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Panorama-Aufnahme Wegberg mit Burg Wegberg, Forum, Wegberger Mühle, Rathaus und Pfarrkirche St. Peter & Paul, Foto: Heinen
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Wissenswertes zur
Ortsgeschichte Rath-Anhoven
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Die folgenden Texte sind der Publikation "Unterwegs in Wegberg" des Historischen Vereins Wegberg entnommen: "Mit dem Rad in Rath, um Rath und um Rath herum"
- Unterwegs in der Pfarre Rath-Anhoven - Denkmale und Sehenswertes in den Ortsteilen Rath - Anhoven - Isengraben - Flassenberg - Kehrbusch - Mehlbusch - Buchholz - zusammengestellt von Hermann-Josef Heinen, Wegberg, Juni 2011.

Wissenswertes zur Ortsgeschichte

Mit der hiesigen Ortsgeschichte hat sich eine Reihe von Heimatforschern beschäftigt, so z.B. der Pfarrer
Paul Alfer aus Beeck und der Bürgermeister Karl Peters aus Kipshoven in ihrem unveröffentlichen Manuskript Geschichte der Gemeinde Beeck bis 1933, sowie der 1963 verstorbene Kommunalbeamte und Heimatschriftsteller Gerhard Evertz in seinem Buch Die Geschichte der Pfarreien Beeck und Rath  aus dem Jahre 1962.
 
Quellenkritischere Arbeiten finden wir von Heinz Cohnen, so neben seinem Heimatbuch der Stadt Wegberg (1983/84)  auch in seinem Aufsatz  „Rath-Anhoven im Wandel der Zeiten“, in: 100 Jahre Musikverein Rath-Anhoven vom Mai 1975
 
Zur Geschichte der Kapellen und Kreuze in der Pfarre Rath-Anhoven sei auf die Aufsätze von Horst-Dieter Jansen in den Heimatkalendern des Kreises Heinsberg hingewiesen.
 
Die Bestimmung des Alters von Rath und der umliegenden Ortschaften ist schwierig, da hier entsprechende  Bodenfunde fehlen. Des Weiteren waren sie nicht eigenständig. Sie gehörten zum Kirchspiel Beeck und zur Gerichtsbank Beeck, so dass sie von entsprechend untergeordneter Bedeutung waren und fanden so in der schriftlichen Hinterlassenschaft kaum Beachtung. Cohnen (1975) findet eine Reihe von Hinweisen in den Akten der sog. Jülicher Mannkammer zu Wassenberg (JMKL Wassbg.), eine Art Lehnsverwaltung.
 
Als die nachweisbar früheste Ortschaft macht Cohnen  im Urkundenbuch für die Geschichte des Niederrheines, Bd. II, Nr. 592 (von Th. J. Lacomblet) den Ortsteils Kehrbusch aus: „1269 besaß die Stiftskirche in Wassenberg zu „Kerbusch“ einen abhängigen Hof, den Gerhard, genannt von „Deile“ inne hatte.“. Später, im Jahre 1514, wird Kehrbusch in einer Erbauseinandersetzung zwischen Geschwistern um „den hoiff ind guet gen. Kerbusch indem kirspell van beyck“ erwähnt (Mannkammer zu Wassenberg, MKL Wassbg. Nr. 100 b, fol. 100). Ob dieses Gut mit dem vorgenannten identisch ist, kann Cohnen nicht nachweisen.
 
Als zweite namentlich nachweisbare Ortschaft weist Cohnen Rath nach, und zwar durch das dort gelegene Othauserlehen: „Es hat seinen Namen nach einem seiner Inhaber erhalten. Genannt ist 1469 als solcher Henken von Oithuysen. Er wurde in diesem Jahr an der Mannkammer zu Wassenberg mit dem „groten hoff zu Rade yn den kirchspeil van Beeck“ belehnt, zu dem rund 70 alte Morgen Land gehörten.“ (MKL Wassbg. 100 a, fol. 37). Und weiter stellt Cohnen fest: „Wenn es in Rath einen „großen“ Hof gab, muß es auch einen „kleinen“ gegeben haben.“ Er vermutet diesen als Hof des Heinken Totus und seiner Miterben, die 1453 den „hoff zo Raide In dem dynckstoile van Beeck“ (MKL Wassbg. 100a, fol. 19).
  
Und kritisch merkt Cohnen (1975) an, dass „die mittelalterliche Geschichte von Rath-Anhoven und Umgebung … in früheren ortsgeschichtlichen Darstellungen entweder zu kurz gekommen oder unerwähnt geblieben, zum Teil aber auch falsch dargestellt und gedeutet worden ist“. Deshalb muss man sich hierzu im Wesentlichen auf die Ortsnamen stützen.

Zur Deutung der Ortsnamen

Zur Deutung der Ortsnamen schreibt  Evertz, dass „der Ortsname Rath von „roden“ herkommt, wird sicherlich dem Leser bekannt sein“ (Evertz, S. 309). Die „Rather“ haben ihrem Namen alle Ehre gemacht: Im Gegensatz zum Schwalmtal ist der Wald völlig verschwunden. Außer Rath deuten auch die Ortsnamen Kehrbusch, Mehlbusch und Buchholz auf den früheren Waldbestand hin.
 
