Historischer Verein Wegberg e.V.

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Geschichte der Gemeinde Wegberg
- IV. Kirchliches


Desweiteren hat sich Adolf Vollmer in seiner Geschichte der Gemeinde Wegberg ausführlich mit kirchlichen Aspekten beschäftigt. Eine Übersicht der Themen sehen Sie in der rechten Spalte.


Auszug aus: Adolf Vollmer (1912) Geschichte der Gemeinde Wegberg, S. 68 ff.
Hinweis: Zur besseren Lesbarkeit und im Besonderen zur Wiedergabe auf mobilen Endgeräten wurden an einigen wenigen Stellen Änderungen in der Darstellung vorgenommen. Die Hervorhebungen zum besseren Auffinden von Namen und Daten befinden sich nicht im Original.


1. Allgemeines.

In kirchlicher Hinsicht gehörte die Pfarre Wegberg seit ihrem ersten Entstehen mit dem Jülicher Anteil zum Archidiakonat Wassenberg, Bistum Lüttich, und mit dem geldrischen Anteil zum Bistum Roermond, wurde 1802 durch das französische Konkordat dem Bistum Aachen und durch die Bulle de salute animarum vom 16. Juli 1821 dem Erzbistum Cöln zugeteilt, zu desen Dekanat Erkelenz sie jetzt gehört.
 
Wann zuerst in Wegberg eine eigene Kirchengemeinde gegründet wurde, ist unbekannt. Schon 966 erscheint das Aachener Marienstift hier begütert und es wird um diese Zeit hier auch wohl schon eine Kirche bestanden haben, deren Patronatsrecht bei dem Stifte beruhte, später aber auf die Herren von Tüschenbroich überging. In der Mitte des 14. Jahrhunderts wird Wegberg bereits als selbständiges Kirchspiel erwähnt (Annalen des hist. Ver. Bd. 55 S. 103). Die beiden Glocken der Kirche stammen aus den Jahren 1411 und 1421. Im Jahre 1505 bestanden schon sehr viele Stiftungen für die verschiedenen Altäre. Die Pfarre zählte um diese Zeit 134 Familien, also etwa 700–900 Seelen.
 
Am Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts scheint überhaupt das kirchliche Leben sehr rege gewesen zu sein, denn die meisten alten Stiftungen an der Kirche rühren aus der Zeit von 1484 bis 1512 her.
 
Wenn auch im Pfarrarchiv nur noch etwa 20 Original-Urkunden vorhanden sind, so geben doch die noch vorhandenen alten Rentenverzeichnisse und Lagerbücher, insbesondere von 1506, 1656, 1711 interessante Aufschlüsse, sie enthalten auch eine ganze Anzahl beglaubigter Abschriften alter Stiftungsurkunden.
 
Daß die Kirche in Wegberg bis auf die ersten Anfänge des Christentums in hiesiger Gegend – das wahrscheinlich durch die Missionare Willibrordus und Suitbertus eingeführt wurde – zurückgeht, kann daraus geschlossen werden, daß der hl. Petrus Pfarrpatron ist, wie dies bei den meisten Kirchen aus dieser Zeit der Fall ist. Erst in neuerer Zeit werden als Pfarrpatrone St. Petrus und St. Paulus bezeichnet.

 


2. Namen der Geistlichen.

Von 1486 ab sind die Namen der amtierenden Pfarrer, von 1510 ab auch die Namen der an der Kirche angestellten Vikare bekannt. Bis 1510 scheint die Seelsorge vom Pfarrer allein ausgeübt worden zu sein.

Das Rentenverzeichnis von 1711 gibt die Namen bis dahin wie folgt an:
Pfarrer:
1486 Johannes Schnoeck von Venlo,
1510 Gerardus Groet,
1512 Henricus a Dalerbroick,
1517 Petrus Schenck,
1532 Thomas Venendey,
1542 Godefridus Holtmuelen,
1566 Petrus Lobbrich,
1572 Wilhelmus von Aldenhoven,
1572 Brandinus von Korchenbroich,
1573 Arnoldus Kremer von Uvekoven,
1589 Petrus Ophoven, Berckensis (von Wegberg),
1623 Henricus Beeck, auch Beckius, Becanus oder Hamecher von Krüchten,
1636 Tilmanus Brewer, Erckliniensis, erster aus dem Orden der Kreuzherren vom Convent Wickrath,
1639 Paulus Sibenius von Dahlen, Kreuzherr, gest. 1659,
1659 Lotharius Schorn von Düsseldorf (Cruciger Wiecradiensis, Primus Prior in Wegberg, ex decreto Caplorum Gnalium) Kreuzherr und 1. Prior in Wegberg, danach Prior in Wickrath, gestorben 1690,
1677 Johannes Buchlerus, von Gladbach, gest. 15. April 1688,
1688 Petrus Neesen von Waldniel, 1693 Prior in Roermond,
1693 Wilhelmus Luyten, aus Asselt, gestorben 19. März 1703,
1703 Petrus N[…]zen[GWR 2], Protonotarius, gestorben 1728,
1717 Martinus Keupes von Süchteln, gest. 12. Jan. 1727,
1727 Johannes Reynders,
1727 Hubertus Reynders bis 1771, gest. 5. März 1783,
1772 Jacobus Hoogen von Kempen, resigniert 1802, gest. 23. März 1805 in Crefeld,
1804 Leonardus Math. Ploum, von Aachen, gest. 1847,
1847 Antonius Peters, Pfarrverwalter,
1850 J. Niessen, von Aachen, Pfarrverwalter,
1850 Franziskus Knors, von M. Gladbach, gest. 24. März 1882,
1882 Josef Braun, von Aachen, gest. 20. Jan. 1901,
1901 Jakob Müller, von Kaiserswerth, gest. 5. Nov. 1909,
1910 31. 1. Roland Franck, früher Pfarrer in Fischeln.

Vikare:
1510 Gerardus Sassen,
1510 Paulus to Dorp,
1532 Henricus Scabbis, aus Krüchten,
1533 Edmundus Kremerius, von Berck,
1546 Johannes de Tüschenbroich,
1568 Petrus in den Pickardt,
1596 Conradus Eller,
1598 Vincentius aus Doveren,
1607 Goswinus Picardus,
1623 Henricus Becanus, von Krüchten (auch Pastor)
1623 Petrus Henricus Quaicken,
1623 Gerardus Berckensis,
1624 Gerardus Fritten,
1636 Stephanus Noitlich,
1640 Joès Abel Copperts,
1643 Henricus Blaeren,
1640 Johannes Sellarius,
1648 Johannes Herck,
1649 Johannes Babtista Volmerhausen,
1651 Petrus Loven,
1651 ? Francot, aus Cöln,
1652 Johannes Fabens,
1654 ? Weleber,
1654 Johannes Casparus Muckelbach,
1658 Arnoldus Hertsworm,
1659 Lotharius Schorn,
1659 Werner Kerris,
1665 Petrus Lintla,
1668 Nikolaus Cremers,
1676 Wilhelm Zanders,
1676 Johannes Bongarts,
1678 Mathias Bolsterus,
1679 Antonius Beckers,
1681 Johannes Borgs,
1683 Arnold Stamms,
1683 Jakob Strumpf,
1688 Wilhelm Luyten,
1688 Frambaldus Neeßen,
1689 Jakob Laer,
1690 Adam Laden,
1693 Martin Keupes,
1693 Johann Peter Weiler,
1698 Johann Haen,
1698 Everhard Alardi,
1701 Gottfried Camp,
1716 Christian Stevens,
1716 Goswin van Merts,
1717 Johannes Carabin,
1720 Hermann Dunnewalt,
? Renier Nelissen,
?  ? Breyel,
? Hubertus Reinders,
? Bertrand Reiners,
? Leonard Math. Ploum,
? Christian Diels,
? Cleev,
1847 Anton Faßbender,
1851 Heinrich Faust,
1863 Reiner Kratz,
1863 Wilhelm Otto Wolff, 1. März 1887 nach Elmpt,
1870 9. November Dr. Wilhelm Everhardt, 26. Oktober 1872 nach Wichterich,
1872 18. Oktober August Baum, 30. November 1888 nach Merbeck,
1887 23. Dezember Hugo Hünebeck, 13. März 1901 nach Mechernich,
1900 3. April Herm. Körfer, 23. März 1902 nach Kerpen,
1902 15. September Karl Sabel, 23. März 1906 nach Uckendorf,
1906 24. April Josef Schippmann, bis heute.

