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Ortsgeschichte - Das Verkehrs- und Postwesen im Raum Wegberg

Info-, Foto- und Materialzusammenstellung zum Thema


Über den Stand der Entwicklung des Verkehrs- und Postwesen im Raum Wegberg bis zum Jahre 1910 berichtet Adolf Vollmer sehr ausführlich in seiner Geschichte der Gemeinde Wegberg.


Auszug aus

Adolf Vollmer (1912) Geschichte der Stadt Wegberg, S. 37ff.


Verkehrswesen

a) Wege.
Die Wegeverhältnisse waren in älterer Zeit außerordentlich primitiv. Die Wege waren nur mangelhaft befestigt. Die Übergänge über die Bäche bestanden durchweg in Furten. Erst vom Anfang des 19. Jahrhunderts an läßt sich ein genaueres Bild geben.
  • Im Jahre 1828 wurde eine neue Brücke über den Hellbach, an der Gemeindegrenze in Rickelrath gebaut. Kosten 60 Thlr.
  • 1833 eine hölzerne Brücke über den Schrofmühlenbach, Kosten 190 Thlr.
  • 1842 eine massiv steinerne Brücke über den Vootbach, Kosten 216 Thlr. 12 Sgr. 1 Pfg. und ein steinerner Kanal am sog. Kruploch, Kosten 113 Thlr. 5 Pfg.
  • 1845 eine massiv steinerne Brücke über den Bach in der Hauptstraße.

Nunmehr setzt eine größere Tätigkeit zum Ausbau der Wege ein. In den Jahren 1845–46 wird die Hauptstraße in Wegberg gepflastert, 1850 der Ausbau der Erkelenz–Niederkrüchtener–Venloer Straße, wozu der Staat eine Prämie von 5000 Thlr. pro Meile bewilligt, im Sommer 1855 eine Dreinage im Orte Wegberg zur Trockenlegung der Hauptstraße und der angrenzenden Häuser angelegt, eine Strecke der Wegberg–Rickelrather Straße in einer Länge von 300 Ruthen planiert und mit einer 6 zölligen Kiesdecke versehen, sowie die Beeckerstraße gepflastert; 1856 die Dorfstraße in Tüschenbroich mit einer 6 zölligen Kiesdecke versehen und die Straße Wegberg–Klinkum–Arsbeck als Prämienstraße ausgebaut (Staatsprämie 3000 Thlr. pro Meile);
1861–65 die Wegberg-Tüschenbroich-Gerderatherstraße und die Rickelrather Straße ausgebaut. 1871–73 zwei massive steinerne Brücken über Hellbach und Schrofmühlenbach erbaut. 1872–76 die Wegberg-Rickelrath-Dülkener Straße und 1873–74 die Wegberg-Klinkum-Arsbecker Straße als Prämienstraßen vollendet. Die Erkelenz-Venloerstraße wurde 1861, die Wegberg-Arsbecker Straße am 23.12.1873 und die Wegberg-Dülkener Straße erst 1887 in die Verwaltung der Provinz übernommen.

Früher leisteten die Einwohner zum Bau und zur Unterhaltung der Gemeindewege Hand- und Spanndienste in natura, seit dem Jahre 1881 wurden diese Dienstleistungen jedoch beseitigt und die Kosten der Wegeunterhaltung ganz auf den Etat übernommen. 1884 wurde eine neue Brücke über die Schwalm in Wegberg erbaut; 1888 die Hauptstraße in Wegberg neu gepflastert, Kosten 2737 Mk.; 1900 die Beeckerstraße bis zur Gemeindegrenze mit einer Basaltdecke versehen, Kosten ca. 3000 Mk.; 1908 ebenso die Tüschenbroicher Straße bis zum Hagelkreuz mit Basalt, Kosten ca. 3500 Mk. sowie der Weg Bischofshütte-Petersholz mit Rheinkies ausgebaut und 1909 ein weiterer Teil der Tüschenbroicher Straße von Watern bis Tüschenbroicher Mühle mit Rheinkies eingewalzt, Kosten 3500 Mk. und 1911 die Uevekovener Dorfstraße mit Basalt, Kosten 2800 Mk.

