateau, das  um 1890 mit vier Häusern bebaut war.
Warum  der verstorbene Dremmener Heimatforscher und Museumsleiter Leo  Gillessen in seinem Buch die Ortschaften im Kreises Heinsberg sagt, er  bezweifelt die Existenz dieser Wüstung, entzieht sich unserer Kenntnis.
Der  Arsbecker Gerhard Consoir hat in seinem 1964 veröffentlichten Artikel  zum Dassenberg nachgewiesen, dass dort fünf Familien wohnten und sogar  von einem Haus ein Foto abgebildet. Nach einem Brand von 1909 wurden  zwei Häuser vernichtet.
Nach seiner Auflistung wohnten dort:
a) Jakob Schmitz und Frau mit neun Kindern
b) Heinrich Kebeck und Frau mit fünf Kindern
c) Heinrich Küppers und Frau mit 3 Kindern (Foto vom Haus)
d) Heinrich Schmitz und Frau mit acht Kindern, 1912 Ackerer = Klinkum 132
e) Jakob Flachs und Frau mit sieben Kindern, 1912 Jagdaufseher  = Klinkum 131
Um  1910 kaufte Anton Raky den Eigentümern ihre Häuser und die Grundstücke  ab. Zwei behielten ihr Wohnrecht. Der letzte Einwohner verließ um 1918  sein Haus, das um 1920 einstürzte.
Bis vor einigen Jahren war dort der Campingplatz der Familie Steinwartz.

Auf  der Fotomontage ist bei der sw/ws Karte die Situation um 1893  dargestellt, die farbige Karte zeigt die Stelle um 1806 und eingeblendet  das Haus von Küppers.

19.02.2024 - Dietmar Schmitz
Ein Besuch im Museum
Eine  Welt im Wandel – so heißt die neue Dauerausstellung im LVR-Landesmuseum  in Bonn. Hier wird die wechselvolle Geschichte des Rheinlandes neu  erzählt. So beginnt der Ausstellungskatalog „LUX 2/2023“ der Online  abrufbar ist. Eine Zeitreise durch die Ausstellung auf mehreren Ebenen  ist hier möglich: https://mediaguide.lmb.lvr.de/de/
Kleine Audioclips geben Erklärungen zu den Ausstellungsobjekten, mir persönlich fehlen etwas die Bilder zu den Erläuterungen.
Auf  der Eingangsebene im Museum begegnen wir der Altsteinzeit mit dem  Neandertaler. Auf der ersten Etage beginnt das Mittelalter bis zur  Neuzeit. Auf der nächsten Etage dann die jüngere Vergangenheit, mit  einer Sammlung der unscheinbaren Dinge. Unser Hauptinteresse galt aber  der Besuch bei der Schaurestaurierung eines der bedeutendsten Mosaike  der Römerzeit, bei der wir zuschauen durften bzw. wir eine Führung  bekamen. Dieser spektakuläre Fund aus dem Jahre 1904 in Bonn war zwar  seit Jahrzehnten schon im Museum, doch wurde dies durch eine  Fliegerbombe im Jahre 1944 zerstört. Die Einzelteile des Mosaiks  schlummerten jahrzehntelang in Kisten im Depot. Seit ein paar Monaten  wird das Mosaik mit dem Bild der Medusa, das aus mehr als 67.000  Steinchen besteht, in mühevoller Puzzle-Arbeit wieder zusammengesetzt.  In der Objektbeschreibung zu diesem Werk heißt es: „Wandmalereien und  Mosaike brachten Farbe in den Alltag der Soldaten. Sie prägten das Wohn-  und Lebensgefühl am Rhein, gaben den Soldaten ein Zuhause, eine Heimat  in der Ferne.“ Das Mosaik zierte vermutlich die Wohnung eines Offiziers  im römischen Legionslager.

Aber  auch andere Objekte waren schön anzusehen, so die kleine Glasscheibe  aus der Renaissance-Zeit mit der Darstellung von verschiedenen Berufen.

17.02.2024 - Dietmar Schmitz
Wer kennt Schwielengras?
Was für eine Frage, aber selbst das Internet schweigt hierzu.
Den Begriff gibt es zwar in alten Büchern (so in einem Belehrungsbuch zur Naturgeschichte von 1832 oder eins zur Botanik von 1851), aber eine  bildliche Darstellung gibt es nicht. Der 20 Jahre alte Brockhaus half da  auch nicht weiter.
Schwielen  – ja, die läuft man sich an den Füßen, zumindest an den stark belasteten Stellen unter den Fußsohlen. Da ich kein Biologe, noch Botaniker oder  Landwirt bin, kann ich nur das wiedergeben, was ich bisher in Erfahrung  gebracht habe. Schwielengras wächst auf nicht gedüngten Wiesen, man kann  Heu daraus machen für die Fütterung des Viehs. Auch ein  Wasser-Schwielengras gibt es, die Pflanze scheint kräftig zu sein und  glatte Blätter zu haben.
Warum ich das wissen will?
Aus  einer Wegberger Schulchronik zu Beginn des 20. Jahrhunderts geht  hervor, dass eine Fabrik gegründet wurde, in der Bürsten hergestellt  werden sollten. Für die Bürsten benötigte man die Wurzeln von  wildwachsendem Schwielengras, das in den hiesigen Wäldern wuchs.
Es  war die Zeit des ersten Weltkrieges, ob sich die durchaus honorigen Geschäftsleute aus Gründen von Versorgungsengpässen so entschieden haben, wissen wir nicht. Die Firma wurde vom Bürgermeister Adolf Vollmer, dem  Kaufmann Josef Ackermann und den Gebrüdern Lindt, im Gebäude der  Aufnehmerfabrik von Ackermann, eröffnet. Wurzelbürsten gibt es heute noch, wie ein Foto eines Cousins belegt.

> Wir wären dankbar für eine Rückmeldung mit einem Bild des Schwielengrases.

14.02.2024 - Dietmar Schmitz
Vom Erzählcafé zur Klängerstu`ef
In den letzten Wochen war öfter von einer Einrichtung die Rede, die einen Vorläufer hatte. Nachfolgend einige Hintergründe dazu.
Man muss schon weit in die Historie des Vereins zurückblättern, um den tatsächlichen Ursprung des heutigen, so beliebten Treffs in der Klängerstu´ef zu finden. So mancher wird sich nicht daran erinnern, da die meisten Akteure von damals inzwischen verstorben sind. Von daher scheint es umso wichtiger, nochmals, als einer der wenigen Zeitzeugen, an die Anfangsjahre zu erinnern.
Die Anfänge führen bis in das Jahr 1995 zurück, also vor fast 30 Jahren. Im Jahr davor wurden dem Verein von Seiten der Stadt offiziell Räumlichkeiten im Obergeschoss des BGZ an der Beeckerstraße angeboten. Die Räume teilten wir uns gemeinsam mit dem Verschönerungs- und Verkehrsverein Wegberg und zahlten ein Nutzungsentgelt an die Stadt. Der VVV Wegberg ist heute noch unser Nachbar mit eigenem Raum in der Wegberger Mühle.
Für uns als Verein galt es damals unseren neuen Vereinsraum einzurichten. Das geschah unter der Leitung des Vorsitzenden Hans Langerbeins aus Watern. So nach und nach haben dann die verschiedenen Arbeitskreise des Vereins ihre Tätigkeiten dort aufgenommen. Für die Mundart gab es einen solchen zu dieser Zeit noch nicht.
Das Erzählcafé taucht erstmals in einem Protokoll von Mai 1996 auf. Da ich persönlich anwesend war, kann ich sagen, es wurde dort auch schon geklängert, bzw. „ens Platt jekallt onn jelustert“.