Die verstorbenen Geistlichen erhielten früher ihre Grabstätte in der Kirche, während die sonstigen Bestattungen bis 1849 auf dem Platze um die Kirche herum stattfanden. Da dieser Platz mittlerweile für die große Gemeinde derartig ungenügend geworden war, daß die Gräber alle 7 bis 8 Jahre neu belegt werden mußten und dadurch ernste Mißstände entstanden, legte die Zivilgemeinde 1849 den jetzt noch im Gebrauch befindlichen neuen Friedhof an.


3. Kirchenrenten.

Verzeichnis der geistlichen Kirchenrenten zu Wegberg nach dem Lagerbuch v. 1656. S. 129.

Diese Renten bestanden meistens schon um 1505.
1. Haus, Hof, Baumgarten und Garten nebst 4 Morgen Land auf dem Kierrot hinter der Kirche, ferner den Zehnten auf dem Kierrot, (etwa 100 Morgen) welchen „der Pastor selbsten tut zehnden und einfahren.“
2. Der Zehnte zu Rickelrath, der in Verpachtung 137 Thlr. Wegberger Währung austut.
3. Ein Zehntchen zu Uevekoven, der in Verpachtung 14 Thlr. austut.
4. 12 Malter Korn, die jedoch sehr zerteilt und unsicher sind.
5. 2 Malter und 2 Sumberen, 8 Pfund gehechelt Flachs.
6. Zehn verschiedene Kurmodiums.
7. Im Wegberger und im Erbbusch ungefähr 4 Morgen Busch- oder Heiden-Gerechtigkeit.

Die unter 6 aufgeführten Kurmodiums waren folgende:
1. Herzogengut an der Kirche.
2. Druyssels-Camp an der Dorperstraße.
3. Huyprechts Gut in der Forst. Die 3 Güter waren schon 1500 zusammen ausgetan.
4. Huerzinks Gut an der Kirchenmauer, ebenfalls schon 1500 erwähnt.
5. Pynarts Gut vor der Kirche, schon 1497 erwähnt.
6. Vuytens Gut in der Beeckerstraße, 1502 erwähnt.
7. Knoorsen Gut oder Guld Emonds Gut vor der Kirche, 1495 erwähnt.
8. Die Wolfspool an der Dorperstraße.
9. Gölkens oder Schuerkens Gut zu Dorp auf dem Kierrot 1512 erwähnt.
10. Stammshof oder Aletgens Gut zu Uevekoven 1519 erwähnt.

Der Pfarrer wohnte im Widdenhof, der wahrscheinlich gegenüber dem jetzigen im 18. Jahrhundert erbauten Klostergebäude gestanden hat und jetzt Pfarrgarten ist. Das Grundstück wird noch „im Kloster“ genannt.

Fast das gesamte umliegende Land war teils Eigentum der Pastorat, teils zinspflichtig, (curmödig.) Auch in Rheindahlen hieß früher die Pastorat „Wedemhof.“
Die Kurmodiums waren Lehngüter und zwar Mannlehen, d. h. beim Erlöschen der männlichen auf die weibliche nicht forterbende Lehen. Wahrscheinlich waren sie aus den obenerwähnten hier belegenen Gütern des Aachener Marienstifts später hervorgegangen, da sie mit der Kirche bezw. der Pfarrstelle verbunden waren. Die Lehnsträger bildeten eine Mannkammer (Genossenschaft), durch welche Lehnsstreitigkeiten entschieden wurden. Starb ein Lehnsträger, oder wurde das Kurmodium auf andere Weise frei, so erhielt der Erbe oder Nachfolger dasselbe von dem Pastor als Laatherrn in der Kirche im Beisein zweier Laaten (d. s. Lehnsträger, die andere Kurmodiums besaßen); der neue Lehnsträger mußte in die Hand des Laatherrn (Pastors) einen Verpflichtungseid leisten. Außer den laufenden jährlichen Abgaben (Zins) hatte der Pastor als Grundherr (Laatherr) das Recht auf eine Kurmede (Wahlabgabe) und zwar beim Tode eines Laaten sich aus dessen Hinterlassenschaft das beste Stück Vieh (Beest) auszusuchen.


4. Laat und Kurmudsrecht.

Über die Curmodiums bestand folgendes: Laat und Curmuthsrecht der Kirchen to Berck. (Pfarrarchiv, Register von 1551 und 1656.)

Urkunde Nr. 8.
1. Die Curmuthen süllen van dem Pastoir in der Kirchen oder op dem waren Byseins twer Laaten empfangen werden.
2. Die Laaten, so angestellt süllen werden, sollen under den Landtherrn geseten sein, darunter dat Curmuthsgut gelegen.
3. Ooch sellen dieselben voir den Laatherr einen eidt thun, dat sey willen dat guth, so sie tot trewer Handt haben mit veronrechten, entfrembden, versetten offte vercoopen sonder consent offt weten des Laatherr.
4. Item, dat sy altyt willen aen den Laatherr to konnen geven, wannehr jemandt syn Laatgut heimblich woll verpenden offt veronrechten.
5. Item dat sy op den Tinßdagh willen die Tinßen binnen Sonnenschein lieferen oder dat Laatgut verburen af alte dagh den Tinß verdobbelen tot der Betalinge.
6. Wenn ein Lat stirft, so verfelt dem Laatherren dat beste Quech (?) aft Beest, dat op den Curmuthsgut binnen jahr und Dag Bergh und Dahl gegangen hatt, oder by mangel der Beesten dat Beste pandt darniegst.
7. Wan aber jemandts das beste Queech oft Beest vor oder nach dem dat Er das Curmuth gesonnen hatt, wurde verbuiten vercoopen, oder ein tytlangk van dem Curmuthsguth affstellen, tot Natheil des Curmuthsherrn, sal derselbe mit dreißigh alder Schilde, jeder tot twee und dreißig rader albus gerekend bestrafft werden.
8. Der den Bedrogh anbrengt, sal den twintigsten penningh darvon genieten.
9. Wan ein Laat stirft, sal dat guth binnen dreißigh Dagen van dem Laatherren gesonnen werden, oder dat guth verfelt dem Herren, jedoch op genade.
10. Wann binnen den vorß 30 Dagen dat guth ahn den pastoir oder Laatherren gesonnen wehre, und dat mit ein oder twee Laaten kont betuigt werden, so staet alßdan darrop kein gefahr.
11. Man sal aber op des Laatherrn Begeren schuldig syn afdragt to doen ende dat Laatguth offt Curnurthsguth empfang wie oben; und auch den gewonlichen eydt thun vor twee Laaten.
12. Om den eydt to empfangen gehort ein Jeder Laat ein half quart Weins und dem schrywer ein qu. Weins.
13. Wan ein Crmuthsgut verkauft sal werden, sal men't selve binnen ses Weken und dry Dagen schuldich syn dem Laatherren to openbaren und dessen Consant begeren, und demselben freystellen, dat guth ein to loosen om einen redelichen penningh.
14. Wan der Laatherr to den Verkauff bewilligt, so kompt ihm van dem Kauffgelt den twintigsten penningh.
15. Wer binnen ses weken und drey Dage dem Laatherrn den Weet niet en doet van den Verkauff, der verburt syn gut.
16. Wer syn Curmuthsgut bauten willen seins Laatherrn verset oft vercoopt, der verburt syn guth.
17. Dergleichen en is niemandt, wie recht an einigh laat oder Curmuthsgut behandet oder geerfft, es sey dan geschiet übermits der Laaten und Consent des Laat- oder Curmuthsherrn.
18. Wan ein Laat bey gesonnden oder kranken Leibe seiner Kindt oder Jemandts anders dat guth woll ahn die handt geven und dat selve vuytgaen, sal dat geschien mit willen des Laatherrn und man sal alßdan afdragt thun als wan beydt Laaten gestorben wehren.
19. Wan ein Curmuthsguth verdeylt wirdt, sal dat geschien mit Will des Laatherren, so mannich spleet, so mannich besonder Laat und besonder gerechtigkeit.
20. Wan ein laat stirfft so twee oder meer Curmuthen an der Handt hadde, so sal van jeden besonder afdragd geschien.
21. Wer sein Laat offt Curmuthsguth merklich verderft, der verburt t. selve.
22. Wan einige Laaten under sich oder mit Ihren Laatherrn dinghpflichtigh wurden, van wegen der gütter oder Tinßen oder afdragt sal der streit van vier oder meer Laaten nar guthdünken des Laatherrn bygelegt werden, und wan denselve clagt und Antwortt opgeschreven
worden, und wannehr dat Urdeyl sal außgesprochen werden, sällen noch vier ander Laaten daervor geroepen werden und dat urtheyl helffen spreken.
23. Davaen behort jeder Laat 1 qu. Weins und die Kost frey, dem schryver 2 qu. Weins und die Kost frey, dem Laatherrn ein Hornßgulden und die Kost frey, dem Boden 1 qu. Weins und die Kost frey.
24. Wanner ein Laat in Unrecht gegen seinen Herrn befunden wirdt, sal er denselven mit seine Diener verpflegen und allemal eine alden Schildt to betalen schuldigh sein.
25. Wan aber der Herr schuldig befunden wurde, sal Er bestrafft werden nae Erkenntnus des Laat oder Hauptgerichts.


