Samstag, 24.01.2015 - Wegberg - Bissen - Watern
Winterwanderung Historischer Vereins Wegberg
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Veranstaltungen 2015
Durch die verschneiten Wegberger Ortsteile Bissen und Watern führten Karl Küppers und Günter Kaisers.
Exakt zur Winterwanderung des Historischen Vereins Wegberg hatte sich das passende Winterwetter eingestellt. Nach einem ordentlichen Schneefall am Morgen glänzte der Nachmittag mit Sonnenschein. Karl Küppers und Günter Kaisers führten die Teilnehmergruppe durch die Wegberger Ortsteile Bissen und Watern.
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Die Wanderung begann an der Wegberger Mühle. Erster Halt war am renaturierten Bachverlauf der Schwalm, zwischen Grenzlandring und der Lederfabrik Heinen, den Älteren noch unter Fußbach bekannt. Es war eine der ersten Renaturierungsmaßnahmen auf Wegberger Stadtgebiet, weitere folgten im Ortskern, z.B. im Stadtpark unter dem Namen "Wandervolle Wasserwelt".
Weiter ging es nach Bissen zum Nachtigallenweg. Dort befand sich früher die Sassenmühle. Sie wurde mit Dampf betrieben, später auch mit einem Elektromotor. Das Mühlengebäude selber ist heute nicht mehr vorhanden. Unter ihrem Dach hatte man auch eine kleine Schankwirtschaft eingerichtet. Bereits vor dem Kriege verlegte man die Wirtschaft an den heutigen Standort "Zum Treppchen".
Am Ende des Nachtigallenwegs kam die Gruppe zum dortigen Wegekreuz (Denkmal Nr. 27). Es wurde 1865 aus Blaustein erbaut mit einem zweiteiligen hohen Sockel, einem Korpus aus Metall, im Sockel eine Nische mit einer neuen Marienfigur; auf der Sockelinschrift die Jahreszahl.
In unmittelbarer Nachbarschaft, am Ende der Straße Zur Lohmühle, befinden sich die Restgebäude der gleichnamigen Mühle. Die Lohmühle wurde um 1800 als Gerberlohe- und Knochenmühle erbaut, Mitte des 19. Jh. erhielt sie eine Ölpresse. Es gab jedoch eine behördliche Auflage, dass nicht gleichzeitig Ölpresse und Knochenstampfmühle betrieben werden durften. Das Mühlrad wurde unterschlächtig angetrieben. Die Mühle hatte zwei kleine vorgelagerte Teiche. Die Herstellung von Speiseöl wurde 1948 von der amerikanischen Besatzung verboten. 1957 wurde auch der Mahlbetrieb eingestellt. Die Gebäude brannten 1964 samt Mühleneinrichtungen nieder, wurden jedoch, bis auf das Mühlrad, wieder instand gesetzt. Die beiden Mühlenteiche wurden zugeschüttet.
In Bissen ging es vorbei an einer denkmalgeschützten Hof. (Denkmal-Nr. 28). Es handelt sich um eine kleine Anlage aus dem 17. Jahrhundert in Backstein und Fachwerk mit einer neuen Tordurchfahrt.
Über den alten Tüschenbroicher Leichenweg führte der Weg nach Watern. Dort erzählte Karl Küppers erzählte die traurig-gruselige Geschichte, die sich im Jahre 1822 zugetragen haben soll. Der Müllerin der Bischofsmühle war abends auf ihrem Heimweg von Wegberg, als ihr ein Geister-Leichenzug entgegenkam und sie so ihren eigenen Tod erahnen konnte. Günter Kaisers war dieser Geschichte auf den Grund gegangen und hatte sie mit historischen Fakten untermauert.
In Watern gelangte die Gruppe zunächst zur Bischofsmühle (Denkmal-Nr. 132). Über die Mühle und ihre Pächter wussten Günter Kaisers und Karl Küppers einiges zu berichten. Die Wassermühle wurde im 18. und 19. Jahrhundert errichtet. Die Bischofsmühle wurde als Öl- und Kornmühle betrieben und besaß zwei Mahlgänge und einen Kollergang. Das oberschlächtig angetriebene Mühlrad ist nicht mehr vorhanden. Das heutige Kennzeichen der Bischofsmühle ist ein efeubewachsener runder Backsteinkamin, der zu einer Dampfkesselanlage gehörte, die seit 1882 die geringe Wasserkraft ergänzen sollte. Aber schon 1908 gab man den Dampfbetrieb auf, beschränkte sich zunächst auf die Wasserkraft, bis es zur Umrüstung auf einen elektrischen Antrieb kam. Der Mühlenbetrieb wurde 1960 eingestellt. Der Mühlenweiher wurde verfüllt und diente später als Kirmesplatz von Watern. Die beiden kräftigen Mahlsteine an der Einfahrt erinnern an die guten alten Zeiten.