Ein Beleg für alten Waldbestand findet Evertz auch im Protokoll einer Gerichtsverhandlung vor dem Vogtgeding vom 23 April 1566. Wir erfahren hier auch vom ersten urkundlich erwähnten Rather Einwohner, einem Förster. Über diesen hatten sich die Geschworenen zu Beeck beklagt, „daß der Förster den Wald nicht genug hüte, so dass viele Habsüchtige und Müßig-gänger zu sehr „buschen“ und den Wald dadurch über Billigkeit schädigen“. (Evertz, S. 309)
 
„Die Geschworenen haben für dieses Mal (beim Vogtgeding) sonderliches von wegen der Kirchspielsleute nicht vorzubringen, es sei denn, dass sich Thoeniß von Roe, Förster des Busches zu Beeck, öffentlich beklagt, er sei von der Gemeinde zu einem Förster angenommen und nun komme ein anderer, der ihn in seinem Dienst störe. Dabei sei ihm von der Gemeinde wegen, die ihn angenommen (angestellt) hat, nicht gekündigt (aufgesagt) worden. Sie begehren daher, daß diejenigen, die ihm aufsagten oder solches anstrebten, das zur Kenntnis geben.“ (zitiert nach Evert, S. 308)
 
Zur Deutung der weiteren Ortsnamen weist Evertz auf das Werk von Dr. Franz Cramer: Rheinische Ortsnamen aus vorrömischer und römischer Zeit. Düsseldorf 1901 hin. Nach diesem Werk sind in den Zeiten vor der Kelteneinwanderung, die um das Jahr 1000 v. Chr. angesetzt wird, Ligurer die Bewohner des hiesigen Bezirks gewesen und haben ihre Namensspuren hinterlassen. Eine ligurische Sprachwurzel eis (= sich heftig bewegen). Cramer nimmt dies bei Isengraben an (Cramer, S.11, nach Evertz, S. 309)
 
Zum Namen Mehlbusch verweist Evertz auf E. Förstemann: Altdeutsches Namensbuch . „Wenn auch hier wiederum an Mahal-ding = Gerichts-Opferstätte gedacht werden könnte,“ schreibt Evertz, (S. 309), „so ist doch die Ableitung von mel = Mispel vorzuziehen und Mehlbusch gleich Mispelbaum zu setzen.“ (Förstemann, Band III 264, nach Evert, S. 309)
 
Zum Namen Kehrbusch schreibt Evertz: „Hier wird die Wurzel ker = Umkehr, Wende, Grenze vorliegen und Kehrbusch eine der vielen Grenzbüsche sein.“ (Förstemann, Band II fol 1664)
 
Im Gegensatz zu Evertz beschränkt sich Cohnen (1975) mit der Deutung der Ortsnamen auf die siedlungsgeschichtlichen Zusammenhänge des 9. bis 14. Jahrhunderts. Zu Rath schreibt er: „Berücksichtigt man dazu noch den einfachen (nicht zusammengesetzten) Ortsnamen, erhält die Annahme eines Entstehens nach der Jahrtausendwende große Wahrscheinlichkeit.“
 
Wie Evertz geht auch Cohnen (1975) davon aus, dass Rath eine Rodebezeichnung ist, wofür auch die Ortsnamen Kehrbusch und Mehlbusch sprechen. Er zweifelt aber die Deutungen von Evertz hinsichtlich der Bestimmungsworte „Kehr-„ bzw. „mel-„ an. „Die Buschnamen haften in der Regel an jüngeren … Siedlungen, die dem Mittelalter angehören.“ Er zweifelt auch an, ob sich der erste Wortbestandteil in Isengraben auf Eisen (einen Graben, der eisenhaltiges Wasser führt … Flassenberg hält er hingegen für wahrscheinlich, da eine tatsächliche Geländeerhöhung vorliegt und wie üblich - in der weiteren Umgebung – einst Flachs angebaut wurde.
 
Zum Namensbestandteil Anhoven schreibt Cohnen (1975), dass dieser nichts anderes als „an den höfen“ besagt, woraus sich nicht darauf schließen lässt, ob Anhoven ursprünglich ein Einzelgehöft gewesen oder als Gehöftgruppe entstanden ist. Der Name erklärt sich aus der Nähe der angrenzenden Siedlung und das heißt zugleich, dass Rath bzw. Isengraben älter sind als Anhoven.“
 
Zum weiteren Studium der Ortsgeschichte sei auch hier nochmals auf Evertz (S. 269 ff.) verwiesen: Im Anhang seines Buches zur Kirchengeschichte von Rath überliefert er eine detaillierte Bestandsaufnahme in Rath im Jahre 1690 (Quelle: Gemeindearchiv Wegberg). Besonders aufschlussreich für den Familienforscher ist dabei die Auflistung aller Familien in den Ortsteilen Rath, Anhoven, Isengraben, Flassenberg und Kehrbusch mit ihren Namen, Berufsbezeichnungen, Viehbestand und Eigentum. Diese Aufstellung wird ergänzt durch ein Register der Familienamen in den Ortteilen aus dem Jahre 1808 (Evertz, S. 277 ff).
 