Die ab dieser Zeit regelmäßig im Veranstaltungskalender stehenden Nachmittage, trugen aber nicht den Namen „Erzählcafe“. Besonders „Stinnes“, der ehemalige Gastwirt von „Alt Berk“, erfreute die Gäste des Tages mit seinen Anekdoten aus Berk und sorgte mit seinem „Vertäll“ für so manchen Lacher. Er war einer der letzten Wegberger Originale. Unser Vereinsmitglied Hans Symes verstarb im April letzten Jahres mit 90 Jahren.
Auf der Website des Vereins erfahren Sie mehr zur Geschichte der bekannten „Berker Klängerstu`ef“: https://www.historischer-verein-wegberg.de/mundart-uebersicht.html
Es gibt sogar einen Wikipedia Eintrag zum Erzählcafe, siehe hier:
https://de.wikipedia.org/wiki/Erz%C3%A4hlcaf%C3%A9
12.02.2024 - Dietmar Schmitz
Nachlese - gut gefü(h)llt ?
Neben der Kultkneipe "Zur Post" im Zentrum von Wegberg, gibt es in der Stadt noch einige andere "Kult"-ur - Tempel. So war am vergangenen Mittwoch, ein Tag vor Altweiber, die Wegberger Mühle Ziel von zahlreichen "jecken"  Mundart-Freunden. Der Spirit (nicht Sprit) der Karnevalisten aus den befreundeten Heimatvereinen, insbesondere der Beecker, lockte zahlreiche Zuhörer an, so dass die Mühle gut gefüllt war. Unser Hausfotograf Heinz Esser hat das in zahlreichen Fotos festgehalten, hier  zwei zur Ansicht, die anderen findet ihr auf der Website des Historischen Vereins.
Hier der Link dorthin:
Der  Vorsitzende Hermann Josef Heinen wird dann noch ein Video auf dem  You-Tube-Kanal des Vereins von der Veranstaltung einstellen.
Der  inzwischen auf rheinischen Bühnen aktive Beecker Comedian Christian  Pape ließ es sich nicht nehmen diese karnevalistische Klängerstu´ef vor  der eigenen Haustüre zu besuchen.
09.02.2024 - Dietmar Schmitz
Passend zum Karneval - Wenn et Trömmelche jeht (jeit)
Ob  nun im Karneval, wo der oben genannte Song der Kölner Band „Die Räuber“  aus dem Jahre 1993, ein echter Hit und Gassenhauer ist  oder demnächst  Weihnachten ansteht und das Lied „The Little Drummer Boy“ erklingt oder  -
https://www.youtube.com/watch?v=GJpTDLVx6aQ
https://www.youtube.com/watch?v=CNGCWW1aFO4(deutsch)
https://www.facebook.com/watch/?v=1112530158907936(Vicky  Leandros – englisch); das Lied wurde übrigens 1941 von der  US-Amerikanerin Katherine K. Davis komponiert und getextet und 1958  erstmals aufgeführt.
ob  im Herbst die Literaturtage anstehen und ein deutscher  Literaturnobelpreisträger (1999) behandelt wird. Sein Roman „Die  Blechtrommel“ wurde ein Welterfolg. Alle drei projizieren ein Bild vor  unserem geistigen Auge, dass von einem jungen Mann zeigt der mit einer  Trommel marschiert.

Das  links abgebildete farbige Gemälde wurde dem Verein im Zuge der  Recherchen zu einer Ausstellung in der Kreissparkasse Wegberg 2002  „Wegberger Ansichten“ von Frau Porten aus Baal geschenkt. Es erinnert  stark an Günther Grass Romanfigur Oskar Matzerath, dem kleinwüchsigen  Blechtrommler im gleichnamigen Roman (1959).
Der  Portrait-, Landschafts- und Kirchenmaler Wilhelm Büppelmann (geb.1879  in Varel, gest.1960 in Oldenburg) portraitiert hier den 10-jährigen  Ludwig Specks (1892 – 1905) in Uniform. Seit 1926 lebte Büppelmann mit  seiner Familie in Nideggen.
Im  Hintergrund des Gemäldes erhebt sich majestätisch die Wegberger  Pfarrkirche St. Peter und Paul empor. Ludwig Specks „ `ne Berker Jong“,  Sohn des Schornsteinfegermeisters Joseph Specks und der Maria Rütten,  wurde gerade mal 13 Jahre alt, er starb in Echt. Das Gemälde auf Holz  wurde 1934 angefertigt.
Einige  Jahre später, nach einer Gemäldeausstellung „Kunst im Zentrum“ im BGZ  (2007), erhielt ich eine Fotografie, die eine Überraschung bot. Das Foto  zeigt fast exakt die Person des Trommlers, das anscheinend als Vorlage  zu diesem Gemälde gedient hatte (siehe untern rechts). Folgerichtig  lässt sich dies auf das Jahr 1902 datieren.
06.02.2024 - Dietmar Schmitz
Vom Spritzenhaus zur modernen Feuerwache
Es ist das Jahr 1770. Die Schöffen der geteilten Gemeinde Wegberg, bestehend aus den Mitgliedern der Unterherrschaft Tüschenbroich (dem jülichschen Teil) und den Schöffen aus dem österreichisch-niederländischen Teil (ehemals geldrisches Gebiet) beschlossen, am Rathaus ein neues Spritzenhaus anzubauen. Das Rathaus stand auf dem Alten Markt in der Fußgängerzone. Für das „Brantspruiten-Huys“ war ein Platz mit einer Größe von 16x28 Fuß = 5 x 8,5 Metern vorgesehen.
Auf der Postkarte ist noch der Schlauchturm mit der Alarmglocke am Alten Rathaus zu erkennen.
Die erste Brandschutzordnung wurde bereits 1729 erlassen. Nach einem verheerenden Brand in (Nieder-)Crüchten durften in den Dörfern Crüchten, Wegberck und Brempt, bei Strafe von drei Brabanter Gulden, keiner mehr mit einer Tabakspfeife feuerführende Stellen betreten (Vorläufer des Rauchverbotes!).
Im Jahre 1833 gab es dann zwei Spritzenhäuser, eins in Wegberg und eins in Beeck. 1847 sollte in Wegberg ein neues Feuerspritzenhaus gebaut werden, ohne genaue Ortsangabe. Um diese Zeit war auch ein Spritzenhaus in Klinkum vorhanden.
Von einem Neubau eines Feuerwehrgerätehauses erfahren wir dann wieder nach dem 2. Weltkrieg auf der Bahnhofstraße, da das Spritzenhaus am alten Rathaus nicht mehr zeitgemäß war. Danach wurden dann in Harbeck und Tüschenbroich neue Gerätehäuser gebaut. Durch die zunehmende Motorisierung des Feuerwehr, der Vergrößerung des Bestandes und dem gleichzeitigen Zuwachs der Bevölkerung wurde dadurch Rechnung getragen, dass man Fahrzeuge in einer Privatgarage und an der Mädchenschule untergestellte.
Dies war aber ja kein Dauerzustand. So beschloss 1968 der Rat der Gemeinde ein neues Feuerwehrhaus ans Rathaus anzubauen, den heutigen rückwärtigen Teil zur Mühle hin. Der obere Trakt diente gleichzeitig als Rathaus-Erweiterung. Schnell stellte sich heraus, dass die Stellplätze nicht ausreichten, da Wegberg sich als Wohnstadt etabliert hatte. Die Bevölkerungszahl nahm immer mehr zu. Ich erinnere hier an die Abholzung eines Teils der Beecker Waldes und der rasanten Bautätigkeit dort.
An der Venloer Straße fand man ein passendes Objekt. Hier war bisher der Bauhof untergebracht, für den dann ein Neubau an der Hospitalstraße entstand. Der Umzug der Feuerwehr erfolgte 1978.
Das hat jetzt zirka 45 Jahre ausgereicht. Seit einigen Jahren wurde ein neuer Standort gesucht und gefunden. So entsteht seit dem vorigen Jahr auf der Ecke Masseiker Straße zum Grenzlandring hin, mal wieder ein neues modernes Domizil für die Freiwillige Feuerwehr in Wegberg. Den Architektur-Wettbewerb hat 2018 die Firma Scheidt & Kasprusch aus Berlin gewonnen. Über die Steigerung der Kosten wird seitdem heftig gestritten, auch, ob alle Elemente, die im Entwurf vorgesehen waren, realisiert werden sollten. In diesem Jahr soll die Feuerwache bezugsfertig sein.
Weitere Informationen:

