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> Arbeitsgebiete > Archäologie > Archäologie LVR-ABR > Tag der Archäologie > 2017-1 - Fotobericht Inden


Samstag, 20.06.2017 - Titz-Höllen
Tag der Archäologie des LVR


Am Samstag, 20. Juni 2017, fand zum 24. Mal in der Außenstelle Titz des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege im Rheinland der "Tag der Archäologie" statt. Wie jedes Jahr wurden interessante Funde der Archäologie aus dem rheinischen Braunkohlenrevier präsentiert. Mitveranstalter ist die Stiftung zur Förderung der Archäologie im rheinischen Braunkohlenrevier, die das Programm maßgeblich finanziell unterstützt.

Zu den zahlreichen Attraktionen beim "Tag der Archäologie" gehörten wieder die Fahrten zu einer laufenden Ausgrabung im Tagebaugebiet.
Auf dem Gelände der LVR-Außenstelle in Titz-Höllen wurden aktuelle Funde und Forschungen präsentiert. Außerdem lockten viele Vorführungen und Mitmachaktionen.



Das Ausstellungsplakat zum "Tag der Archäologie 2017" zeigt den Grabschmuck, der in einer Urne des Gräberfeldes im Tagebau Inden gefunden wurde.

Der Grabschmuck war als "Fund des Monats August 2017" im LVR-Landes- Museum Bonn zu sehen. Weitere Informationen lesen Sie hier > mehr

Teil 1 - Grabung Vilvenich im Vorfeld des Tagebaus Inden

Zu den zahlreichen Attraktionen beim "Tag der Archäologie" gehörten wieder die beliebten Fahrten zu einer laufenden Ausgrabung im Tagebaugebiet.
Wie im letzten Jahr ging es unmittelbar an die Grabungskante des Tagebaus Inden zu einer Grabung in Vilvenich an einer mittelalterlichen Kapelle mit zahlreichen Bestattungen.

Ausschnitt aus der Karte "Rheinisches Braunkohlenrevier"


Geomagnetische Prospektion

Eine noch junge Forschungsmethode - die Magnetometer-Technik - wurde von den LANU-Projektkoordinatoren Stefan Hartmann und Franziska Schmid demonstriert. Das Projekt LANU "Beiträge zur urgeschichtlichen Landschaftsnutzung im Braunkohlenrevier" wird vom Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität zu Köln in enger Zusammenarbeit mit der Außenstelle Titz des LVR-ABR durchgeführt.
Die Geomagnetik ist eine zerstörungsfreie Untersuchungsmethode zur Erfassung achäologischer Strukturen in der Erde. Sensoren messen dabei den Erdmagnetismus in Tiefen bis 1,50 Meter, ohne in den Boden einzugreifen. Das hierzu erforderliche Gerät erinnert an einen Zweiradwagen, ausgestattet mit Messinstrumenten.

Lesen Sie auch den
> 2. Teil des Fotoberichts:
Ausstellung von Funden und Befunden aus mehreren Grabungen auf dem Gelände der Außenstelle Titz-Höllen


Exkurs: Das Erdmagnetfeld magnetisiert verschiedenartige Materialien im Untergrund unterschiedlich. Um die magnetische Feldstärke im Boden zu messen, wird ein Magnetometer eingesetzt, ein Gefährt, das über den Acker gefahren wird. Die gesammelten Daten werden am Computer ausgewertet und als Magnetogramm bildlich dargestellt.

Archäologische Befunde bestehen oft aus Gruben und Pfostenlöchern, deren spätere Verfüllung eine andere Magnetisierung aufweist als das sie umgebende Material. Auf einem Magnetogramm können somit Gruben und Gräben erkannt werden. Hierdurch lassen sich vollständige Hausgrundrisse erkennen, ohne in den Boden eingreifen zu müssen.

Das Verfahren erfolgt in drei Schritten:

  • Magnetogramm

  • Interpretation

  • Rekonstruktion


Als Beispiel präsentierten die Wissen- schaftler der Universität Köln die geomagnetische Prospektion einer jungsteinzeitlichen Siedlung bei Borschemich, bei der über 5 ha mit dem Magnetometer begangen wurden.

