Historischer Verein Wegberg e.V.

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Panorama-Aufnahme Wegberg mit Burg Wegberg, Forum, Wegberger Mühle, Rathaus und Pfarrkirche St. Peter & Paul, Foto: Heinen

"Berker Notizen"
Unser neues Digital-Projekt zur aktiven Mitarbeit
Wegberg, 04.10.2021

Dank der guten Zusammenarbeit mit dem Kulturring Wegberg können wir hier einen neuen Beitrag präsentieren, der aktuell beim Wettbewerb der Wegberger Literaturtage 2021 eingereicht worden war.


Eine Erinnerung an die Lohmühle in Wegberg-Bissen

von Hildegard von Contzen

Ich möchte von einem Ereignis aus den 1960er-Jahren erzählen, das sich tief in meinem Gedächtnis verwurzelt hat.

Zu meiner Person: Ich bin in Wegberg geboren im September 1950, zwei Tage nach einem Rennen auf dem Grenzlandring. Meine Eltern hatten Sorge, während des Rennens von Bissen aus, wo wir wohnten, zum Krankenhaus fahren zu müssen, denn es wäre schwierig, beim Rennen den Ring zu überqueren. Ich hatte eine schöne Kindheit in Bissen. Im Jahr 1956 bauten meine Eltern ein Haus auf dem Grundstück meiner Oma. Die Adresse lautete „Zur Lohmühle“ – am Ende des Weges befand sich die Mühle mit eben diesem Namen. Die Schwalm floss am Rand unseres Grundstücks und mündete in einen kleinen Weiher. So war unser Grundstücksende ein Feuchtgebiet, das „Bent“ genannt wurde. Hier wuchsen Wiesenschaumkraut und Sumpfdotterblumen. Der Eigentümer der Mühle hatte in der Nähe eine große Hühnerzucht, und die alte Mühle beherbergte eine Eiersortiermaschine.

Hier beginnt meine Erzählung:
Das genaue Datum erinnere ich nicht mehr. Es muss Anfang der 1960er-Jahre gewesen sein, ein heißer Sommertag in den Ferien. Es folgte eine warme Nacht, in der die Fenster geöffnet blieben. Ich mag so zehn oder elf Jahre alt gewesen sein. Aus dem Schlafzimmer meiner Eltern blickte man auf die Mühle. In jener Nacht stand die Balkontüre offen.
Während der frühen Morgenstunden wurde meine Mutter von einem ständigen leisen „Pick“, „Pick“ geweckt. Sie zog die Rollläden hoch und blickte in ein riesiges Feuer. Die Mühle brannte. Meine Mutter stieß einen spitzen Schrei aus. Mein Vater sprang auf, erblickte das Feuer und rief: „In der Toreinfahrt lagern Dieselfässer!“ Noch im Schlafanzug rannte er hinaus und rollte mit der Hilfe einiger Nachbarn die Fässer weg. In allerletzter Sekunde!
Endlich traf die Feuerwehr ein. Man kann sich nicht vorstellen, was damals auf unserer kleinen Straßelos war. Ich lag als kleines Mädchen im Dachfenster und beobachtete das Geschehen. Die „Gaffer“ gab es auch schon. Aber wie sie in dieser warmen Sommernacht unterwegs waren: in Spitzennachthemden, gestreiften Schlafanzügen und knappen Hosen. Mein Vater begann, unser Haus mit einem Wasserschlauch abzuspritzen, um ein Übergreifen der Flammen zu verhindern. Nochwährend die Feuerwehrdabei war, die Mühle zu löschen, flammte am entfernten Hühnerstall ein weiteres Feuer auf. Glücklicherweise konnte die Feuerwehr es sogleich bändigen. Der Eigentümer der Mühle war nicht zu Hause, und niemand konnte ihn erreichen. Seine Frau stand unter Schock. Seine Tochter, die nur ein paar Jahre älter war als ich, versuchte im Morgenmantel zu helfen, wo es ging.
Langsam wurde es hell. Am frühen Morgen öffnete meine Tante ihre Gaststätte (später „Zum Treppchen“), die am Eingang des Weges lag, und bereitete den Feuerwehrleuten eine Stärkung zu. Das nächtliche Feuer war natürlich das große Gesprächsthema. Ein wenig abseits saß ein Fremder, der sich alles anhörte. Später stellte sich heraus, dass es sich um einen Mann von der Versicherung handelte. Seine Fragen waren: Warum war der Eigentümer nicht da und auch nicht telefonisch zu erreichen? Hatte die Familie Geldprobleme? War das der Grund des Brandes?
Wie das Ganze ausging, kann ich nicht sagen, aber die Mühle samt Mühlrad war zerstört und wurde auch nicht mehr restauriert.
In meinem Wohnzimmer – ich wohne seit 40 Jahren in Erkelenz – hängt ein Bild von Horst „Hotte“ Jungbluth, das die Lohmühle zeigt, wie sie vor dem Brand aussah. Für mich war das Feuer in jener Nacht ein prägendes Erlebnis. Noch heute sehe ich die Flammen vor mir, die über das Mühlrad in den Himmel schlugen.



Ergänzende Informationen
Lage der Lohmühle auf der Topographischen Karte TK 1:25.000 (4803) Wegberg
Die Anzeige der fünf Kartenauschnitte wechselt automatisch nach 5 Sekunden.
Fotos
Zeichnung von Horst Jungbluth
Fotografie von Maria Billmann
Pressebericht
Stadtarchivar Thomas Düren konnte den Brand der Lohmühle mittels eines Berichts in der Erkelenzer Volkszeitung vom 22. Juli 1964 belegen.
Erkelenzer Volkszeitung, 22. Juli 1964, aus Archiv Ewald Saßen, Wegberg (StA Wegberg)
Zum Lesen bitte anklicken.

Historischer Verein Wegberg e.V. - 04.10.2021 - Letzte Änderung: 23.10.2021

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