03.02.2024 - Dietmar Schmitz
Aufgelesen – auch gelesen? Nr.2
Mal wieder etwas für Genealogen. Vor kurzem erschien Band 25 der Allgemeinen Deutschen Wappenrolle in Stuttgart (Pro Heraldica). Ein Wappen zog besonders die Aufmerksamkeit auf sich.
Die Nachfahren eines Geschwisterpaares aus Bayern stellt darin das geänderte Wappen der verstorbenen Wappenstifter aus dem Jahre 1996/98 vor. Der Betriebswirt Peter Karl Franz Bircks aus Rennertshofen geboren 1952, verstarb 2018 in Augsburg; sein Bruder Alfred Karl Heinz geboren 1954, war Unternehmer und verstarb 2022 in Deggendorf (Niederbayern).
Das für uns Wegberger Interessante daran ist, dass die Familie ihre Wurzeln in Beeckerheide hat. Über die im Buch veröffentlichte Stammfolge, lässt sie sich bis auf den ersten zu ermittelnden Vorfahren Mathias (Theiß) Bircks, geboren um 1590, zurückverfolgen. Wie zu vermuten war, variiert der Familienname häufig. Hier eine Liste der verschiedenen Schreibweisen: ahn/an/auf der Birck(en), Bir(c)ken, Bir(c)k, Birx, Byrck, Bürks und Biercks.
Dabei handelt es sich um eine Ortsbezeichnung in der früheren Bürgermeisterei Beeck. Dies geht auch eindeutig aus einer Einwohnerliste aus dem Jahre 1771 hervor. Die Häusergruppe lag zwischen Häsenheid (Hessenheide), Am Settel und Am Höllard, heute etwa zwischen Heidkamp und Lindenstraße.
Bei der genannten Familie handelte es sich um eine Bauernfamilie. Die nachweisbar über fünf Generationen dort lebte, siehe dazu die Beecker Kirchenbücher. Die Abschriften sind im Vereinsarchiv vorhanden und können an den Forscherabenden eingesehen werden.
Der erste Bircks der verzog, war der 1729 geborene Ackerer und Handwerker Peter Bircks, der 1773 in Niederkrüchten verstarb. Sein Sohn war dort noch Sattler. Dessen Sohn ließ sich in Issum nieder, die nächste Generation in Krefeld. Von dort ging es dann später nach Bayern, wo die Nachfahren noch heute leben. Bei dem Wappen, handelt es sich um ein sogenanntes „redendes Wappen“, die Birke verweist auf den Familiennamen.
weitere Informationen hierzu: https://de.wikipedia.org/wiki/Redendes_Wappen
01.02.2024 - Dietmar Schmitz
Denkanstoß – Was war vor 90 Jahren?
Zur Kern-DNA eines Historischen Vereins gehört die Darstellung der Geschichte. Als Verein sind wird politisch neutral, er lebt jedoch von der Vielfalt und dem Einsatz der ehrenamtlichen Mitglieder. Heute bekleide ich keine Funktion mehr im Vorstand, von daher ist es möglicherweise einfacher auch heiklere Themen anzupacken.
Obwohl – als Vorsitzender des Vereins – habe ich auch schon Artikel veröffentlicht, die damals nicht opportun erschienen. Sie dazu im Berker Boten Nr.5/1997 oder Nr. 15/2001. Manchmal korreliert die Vergangenheit mit der aktuellen Situation.
Rückblende: Die Weimarer Republik lag in den letzten Zügen. Nach der Machtergreifung durch Hitler änderte sich so Einiges. Auch da gab es Massen- bzw. Machtdemonstration ganz anderer Art. Wer die Presseartikel der damaligen Zeit verfolgt, stellt schnell fest, dass zunächst die Kommunisten Ziel der Verfolgung und erste Opfer wurden. Bevor sich das diktatorische Regime der jüdischen Bevölkerung zuwandte, mit den dramatischen Folgen des millionenfachen Mordens. Kurze Zeit später erfolgte die Gleichschaltung der Presse und die Zwangsauflösung zahlreicher Vereine. Wer sich näher informieren möchte, hier ein Link zu einem Zeitungsportal in NRW: https://zeitpunkt.nrw/
Als Forscher fiel mir auf, dass die Geschichtsschreibung, der Heimatschriftsteller abrupt in den Jahren 1933/1934 endet. Wegberg hatte insofern Glück, weil Adolf Vollmer, ehemaliger Bürgermeister der Gemeinde, bereits 1912 die Geschichte des Ortes, publiziert hatte. Die Chronik zur Geschichte der Bürgermeisterei und Pfarre Beeck endet 1933. Sie wurde vom späteren Gemeindedirektor Karl Peters und vom Beecker Pfarrer Paul Alfers als Maschinenskript verfasst. Das Buch wurde im Jahre 2022 vom Kulturring Wegberg herausgebracht und ist inzwischen vergriffen.
Auch die vom Dalheimer Heimatforscher Franz Mayer erstellte Geschichte der Gemeinden Arsbeck und Dalheim-Rödgen gibt es nur als Maschinenabschrift. Die von Evertz verfassten Ortschroniken wurden Mitte der 50iger Jahre gedruckt, das Heimatbuch von Heinz Cohnen erst Mitte der 1980 Jahre. Dabei wurde die Zeit des Dritten Reiches meist ausgespart.
Erst durch die Publikationen des Historischen Vereins durch Dr. Klötzer, Jochen Pothmann und Hans-Joachim Haude sorgten hier für neue Ansätze. Zuletzt kam dann (2013) das Buch „Das Braune Wegberg“ hinzu, das durch Schüler des Maximilian-Kolbe-Gymnasiums zusammengestellt.
Wir alle sind mündige Bürger, natürlich gehört nicht Mut bei der jüngeren Generation und die Bereitschaft auf die Straße zu gehen dazu, auch die ältere Generation ist wieder gefragt. Der eine oder andere wird sich da an die 68er Jahre erinnern, um gewissen Tendenzen entgegen zu wirken. Zurzeit sind die Menschen in Massen auf den Straßen, anstatt LKWs und Traktoren, um den schleichenden Prozess und das Erstarken der rechten Ideologie einzudämmen.