5. Zehnten.

Die Pastorat hatte auch schon 1505 in Rickelrath den großen und kleinen zehnten „als Vlaß, Kalver, Vercken, Lamer“, (Flachs, Kälber, Schweine und Lämmer). In dem Rentenverzeichnisse von 1711 (im Pfarrarchiv) ist darüber folgendes in Übersetzung gesagt:

1511 war dieser Zehnte a part an einige Naebuyren (Nachbarn) verpachtet, das Jahr zu 23 „Kar“ Korns, 1½ „Sester“ Roggen und 1½ Sömmers Even (Erbsen?) mit der Auflage, daß sie den Flachs und Rübsaat-Zehnten auf ihre Kosten dem Pastor auf den Widdenhof sollten liefern. Als sie in der Bezahlung säumig waren, hat der Pastor Arnold Kremer 1575 selbst eingefahren.

Pastor Petrus Ophoven hat die Zehntmänner in specie Peter Schrammen in der Herrlichkeit Tüschenbroich 1587 und 1588 „als in loco contractus ratione denegatae Solutionis arrestiren laeßen“.

In der Folge verpachteten die Pastores den Naebuyren den Zehnten insgemein auf 12 Jahr für 137 Thlr. nebst je einem fetten Lamm zu Ostern und zu St. Peter jährlichst zu liefern bei einem „drugen Wynkoop“ zu 10–20 Reichs-Thlr. Wert.

Mit dem Pastor Tilmann Breuer (1636 - 1639) wurden die Naebuyren wegen der Contribution streitig, weshalb der folgende Pastor Paulus Sibenius „da er gemerckt dat den tienden viel mehr außtun konte“, denselben 1640 und 1641 jährlich für 100 Reichsthaler verpachtete. Auf Anhalten und Klagen der „Naebuyren“ ermäßigte er nach empfangenem „drugen Wyncoop“ von 10 Reichsthaler an Geld und eine Eiche im Werte von 10 Reichsthaler für die folgende Jahre die Zehntpacht auf 90 Reichsthaler.
Im Lagerbuch von 1656 werden die zehntbaren Ländereien zu Rickelrath für das Jahr 1640 auf 215 Morgen angegeben.

Am 5. Februar 1693 akkordirten die Rickelrather mit dem Pastor Peter Neeßen, „weilen das specie geld rar worden“, daß sie in schlechtem laufendem Gelde die jährlichen 90 Reichsthaler bezahlen konnten, wobei sie ihm vorab 50 Reichsthaler schlecht Geld, den Reichsthaler zu 20 „blaffarden“ gerechnet, zahlten.

1711 wird Klage darüber geführt, daß die „Naebuyren“ viele Ländereien unter der Angabe, daß es Rottland sei, ungezehntet lassen, wodurch der Pastor großen Nachteil hat:
Urkunde Nr. 9 (Rentenbuch 1711 Pfarrarchiv.)
„Zu notiren, das die Naehpahren viele landerie ungezehndt laeßen unter praetext, daß es rothlandt seye, waervaen si den gerichtsbode jaerlix eene cleyne recognitie geven, waerdoor de pastorie groot preindicie lydet, want de rottthiende aen niemandt gelevert wordt, oock geene rotttiende tot Rickelrade plaetse grypt, indien aldaer geene gemeynde, maer alles erve is, ende darom de landerye die uytgerott is, niet von der gemeynte, maer van erve is gemaeckt worden, ende vervolgens aen de pastorie tiende betaelen moet, gelyck de gemeyne rechten mtbringen, ende den Aertsbißchop von Mechelen Anno 1643 aen Pastoren Paulo Sibenio tot Brußel referirt heft: want den souverainen heer van den lande sich geene rotttiende vendicirt, als von denen landeryen, soo uyt der gemeinte uytgerott worden, gelyck oock blyckt by de groote tienden van den Clinkum, Berckerveldt, Uvekoven, Harbeck, Venn, Hau, to Water, Bißen, Brunbeck etc. onder de parochie van Wegberg, alwaer nirgens den souverainen van den lande rotttiende is genietende, dan de Heeren van Neßelrode en van der Wamme, die op de voornoemde gelriche hondtschappen van Wegberg de tiende syn hebbende, genieten het eene soo wel als het andere, wieswegen de Pastorie tiende tot Rickelraed het selve recht niet en can ontrocken worden. Oock connen de Naebuyren geene päel aenwysen, wardoor die pretense rotttiende ofte Novalia van de pastorie tiende gesepareert souden mogen syn, aldus is hand tastelyck, dat indewyl sy Naebuyren den meisten tydt selver de tiende van de Pastoors in pachtung gehadt, veele landeryren onder sulcken frivolen praetext ongetiendt gelaeten, ende alsoo vry hebben soecken te maecken.“

Noch im Jahre 1773 verpachtete der Prior und Pastor Hoogen durch Urkunde vom 18. Juli den ganzen Zehnten in Rickelrath, so wie die Pastorat von Wegberg denselben besitzet, „an die Ehrbaren Männer Henric Davidts und Areth Rabbertz, als welche zu dem Ende von den Einwohnern zu Rickelrath kommittiret waren“ für die Summe von 100 Dukaten oder 350 Reichsthaler in guter gangbarer Münze, und 200 Buschen Haferstroh.


6. Altäre und Reliquien.

Nach dem Lagerbuch von 1656 (S. 130) bestanden an der Pfarrkirche außer dem Hochaltar, der vermutlich zum hl. Kreuz geweiht war, folgende Altäre, für welche alle besondere Stiftungen bestanden.
a) Altar zur hl. Jungfrau Maria
oder „unser lieben Frauen“, auch Altar zur schmerzhaften Mutter Gottes (B. Maria Virginis dolorosa) genannt.
Renten: 14½ Malter Roggen und 6½ Malter Hafer ferner an Geld 1½ Thlr., mit welchen Renten der Altar u. A. in den Jahren 1459, 1505, 1507, 1510, 1512, 1515, 1530, 1546, 1606 bestiftet wurde.
Die Besetzung dieses Altares stand dem Schloß Tüschenbroich zu.
b) Altar zum hl. Nicolaus.
Renten: 18 Malter Roggen und 5 Malter Hafer.
Über diese Renten bestanden Erbpachtbriefe vom 28. Mai 1428, 1454, 1485, 1488 u. A. Nach einer Scheffenurkunde vom Jahre 1505 (Pfarrarchiv) stiftet Paulus oder Pawels zu Dorp „unser Kirchspelsmann“, weil sein Sohn zur Ehre Gottes, des Himmelreichs und Maria seiner würdigen Mutter in den Priesterstand eingetreten sei, als 2. Fundation erblich und ewiglich für den St. Nicolaus-Altar in der Kirche zu Wegberg 12½ Malter Roggen Erklenzer Maß.
Die Kollation dieses Altars wurde von den Nachkommen des vorerwähnten Pawels beansprucht.
c) Altar des hl. Johannes
oder Compassionis Mariae, früher (1509) auch Altar zur Not Gottes, oder zur hl. Dreifaltigkeit, später (1711) Altar zur freudenreichen Mutter Gottes (B. M. Virginis gaudiosa) genannt.
Renten: 20 Malter Roggen, 6 Malter Hafer und 4 oder 5 Goldgulden Geldrente.
Dieser Altar wurde von einem Johannes Jans von Tüschenbroich, Probst zu Wetzlar und Domherr zu Utrecht mit mehreren Erbpachten bestiftet und zwar in den Jahren 1505 bis 1509; die Urkunden darüber befinden sich abschriftlich im Lagerbuch von 1656 S. 475 ff. Am 13. Dezember 1509 stiften Peter in den Prickert und Frau 1 Malter Roggen für diesen Altar.
d) Altar der hl. Katharina.
Renten: 16 Malter halb Roggen halb Hafer. Die Kollation dieses Altars stand dem Hause von Nesselrode zu.
Der Hochaltar gehörte zur Pfarrstelle, der Marien- und der St. Nicolausaltar wurden noch 1630 zusammen von einem Vikar bedient, die beiden übrigen Altarstiftungen scheinen sogenannte einfache Pfründen gewesen zu sein, die den Inhaber zu keiner Seelsorge verpflichteten. 1630 wurde der St. Johannesaltar von dem Pastor in Arsbeck als Administrator bedient. Die Pfründe des St. Katharinenaltars hatte bis 1622 der Pfarrer in Wegberg nebenbei. Dann übertrug jedoch die Witwe von Nesselrode einem „jungen Priester“ aus Cöln die Beneficien dieses Altares, welcher Priester „niemalen selbsten residirt noch auch jetzo den Gottesdienst verwaltete“, also nur die Einkünfte bezog.