Im Jahre 1909 waren an öffentlichen Wegen vorhanden:
1. Provinzialstraßen 12 500 m
2. Gepflasterte oder mit Basalt makadamisierte Gemeindewege 1 150 m
3. Mit Kies befestigte Gemeindewege 19 140 m
4. Nicht befestigte Gemeindewege 43 770 m
Gesamtlänge 75 560 m
oder rund 76 km.

b) Staatsbahn.
Durch sein mittlerweile verhältnismäßig recht gut ausgebautes Wegenetz war Wegberg als Mittelpunkt eines größeren Bezirks gekennzeichnet. Mit dem Aufkommen der Eisenbahnen mußte nunmehr des Streben darauf gerichtet sein, auch an das Eisenbahnnetz angeschlossen zu werden und der vorhandenen Landwirtschaft und Industrie bessere Absatzbedingungen zu verschaffen. Aus dem Jahre 1864 berichtet die Gemeindechronik das Auftauchen des Eisenbahnbauprojektes M. Gladbach-Roermond, zu dem der Gemeinderat das im Bereiche der Gemeinde erforderliche Gelände von ca. 32 Morgen auf Kosten der Gemeinde zu beschaffen und zur Verfügung zu stellen sich bereit erklärte.

1865 kam das Projekt einer Eisenbahn Düren-Jülich-Erkelenz-Wegberg-Roermond auf, welchem ebenfalls das erforderliche Gelände zur Verfügung gestellt wurde. Nach langwierigen Verhandlungen über die zweckmäßigste Linienführung über Maaseyk-Heinsberg-Wegberg oder Roermond-Niederkrüchten oder Roermond-Wegberg kam 1873 das Projekt Roermond-Wegberg-Gladbach wieder in Fluß, als die Bahnlinie durch einen Geometer vermessen wurde. 1877 wurde hier ein Baubüro errichtet, welches den Bau leitete. Bis zum Ende des Jahres waren die meisten Unterbauten vollendet, auch viele Hochbauten bereits vergeben. November 1878 konnte dann die polizeiliche Abnahme der Strecke und die Eröffnung des Zugverkehrs erfolgen. Aber, obschon die Bahnanlagen in Wegberg fertiggestellt waren, so erfolgte doch erst am 5. November 1879 die Eröffnung der hiesigen Station für den Personenverkehr, der am 5. Juni 1880 die Eröffnung des Verkehrs am Güterbahnhof folgte. Die Züge hielten bis dahin nicht in Wegberg, sodaß die Bahn für die Gemeinde gänzlich bedeutungslos war. Dieser unerfreuliche Zustand war die Folge der abwartenden – um nicht zu sagen ablehnenden – Handlungsweise der Gemeinde, bezw. ihrer Vertretung der Bahngesellschaft gegenüber.