Am Samstag kann jeder in Erkelenz friedlich demonstrieren,
damit wir keine Verhältnisse wie in China oder Nordkorea bekommen.
Januar 2024
30.01.2024 - Dietmar Schmitz
Holzweg oder Hohlweg?
Auf dem Holzweg sein – diese Sprichwort ist vielen noch geläufig. Bereits im 15. Jahrhundert wurde es verwendet. Interessant die Benutzung des Wortes Holzweg in der mittelalterlichen Dichtung. Siehe dazu im Wikipedia-Beitrag.
Um allen Irrtümern vorzubeugen – wir nehmen den Hohlweg! Heute sind die Hohlwege meist zu reizvollen Wanderwegen in der Waldlandschaft degradiert. Mit viel Glück auch einmal zu einem Premiumwanderweg entwickelt worden. Bei zahlreichen Hohlwegen im Stadtgebiet handelt es sich – wie sollte es auch anders sein – um ehemalige Mühlenwege! Ein wesentliches Merkmal ist die markante Vertiefung im Gelände. Vor einigen Jahren gelangen es dem Autor zumindest einen dieser Mühlenpfade als Bodendenkmal eintragen zu lassen, erst der zweite Weg in NRW (2021). Damals waren massive Rodungsarbeiten im Gange und der Weg wurde mit schwerem Gerät stark verändert. https://www.yumpu.com/de/document/view/65219679/heft-3-bodendenkmale-hohlwege und: https://de.wikipedia.org/wiki/Hohlweg
Dieser Mühlenweg, der nur noch in Teilbereichen im ursprünglichen Zustand erhalten ist, führt von der Bockenmühle in Watern zur Kornmühle nach Tüschenbroich. Beginnend neben dem inzwischen renovierten Wohnhaus der ehemaligen Schreinerei Schwaken.
Etwa auf der Hälfte der Strecke, ist der Hohlweg noch deutlich ausgebildet. Die Ausformung geschah durch das Befahren mit der Mühlenkarre. Heute würde man als alten Wirtschaftsweg bezeichnen. Der Laie könnte jetzt einwerfen: „aber da passt doch überhaupt keine Karre durch.“

Foto: Dietmar Schmitz
Stimmt – denn nach dem Bau der Straße von Watern nach Tüschenbroich, zuerst noch als Kiesweg, später als asphaltierte Straße, ist der Waldweg, Teil des Europäischen Fernwanderweges E8 bzw. Hauptwanderweg X10, nur noch von Wanderern benutzt worden.
https://www.wanderbares-deutschland.de/wege/alle-wege/europaeischer-fernwanderweg-e8-abschnitt-niederrhein-f7db511ae8  [auf der Karte ist allerdings ein anderer Verlauf eingetragen!]
Durch die jahrzehntelange Erosion des Umfeldes bzw. dem Gegenteil, der Sedimentation hat sich der Weg verengt.
Hier noch eine kleine Auswahl an Hohlwegen im Stadtgebiet:
  • Hohlweg am Schanzerhof (gesperrter Waldweg)von Uevekoven kommend zur Kornmühle Tüschenbroich
  • Hohlweg in Dalheim von Wildenrath zum Klosterhof und zur Mühle
  • Hohlweg  hinter der Buschmühle Richtung Balkhoven und Schrofmühle
  • Hohlweg hinter der Molzmühle Richtung Neumühle
  • Hohlweg in Rickelrath (seitlich der ehem. Neumühle)Richtung Lüttelfort
  • Hohlweg am Aldeberg vom Wasserturm Richtung Rödgener Mühle
  • Weg von der Ophover Mühle zur Bockenmühle über die Lüh (Anhöhe vom Haus St. Georg bis zum Wasserturm)
27.01.2024 - Dietmar Schmitz
Wegberger Geschichte(n) – neu erzählt! heute - Der Mahlstein vom Dorfanger
Selbst den meisten Rickelrathern dürfte die genaue Herkunft des Steines vom Mühlenbrunnen nicht bekannt sein. Woher stammt dieser Mahlstein, der nun den Dorfanger ziert?
Als Ferdinand Schmitz von der Schrofmühle mich im Jahre 2019 fragte, ob ich etwas zu einem Mahlstein am Kreisverkehr in Wegberg am Bahnhof, der dort einsam und verlassen stand, sagen könnte, gab es spontan nur zwei mögliche Erklärungen. Entweder es war ein ausgemusterter Stein von der Wegberger Mühle oder einer von der Kringsmühle, die jeweils zirka 400 Meter vom Standort in der Nähe des Alten Friedhofes entfernt lagen. Eine dritte Variante fiel mir erst später ein, möglicherweise handelte es sich um ein Überbleibsel der ehemaligen Ölwerke Symes, die bis zur Auflösung im Jahre 1926 schräg gegenüber, hinter dem Bahnhof gelegen, ihre Produktionsstätte hatten, auf dem späteren Firmengelände von Kaufmann & Lindgens.
Zuerst müssen wir uns der früheren Bebauung am Standort des Steines zu wenden. Links davon war das Amtsgericht Wegberg und rechts eine Gastwirtschaft mit Brückenwaage und angeschlossenem Gewerbebetrieb, vor den Gleisanlagen. Die Wirtschaft hieß einmal „Zur Handelskammer“, also ein Bezug zum Amtsgericht. Nach dessen Abriss, „Zur Waage“. Über Jahrzehnte wurde sie von der Familie Müller betrieben. Damit kommen wir nun zur vierten Variante, die uns dann die Lösung zur Herkunft des schweren Blausteins (mit einem Durchmesser von 1,42 Meter und einer Dicke von 34 cm) brachte. Bei dem Stein handelt es sich übrigens um einen Läuferstein für einen Kollergang, also für ein Ölmahlwerk.
Der in Schevenhütte bei Stolberg geborene Paul Jacob Müller (1849-1920), war zuerst mit Maria Adelgunda Baur verheiratet. Diese verstarb jedoch mit 28 Jahren nach der Geburt des dritten Kindes, im Jahre 1882 in Wegberg. Hier wird Paul Jacob schon als Wirt und Steinhauer bezeichnet. Sein Vater übte den Beruf des Steinhauers in Schevenhütte aus. Nach einer kurzen Trauerzeit heiratet Paul Jacob Müller 1883 in Wegberg die Anna Catharina Christina Kalthoff (1848-1932). Er bekam mit ihr fünf weitere Kinder.
Überliefert ist seine Tätigkeit an der Pannenmühle. Dort arbeitete er mit einem Gesellen. Müller war für das Schärfen von Tratsteinen zuständig. Er nutzte dazu besonders gehärtete Meißel, die er anschließend bei einem Schmied wieder schärfen ließ. Dies musste der Ölmüller noch bezahlen. Der Wegberger verabschiedete sich dann von dem Pannenmüller mit den Worten: „Sue, nu send se en Oorder. Jetzt kann ech de Kai (harter Stein) domet haue.“
Sein 1884 geborener Sohn, Paul Jacob führte das Handwerk fort. Im Adressbuch von 1935 steht er noch mit der Wirtschaft, Steinhauerei, Baumaterialien und Kohlenhandlung (noch 1952) eingetragen. Im Adressbuch von 1964 nur noch mit der Wirtschaft. Der Stein stammt demnach aus dem Lager der Familie Müller.
Im Herbst 2021 wurde die Brunnenanlage am Dorfanger in Rickelrath durch die Ehrenbürgermeisterin Hedwig Klein eingeweiht.
 