Heute bestehen an der Pfarrkirche folgende Altäre: Hochaltar geweiht den hl. hl. Petrus und Paulus, sowie 4 Nebenaltäre zum hl. Josef, hl. Antonius, zur hl. Jungfrau Maria und zum hl. Kreuz. Der letztere zeigt Figurenschmuck nach Art der flandrischen Schnitzaltäre.

An Reliquien besitzt die Kirche ein Kreuzpartikel, je eine Reliquie vom hl. Petrus und vom hl. Franziskus.

Nach einer Urkunde des Vogten de Hoen vom 6. Okt. 1641 (Abschrift im Lagerbuch 1656 S. 142) erhielt jeder Pastor im Oberquartier Geldern eine freie Zulage von 300 Gulden brabants zu seinem kompetenten Unterhalt. In derselben Urkunde wird zwischen Pastor und Scheffen der Gemeinde vereinbart, daß von den Pastorei- und Vikarierenten jährlich 4 Schattinge (Abgabenanteil) zu bezahlen seien, das waren für die Pastorei 4 Gulden 10 Stüber, für St. Nicolaus-Altar 1 Gulden und für den Kreuz-Altar 15 Stüber.

Am 5. März 1663 bekunden die Scheffen der Herrlichkeit Wegberg Geldrischer Seiten, daß der gräflich Eulenburgische Schultheiß zu Dahlen zur Unterhaltung eines Priesters, Halten von Seelenmessen und einem dauernden Anniversarium 500 Reichsthlr. den Kreuzbrüdern bei der Pfarrkirche in Wegberg überweißt, solange der Kreuzherrenorden dieselbe besetzen. Er behält sich dabei auch ein Begräbnis in der Kirche vor.


7. Patronatsrecht.

Das Patronatsrecht über die Kirche übten die Herren von Tüschenbroich aus, deren Erbbegräbnis sich auch in der Kirche befand.

Durch Urkunde vom 25. Oktober 1636 (Abschrift im Lagerbuch von 1656 S. 415) übertrug Freiherr Franz von Spiering die freigewordene Vikariestelle am Altare „in honorem Individuae Trinitatis“ (hl. Dreifaltigkeit) „nec non Gloriosissimae Virginis Mariae“ (glorreichen Jungfrau Maria) in der Pfarrkirche zu Wegberg auf die Bitte seines Untertans Peter Noetlich dessen Sohn Stephan, welcher 21 Jahre alt und seine Studien beinahe absolviert habe. Noetlings resignierte schon 1640 auf die Stelle.
 
8. Kreuzherrenorden.

Der oben genannte Franz von Spiering, in dessen Besitz das Schloß Tüschenbroich im Jahre 1624 durch Kauf übergegangen war, übertrug die Pfarrstelle 1636 einem Kreuzherrn Tilman Breuer aus dem Konvent zu Wickrath. Bis dahin bestand hier also noch keine Niederlassung dieses Ordens.

Durch nachstehende Urkunde Nr. 10 vom 7. Oktober 1639 übertrug nun Spiering auch das Patronatsrecht auf den Kreuzherrenorden unwiderruflich, „also daß sie bey obgemelter Pfarrkirchen sollen ein Kloster bauen.
 
In den damaligen Reformationswirren und bei den Folgen des 30jährigen Krieges lag die Gefahr des Unglaubens und der Verwilderung der Sitten besonders nahe, weshalb vielfach derartige Klostergründungen vorgenommen wurden, „zur Verbesserung des Gottesdienstes.“

Urkunde Nr. 10
 
Wir Franß, Freyherr von Spierring zu Sevenhaer, Herr zu Tuschenbroich, Kurfürstl. Durchlaucht Pfalts Neuburgischer gehaimer Rhats Marschalck deß Fürstenthums Jülich, Cammerer, Amtman dero Brauenschaft, Newenahr, auch beider Ämter Sintzig und Remagen, und Fraw Elisabeth Walpurg geborene von Hatzfeldt, Freyjnn von Spierring und Fraw daselbsten Eheleute bekennen und tuen hiermit jedermenniglichen zu wissen, daß wir mit weissen rhat überdenkende der vergenglichkeit der zeitlichen und bestendigkeit der zukünftigen, zu ehren Gott des allmechtigen unseres Schöpfers und Erlösers zu lob und preiß der glorwürdigsten jungfrawen Maria, S. Petri Patroni, S. Franzisci, S. Brigitta, und aller lieben heiligen, wir auch zu Vermehrung der ehren deß heiligen Creutzes, und zu Verbesserung der Gottesdienst vornemlich dieser unserer Herrlichkeit Tuschenbruch und angehöriger pfarrkinder, zu fortpflantzung allein seligmachender Religion, zu Erlangung göttlicher Gnaden in dißem sterblichen leben, und darnach der ewigen rhue unser, unserer Vorvätter, wie auch Erben und Nachkommlingen, auß lauter liebe Gottes, auß grund unseres Hertzens gegeben und donirt haben, geben und doniren hiermit nun und zu ewigen tagen unwidderruflich daß jus Patronatus der Pfarrkirchen zu Wegberck, sampt allen anderen benefieecien und gerechtigkeiten, so wir daselbsten zu vergeben haben, nicht ab- oder außgescheiden den Ersamen Geistlichen Prior und Canonichen deß gemeinen Capittels der Regulirer deß heiligen Creutzordens zu Huye im Stifft Lüttig gelegen und allen ihren Nachkommlingen, also daß sie bey obgemelter Pfarrkirchen sollen ein Kloster bawen, desselb besitzen und behalten, mit einem Ersamen Prior als Pastoren und mit anderen gueten geistlichen Manspersonen also vill als von obgte Pastorry, Vicarien, Capellanien und Custerien Rhenten erbarlich leben und unterhalten werden konnen nach einsetzung jhrer Regell und Statuten under gehorsambkeit und correction jreß gemeinen Capitelß zu ewigen Tagen sein und pleiben, sonder jemantz Hindernisse oder widdersprechen und den Gottesdienst, pfarr, Vicarien, Capellan und Custeramt respective, wie sichs gebürrt, jegliches nach seiner qualitet verwahren, und verpflegen zur schölen und Kinderlehr qualiti acte personen anstellen und halten, die gemeine zur Ehren Gottes mit guiter lehr und exempell auch zu vermehrung der Catholischer Religion vorgehens, vor unß, unßerer Eltern und vorfharen auch für unsere Erben anerben und nachkommlingen trewlich pitten, zu dem auff Son und heiligtagen oder so offt nöhtig einen priester auß jrem Convent nach unserem Schloß Tuschenbruch der Capellanei Dienst daselbst zu verwalten, verordnen und abschicken und zu dem endt auch jetziger und zukünftiger Rhenten genießen sollen, dazu wir dan umb recoperirung der vorerwenten Rhenten so vill möglich cooperiren wollen, So haben wir daß zukünftige Closter und Convent der Canonichen deß heiligen Creutzordens vorgltr, mit allen jhren personen, Bruederen, Dienern und gesinde, sambt und besonders in unser Beschirmung, schutz und verthetigung genohmen und entpfangen, also daß wir und unsere Erben dieselbe gern und trewlich so vill bey uns bestehet verthetigen auch über der gebür nit beschweren lassen wollen, jedoch unß als landtherren unser habender jurisdiction cum in criminaliby quam in civiliby Salva tamen Ecclesia et Ecclesiasticou immunitate, wir auch der weltlichen angriff und straffe über die in dißer unßer Herrschaft bey oder in der Kirchen oder Closter begangene exceßen außtrücklich vorbehalten. Und dan die ehrsame geistliche und andächtige Herren Augustinae Necrius, Prior zu Huye, generalis Henric. Waltheri Prior S. Agathae, goßwinus judaeus Prior alti nemoris, Clamor Auercamp, Prior Coloniensis. Adolphus Osterhausen Prior Dußeldorpensis, Definitores Creutzbrueder Ordens obersetzte Fundation, collation und donation sambt oberwenten Beding nahmens vorgte Herren Canonichen deß gemeinen Capittelß der Reguliren des heiligen Creutzes zu dank angenohmen, beliebet und in allen punkten nachzukommen versprochen. Alß haben wir zu urkunt der warheit dieße Fundation zweyfagig beschrieben mit anhangen unseres freyherrlichen Einsiegelß auch gte Herren generall und Prioren als definitores deß gemeinen Capitelß der Regulieren Creutzordens mit jrem generall und gemeinem Ordenßsiegell bekrefftiget und deren jedem der exemplaren eins zu nachrichtung zugestellet. So geschehen im jahr unseres Saeligmachers tausend sechshundert neun und dreißig den siebenden Tag Monats Octobris
 
Frans Freiherr von Spiering
 
Elisabet Walpurg Freyfraw von Spiring
 
geborne von Hatzfeld.