Das Bild unten zeigt das Messergebnis (Magnetogramm) der geomagnetischen Prospektion der mutmaßlichen Siedlung bei Borschemich. Das Magnetogramm zeigte deutich mehrere Hausgrundrisse von Pfostenbauten sowie einen Graben, der eine Fläche von 1,3 ha einschließt.

Als nächster Schritt erfolgte die Interpretation der Messergebnisse.  Noch deulicher zeichnet sich jetzt der Graben (in gelb) ab. Anhand von Vergleichen mit ähnlichen Befunden aus der Region konnte belegt werden, dass es sich um eine Siedlung der bandkeramischen Kultur handelt, die demnach in einer Zeit zwischen 5300 bis 4950 v. Chr.) entstanden ist.

Fotos (3): Infotafel "Geomagnetische Prospektion", Universität Köln


Die St. Helena-Kapelle Vilvenich

Die Kapelle wurde im Vorfeld des Tagebaus Inden 2010 abgerissen. Bereits im letzten Jahr waren die Reste der Kapelle zu besichtigen. Damals standen die archäologischen Untersuchungen der Universtät Bonn noch ganz am Anfang.

Jetzt im Sommer 2017 stehen sie nach vielen interessanten Funden kurz vor dem Abschluss.

Der Bergbaubetreiber, RWE-Power, habe sich geduldig gezeigt und die Pläne zum Baggern wegen der wissenschaftlichen Arbeiten um rund ein halbes Jahr verschoben - bis zur Präsentation am Tag der Archäologie.

Fotos: Infotafel "Ausgrabung bei der Kapelle Vilvenich", Universität Bonn

Die Kapelle vor dem Abriss in 2010

Besucher innerhalb der Grundmauern der Kapelle Vilvenich - unmittelbar an der Abbaukante - Die Schaufelradbagger sind schon im Hintergrund zu sehen.

Die älteste urkundliche Erwähnung der Kapelle ist von 1533 belegt. Bereits vor der Ausgrabung war zu warten, dass sie wesentlich älter ist. Eine baukundliche Untersuchung der RWTH Aachen aus dem Jahre 2006 konnte fünf Bauphasen im Mauerwerk ausmachen. Die älteste dieser Phasen datiert aus dem 11. bis 13. Jahrhundert. Einige Bodenverfärbungen von Holzpfosten deuten auf einen hölzernen Vorgängerbau hin. Radiokohlenstoffdatierungen der Universität Köln von Knochen aus den Gräbern datieren diese überwiegend in das 9. oder 10. Jahrhundert. Vieles spricht also für ein noch höheres Alter, als bisher angenommen.


Die Gräber im Innenbereich und Umfeld der Kapelle

Hier konnten die Besucher erleben,
wie ein Schädel freigelegt wurde.

Etwa 60 Gräber wurden im Innenbereich und Umfeld der Kapelle ausgegraben. Doch noch sind die Archäologen dabei weitere Gräber freizulegen.
Die Besucher konnten beim Tag der Archäologie mitverfolgen, wie die Archäologen mittels Spachtel und Pinsel die Skelette zweier Erwachsener und eines Kindes freilegten.
Mittels Fotos und Zeichnungen wurden Lage und Aussehen der Funde dokumentiert und sorgfältig in Tüten gesichert.


Ein mutmaßliches Matronenheiligtum in Inden-Pier

In frühmittelalterlichen Kammergräbern sowie der Pierer Kirche und der Kapelle Vilvenich waren mehrere römische Matronensteine verbaut. Diese wurden neben anderen römischen Baumaterialien oft als Spolien genutzt. Dies belegt – in Ermangelung natürlicher Steinvorkommen – eine Nachnutzung römischer Ruinen als Steinbruch. Es wird daher vermutet, dass sich im Umfeld von Pier ein antikes Matronenheiligtum befand.