Auf dem kolorierten Postkarten-Ausschnitt ist der Mahlstein an der Ecke der „Villa Köhler“, dem Amtsgericht zu erkennen, daneben ist das Steinlager sichtbar (links neben der Baumreihe). Am Ende der Sichtachse von der Straße Am Bahnhof ist das Gebäude der Gastwirtschaft zu sehen.
25.01.2024 - Dietmar Schmitz
Heimat-Preis der Stadt Wegberg 2023
Anfang Dezember fiel die Entscheidung über die Preisträger des Wettbewerbs. Gefördert vom Land NRW wird dieser Preis seit dem Jahre 2019 von der Stadt ausgelobt.

Gestern war im Anton Heinen Haus in Rickelrath die Preisverleihung. In diesem Jahr erhält das Team für die Ferienspiele in Rath-Anhoven den ersten Preis. Der zweite Preis geht an den Verein Angerdorf Rickelrath für ihre Willkommensmappe für Neubürger. Den dritten Platz belegt Dietmar Schmitz für die Bearbeitung der Wenkerbögen aus dem Stadtgebiert Wegberg. Eine Urkunde für den 4. Platz erhielt der Verein Wegberg hilft e.V.

      
Heimat? Ein weitgefasster Begriff, für jeden bedeutet er etwas anderes. Auch Schulen gehören dazu, hier werden die Grundlagen geschaffen für die weitere Entwicklung eines Menschen. Früher gab es noch in zahlreichen Dörfern eine Schule. Durch den Rückgang der Schülerzahlen setzte eine Zentralisierung ein.
Vor 150 Jahren war das noch anders, da startete der Sprachwissenschaftler Georg Wenker ein Projekt, dass sich mit der Mundart vor Ort beschäftigte. Erste Anlaufstelle  für ihn waren die Lehrer an den Schulen. Er versendte an sie einen Bogen mit 42 Sätzen die zu übersetzen waren. Bei der Vielzahl an Schulen im Rheinland ein großer Kostenfaktor. Deshalb bat er die Lehrer die Bögen auf eigene Rechnung zurückzusenden. Daraus resultierte dann, dass nicht alle Bögen zurückgesandt wurden. So liegt z.B. aus Wegberg für die Zeit kein Bogen vor. Eine zweite Erhebung fand acht Jahre später statt, jetzt ausgeweitet auf Westfalen. Die neuen Bögen hatten nun 40 Sätze mit zum Teil neuen Texten. Im Endeffekt liegen für die damals in Wegberg vorhandenen 13 Schulen 18 Bögen vor. Für Georg Wenker ergab sich so ein genaueres Bild der Dialektsprachen. Die Grenzen die durch Lautverschiebungen entstanden, wurden in Karten festgehalten. Diese Bögen erlauben den Wissenschaftlern jetzt bis auf die unterste örtliche Ebene, z.B. zwischen Klinkum und Arsbeck, die Unterschiede auszuwerten.   
Die Transliterierung dieser Bögen, das heißt das Übertragen der zumeist in Kurrentschrift verfassten Bögen, in eine heute für alle lesbare Schrift, ist das Verdienst des heutigen Preisträgers.
Hier eine Liste der Preisträger der vergangenen Jahre:       
2019:  1. Heimatverein Beeck - Projekt "Beeck macht blau"
          2. Historischer Verein Wegberg: Projekt "Geschichtswerkstatt"
          3. Dorfgemeinschaft Wildenrath
2020: 1. Bürgerinitiative Wegberger Innenstadt-Entwicklung (Biwie) "Mühlenmarkt"
          2. Dalheimer Pfadfinger Gruppe St.Georg (DPSG) "Heimat pflegen"
          3. Historischer Verein Wegberg - De Berker Klengerstu'ef
2021: 1. Förder- u. Museumsverein Schrofmühle "Kindermühlentag"
          2. Trommler- und Pfeiferkorps Klinkum
          3. Mühlenstein-Team
          4. Historischer Verein Wegberg "Heim@kino"
2022: 1. Basislager Petersholz
          2. Haus St. Georg
          3. Manfred Müchen & Hermann-Josef Heinen

21.01.2024 - Dietmar Schmitz
Wegberger Geschichte(n) - neu erzählt; heute:
Ein alter Türsturz von 1800
Es hat lange gedauert, bis das Thema „Sprüche auf Türbalken“ nochmal aufgegriffen wurde. Von 1996-2009 erschienen zehn Beiträge über Eichenbalken und ihre Geschichte im „Berker Boten“.
Die Sinn- und Segenssprüche auf diesen meist alten Balken, die in den wenigen noch erhaltenen Fachwerkhäusern verbaut wurden, haben oft einen christlichen Hintergrund. Zu erkennen an einem Kreuz mit dem Monogramm I-H-S. Das Nomen sacrum leitet sich von den ersten drei Buchstaben Jesus in der griechischen Schreibweise ab. Das Wort wurde bis um 1450 in Bibeln und Urkunden nicht ausgeschrieben, wobei der griechische Buchstabe Sigma durch das lateinische "S" ersetzt wird. Interpretiert wird die Buchstabenfolge mit Jesus, Erlöser der Menschen, für die lateinische Übersetzung von Iesus Homium Salvator, volkstümlich übersetzt mit Jesus - Heiland - Seligmacher. Oft ist das Monogramm mit weiteren Attributen versehen, in unserem Fall mit einem Herz, das für die Liebe steht. Wenn noch drei Nägel beigefügt sind, stehen diese für die Kreuzigung, so z.B. auf dem Feldkreuz in Kipshoven zu sehen.
Solche Inschriften geben aber auch indirekt Auskunft über die Geschichte eines Hauses und ihrer Besitzer bzw. Erbauer. So auch hier bei dem Türsturz aus Dalheim-Rödgen (früher oft als Raetgen, Rötgen geschrieben). Die Inschrift im abgebildeten Balken lautet:
Hüte dich Fluch nycht yn meynem Haus, oder geh bald zur Dur hynaus oder Got der Her vom Hymmelreych straf mych und dych gleyg. M.S. - M.P. 1800
[Hinweis: In der Chronik von Franz Mayer steht eine etwas andere Lesung (1934)]