In dem schließlich am 14. Oktober 1879 zwischen der Gemeinde Wegberg und der Bergisch-Märkischen Eisenbahngesellschaft abgeschlossenen Vertrag ist das Sachverhältnis wie folgt dargestellt:
Urkunde Nr. 4 (Gemeindearchiv).
„Im Jahre 1872 ist zwischen der Bergisch Märkischen Eisenbahngesellschaft und der Gemeinde Wegberg vorbehaltlich der Genehmigung der Königlichen Regierung zu Aachen ein Vertrag abgeschlossen worden, durch welchen die Gemeinde für den Fall, daß die Eisenbahngesellschaft die von ihr projektierte Bahnlinie M. Gladbach-Roermond über Rheydt-Dahlen und Wegberg führe und auf dem Gebiete der Gemeinde, einen Bahnhof anlege, sich verpflichtet, einen niemals rückzahlbaren unverzinslichen Beitrag von 15 000 Mk. zu den Anlagekosten der Bahn an die Eisenbahngesellschaft zu zahlen. Dieser Vertrag ist seiner Zeit mangels Genehmigung der Königlichen Regierung nicht perfekt geworden. Die Eisenbahnverwaltung hat inzwischen das Projekt für die Bahnlinie in der in dem erwähnten Vertrage vorgesehenen Weise gestaltet und nach ministerieller Festsetzung des Projektes dasselbe zur Ausführung gebracht, und hat mit Rücksicht hierauf im Jahre 1877 die Gemeinde Wegberg zur Zahlung des versprochenen Beitrags aufgefordert. Die Gemeinde-Verwaltung von Wegberg hat aber daraufhin beschlossen, mit Rücksicht auf die sehr hohen Kommunallasten den erwähnten Beitrag nicht zu leisten.
Nachdem die Eisenbahn-Verwaltung infolgedessen mit Genehmigung des Herrn Ministers der öffentlichen Arbeiten den Betrieb auf der inzwischen ausgeführten Bahnlinie M. Gladbach-Roermond im Anfang dieses Jahres eröffnet hat, ohne auch den im Gebiete der Gemeinde Wegberg angelegten Bahnhof mit in Betrieb zu setzen, sind die zwischen der besagten Gemeinde und der Eisenbahnverwaltung wegen der Beitragsleistung entstandenen Differenzen vergleichsweise dadurch zum Abschluß gebracht worden, daß die Gemeinde-Vertretung dem Verlangen der Königlichen Eisenbahndirektion gemäß sich bereit erklärt hat, die Hälfte des seiner Zeit versprochenen Beitrages von 15 000 Mk. mit 7 500 Mk. sofort zu zahlen und die restierenden 7 500 Mk. durch sukzessive Anrechnung auf die der Eisenbahn zur Last fallenden Kommunalsteuern abzutragen, wogegen die Eisenbahnverwaltung nach Zahlung der ersten Hälfte des Zuschusses den Bahnhof Wegberg für den Personenverkehr in Betrieb setzen und dessen Eröffnung für den Güterverkehr nach der alsbald zu erfolgenden Herstellung der hierfür erforderlichen Gleisanlagen stattfinden lassen würde. Die Zustimmung zu dieser Forderung der Eisenbahnverwaltung ist von dem Gemeinderat zu Wegberg in dessen Sitzung vom 8. September d. Js. einstimmig beschlossen worden; da aber der Gemeinderat in dieser Sitzung nicht in beschlußfähiger Anzahl versammelt war, so hat am 4. laufenden Mts. eine nochmalige Beschlußfassung des Gemeinderates in der besagten Angelegenheit stattgefunden, bei welcher wiederum der erwähnten Forderung der Eisenbahn-Verwaltung einstimmig zugestimmt worden ist. Da auch in dieser Gemeinderatssitzung vom 4. l. Monats nicht die zur Beschlußfähigkeit erforderliche Anzahl von Gemeinderatsmitgliedern anwesend war, so ist dieser Beschluß durch Verfügung des Königlichen Landrats Dombois zu Erkelenz vom 5. lfd. Mts. nach § 64 der Gemeindeordnung zustimmend ergänzt worden.“

Die Königliche Regierung erteilte zu diesem Vertrage unterm 22. Oktober 1879 ihre Genehmigung. Für die Übernahme und Unterhaltung der infolge des Bahnbaues neu angelegten oder verlegten Wege erhielt die Gemeinde gemäß Verfügung vom 27. Dezember 1890/27. Januar 1891 eine einmalige Abfindung von 1800 Mk.

Die Bahnlinie erlangte große Bedeutung, vor allen Dingen für den internationalen Durchgangsverkehr. Aber auch für die hiesige Gegend ist ihre Bedeutung sehr groß. Im Jahre 1910 betrug der Empfang an Stückgut bei dem hiesigen Bahnhof 1741 Tons, an Wagenladungen 27 934 Tons, Dienstgut 1042 Tons, zusammen 30 717 Tons. Der Versandt an Stückgut betrug 966, an Wagenladungen 6285, an Dienstgut 110, zusammen 7361 Tons.