 
Das hiernach zu bauende Kloster scheint gleich erbaut worden zu sein, denn 1659 wird bereits Lotharius Schorn, Primus (1.) Prior in Wegberg als Pfarrer aufgeführt.

 
Der Kreuzherrenorden wurde Ende des 12. Jahrhunderts von Theodor von Celles, einem niederländischen Edelmanne bei einer dem hl. Theobald geweihten Kapelle vor der Stadt Huy (Belgien) gegründet und breitete sich bald über die deutschen Niederlande, Frankreich und England aus. Wahrscheinlich ist, daß ihre Ordenshäuser zunächst Herbergen für Pilger nach dem hl. Lande sein und die Kreuzbrüder sich als Kreuzzugprediger verwenden lassen sollten. Der Orden hatte Niederlassungen bezw. Klöster u. A. in Köln, Brüggen, Dülken, Hohenbusch, Aachen, Cleve, Wickrath.
 
Durch Urkunde vom 17. August 1660 bestätigte Pfalzgraf Philipp Wilhelm von Jülich die Übertragung der Pastorei an den Kreuzherrenorden durch den Freiherrn von Spiering. (Abschrift im Lagerbuch 1656 S. 133.)

 
In der Folge gab die Besetzung der Pfarr-, Vikarie- und Küsterstelle durch den Kreuzherrenorden zu Streitigkeiten mit der Gemeinde Veranlassung, weshalb am 3. Juni 1683 zwischen dem Orden und der Gemeinde folgender Vergleich geschlossen wurde: (Abschrift der Urkunde Lagerb. 1656 S. 143.)
 
     
  1. Der Kreuzherrenorden soll künftig bei Erledigung der Pastorei,      Kirchenbeneficien und Renten zur Vergebung derselben freie Gewalt haben      mit Ausnahme des Vikariats Nesselrodiana (Katharinen-Altar). Künftige neue      Beneficien sollen nach der Meinung des Fundators gehalten werden.
  2.  
  3. Bei Neu-Besetzung der Pfarrstelle soll der in Aussicht genommene      Geistliche den Scheffen und Vorstehern der Gemeinde präsentiert und deren      Gutbefinden eingeholt werden, ehe er als Pastor proklamiert wird.
  4.  
  5. Bei Einwendungen gegen die Person soll der Orden die Gemeinde mit einem      solchen Priester verschonen.
  6.  
  7. Auch bei einem Wechsel des Pastors soll der neue Pastor nicht anders      wie vorbestimmt angestellt werden.
  8.  
  9. Die Gemeinde ist der Zuversicht, daß bei einer Vakanz der Pfarrstelle      der bisherige Kaplan, falls er seiner Gelehrtheit und Wohlverhaltens      halber dazu geeignet sei, vor anderen den Vorzug erhalten, weil „die      Veränderung mit newen bisweilen schädlich.“ Der Orden soll jedoch die      alleinige Bestimmung über die Eignung haben.
  10.  
  11. Die beiderseits in dieser Streitigkeit aufgewendeten Unkosten sollen      hiermit kompensiert sein.

 

Das alte Klostergebäude genügte inzwischen nicht mehr den Ansprüchen. Der Orden errichtete daher um 1740 an Stelle desselben einen Neubau, der heute noch erhalten ist und als Pastorat dient.

 
Am 9. August 1749 erteilt der Freiherr von Spiering durch nachstehende Urkunde Nr. 11 dem „von seinen Voreltern gestifteten Gotteshaus und Canonie des Kreuzorden“ einen Konsens zum Ankauf von Grundstücken:
 
Urkunde Nr. 11 (Abschrift im Rentenverzeichnis von 1711, Pfarrarchiv).
 
Wir Lorentz Wilhelm Frantz, Freiherr von Spiering, Herr der Herrschaften Tüschenbroich, Ebbleghem, Fronberg, Sevenar und Doveren pp.
 
Urkunden und bekennen hiermith daß nachdem der Hochwürdige Herr Hubert Reynders, Canonici Ordinis Ste. Crucis Prior und Vicarius generalis, auch Pastor zu Wegbergh uns angezeiget, daß zu Aufnahm des von unseren Vorelteren gestifteten Gotteshauß und Canonie des Creutzordens zu gedachtem Wegbergh er obgedachter Herr Prior einige Grundstück zu kauffen intentioniret und unseren landsherrl. Consens zu seiner Sicherheit vonnöthen habe, als haben wir aus denen bereglichen Ursachen daß diese Canonie von unseren Vorelteren fundiret, auch derenselben und unsere intention gewesen, und annoch ist, daß dieselbe Canonie mehrer und mehrer in besseren Stand komme, diesen Consens williglich erteilen wollen, unseren zeitlichen Vogten und Scheffen anbefehlend, den Herrn Prior und dessen Closter an denen zu kauffen seyenden Grundstücken keineswegs zu hinderen, sondern alle darzu sonst vonnöthen seyende Formalitaeten ohne einigen Anstand so gleich zu beobachten.
 
Zu diesem Ende haben wir diesen Consens unterschrieben und mit unseren angebohrnen adelichen kleinen Signet bekräftiget.
 
so geschehen Wegberg, d. 9. Aug. 1749
 
L. S.
 
L. W. Freiherr von Spiering
 
Herr der Herrschaft Tüschenbroich.

 
Im Jahre 1755 bitten Prior und Brüder des Kreuzherrenklosters zu Wegberg um Belassung im Besitz und Gebrauch des Rechtes der Patronatschaft der Pastorat in Wegberg, der Küsterei, der Beneficien und Officien, mit den Gütern und Rechten, die ein Baron de Spiering und seine Gemahlin durch Geschenkakt vom 16. Oktober 1639 an den Orden überlassen hat mitsamt einigen anderen Gütern des Klosters, die dem Edikt vom 15. September 1753 betr. die unerlaubte Aquisition der toten Hand unterliegen. Auf dieses Gesuch hin wurde das Kloster durch Urkunde de dato Brüssel, 4. Oktober 1755 (im Pfarrarchiv) im Namen der Kaiserin im Besitz und Gebrauch der nachstehenden Güter und Renten auf „ewige Tage“ bestätigt und die darauf ruhenden Lasten nach Zahlung einer Summe von 3007 Gulden, 6 Stüber, 8 Deniers amortisirt. Dabei sollen die Güter allen „publicen Lasten“ wie bisher unterworfen bleiben.

 
Pastorat und Kloster-Güter.
 
1. Der gewöhnliche große Zehnte zu Rickelrath mit Ap- und Dependentien, ferner 1 Huhn von jeder Familie zu Rickelrath mitsamt einem „Churmoet“ genannt „Stammsgut“ zu Uevekoven, bestehend in 8 Sömmers Hafer, 5 Pfund gehechelt Flachs, 2 Hühnern und 8 Deniers.
 
2. Den kleinen Zehnten zu Uevekoven, zusammen mit dem Zehnten zu Ophover-Mühle mit 10 Malter 3 Faß Roggen und ferner 5 Malter 3 Faß Roggen Erbpacht.
 