Dieser Balken wurde im Jahre 1934 beim Umbau des Hauses Rödgener Straße 14, in der ehemaligen Wirtschaft Stepprath freigelegt, er war verpliestert gewesen. Die Initialien stehen für das Ehepaar Michael Stepprath und Maria Magdalena Peters.
Im Jahre 1800 wurde Rödgen von einem großen Brand getroffen. Es war die Zeit der französischen Fremdherrschaft. Die Ursache für die Feuersbrunst im Dorf, mit den zahlreichen Fachwerkhäusern, ist nicht überliefert. Ein Opfer wurde dabei auch die zweite Kapelle, die an der inzwischen geschlossenen Wirtschaft Lisges stand. Das Feuer brach am 16. August aus, einen Tag vor der Sankt-Rochus-Kirmes. Auch das Haus von Michael Stepprath wurde ein Raub der Flammen.
Das Haus an der Dorfstraße wurde von ihm wiederaufgebaut, er war von Beruf Ackerer, im Situationsplan von Mayer ist auf der Parzelle mit den Hausnummern 235/236 eine Scheune eingezeichnet. Noch heute befinden sich die Häuser Nr. 10,12 und 14 im Besitz einer Nachfahren-Linie.


 
Ein Enkel des Mathias Stepprath, Peter Heinrich (1825-1906) wurde als erster als Gastwirt bezeichnet. Aber er war auch weiterhin Ackerer und Kleinhändler. Verheiratet war er mit Anna Catharina Tillmanns. Deren Sohn Fritz übernahm später die Wirtschaft, er starb 1925, seine Ehefrau Elisabeth Schmitz 1934. Danach erfolgte der oben beschriebene Umbau. Ein weiterer Sohn, Peter Joseph Stepprath, wurde Bäcker und Metzger und übernahm das Haus Nr.10. Er setzte sich zusammen mit den Gebrüder Frenken für den Neubau der großen Kapelle ein (1896). Im Jahre 1911 war er Mitbegründer der St.Rochus-Schützenbruderschaft.
Die einzig überlebende Tochter des Fritz Stepprath, Gertrud, heiratete im Jahre 1926 den aus Mönchengladbach stammenden Schmiedegesellen Arnold Hagemann. So verwundert es nicht, dass er in einem Nebengebäude auf dem Grundstück eine Schmiede einrichtete (Teile davon sind noch vorhanden) und hier als Hufschmied arbeitete. Sein Sohn Willi führte die Gastwirtschaft weiter.
Nach deren Schließung war hier mal eine Pizzeria und zum Schluss eine Weinhandlung, bevor die Räumlichkeiten zum Wohnhaus wurden. Die Räume der Kegelbahn sind auch noch vorhanden.

Meist sind die Inschriften an den Gebäuden nicht für jedermann sichtbar. Einige wurden an das Flachsmuseum in Beeck abgegeben, wo sie ausgestellt sind. Das hier besprochene Exemplar ist auch in einem Museum, allerdings im Freilichtmuseum in Kommern!
 
Befindet sich in ihrem Haus noch ein Eichenbalken mit Inschrift?
Wir würden uns über eine Nachricht und ein Foto zu Dokumentationszwecken freuen.

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17.01.2024 - Dietmar Schmitz
Aufgelesen - auch gelesen?
Ein Rock- und Pop-Festival in Wildenrath mit 17 Bands, darunter zwei deutschsprachige Interpreten.
Im aktuellen Heimatkalender des Kreises Heinsberg 2024 erinnert Michael Heckers an ein Event, dass es so hier wohl nicht mehr geben wird. Sein Bericht heißt: Woodstock des Westens - als Tina Turner in Wildenrath rockte. Dieses Musikereignis fand vor 30 Jahren im August über drei Tage auf dem ehemaligen RAF-Flugplatz Wildenrath statt. Für viele Menschen waren das unvergessliche Tage.
Der Historische Verein Wegberg berichtete im Jahre 2020, zur Zeit der Corona-Pandemie, im Heim@kino darüber:
Im Zeitungsbericht von Folkmar Pietsch vom 06.09.2018 erfahren wir weitere Einzelheiten: Als Tina Turner in Wildenrath auftrat
Höhepunkt des dreitägigen Festivals am Sonntag Abend: Tina Turner.
Zum Abschluss des regulären Sets sang sie ihren - neben 'Nutbush City Limit' - größten Hit "Proud Mary".
Aber wie haben die Besucher dieses Spektakel erlebt? Bereits am ersten Tag erschienen 80.000 Zuschauer und Musikbegeisterte. Stimmen dazu gibt es bisher wenige.
Wir, das heißt, der Kegelklub "Die unheimlichen Holzumstoßer" aus Wegberg, bestehend aus fünf Paaren, waren dabei. Wir ließen einen Kegelausflug ausfallen und besorgten uns das Ticket für drei Tage.
Auf Grund des Artikels im Heimatkalenders, wollte ich nun nach dreißig Jahren erfahren, welche Eindrücke bei den Keglern hängen geblieben sind. Leider haben wir keine Fotos mehr aus dieser Zeit. Hier einige Auszüge aus den Berichten:
a) Kerstin: Ich war an einem Tag mit meinen Arbeitskollegen da, bei Prince, auf ihn mussten wir eine Stunde warten, der ließ sich mit dem Hubschrauber einfliegen, Duran Duran, Foreigner usw. (Samstags). Sonnstags als Tina da war, stand ich in der zweiten Reihe neben dem Lautsprecher, danach waren wir taub, sie war einfach Spitze.
b) Vera: Wir sind an kilometerlangen Autoschlangen mit unserem Rad vorbei gefahren. Die Leute wollten uns sogar schon die Fahrräder abkaufen. Wir waren also guter Stimmung und der Platz und das Wetter waren die drei Tage super. Das hatte etwas von Woodstock. Auf Nachfrage hatte sie den oben genannten Artikel nicht gelesen!    
c) Ich: Da ich den Andrang zu solchen Veranstaltungen von der Flugschau in Wildenrath kannte, haben wir uns in Klinkum mit dem Rad getroffen. Der erste Eindruck am Eingang zum Gelände waren die Massen an Fahrrädern und anschließend die unendliche Reihe an WC-Häuschen (ca. 400 Stück). Da wir alle noch recht kleine Kinder hatten, mussten wir uns auch abwechseln, am ersten Tag wollte ich unbedingt Chris de Burgh hören, dazu kam dann Peter Maffey. Am zweiten Tag waren es PUR und OMD. Wir hatten uns einen Platz gesucht, von dem wir gut sehen konnten, aber nicht die volle Dröhnung bekamen. Am letzten Tag wollten natürlich alle ohne Ausnahme Tina Turner erleben, aber Joe Cocker und Rod Stewart kamen noch vorher. Als Tina auftrat haben wir dann auch weiter vorne gestanden. Für uns war es eine Super Zeit bei "Rock over Germany".
Haben Sie vielleicht auch dieses Event erlebt? Oder sogar Fotos vom Festivalgelände oder den Interpreten gemacht, die sie dem Verein zum Scannen zur Verfügung stellen könnten oder per Mail zusenden möchten?

