Historischer Verein Wegberg e.V.

Direkt zum Seiteninhalt
> Sie befinden sich hier:

> Arbeitsgebiete > Ortsgeschichte > Wegberg - Bestandsaufnahme 1910 durch Adolf Vollmer

Geschichte der Gemeinde Wegberg
- Eine Bestandsaufnahme im Jahr 1910

Adolf Vollmer übernahm Ende 1904 die Verwaltung der Bürgermeisterei und Gemeinde Wegberg. Wie er 1912 im Vorwort zu seiner "Geschichte der Gemeinde Wegberg" schrieb, "fand er das Gemeinde-Archiv in einem außerordentlich schlechtem Zustand." und stellte erhebliche Mängel fest: "Bei der Umarbeitung der Registratur im Jahre 1898, insbesondere aber nach dem Umbau des Rathauses im Jahre 1903 waren die älteren Aktenstücke auf dem Speicher des Rathauses kunterbunt durcheinander auf einen Haufen geworfen".
Im weiteren konstatiert er, dass "das urkundliche Material aus der älteren Geschichte der Gemeinde ... äußerst dürftig ist". Dieser Mangel resultiere daraus, dass zum einen "die Gemeinde in der älteren Zeit das Grenzgebiet verschiedener Territorien war ... " und zum anderen führt er dies auf die frühere Art der Verwaltung zurück, "wonach bis 1771 kein eigenes Rathaus vorhanden war und die Gemeinde-Urkunden von den jedes Jahr neu gewählten Bürgermeistern und Scheffen in ihren Wohnungen aufbewahrt wurden".
Die Beschäftigung mit den vorhandenen Archivalien erweckte folglich in Adolf Vollmer "das Interesse an der älteren Geschichte der Gemeinde und den Wunsch, das vorhandene Material zu vervollständigen."

Die Original-Ausgabe der "Geschichte der Gemeinde Wegberg" von Adolf Vollmer aus dem Jahr 1912 ist äußerst selten und nur antiquarisch zu erwerben.

Aus diesem Grnd hat der Historische Verein im Jahr 2008 einen Nachdruck herausgegeben, der 2009 durch einen Registerband von Stadtarchivar und Vorstandsmitglied Thomas Düren ergänzt wurde. Zusammen als Set für 18 € in unserer Bücherei.

Ein Buch, das in keinem Wegberger Haushalt fehlen sollte!


Im Kapitel "Topographisches und Statistisches" geht Adolf Vollmer (1912, S. 13-16) zunächst auf die Zeit während seiner Tätigkeit als Bürgermeister ein und beschreibt den Zustand der Gemeinde Wegberg im Jahre 1910.

Hinweis: Zur besseren Lesbarkeit und im Besonderen zur Wiedergabe auf mobilen Endgeräten wurden an einigen wenigen Stellen Änderungen in der Darstellung vorgenommen. Die Hervorhebungen zum besseren Auffinden von Namen und Daten befinden sich nicht im Original.

Lesen Sie mehr in den Kapiteln zu "Geschichtliches":
> Verwaltung

A. Topographisches und Statistisches

Die Bürgermeisterei Wegberg umfaßt nur die Landgemeinde Wegberg mit folgenden Orten:
Pfarre (kathol.) Wegberg
Wegberg
Harbeck-Hau
Dorp
Bißen
Watern
Großgerichhausen
Uevekoven
Pfarre (kathol.) Rickelrath
Rickelrath mit Bollenberg und Balkhoven
Pfarre (kathol.) Tüschenbroich
Tüschenbroich
Geneiken
Genfeld
Broich
Brunbeck
Rektorat Klinkum
Klinkum
Petersholz
Arsbeck

Die evangelischen Einwohner gehören zur benachbarten Pfarre Schwanenberg,
die jüdischen zur Synagogengemeinde Schwanenberg.

Die Gemeinde zählte bei der Volkszählung 1910 = 910 bewohnte, 52 unbewohnte Wohnhäuser, 930 Haushaltungen, 59 einzellebende Personen, 2334 männliche, 2465 weibliche, zusammen 4799 Einwohner, davon sind 4619 Katholiken, 170 Protestanten, 10 Juden.