3. Ein Malter ein Faß, 2 „Coppen“ Roggen Erbpacht zu Watern.
 
4. Zwölf Malter ein Faß Roggen und ein Malter ein Faß Hafer Erbpacht zu Klinkum.
 
5. Vier Malter 2½ coppen Roggen Erbpacht zu Hof Harbeck.
 
6. Einen „Cheyns“ von 1 Gulden 4 Stüber zu Berck und die Gerechtigkeit von 8 Wagen Heide und Holz im Berckerbusch.
 
7. Zwei Malter Roggen auf Jan Schrammen Erbe zu Uevekoven.
 
8. Ein Malter Roggen auf Jan Keinen Erbe zu Klinkum.
 
9. Drei Sömmers Roggen und 2 Sömmers Buchweizen auf Reiner Gielen und Pater Potz Erben zu Hof Harbeck.
 
10. Ein Malter Hafer auf Cumper Gut am Klinckum.
 
11. Ein Malter Hafer auf Brun-Brunen Erbe an Hof Harbeck.
 
12. Sechs Pfund und 3 Quarten Wachs an Klinckum.
 
13. Fünfzehn einhalb Quart Öl zu Wegberg und Tüschenbroich.
 
14. Einen und ein Viertel Morgen Busch im Hürkesbruch.
 
15. Einen Morgen und 1 Viertel Bruch und Busch daselbst.
 
16. Einen halben Morgen „Bempdt“ (Bend) im Hürkesbruch.
 
17. Einen halben Morgen Busch im Hürkesbruch.
 
18. Einen Morgen Land am Schmitzweg zu Rickelrath.
 
19. Einen Morgen Land am Hagelkreuz.
 
20. Drei Morgen Land und Bruch, gelegen auf den Zitzenradt.
 
21. Einen Morgen Land und Bruch daselbst.
 
22. Ein einhalb Morgen Land und Bruch daselbst.
 
23. Ein Viertel Bruch daselbst.
 
24. Zwölf Faß Roggen, stehend zu Watern und „herkommend von Schwanenberg“.
 
25. Eine Wassermühle mit 20 Morgen Land, Benden und Wasserbrüchen, „Ap- und Depententien“, gelegen an der Schwalen nächst Rickelrath (die Priors- oder Oethueser-Mühle, heute Mossmühle genannt).
 
26. Eine Parzelle Busch, groß 10 à 12 Morgen gelegen, in Erbbusch.
 
27. Ein einhalb Viertel Busch daselbst.
 
28. Einen halben Morgen Bruch zu Zitzenrath.
 

Güter der Küsterei.
 
1. Ein halb Malter Roggen von der Flecher Mühle zu Watern.
 
2. Ein halb Malter Roggen auf Linkes Erbe zu Oberklinkum.
 
3. Eine Schürgskarre Roggen in Berckerhof.
 
4. Eine Schürgskarre Roggen in Klinkumerhof.
 
5. Eine Schürgskarre Roggen in Schanzerhof.
 
6. Von jedem Haus in Wegberg und Tüschenbroich ein „Gast“ Roggen mit dem Stroh.
 
7. Von jeder Familie zu Wegberg und Tüschenbroich 12 Pfund Brot und die „Paesche“ Eieren (Ostereier) welche ebenso auch der Pastor erhält.
 
Mit der Kirchenverwaltung war früher auch die Armenverwaltung verbunden, die ebenfalls eine Anzahl alter Renten besaß.

 
Die Herrschaft der Kreuzherren erreichte unter der französischen Fremdherrschaft durch den Consularbeschluß vom 20. Praereal Jahr X der Republik (1802) ihr Ende, durch welchen das Kloster aufgehoben und die Gebäude und Güter im Jahre XI zum Teil der hiesigen Wohltätigkeits-Anstalt (kommunale Armenverwaltung) überwiesen, zum Teil zu Gunsten des Staates verkauft wurden. Der ehemalige Prior und Pastor behielt jedoch in den Gebäuden seine Wohnung.

 

9. Neuere Geschichte.

 
Im Jahre 1804 trennte sich Rickelrath als selbständige Pfarrgemeinde von der Pfarre Wegberg ab. (S. u. Rickelrath.) Anfangs der 1850er Jahre entsteht zwischen der Kirchen- und Gemeindeverwaltung ein Streit über das Miteigentum an dem Pastorat- (früheren Kloster) Gebäude. Die Kirche hat den von der Gemeinde beanspruchten Teil als Küster-Wohnung eingerichtet, wogegen der Gemeinderat Einspruch erhebt. In einem Schreiben des Kirchenvorstandes vom 28. Oktober 1854 sagt derselbe: In dem Lagerbuch der hiesigen Pfarrkirche heißt es: „Item hat der Küster die freie Wohnung in dem Haus auf der Bach, ist dienst- und wachtfrei, mit dritten halben Morgen Lands auf dem Keeroth welches das Kirchenland genannt wird, ist schatz und zehntbar, wird jedoch aus Gnade freigelassen.“ 1855 wird dann der Streit durch Abschluß eines Mietvertrages der Gemeinde mit dem Küster beigelegt.

 
Die Kirche beanspruchte aber stets noch das Eigentumsrecht für diejenigen Teile, in welchem bis dahin 2 Schulklassen untergebracht waren, um dieselben als Vikarie-Wohnungen einzurichten, wogegen der Gemeinderat diese Räume zum Friedensgerichtslokale einrichten wollte. Am 1. März 1880 beschloß der Gemeinderat endlich, die von der Zivilgemeinde in Anspruch genommenen Teile des Klostergebäudes unentgeltlich an die Kirchengemeinde zu übertragen. Da aber dieser Beschluß durch die Königl. Regierung nicht genehmigt wurde, so beschloß man schließlich am 9. Dezember 1880 eine an die Gemeinde zu zahlende Entschädigung von 1200 Mk., wodurch die Kirchengemeinde in den Alleinbesitz der Gebäude kam.

 
Gerade 100 Jahre nach der Abtrennung Rickelraths von der Pfarre Wegberg erfolgte am 1. März 1904 die Errichtung der Kapellengemeinde Tüschenbroich, die am 1. Oktober 1907 zur Pfarre erhoben wurde. Ihr folgte 1909 die Errichtung der selbständigen Kapellengemeinde Klinkum, deren Erhebung zur Pfarre jetzt in Vorbereitung ist. Die Pfarre Wegberg umfaßt dann nur noch die Orte Wegberg, Harbeck, Dorp, Uevekoven, Großgerichhausen, Bißen und Watern.

 

10. Kirchliche Bruderschaften.

 
Bei der Kirche besteht u. a. eine St. Antonius Bruderschaft. Diese Art Bruderschaften wurden in den stürmischen Zeiten des Mittelalters als eine Bürgerwehr hauptsächlich zum Schutze des Gottesdienstes gegen störende äußere Eingriffe gegründet. Wann die St. Antoniusbruderschaft gegründet wurde, ist nicht bekannt.

 
Nach einer Urkunde der Wegberger Scheffen vom 1. April 1470 (Pfarrarchiv) erwarben Lintz von Klinkum und Ida, seine Hausfrau von Hermann Ulenbroich ein Erb und Gut als Haus und Last mit Garten, Acker und Heideland und allem anderen Zubehör zu Klinkum am End für eine jährliche Erbpacht von 2 Malter Roggen und 7 Summeren Hafer Wegberger Maß. Ulenbroich überträgt diese Erbpacht sogleich wieder an die Schützen der St. Sebastiani-Bruderschaft an der Kirche zu Wegberg. Diese Rente diente später zur Stiftung der Donnerstagsmesse an der benannten Kirche.

 
Am 28. Oktober 1502 bekennen Kirchmeister und Scheffen zu Wegberg (Originalurkunde im Pfarrarchiv) daß gewisse Renten des Kirchspiels und der St. Antoniusbruderschaft im Werte von zusammen 150 Horn'sche Gulden für den Bau eines neuen Chores an der Pfarrkirche verwendet und verbaut worden sind.

 
Hiernach scheint die St. Antoniusbruderschaft zwischen 1470 und 1502 aus einer Umwandlung der St. Sebastianusbruderschaft entstanden zu sein. Wenn diese letztere 1502 noch nebenbei bestanden hätte, so wären bei der vorhandenen Geldnot doch ebenfalls Mittel von dieser für den Bau verwendet worden.

 
Die St. Antoniusbruderschaft kam während der Reformationswirren wirklich in die Lage, von ihren Waffen zum Schutze des Gottesdienstes Gebrauch zu machen. Als am Peter- und Paulstage 1579 die herkömmliche Pfarrprozession abgehalten wurde, versuchten zwischen Tüschenbroich und Geneiken die der neuen Religion zugetanen Einwohner Schwanenbergs dem begleitenden Priester das Venerabile zu entreißen. Die die Prozession begleitende Schützenbruderschaft schlug jedoch die Störer zurück und eine Kugel traf denjenigen der das Venerabile schon in Händen hielt. Zum Gedächtnis dieser Begebenheit wurde fortan alljährlich beim Umzug der Prozession auf der Höhe von Tüschenbroich das sog. Schenkelmännchen geschossen. Es war dies ein Knochenmann mit Stroh umwickelt, der in einem Baum aufgehangen und von den die Prozession begleitenden Schützenbrüdern jämmerlich zerschossen wurde. Dieser Brauch soll noch bis 1791 oder 1792 bestanden haben, wurde dann auf Betreiben der Schwanenberger gegen Erlaß einer bisher an diese zu zahlenden Rente eingestellt. (Kaltenbach, der Reg.-Bez. Aachen S. 302.)