An Großvieh wurden 626 Stück empfangen, 956 Stück versandt, an Kleinvieh 1434 Stück empfangen, 173 Stück versandt. Die Zahl der abgelieferten Frachtbriefe betrug in Empfang 14 811, im Versandt 10 353 Stück. An Fahrkarten wurden 79 360 Stück und 1948 halbe ausgegeben. Bei dieser großen Bedeutung erwies sich das eine Durchgangsgeleise längst als unzureichend, weshalb in den Jahren 1907 und 1908 auf der ganzen Strecke ein 2. Geleise gelegt und am 1. Mai 1909 in Betrieb genommen wurde.

c) Kreisbahn.
Schon am 28. Juli 1906 wies der Verfasser in einem Berichte an den Herrn Landrat darauf hin, daß das in Prüfung befindliche Projekt einer Staatsbahnverbindung von Burgwaldniel über Niederkrüchten nach Dalheim nur dann für den hiesigen Bezirk Bedeutung hätte, wenn die Linie durch das Schwalmbachtal geführt würde und in Wegberg statt in Dalheim in die Staatsbahn einmündete. Auch würde diese Linienführung mehr im Interesse des Kreises Erkelenz liegen. In einer Eingabe an den Herrn Eisenbahnminister bat er unter eingehender Begründung diese Linienführung in Aussicht zu nehmen.

Anfangs 1909 wurde dann von Seiten der Kreisverwaltung ein Projekt bekannt gegeben, den Kreis durch eine Kreisbahn vom südlichen Kreisteile über Erkelenz-Schwanenberg-Wegberg-Niederkrüchten-Elmpt-Brüggen aufzuschließen. Der Kreistag bewilligte zunächst die Kosten für die Ausarbeitung eines baureifen Projekts. Die Pläne dazu konnten schon Anfang April 1911 offengelegt werden. In hiesiger Gemeinde waren Bahnhöfe in Wegberg und Tüschenbroich vorgesehen. Nachdem der Kreistag zunächst die Ausführung abgelehnt, beschloß er im März 1912 ein abgeändertes Projekt zur Ausführung zu genehmigen, welches eine Linienführung von Hilfarth-Hückelhoven-Wegberg-Niederkrüchten-Burgwaldniel mit Abzweigungen nach Erkelenz-Lövenich und nach Brüggen vorsieht. Von Schwanenberg führt die Linie dann nicht über Tüschenbroich, sondern über Beeck nach Wegberg.

d) Post.
Schon seit alter Zeit bestand in Wegberg an der Beeckerstraße ein Postamt. Im Jahre 1899 wurde dasselbe in ein an der Bahnhofstraße von Privatseite neu erbautes Gebäude verlegt.

Im Jahre 1910 betrug die Zahl der eingegangenen Briefe, Postkarten, Drucksachen, Geschäftspapiere und Warenproben 308 900 Stück, die der ausgelieferten 214 500 Stück. An Paketen und Wertsendungen gingen ein 13 452 Pakete ohne Wertangabe, 107 mit Wertangabe, 412 Briefe und Kästchen mit Wertangabe. Aufgegeben wurden 8831 Pakete ohne und 401 Pakete sowie 663 Briefe und Kästchen mit Wertangabe. Die Zahl der eingegangenen Postnachnahmesendungen betrug 3283, die der ausgegangenen 1404. Auf Postanweisungen wurden eingezahlt 433 349 Mk., ausgezahlt 298 465 Mk. Im Postscheck-Verkehr wurden eingezahlt 609 790 Mk. und ausgezahlt 95 360 Mk. Die Zahl der aufgegebenen Telegramme betrug 1155, die der eingegangenen 1023. Das Fernsprechamt vermittelte bei einer Teilnehmerzahl von 29 = 19 900 Gespräche.

Die Porto-, Telegramm- und Fernsprechgebühren-Einnahmen betrugen 21 014 Mk., die Einnahmen aus dem Verkauf von Wechselstempelmarken 137 Mk.
An Unfall und Invalidenrenten werden jährlich rund 25 000 Mk. ausgezahlt.
Im Jahre 1908 wurden in Klinkum und Uevekoven öffentliche Telegraphenhilfsstellen mit Fernsprechstelle eröffnet, denen 1911 eine solche in Tüschenbroich folgte.

Als Reminiszenz an die gute alte Zeit verkehrte noch zwischen Wegberg-Beeck-Erkelenz eine Personenpost, die jedoch mit der Eröffnung der neuen Staatsbahnstrecke Jülich-Dalheim am 15. Dezember 1911 ihre letzte Fahrt machte.

Historischer Verein Wegberg e.V. - 18.02.2017 - Letzte Änderung: 19.10.2019

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