14.01.2024 - Dietmar Schmitz
Du kriegst die Motten - Motten in Wegberg?
Den  Spruch kennen viele (vermutet wird, dass die Redewendung aus dem  Rotwelschen stammt). Gefräßige Tiere die Löcher in  Kla-"motten"  hinterlassen. Wie jetzt? Sind wir beim Nabu?
Diejenigen,  die sich mit Archäologie befassen denken an eine Motte die im oder am  Wasser liegt, oder versteckt im Wald noch sichtbar ist. Nein - keine  großen Ameisenhaufen - gemeint sind Erdhügel mit einem größeren  Durchmesser und manchmal einer Höhe von über 20 Metern, zum Teil noch  von Gräben umgeben.
Ja,  in Wegberg gibt es M & M`s (MuMs)! Wie nun? Diese bunten  Schokolinsen gibt es doch in fast jedem Supermarkt, was ist da  besonderes dran?
Also, wir denken da eher an Motten und Mühlen.  Die Stadt hat den Schwerpunkt auf die Mühlen gelegt, dabei sind wir mit  unseren Motten in Wegberg eine "Hoch"-Burg, von der der Anzahl der  erhalten gebliebenen Mottenanlagen her gesehen. Dabei handelt es sich  hier ausschließlich um "Niederungsmotten".
Der neu zugezogene Wegberger wird sich fragen: Wo finde ich denn eine von diesen "Motten"?
Grundsätzlich  in der Nähe eines Baches, mit dessen Hilfe man die Gräben mit Wasser  fluten konnte, die dann ein erstes Hindernis für Angreifer darstellten.  Aha - da wollten also einflussreiche Bewohner ihren Besitz verteidigen  bzw. schützen. Das lässt auf eine Einrichtung aus dem Mittelalter  schließen. Grabungen an diesen Erdhügeln brachten auch Scherbenfunde zu  Tage, die eine Datierung bis ins 12. Jahrhundert zulassen. Diese Anlagen  waren hauptsächlich Sitz einer adeligen Familie.
Hier eine Liste mit der Verteilung im Stadtgebiet:
Im  Osten rund um Beeck: Gripekoven mit zwei Motten (noch im Wald sichtbar,  am Als- oder Mühlenbach gelegen). Kipshoven (eingeebnet), Mehlbusch  (Doppelgräben zum Teil erhalten), Moorshoven (eingeebnet, heute Haus  Moorshoven mit Graben). Im Zentrum von Beeck gegenüber der Pfarrkirche  (dahinter als frühere Vorburg das Haus Beeck), am Beeckbach 300 Meter  weiter die Motte Neuhöfchen (in der Waldparzelle kleiner Erdhügel mit  Graben und Wall).

Ortszentrum  Wegberg noch am Beeckbach, die Motte Ophoven an der dazugehörigen  Mühle. Dieses geldrische Lehen wird in den Urkunden des 14. Jh. erwähnt.  Hier gehen zum ersten Mal Motte und Mühle eine Symbiose (in  gegenseitiger Abhängigkeit) ein. Am Zusammenfluss von Beeck- und Fußbach  soll ohne erkennbaren Hügel an der Burg Wegberg (nur Wassergräben und  der umgebaute Herrenhof) eine Motte gewesen sein.
Im  Süden des Stadtgebietes in Tüschenbroich gab es mindestens drei Motten.  Zuerst die mitten im Weiher gelegene große Insel mit 80 Metern  Durchmesser und ca. 25 Höhe (noch mit einem Turmrest und Kellergewölben)  umringt von zwei Mühlen; die Brühler Motte, im Wald versteckt gelegen  und die Motte Dürselen (nur noch ein Graben, auch hier gehörte ein Hof  und eine Mühle dazu).
https://de.wikipedia.org/wiki/Motte_T%C3%BCschenbroich
Im  Westen zunächst in Arsbeck am Helpensteiner Bach die gleichnamige Motte  Helpenstein (Erdhügel an der B221), am Raky-Weiher in Rödgen die gößte  Mottenanlage im Satdtgebiet der "Alde Berg" mit einer weitläufigen  Vorburg, Gräben und Wällen. Auf dem großen Hügel ist heute ein Kreuz, wo  einst eine kleine Kapelle stand. Zuletzt ist da noch das Haus  Wildenrath, am Rumpenbach gelegen, ohne Erdhügel aber mit Gräben und  Wällen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Motte_Aldeberg
Und  was ist im Norden? Nun - zwischen Arsbeck, Merbeck, Rickelrath und  Gripekoven findet sich keine Motte. Da gibt es nur die "dicke Landwehr"  und das große Sumpfgebiet der Schwalm und des Mühlenbaches.
Auffallend ist, das die meisten Motten auf dem Territoriums des  ehemaligen Herzogtums Jülich liegen.  

09.01.2024 - Dietmar Schmitz
Dä Berker Wenk-er
Im  Berker Boten Nr.16/2002 stellte Georg Heinrichs einst die provokante  Frage: "Ist Platt eine Sprache?" Vor 150 Jahren war sie  auf jeden Fall  die Alltagssprache in Wegberg. Bis in die 1960er Jahre hinein wurde sie  zumindest in den Haushalten mit alteingesessenen Familien in den  umliegenden Dörfern gesprochen.
Ein  Sprachwissenschaftler aus Düsseldorf, Georg Wenker, schrieb um 1876  alle Volksschulen im Rheinland an und bat darum einen Bogen mit 42  Sätzen durch einen Lehrer oder Schüler bzw. durch einen Einheimischen, der den Dialekt sprach, die hochdeutschen Sätze zu übersetzen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Georg_Wenker
Zirka  10 Jahre später dehnte er seine Befragung auf Westfalen und dann auf  ganz Deutschland aus und in einem weiteren Schritt auf die angrenzenden  deutschsprachigen Gebiete.
Heute beschäftigen sich drei  Universitäten: Marburg, Bonn und Mainz und der Landschaftsverband  Rheinland (LVR) mit diesen so genannten "Wenkerbögen".
Diese sind  nun online gestellt und können durch Freiwillige transliteriert werden.  Ein Hindernis hierbei ist die Schrift. Viele Bögen sind in der damals  üblichen Kurrent-Schrift ausgefüllt worden.
Durch mein Hobby, die  Familienforschung, habe ich mich in diese Schrift einlesen können und  habe versucht die ersten Bögen aus dem Stadtgebiet in eine heute für alle lesbare Schrift zu übertragen.
Durch die beiden sprachwissenschaftlichen Vorträge beim Historischen Verein im  vergangenen Halbjahr, durch Frau Krautwald  und Frau Ostermann, kam der  Gedanke auf, den Altkreis Erkelenz zu bearbeiten. Dafür wurde dann ein  Projektname gesucht. Da kam mir dann ein Wortspiel in den Sinn, der mit  einem alten Berker Spruch zu tun hatte; "der Berker Wenk" - da war  dann schnell die Verbindung zum "Dä Berker Wenk-er" hergestellt.
Auf  Grund der Überschneidungen mit anderen Gebieten wurde der Wunsch laut,  die Abschriften auf den gesamten Kreis Heinsberg auszudehnen.  Mittlerweile habe ich 175 Bögen mit über 7000 Sätzen abgeschrieben. Es  fehlen nur noch wenige Schulen, für einige Dorfschulen liegen zwei Bögen  vor (1876 und 1884).
Nach Abschluss des Projektes können diese wissenschaftlich ausgewertet werden. Auf unserer Homepage gibt es  weitere Informationen dazu.