 
Nach der Prunk (Kirmesfeierlichkeiten) von 1793 scheint die Bruderschaft langsam eingeschlafen zu sein, denn unterm 27. Mai 1805 wurde sie neu begründet, wobei alte Mitglieder der alten Bruderschaft an Schreibgeld ½ Stüber, die übrigen jedoch 15½ Stüber bezahlten. Das vorhandene Königssilber (Vogel und Platten) reicht nach den darauf eingravierten Jahreszahlen zurück bis 1773. Es wog 1829 = 2 Pfd. 30 Loth, 1851 = 3 Pfd. 5 Loth.

 
1845 wurde eine neue Fahne beschafft für 36 Thlr., 29 Sgr., 4 Pfg.
 
1883 eine solche für 320 Mk. und 1903 eine solche für 450 Mk.

 
Die Gesellschaft besaß einen Schießplatz zu Unterklinkum in Größe von 112 Ruthen, der 1909 verkauft wurde. Als in Tüschenbroich und Klinkum eigene Kirchengemeinden gegründet waren, trennten sich die dortigen Einwohner ab. Im Jahre 1909 wurde daher die Bruderschaft für die verblieben Pfarrgemeinde neu organisiert.

 
Aus dem Jahre 1787 findet man noch Aufzeichnungen über eine unsere lieve Frawen Broderschap, welche an Einkünften 45 Summer, 2 Viertel Roggen und 6 Summer Hafer besaß.
 
Über diese Bruderschaft ist heute nichts weiteres mehr bekannt.


11. Baugeschichte der Kirche.

Die jetzige Kirche scheint an Stelle einer älteren Kirche erbaut worden zu sein.
Die ältesten Teile derselben rühren aus dem 15. Jahrhundert her, und zwar der Turm, das Mittel- und das nördliche Seitenschiff bis zum Kreuzschiff. Diese Teile weisen eine sehr unregelmäßige Bauart auf und sind namentlich die Pfeiler zum Teil rund, zum Teil vier- und achteckig. Bei der Renovierung des Innern der Kirche 1907 wurden die Pfeiler gleichmäßiger gestaltet. Aus der Unregelmäßigkeit der Pfeiler schließt Clemen-Renard, daß die Kirche ursprünglich nur einschiffig war, und erst nach und nach mit Seitenschiffen versehen wurde. Die Außenseite der alten Teile weist unregelmäßigen Wechsel von Tuff- und Ziegelschichten auf, wie er sich bei Bauten aus dieser Zeit vielfach findet.

Nach einer stark beschädigten Originalurkunde (Abschrift im Lagerbuch von 1656 S. 273) vom 28. Oktober 1502 hat dat Keerspel von Wegberck eyne chor gebowet, in dy eer Gottes und des Hemelfürsten sinte Peter.“ Um die Baukosten zu decken, bekennen die Kirchmeister und Scheffen an beiden Seiten des Keerspels sämtlich und einträchtiglich, daß gewisse Renten des Kirchspels und der Antoniusbruderschaft im Werte von 150 Horn'sche Gulden verwendet und verbaut sind. Dafür soll im Gotteshaus ewiglich eine Singmesse gehalten und der Küster für seinen Sang ½ Malter Roggen bekommen.

Nach einer Notiz im Armenbuch wurde 1783 ein zurückgezahltes Kapital zur Beschaffung eines neuen hohen Altares verwendet.

An der Kopfseite des nördlichen Seitenschiffs findet sich eingemauert ein römischer Matronenstein, Relief mit drei sitzenden Frauen. 1778 wurde an der Südseite (Beeckerstraße) eine Treppe gebaut, 1868 eine neue Treppe (138 Thlr.) an der Nordseite und 1877 eine solche zur Hauptstraße hin (300 Mk.) Der Turm ist nur etwa 36 Meter hoch, hat mächtiges Mauerwerk, das fast auf eine ursprünglich größere Höhe des Turmes schließen läßt. An der Vorderseite eingemauert Reste von zwei frühgotischen Steinmasken, auf der Eingangstür Reste gotischen Eisenbeschlags. Im 18. Jahrhundert wurden an den Eingängen kleine offene Vorhallen angebracht, die in neuerer Zeit beseitigt wurden. 1844 mußte eine bedeutende Reparatur am Turmhelm für 407 Thlr. 30 Gr. vorgenommen werden.

Die beiden Glocken stammen aus den Jahren 1411 und 1421 und tragen die Inschrift: Ave Maria, gratia plena annuncio vobis gaudium magnum. O. Rex Glorie, veni cum pace. Anno domini MCCCCXI; Die Petri. Dum Resone, Perfer deo Petre, Vota Bonorum, Anno domini, MCCCCXXI.

Im Jahr 1801 mußte eine größere Reparatur am Kirchendach vorgenommen werden, die 462 Reichsthlr. 53½ Stüber kostete.

Bei der Zunahme der Bevölkerung erwies sich im 19. Jahrhundert die Kirche lange als zu klein, weshalb der Gemeinderat am 18. August 1855 einen Erweiterungsbau beschloß. Im Jahr 1856 wurden die Fundamente zu dem Bau gelegt, der aus einem dreischiffigen Querschiff und Chor bestand. Der Erweiterungsbau wurde bis Ende November 1857 unter Dach gebracht, sodaß darin schon Weihnachten desselben Jahres Gottesdienst gehalten werden konnte. Die vollständige Fertigstellung erfolgte im Jahre 1859. Die Gesamtkosten beliefen sich auf rd. 19 000 Thlr., „wovon 12 000 Thlr. durch freiwillige Einziehung bei den Pfarreinsassen und 7000 Thlr. negociirt worden sind und soll der ganze Betrag in 30 Jahren getilgt werden. Den Plan zu diesem Bau hat der Architekt Statz zu Cöln entworfen und ist derselbe von dem Baumeister Faulenbach zu Aachen ausgeführt worden. Die Lieferung der Ziegel 400 000 Stück ist dem Ziegler Ferdinand Oellers zu Freiheid übertragen worden, welcher für den Mund oder für 15 000 Stück 59 Thlr. erhalten hat. Die Steinhauerarbeiten und die Lieferung des Materials hat der Steingrubenbesitzer Hermann Küppers zu Aachen zu dem submittierten Preise von 4414 Thlr., 5 Sgr., 5 Pfg. übernommen, die Nachlieferung zu den Mehrarbeiten hat die Summe bis auf 8356 Thlr. erhöht. Die Maurerarbeiten hat die Firma Wickop und Welter zu Crefeld, die Zimmerarbeiten der qualifizierte Zimmermeister Franz Losberg von Ratheim übernommen.“ (Gemeindechronik.)

Die Konsekrierung des neuen Teiles der Kirche erfolgte in den Tagen vom 12.–14. Juni 1851 durch den Weihbischof Baudri aus Cöln.

Im Jahre 1860 erfolgte auch eine bedeutende Reparatur am Turmhelm und die Anbringung eines neuen Hahnes. (Kosten insgesamt 283 Thlr.)

1860 wurde das südliche Seitenschiff niedergelegt, und ein neues in Übereinstimmung mit dem neuen Vergrößerungsbau aufgeführt. Die Kosten waren von einem ungenannten Wohltäter der Kirchenverwaltung gespendet. Ebenso wurden an der nördlichen Seite der Kirche neue Fenster angebracht.

Bei diesen Erneuerungs- und Erweiterungsbauten in der Mitte des 19. Jahrhunderts scheint manches Ausstattungs-Stück von historischem oder Kunstwert rücksichtslos verschleudert oder zerstört worden zu sein. Es erscheint gewiß, daß diese alte Kirche eine wertvolle alte Innen-Einrichtung besaß, davon zeugen die noch vorhandene aus der Zeit um 1760 stammende kunstvolle Barockkanzel auf Engelhermen, in den Füllungen die Halbfiguren der Kirchenväter, das in Form eines Wappenschildes mit Helmzier geschnitzte Barock-Orgelgehäuse, zwei aus der Mitte des 15. Jahrhunderts stammende gute Holzfiguren der hl. Katharina und vermutlich Äbtissin Odilia, (nicht Maria Magdalena wie Clemen annimmt) weil sie einen Äbtissinenstab in der Hand hält, ferner eine Ton-Figur der hl. Anna aus der Barockzeit, ein im Jahre 1910 neu polychromiertes großes Missions-Kreuz mit gutem Corpus, ein Barockkelch aus vergoldetem Silber aus dem Jahre 1704, ein gotischer Kelch aus der Mitte des 15. Jahrhunderts, eine silberne Sonnenmonstranz von 1752, ein silbernes Weihrauchfaß und 2 ebensolche Meßpollen aus dem 17.–18. Jahrhundert.

