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Das Rochus-Kapellchen in Wegberg/Rath-Anhoven im Interview
Eine besondere Form der Dokumentation und Präsentation eines Denkmals mittels einer etwas anderen "Zeitzeugen-Befragung"
von Hermann-Josef Heinen
Das Rochus-Kappelchen am Geburtstag 2. Oktober 2017
Der Frontgiebel der Kapelle mit "St. Rochus Anno 1717"
Das Rochus-Kappelchen vor der Renovierung im weißen Voranstrich,
vermutlich Frühjahr 1985, aus der Foto-Sammlung "Christliche Kleindenkmale
im Kreis Heinsberg", Archiv Historischer Verein Wegberg
Die Rheinische Post berichtete am 20. August 1985 über die erfolgten Restaurierungsarbeiten an der Kapelle.
H: Wenn Sie nicht so alt sind, wieso steht denn die „1717“ über Ihrer Eingangstüre?
K: Die Frage, wieso man mir damals die „1717“ auf den Giebel malte, blieb lange ein Rätsel für mich. Über meine Geschichte erfuhr ich erst mehr, als vor Jahren der Historische Verein Wegberg eine Radtour durch die Pfarre Rath unternahm. Ein Ortskundiger berichtete, dass es vor mir an gleicher Stelle schon ältere Kapellen gegeben habe. Er berichtete aus der Pfarrchronik, in der eine Urkunde aus dem Jahre 1747 zitiert wird. Damals gehörte Rath zur Pfarre Beeck und diese unterstand dem Dekanat Wassenberg. Die Urkunde, die der Bischof von Lüttich unterzeichnet hatte, erteilte dem damaligen Pastor Mommartz aus Beeck die Erlaubnis, die Kapelle in Rath restaurieren zu lassen und einmal wöchentlich, am Dienstag, in ihr die hl. Messe zu lesen.
H: Und wieso denn nicht am Sonntag?
H: Wie fiel die Entscheidung aus?
K: Gott sei Dank zu Gunsten der Rather. Der Generalvikar von Aachen erlaubte „den Einwohnern von Rath, Mairie Beeck, dass sie bis auf unsere weiteren Befehle, an Sonntagen und Feiertagen in ihrer Kapelle eine hl. Messe haben können ….“ mit der ausdrücklichen Bedingung, dass „der Priester, der die Messe halten wird, jederzeit nach dem Evangelium eine halbe Stunde zu predigen soll gehalten sein“. Zugegeben, alles das habe ich erst vor Jahren erfahren; wie Sie sehen, mein Gedächtnis funktioniert noch ganz gut.
H: Und die Rather waren damit zufrieden und der Streit hoffentlich beendet.
K: Mitnichten! Die Rather jedenfalls müssen ein aufrührerisches Völkchen gewesen sein. Sie müssen dem Beecker Pastor so zugesetzt haben, dass dieser befürchtete vom Bischof versetzt zu werden. Er schrieb deshalb nach Aachen und bat darum, in seiner „kummervollen Lage einen Rat zu erhalten“ und dass er nicht wünsche, „auf der Stelle an einen beliebigen Ort von hier abberufen zu werden. Denn bei einem Fünfzigjährigen wie mir muß man darauf sehen, daß ich im kommenden Alter nicht der Armut ausgesetzt bin". Nichts desto trotz bittet er in einem Nachsatz, dass „der Allerhochwürdigste Herr Bischof bezüglich der Rochuskapelle eine für mich günstigere Entscheidung treffen wird, damit die Rather mich nicht verspotten können.“ Das alles muss wohl an den revolutionären Zeiten gelegen haben, in der heutigen Zeit würde es so etwas bestimmt nicht mehr geben!
H: Ich fürchte, wir verzetteln uns. Bitte nochmal zurück zur Kapelle. War dies jetzt also die Kapelle von 1717?
K: Nein, das war nicht die von 1717. Die Kapelle, von der gerade in Rede war, wurde 1741 erbaut, nachdem die alte Kapelle eingestürzt war. Bei der Führung des Historischen Vereins wurde auch eine alte Karte gezeigt, auf der die Lage einer „Rather Kapell“ eingezeichnet war; klang irgendwie fränzösisch: „Tranchot“ oder so ähnlich, sie muss also aus der Franzosenzeit so um 1800 stammen. Da ich mich aber nicht an einen Einsturz oder irgendwelche Franzosen erinnere, muss das lange vor meiner Zeit gewesen sein! Nebenbei bemerkt: Ich sehe doch wohl viel jünger aus als ein altes Gemäuer aus dem 18. Jahrhundert, das musste jetzt aber mal deutlich gesagt werden.
Die heilige Barbara und der heilige Rochus auf dem Altar der Kapelle
A: O: DOMINI - M·D·CC·X VII – 1717 - DEN 2 8ToBRIS
und unter dem Fenster der Sakristei auf dem anderen Stein:
ST. ROCHE ORA PRO – NOBIS - BEDENCK DIE ARMEN -
SO WIRD GOTT SICH - DEINER AVCH ERBARMEN - 1717
Das Kapellchen einsam auf weiter Flur, um 1900, Foto: privat
H: Sie sprachen am Anfang unseres Gespräches von Ihrer neuen Eingangstür.
April 2012: Das Rochus-Kapellchen noch mit alter Eingangstüre
Die Schäden an der Türe waren auf der Innenseite noch deutlicher zu sehen.
Oktober 2012: Der Spalt zwischen den Türflügeln wurde immer größer und die Türe ließ sich nicht ordentlich verschließen.
Das Schliessblech war verrostet und wurde durch ein Kupferblech ersetzt.
Es sah zwar nicht schön aus, aber zumindest war der Spalt nun mittels einer Leiste geschlossen und die Türe ließ sich wieder verlässlich verschließen.
Auch die Denkmalplakette wurde ersetzt.
April 2014: Schreiner Ralf hat die doppelflügelige Eingangstüre fast fertigt gestellt.
Beim Ausbau der alten Türe wurde dann festgestellt, ...
... dass der Holzbalken über der Türe stark geschädigt war.
So musste schnell entschieden und erst ein neuer Träger eingebaut werden.
Mai 2014 - Fast ist das Werk vollbracht.
Lesen Sie auch die beiden Presseberichte:
> Rather Kapellchen feiert Geburtstag
(von Nicole Peters,
Rheinsche Post, vom 06.11.2017)
> Rochuskappelle:
300 Jahre mit Höhen und Tiefen
(von Monika Baltes,
Heinsberger Zeitung
/ Heinsberger Nachrichten, vom 20.11.2017)
Aktueller Zustand Oktober 2017: Die Spuren des Türeinbaus sind verschwunden.
Die neue Türe strahlt im herbstlichen Sonnenschein.
Das Interview führte Hermann-Josef Heinen im September 2017.
Historischer Verein Wegberg e.V. - 01.10.2017 - Letzte Änderung: 09.10.2017