Sie gehört zum Kreis Erkelenz des Regierungsbezirks Aachen, zum Amtsgerichtsbezirk Wegberg, Landgerichtsbezirk M.-Gladbach, zum Landwehrbezirks-Kommando Rheydt, zum Oberpostdirektionsbezirk Aachen, zum Eisenbahndirektionsbezirk Cöln.

Die zweigleisige Staatsbahnstrecke M.-Gladbach – Antwerpen durchschneidet die Gemeinde von Osten nach Westen und hat in Wegberg einen Personen- und Güterbahnhof mit regem Verkehr. Ein in Ausarbeitung befindliches Projekt einer Kreisbahn von Erkelenz nach Brüggen durchschneidet die Gemeinde von Süden nach Norden und sieht Bahnhöfe in Tüschenbroich und Wegberg mit Anschluß an die Staatsbahnstrecke in Wegberg vor. Der Ausbau der elektrischen Straßenbahn Rheydt–Rheindahlen nach Wegberg ist nur eine Frage der Zeit. Die Gemeinde wird in außerordentlich günstiger Weise von durchgehenden gut ausgebauten Landstraßen und Wegen durchzogen, insbesondere von den Provinzialstraßen Erkelenz–Wegberg–Kaldenkirchen; Wegberg–Dülken; Wegberg–Arsbeck sowie den durchgehenden ausgebauten Gemeindestraßen Gerderhahn–Wegberg und Wegberg–Beeck–Kipshoven, die sich alle im Hauptorte Wegberg sternförmig schneiden.

Der Gemeindebezirk umfaßt 2939 ha Grundfläche, wovon etwa 570 ha mit Roggen, 25 ha mit Weizen, 450 ha mit Hafer, 210 ha mit Kartoffeln, 160 ha mit Klee bestellt und 25 ha Wiesen sind, von letzteren sind etwa 12 ha Bewässerungswiesen. Die übrige Fläche ist vorwiegend mit Kieferwald und Heide bestanden, oder ist Ödland und Bruch. Der Waldbesitz ist außerordentlich zersplittert. Vielen Eigentümern fehlt das Interesse an einer geregelten Bewirtschaftung und Wiederaufforstung abgeholzter Bestände.
Im südlichen Teile der Gemeinde herrscht guter fetter Lehmboden, im nördlichen Teile Sandboden vor. Mehrere Bäche durchziehen das Gebiet und zwar der im Geneiken und Tüschenbroich entspringende Fußbach sowie der von Beeck–Morshoven kommende Beecker Bach, welche beiden Bäche sich im Orte Wegberg vereinigen. Von dort ab führt der Bach den Namen „die Schwalm“, welche sich unterhalb Roermond in die Maas ergießt. In die Schwalm münden bei Rickelrath noch der Mühlenbach, sowie der Broicher- oder Hellbach. Wegberg, Rickelrath und Tüschenbroich sind wegen ihrer wald- und wasserreichen Umgebung vielbesuchte Ausflugsorte, die namentlich viel aus den Städten M.-Gladbach, Rheydt, Odenkirchen besucht werden.

Der Gemeindebezirk wird begrenzt im Norden von den Gemeinden Kirspelwaldniel und Niederkrüchten, im Westen von den Gemeinden Arsbeck und Wildenrath, im Süden von den Gemeinden Gerderath und Schwanenberg, im Osten von den Gemeinden Beeck und Rheindahlen. Der Westen bildet gleichzeitig die Grenze zum Kreise Heinsberg, der Norden teilweise gleichzeitig die Grenze zum Kreise Kempen, zum Regierungsbezirk Düsseldorf und zum Bistum Münster, der Osten teilweise die Grenze zum Kreise Gladbach und zum Regierungsbezirk Düsseldorf.