Der Weg führte weiter durch Watern zur idyllisch gelegenen Bockenmühle (Denkmal Nr. 131). Hier ist noch das unterschlächtige Stahlmühlrad mit den Holzschaufeln, sowie auch die zwei Mühlenteiche erhalten. Die Mühle verdankt ihren Namen dem Müller Godefridus Bocken, der 1769 die Mühle übernahm. Zu dieser Zeit war die Mühle mit zwei Mahlgängen und einer Ölpresse ausgestattet. Mit einem elektrischen Antrieb wurde noch bis 1960 Roggen geschrotet. Der heutige Eigentümer, der noch das sog. Staurecht besitzt, erlaubte den Besuchern einen Einblick ins Innere des Gebäudes. Etwas enttäuscht zeigten sich die Besucher ob des nicht mehr vorhandenen Mahlwerks, da dies auch in aktuellen Veröffentlichungen immer noch als "Mahlwerk in einem recht ordentlichen Zustand" erwähnt wird.
Noch auf dem Grundstück gelegen, an der Ecke Am Klompenberg, erinnert ein Steinkreuz mit Metallkorpus (Denkmal Nr. 130) an die glückliche Heimkehr von Christian Bocken aus dem Russlandfeld unter Napoleon. Die heute nicht mehr lesbare Inschrift Lautete: "ANNO 1837 BEIDE EHELEUTE C.H. BOCKEN UND A.F. WIRZT HABEN DIESES KREUTZ ZUM ANDENKEN ZETZEN LASEN"
Auf dem Weg zum Haus St. Georg erinnerten sich einige Teilnehmer in Watern an die traditionsreiche Gaststätte "Waldeslust", sowie an die Gaststätte "Houben" mit Saal "Am Hagelkreuz". Gegenüber, an der Zufahrt zum Haus St. Georg, steht heute ein neues massives Kreuz mit einem goldbronzierten Holzkorpus aus dem 19. Jahrhundert (Denkmal Nr. 134). An dieser Stelle endete früher die Tüschenbroicher Straße.
Im Haus St. Georg, der Bildungsstätte der Deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg (DPSG), konnten sich die Teilnehmer erst einmal bei Kaffee und Kuchen ausruhen, bevor zu einer besinnlichen Einkehr in die Klara- und Franziskus-Kapelle ging.
Die Kapelle "Klara und Franziskus" wurde 1993 durch Bischof Klaus Hemmerle eingeweiht. Beim Betreten waren die Besucher unmittelbar von der bewusst gestalteten Schlichtheit beeindruckt: Eine sichtbare Dachkonstruktion, die nichts versteckt oder verkleidet, rau belassene Oberflächen des Steinmaterials ohne Innenputz und Stahl-Glas- Konstruktionen aus einfachen Walzprofilen zusammengesetzt. Das Architektenteam Ludwig Rongen und Reiner Wirtz aus Wassenberg hat seine Zielvorstellung einer klaren und ehrlichen Architektur konsequent umgesetzt und gezeigt, wie man ohne abgehobene Ansprüche und unter Verwendung einfachster Mittel mit der Natur und der Umwelt sorgfältig umgeht - ganz im Sinne des hl. Franziskus.
Das zunächst als Dreieck wahrgenommene Kreuz in der Kapelle sorgte für Gesprächsstoff. Und dies war auch von dem Aachener Künstler Heinz-Josef Olbertz beabsichtigt. Die gewählte Form der Metallplatten-Konstruktion hat er aus der Architektur der Kapelle, im Besonderen aus der Dachkonstruktion, abgeleitet. Die Gestalt Jesu und das Kreuz sind abstrahiert und auf die wesentlichen Merkmale der Stigmata an den Kreuzenden reduziert. Auf der Rückseite des Kreuzes verweist der Künstler auf die Namensgeber der Kapelle. Schemenhaft sind die einander zugewandten Köpfe von Klara und Franziskus abgebildet und dabei letztlich durch das Kreuz verbunden.
Zur Einrichtung der Kapelle gehören acht Wandbilder, die von den Pfadfinder-Bezirken zu den Strophen des Sonnengesanges von Franziskus gestaltet wurden. Zu jedem Bild rezitierte Karl Küppers die zugehörige Strophe und Hermann-Josef Heinen trug die Beschreibungen und Interpretationen der Gestalter vor.
Mit dieser besinnlichen Einkehr endete die Winterwanderung des Historischen Vereins.
HVW - 23.02.2015 - 21.07.2015
Text: Hermann-Josef Heinen / Fotos: Heinz Eßer und Hermann-Josef Heinen
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