Hinweis:  Die Zeichnung der Dorfschule in Beeckerheide fertigte mein ehemaliger  Klassenlehrer Otto Müller. Nach Auflösung der Volksschulen im Jahre  1968, leitete er die erste Abschlussklasse der Gemeinschafts-Hauptschule  Wegberg (Jahrgang 1968/69).
Wer den ersten Satz des Wenkerbogen von  1884 nicht versteht, hier die hochdeutsche Fassung: Im Winter fliegen  die trockenen Blätter durch die Luft herum.

07.01.2024 - Dietmar Schmitz
Ein besonderes Schmuckstück - Die Bibliothek in der Wegberger Mühle

Wer  kennt noch unser verstorbenes Ehrenmitglied Karl-August Ostendorf  (1932-2011)? Der ausgebildete Archäologe war der Begründer der Bücherei  des Vereins im BGZ an der Beecker Straße, die er seit 1994 betreute.
Das  Bürgerzentrum (BGZ) war im inzwischen abgerissenen früheren  Schulgebäude (zuerst evangelische Volksschule, dann Realschule, zuletzt  Sonderschule) untergebracht.
Nach dem Ankauf der Ramachers-Mühle (in  früheren Jahrhunderten  Berker Muel genannt), heute Wegberger Mühle,  durch die Stadt Wegberg wurde diese durch umfangreiche Sanierungs- und  Umbaumaßnahmen zum Sitz verschiedener Vereine. So erhielt der  Historische Verein im Jahre 2009 neue Räumlichkeiten, so auch über dem  großen Veranstaltungsraum, die offene Empore mit der zur Bibliothek umfunktionierten Galerie.
Es wird immer kolportiert, dass es in  Wegberg keine öffentliche Bücherei gäbe. Dabei wird außer Acht gelassen,  dass es vier Pfarrbüchereien gibt: so in Beeck, Dalheim, Klinkum und  Merbeck.
Bei der Vereinsbibliothek werden naturgemäß Sachbücher aufbewahrt, besonders interessant für Schüler der weiterführenden Schulen, die dort  Facharbeiten erstellen müssen. Die Bücher mit dem Schwerpunkt Geschichte, Geografie, Archäologie , Familienforschung und Wappenkunde.
Ein Besuch lohnt sich allemal, es lassen sich auch Bücher (Dubletten) aus Nachlässen und Veröffentlichungen des Vereins erwerben.
Auf der Homepage des Vereins wird auch immer ein Buch des Monats vorgestellt.

05.01.2024 - Dietmar Schmitz
Wegberger Geschichte(n) - neu erzählt - heute die Bleiche an der Burg
Wesentlich  bekannter ist vielen die große Bleiche am Geroweiher in Mönchengladbach. Ein Gemälde zeigt am Fuße des Abteiberges die alten Färberhäuser.
Eine  Parallele dazu findet sich in Wegberg. Der Mühlenweiher im Stadtpark  wird von Beeck- und Fußbach gespeist und ist von größeren Freiflächen  umgeben. Wasser ist für die Textilindustrie besonders wichtig.
Als  sich die westfälische Industriellen-Familie Billmann in Wegberg  niederließ (1891), zunächst noch an der Tüschenbroicher Straße, nach der  Errichtung der Leinenweberei an der Burgstraße, übernahm sie auch das  Herrenhaus des Wegberger Hofes (heute Hotel Burg Wegberg).
Heinz  Cohnen beschreibt im Heimatbuch der Stadt Wegberg (1983) die Anfänge  der mechanischen Leinenweberei. Die Firma produzierte zunächst  Haushaltswäsche. Sie nutzte die Rasenfläche, des Burggeländes Richtung  Schwalm als Bleiche. Dieser Platz wurde auch als Kirmesplatz genutzt,  heute ist dort der Parkplatz vor dem Forum, direkt neben der Wegberger  Mühle.
Die  Mühlen waren auch immer schon Zulieferer der Textilbetriebe. Sie  verarbeiteten nämlich bestimmte Pflanzen: wie Krapp, Waid oder Wau  (Färber-Resede - ein Gelbkraut), wobei die Wurzeln gemahlen und daraus nach einem Gärbprozess, Farbstoffe gewonnen wurden.
Nach  120 Jahren kann sich fast keiner mehr an das Aussehen der Bleiche  erinnern. Hier half dann der Zufall weiter. Auf einer alten colorierten  Postkarte ist das Areal des Burgeländes, mit dem stark veränderten  ehemaligen Barockgarten hinter dem Herrenhaus und die Wiesenfläche mit  den ausgebreiteten weißen Tüchern zu erkennen.

Die Abbildung zeigt einen Ausschnitt aus der Postkarte von 1902.
02.01.2024 - Dietmar Schmitz
Das RSN-Netzwerk
Pilze (Mykorrhiza) und Bäume bilden Netzwerke, warum nicht auch Heimatvereine?

So ganz neu ist die Idee allerdings nicht. Familienforscher (auch Genealogen genannt), Mundartexperten und Archäologen aus verschiedenen Vereinen haben auch schon vor 1990 gemeinsame Treffen veranstaltet.
Im  Jahre 2001 wurde durch Professor Dieter Geuenich (Historiker) von der Gerhard-Mercator-Universität in Duisburg und dem Mitveranstalter der Niederrheinischen Akademie ein neuer Impuls gesetzt. Die Heimatvereine des Niederrheins wurden zu einem Kolloquium nach Wesel eingeladen. Hier wurde für eine stärkere Zusammenarbeit der Vereine untereinander geworben. Der Historische Verein Wegberg hat dadurch engere Kontakte mit den Heimatvereinen in Viersen und Erkelenz gepflegt. Auf örtlicher Ebene kam es zu regelmäßigen Treffen mit den Vereinen in Beeck und Harbeck.
In den Jahren 2007-2009 wurde das grenzüberschreitende Projekt Interreg-IV "MeinWeg" aufgelegt. Hier sollten in den beteiligten Städten und Gemeinden (Roermond, Roerdalen, Wassenberg und Wegberg) kulturhistorische Routen ausgearbeitet werden.
http://www.npr-meinweg.eu/Kulturgeschichte/Geschichte%20vor%20Ort/Geschichte_Wegberg.html
Das  oben erwähnte RSN-Netzwerk steht für die Vereine und Gruppen im Gebiet des Rur-Schwalm-Niers Raumes. Moderator und Ansprechpartner ist Leo Gerigk aus Niederkrüchten, seit dem Jahre 2018. Inzwischen beteiligen sich 14 Verein daran. Von Geilenkirchen bis Tegelen, von Gangelt bis Odenkirchen. Bisher wurden für die Vorstände gemeinsame Gesprächsrunden, Vorträge und Führungen abgehalten.

Historischer Verein Wegberg e.V. - 2024 - Letzte Änderung: 01.03.2024

Historischer Verein Wegberg e.V.
Rathausplatz 21, Wegberger Mühle, 41844 Wegberg
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