 
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Zur Geschichte der Pfarre Rath-Anhoven

Die ersten kirchlichen Nachrichten stammen aus dem Jahre 1566. Die Heimatforscher Alfer und Peters berichten in ihrem lange unveröffentlichten Manuskript „Geschichte der Pfarre Beeck“ von einem Rechtstreit wegen eines Heiligenhäuschens. Dieses war eingefallen und man hatte dessen Holz widerrechtlich abgefahren. Die Beschuldigten sollten das Holz wieder beschaffen und damit den Neubau ermöglichen. Auch G. Evertz berichtet ausführlich über die weiteren juristischen Details (Evertz: Die Geschichte der Pfarreien Beeck und Rath, S. 194)

Im Weiteren wird über eine erste Kapelle in Rath berichtet, die im Jahre 1717 zu Ehren des hl. Rochus erbaut und 1742 erneuert wurde (Evertz, S. 195). Sie stand dort, wo heute noch das
St. Rochus-Kapellchen am neuen Friedhof steht. Im Jahre 1747 erteilte der Bischof von Lüttich dem damaligen Pastor Mommartz von Beeck die Erlaubnis, einmal in der Woche die hl. Messe zu lesen. Rath gehörte damals zur Pfarre Beeck.
 
Alfer und Peters berichten über den manchmal qualvollen Kirchweg:
 
„Zu der Rather Kapelle nahm im Sommer stets die sakramentale Prozession von Beeck aus den Weg, um alsdann, am Kreuz in Isengraben vorbei, über Holtum zurückzukehren. Diese Feier beanspruchte den ganzen Morgen, ein Beweis, dass für die Rather der Weg zur Pfarrkirche nach Beeck, zumal im Winter, sehr beschwerlich war.“
 
Als den Rathern ihre Kapelle zu klein und der Weg nach Beeck zu weit wurde, beantragten sie  den Bau einer eigenen Kirche. Der Beecker Pfarrer lehnte dies jedoch ab. Die verbitterten Rather sprachen von „Kirchtumspolitik“. Zunächst mussten sich dann die Rather mit einer „Notkirche“ bescheiden, indem man beim Hagelkreuz einen Schuppen errichtete, sodass im Jahre 1825 als erster Vikar Johann Andreas Hornungs angestellt wurde, der an Sonn- und Feiertagen die Messe las.

Im Jahre 1828 wurde der Antrag für einen Kirchenbau gestellt. Das Grundstück wurde den Rathern von dem Erkelenzer Johann Joseph Esser geschenkt. Dieser verstarb allerdings am Tage nach der mündlichen Zusage der Schenkung plötzlich an Lungenschlag. Die Witwe bestätigte jedoch den Entschluss ihres Mannes.
 
Am 22. April 1830 fand die Grundsteineinsegnung statt. Über die Feierlichkeiten wurde berichtet, dass „nach der Feier auf dem Kirchplatz die geistlichen Herrn in der Vikarie und die weltlichen Herrn zu dem Wirten Joseph Geraths gingen“ und „beide Gesellschaften tranken Wein nach Herzenslust, ja bis ihnen die Augen aufgingen. Es war Freude über Freude. Hallelujah!“ (ohne Quellenangabe, zitiert nach Evertz, S. 211)
 
Beim Bau der Kirche packten die Rather tatkräftig an. Bei der Leistung von Spanndiensten trat ein rührender Wetteifer zu Tage. Ein Herrather, und außerdem noch Protestant (!), „leistete so eifrig Hilfe, daß sein Pferd der Anstrengung erlag.“ (ohne Quellenangabe, zitiert nach Evertz, S. 211 und Cohnen, S. 155). Evertz führt im Weiteren genauestens alle von den Rathern geleisteten Naturaldienste auf und ebenso, nach Gewerken getrennt, alle ausgezahlten Löhne.
 
Am 16. November 1831 wurde die neue Kirche eingeweiht. Evertz zitiert aus einer Chronik: „Das Gedränge der Menschen war so groß, dass man sich nachher wunderte, dass niemand tot geblieben war“. Noch fehlte allerdings der Turm. Dieser wurde erst 1834 vollendet, als am 7. März  der Dachdecker Peter Moll und Sohn aus Dalen den Hahn aufsetzte.
 
Gegen erbitterten Widerstand von Seiten des Beecker Kirchenvorstandes wurde die Pfarre 1837 durch die Urkunde des Erzbischofs Clemens August selbständig. Am 5. August 1837 fand die erste Taufe statt. Der Täufling hieß Viktor Alois. Die Eltern waren Peter Josef Mertens und Johanna Elisabeth Vomberg aus Anhoven.. Im Oktober 1837 wurde die endgültige Abtrennung von Beeck vollzogen. Für Rath begann damit ein neuer Abschnitt der Ortsgeschichte.

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Historischer Verein Wegberg e.V. - 18.02.2021 - Letzte Änderung: 18.02.2021

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