Früher eine fast rein ländliche Gemeinde, wird die Gemeinde immer mehr in den nahegelegenen Industriebezirk M.-Gladbach-Rheydt einbezogen, dessen eben erwähnten Hauptstädte nur 15 – 16 km entfernt liegen und wohin überhaupt der gewerbliche Verkehr gravitiert. Die Bevölkerung setzt sich zum größten Teil aus Kleinackerern, Handwerkern und vielen Fabrikarbeitern zusammen. Großgrundbesitz ist außer dem Rittergut Tüschenbroich nicht vorhanden. Die meisten Landwirte bewirtschaften nur bis zu 7½ ha und nur ganz wenige bis zu 25 ha. Die Viehzucht namentlich Rindviehzucht steht auf hoher Entwickelung. Es findet nur Stallwirtschaft statt.

Die Gemeinde zeigt in den letzten Jahren ein erfreuliches Voranschreiten. In dem Jahrfünft von 1905 bis 1910 nahm die Zahl der Einwohner in der Gesamtgemeinde um 5,5%, im Hauptorte Wegberg allein um 10,5% zu, die Zahl der Wohnhäuser stieg insgesamt von 885 auf 958.

Der Hauptort Wegberg ist ein Flecken, hat Eisenbahnstation, Postamt III. Kl., Bürgermeisteramt, Amtsgericht und Notariat, Krankenhaus, Arzt, Tierarzt, Apotheke, mehrere Fabriken und vorwiegend gewerbliches Leben.

Er zählt gegenwärtig 268 bewohnte, 9 unbewohnte Wohnhäuser, 315 Haushaltungen, 675 männliche, 772 weibliche, zusammen 1447 Einwohner. Er bildet mit den dicht dabei liegenden Orten Harbeck (325 Einwohner) und Dorp (100 Einwohner) ein geschlossenes Baugebiet. Der ältere Teil des Ortes ist in dem tiefliegenden Teil des Schwalmgebiets mit hochliegendem Grundwasserspiegel angelegt, in neuerer Zeit wird das höher liegende Gelände am Bahnhof zum Bauen bevorzugt. Der Ort zeigt geschlossene, solide Bauart nach Art eines Landstädtchens und saubere gepflasterte Straßen.


Unter "Statistisches" beschreibt Vollmer (1912, 13 ff.) anhand von Statistiken die Entwicklung von Bevölkerung, Viehbestand, Sterblichkeit, Preisverhältnisse und Gemeinderechnungswesen.

Das Lagerbuch der Pfarre Wegberg von 1656 führt S. 57 die Namen der Familien der Pfarre aus dem Jahre 1506 auf und zwar 134 Familien, davon 30 in Klinkum, 19 in Harbeck, 16 in Rickelrath, 47 zu Watern, Tüschenbroich, Uevekoven, Gerichhausen, 22 in Berck (zusammen schätzungsweise 800 Seelen). Nach dem Rentenverzeichnis der Pfarre von 1711 umfaßte die Pfarre um diese Zeit 328 Familien und zwar in Wegberg–Geldern 257 und in Wegberg–Jülich 71 (zusammen schätzungsweise 2000 Seelen).
In dieser Tabelle läßt sich das langsame Anwachsen der Bevölkerungsziffer bis 1866, dann der Niedergang derselben infolge Abwanderung in die Industriestädte und Darniederliegens der Hausweberei verfolgen, bis im letzten Jahrzehnt wieder ein Anwachsen erfolgt. Ferner fällt die hohe Sterblichkeit bis zu den siebziger Jahren auf, namentlich im Jahre 1846. Teilweise überstiegen die Sterbefälle die Zahl der Geburten oder kommen ihr ganz nahe. In den letzten 20 Jahren sind die Sterblichkeitsverhältnisse günstiger geworden, was auch aus folgender Tabelle hervorgeht:
Die früher stark verbreitete Lungentuberkulose ist sehr zurückgegangen, es starben daran 1908 = 4, 1909 = 7, 1910 = 4 Personen.
An Diphterie erkrankten 1908 keine, 1909 = 10 Personen, 1910 niemand.
Unterleibstyphus kam nur 1908 und 1909 je ein Fall vor.

Lesen Sie mehr aus: Adolf Vollmer:
Geschichte der Gemeinde Wegberg

Historischer Verein Wegberg e.V. - 18.02.2017 - Letzte Änderung: 23.11.2021

Historischer Verein Wegberg e.V.
Rathausplatz 21, Wegberger Mühle, 41844 Wegberg
Zurück zum Seiteninhalt