1859 wurden für den Erweiterungsbau von der Bildhauerfirma Wings und Comp. zu Wegberg zwei Seitenaltäre angefertigt zum Preise von je 200 Thlr. 1869 wurden die Kirchenbänke erneuert, und dafür aus freiwilligen Gaben 600 Thlr. verwendet. Wie dem Verfasser erzählt wurde, soll damals die alte Inneneinrichtung zum Teil zerschlagen und als Brandholz verkauft worden sein. Ebenso soll ein alter flandrischer Schnitzaltar für 500 Thlr. verkauft und später für eine sehr hohe Summe nach London weiterverkauft worden sein.

Ein alter Lehrer erzählte mir, daß bei dem Erweiterungsbau die Arbeiter an der Stelle des alten Chores ein Gewölbe bloßlegten, in welchem mehrere Särge mit wohlerhaltenen Gebeinen und mit dem Wappen der Herren von Tüschenbroich standen. Als ein Arbeiter hinabstieg, seien die Särge und Gebeine bei der Berührung in Staub zerfallen. Man habe darauf schleunigst die Gruft zugeschüttet. Man wird hier die Familiengruft der Ritter Spiering von Tüschenbroich vor sich gehabt haben.

Nach den erwähnten Erneuerungs- und Erweiterungsbauten folgte ein Ruhestand, in welchem die Kirche arg vernachlässigt wurde, sodaß anfangs des 20. Jahrhunderts der bauliche Verfall zu befürchten stand. Einige Fenster waren sogar mit Brettern zugedeckt. 1905 wurde daher zunächst die nördliche Seitenwand zum Teil und das Dach zum großen Teil erneuert. Die Kosten im Betrag von rd. 14 000 Mk. wurden durch Anleihe aufgebracht. Sodann wurden überall neue farbige Glasfenster aus den Ateliers von Dr. Oidmann Linnich und Gassen & Blaschke in Düsseldorf mit Darstellungen aus dem neuen Testament angebracht. Die Kosten hierfür im Betrage von etwa 17 000 Mk. wurden durch freiwillige Gaben aufgebracht. Als dann am 10. März 1908 der Pfarrer Müller sein 25jähriges Priesterjubiläum feierte, überreichte ihm die Pfarrgemeinde einen auf 4 Jahre verteilten Sammlungsbetrag von 20 000 Mk. zum Zwecke der Ausmalung der Kirche. Diese wurde durch den Kirchenmaler Caspers aus Wanlo ausgeführt und bis Weihnachten 1908 fertiggestellt.

1909 wurde eine Pietagruppe aufgestellt, angefertigt von dem Bildhauer L. Mennicken in Aachen, ferner in den Seitenschiffen neue Kirchenbänke. Die Kosten waren durch freiwillige Gaben aufgebracht worden.

1911 wurde die Haupttreppe an der Kirche (Südseite) zu einer Doppeltreppe umgestaltet und dabei das dort stehende Straßenkreuz aus dem 17. Jahrhundert davor versetzt. Die Kosten betrugen rd. 2500 Mk., wozu der Verschönerungs- und Verkehrsverein 500 Mk. beisteuerte.


12. Baugeschichte des Klosters (Pastorat).

Die jetzt als Pastorat-, Vicarie- und Küsterwohnung benutzten Gebäude bilden eine dreiflügelige zweigeschossige Anlage, deren Hof nach der Straße zu durch eine hohe Abschlußmauer mit großem, rundbogigem architectonisch sehr gut wirkenden Tor in Hausteinfassung abgeschlossen ist. Im Torbogen Wappen mit drei Ähren unter Kardinalshut und mit der Inschrift: Crescit ut alat. (Wächst, um zu ernähren).

Das Innere der Gebäude hat geräumige hohe Zimmer und Säle, die in den letzten Jahren unter dem Pfarrer Müller gründlich in Stand gesetzt wurden. Im östlichen Flügel befinden sich im Erdgeschoß zwei große Barockkamine aus Stuck, in dem einen ein Stilleben, in dem anderen das Bildnis eines Priors mit dem Wappen von Tüschenbroich eingelassen. Im Garten steht noch eine alte Sonnenuhr mit dem Doppel-Chronogramm
FRATER-FRIDERICVS – ODEKIRCHEN – PROVINCIAE – NOSTRAE – PROVINCIALIS - EXSCVLPICVRABAT * A * CONFRATRE – SVO – RAPHAELE – PLANCKMAN – EX – RESIA – CONVENTVS – CLIVENSIS - CONVENTVALI.
Zu Deutsch: Bruder Friedericus Odekirchen, Provinzial unserer Provinz hat (diese Uhr) anfertigen lassen von seinem Mitbruder Raphael Planckman aus Rees, Ordensbruder aus dem Clever Convent. Das Chronogramm ergibt die Jahreszahl 1744, die Uhr wurde also wahrscheinlich bei oder kurz nach dem Neubau des Klosters aufgestellt.

Auf den Speichern lagern noch eine Anzahl alter Ölbildnisse, die früher in den Kreuzgängen aufgehängt waren und teilweise wahrscheinlich aus dem Schloß Tüschenbroich stammen. Zum Teil sind es Bildnisse von Rittern, zum Teil kirchliche Bilder, darunter auch mehrere beschnittene, bemalte, aber arg mitgenommene Holzflügel eines flämischen Schnitzaltars aus der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts. Letztere Bilder sind in jüngster Zeit restauriert worden und haben hohen Kunstwert. Von den ersteren stellen 2 im Jahre 1748 gemalte Bilder den Freiherrn Bernhard Theodor Alexander von Hövell zu Sölde, Herrn zu Brachelen, Amtmann zu Waßenberg, geboren am 6. März 1713 und dessen Gattin Agnes Louise geborene Freiin von Spiering zu Tüschenbroich dar, weitere Bilder teilweise mit dem Wappen der Spierings tragen die Jahreszahlen 1629, 1548, 1615, 1625. Weiter stellen dar je 1 Bild die Grablegung Christi, die Verspottung Christi und gute Kreuzigungsgruppe.

Die Collektion bietet in ihrer Verwahrlosung eigentlich ein Denkmal eines früher herrschenden Vandalismus, der sich auch darin geäußert hat, daß einzelne Fleischpartien auf den Bildern mit schwarzer Teerfarbe überstrichen wurden. Bei den Renovierungsarbeiten in der Pastorat fand sich auch, daß in früheren Zeiten alte Ölgemälde vor die Wände geklebt wurden, um die Feuchtigkeit von den Tapeten abzuhalten!?!

1800 deckt ein Orkan fast das ganze Dach des Klosters ab.
1819 wurde im nördlichen Seitenflügel der Gebäude eine Vicariewohnung eingerichtet, die jetzt als Küsterwohnung dient, 1869 wurde der nördliche Flügel, an dem sich bedeutende Risse zeigten, neu aufgebaut, 1881 der südliche Flügel zu Vicarie-Wohnungen eingerichtet.


13. St. Antonius-Krankenhaus.

In der großen Gemeinde hatte sich lange das Bedürfnis nach geregelter Krankenpflege herausgestellt. Dem damaligen Pfarrer Müller gelang es im Jahre 1904 die Franziskanerinnen aus dem Mutterhause zu Nonnenwerth zu bewegen, hier eine Niederlassung zu begründen. Da auch in der Gemeinde durch freiwillige Gaben bald die notwendigen Mittel aufgebracht waren und die staatsseitige Genehmigung durch Erlaß des Herrn Kultusministers vom 25. November 1904 erfolgte, konnte am 26. September 1905 die Niederlassung dieser Schwesterngenossenschaft in einem dazu angekauften und umgebauten Hause an der Bahnhofstraße mit vorläufig 6 Schwestern eröffnet werden. Neben ambulanter Krankenpflege nahmen die Schwestern auch die Krankenhauspflege, sowie die Unterhaltung einer Kleinkinder- und einer Haushaltungsschule auf. Da aber das Haus sehr bald sich als zu klein erwies, (es sind jetzt 9 Schwestern darin tätig) wurde 1910 die Kleinkinder- und Haushaltungsschule in ein von den Geschwistern Adams zur Verfügung gestelltes Haus, den früheren Gasthof zum Schwanen verlegt, sodaß das Haus an der Bahnhofstraße nunmehr allein der Krankenpflege dienen konnte. Wegen der unzulänglichen Räume ist jedoch der gänzliche Neubau eines modernen Krankenhauses auf dem Kierrot geplant. Mit den Sammlungen dazu wurde Anfang 1911 begonnen.


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Historischer Verein Wegberg e.V. - 19.10.2019 - Letzte Änderung: 25.11.2021

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