Matronenstein, der in der Kapelle Vilvenich verbaut war

Matronen auf einem Weihestein

rechts: Matronenstein aus
einem Grab bei Inden-Pier

Lage eines möglichen Heiligtums bei Inden-Pier (Signatur)
und Fundstellen von Matronensteinen (weiße Punkte)
Fotos (3): Infotafel "Matronenkult im Umfeld von Inden-Pier", Universität Bonn


Digitale Grabungsmethoden - Structure from Motion

Projektleiter Timo Bremer von der Universität Bonn ließ am Tag der Archäologie zu Demonstrations- zwecken eine Drohne aufsteigen und über der Grabungsstelle kreisen. Die Vielzahl an gewonnenen Fotos lässt die Konstruktion eines dreidimen- sionalen Modells des Fundortes zu.

Exkurs: Mit dem Structure-from-Motion-Verfahren steht seit einigen Jahren eine einfache Technik zur Erstellung digitaler dreidimensionaler Modelle zur Verfügung. Hierbei werden Fotos von einem Objekt gemacht, deren Ausschnitte sich überlappen. Mittels digitaler Mustererkennung werden die Fotos miteinander verglichen und Punkte und Kanten herausgearbeitet, die sich auf mehreren Fotos wiederfinden. Hiermit lassen sich die Positionen der einzelnen Punkte im Raum berechnen und daraus ein dreidimensionales Modell schaffen.

Zunächst werden die Kamerapositionen errechnet (blaue Rechtecke)

Im nächsten Schritt wird eine Punktwolke errechnet, die zu einem farblosen Modell verdichtet wird.

Erst im letzten Schritt werden die Fotos wieder auf das Modell projiziert.
Fotos (3): Infotafel "Dreideminsionale Modelle aus Fotos", Universität Bonn


Die Brunnen von Inden-Pier

Die Wasserversorgung ist eine Grundvoraussetzung für menschliches Leben. Diese kann durch Brunnen gewährleistet werden. Die ältesten Brunnenfunde in Pier reichen bis in die römische Zeit zurück. Diese wurden von Janna Fabry von der Universität Bonn präsentiert.

Beim Brunnenbau dominieren zwei Techniken:
1. Der Brunnenschacht wird innerhalb einer Grube gebaut und die Baugrube anschließend verfüllt.
2. Der Schacht wird durch Abgraben in seinem Inneren abgesenkt und gleichzeitig in die Höhe gebaut.



Rekonstruktion eines Steinbrunnens auf Holzunterbau des 9. Jh. aus Pier-Pommerich
Foto: Infotafel "Die Brunnen von Inden-
Pier", Universität Bonn

Für die Archäologie sind Brunnen eine wahre Fundgrube: Gegenstände können während der Nutzung hineinfallen, bei der Verfüllung (nach Aufgabe des Brunnens) in diesem entsorgt werden oder vor Feinden im Inneren verborgen werden. Für Archäologen können sich aus dem Fundmaterial wesentliche Informationen über das Leben innerhalb der Siedlung ergeben.
Deshalb wartet Janna Fabry auf den Schaufelradbagger. Erst dieser werde den sechs Meter tiefen Brunnen in der Tiefe freilegen können und dann erst könne man den Brunnengrund bergen.

Mittelalterlicher Steinbrunnen in Vilvenich

.

Quellen:

  • Pressemitteilungen des LVR-ABR vom 20. Juni 2017:

"2500 Jahre alter Schmuck – Augenärzte im römischen Rheinland – Archäologie und Ausgrabung an der Abbaukante"

sowie die vor Ort gezeigten Infotafeln:

  • "Geomagnetische Prospektion", Universität zu Köln

  • "Matronenkult im Umfeld von Inden-Pier", Ellen Igelmund B.A., Laura Winck B.A., Universität Bonn

  • "Ausgrabung bei der Kapelle Vilvenich", Timo Bremer M.A., Universität Bonn

  • "Dreidimensionale Modelle aus Fotos", Timo Bremer M.A., Universität Bonn

  • "Die Brunnen von Inden-Pier", Janna Fabry B.A., Universität Bonn


Fotos, falls nicht anders angegeben: Hermann-Josef Heinen

Die Ausstellung der Funde und Befunde aus aktuellen Grabungen sowie die Präsentation von neuen Forschungsergebnissen auf dem Gelände der LVR-Außenstelle Titz können Sie im 2. Teil des Fotoberichts sehen.

> weiter zum 2. Teil

Historischer Verein Wegberg e.V. - 20.06.2017 - letzte Änderung: 13.08.2017

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